VwGH 2006/18/0018

VwGH2006/18/001817.2.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des E, geboren 1965, vertreten durch Dr. Stefan Eigl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lederergasse 33b, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14. September 2005, Zl. St 244/05, betreffend Feststellung gemäß § 75 Abs. 1 Fremdengesetz 1997, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2005:2006180018.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 14. September 2005 wurde gemäß § 75 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer in Liberia gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

In der Begründung dieses Bescheides werden zunächst folgende Passagen des Erstbescheides wiedergegeben:

"Im diesbezüglichen schriftlichen Antrag Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung vom 22.09.2000 geht im Wesentlichen heraus, dass Sie grundsätzlich auf Ihr Vorbringen im Asylverfahren verweisen würden.

Zudem führten Sie aus, dass Sie in Folge des Bürgerkrieges im gesamten Land keine staatliche Ordnungsmacht bestehen würde, und Sie daher im Falle Ihrer Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Grund der in Liberia herrschenden Anarchie zu Tode kommen würden. Auf Grund der bewaffneten Auseinandersetzungen in Liberia würde dort eine derart extreme Gefahrenlage bestehen, dass praktisch jedem, somit auch ihrer Person, der in diesen Staat abgeschoben werden würde, Gefahren für Leib und Leben in einem Maße drohen würden, welche die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK als unzulässig erscheinen lassen würden.

Anlässlich Ihrer neuerlichen niederschriftlichen Einvernahme am 31.03.2005 führten Sie zu einem Antrag gem. § 75 FrG nochmals im Wesentlichen aus, dass Sie die wesentlichen Gründe bereits in Ihrem Asylverfahren angegeben hätten. Es wird für Sie keine Sicherheit in Liberia geben.

Zudem führten Sie aus, noch zusätzliche Gründe durch einen Anwalt innerhalb einer Frist von 14 Tagen schriftlich mit Beweismitteln vorzulegen.

Bis dato sind diesbezüglich bei der Behörde keine weiteren Beweismittel eingelangt.

Hinsichtlich Ihrer Angaben im Asylverfahren ist festzustellen, dass sämtliche Angaben im Asylverfahren gerade auf stichhaltige Gründe für die Annahme, dass Ihr Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Ihrer Nationalität, Ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmen sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Ansicht bedroht wäre, hin geprüft wurden, wobei die Asylbehörde zum Ergebnis kam, dass Ihnen die Flüchtlingseigenschaft nicht zukommt, da Ihre Angaben eben keine stichhaltigen Gründe, welche obige Annahme rechtfertigen würde, ergaben.

In Ihren übrigen Ausführungen ist festzuhalten, dass nach dem Länderbericht für Liberia vom April 2005 vom 'Immigration and Nationality Directorate Home Office, United Kingdom' bzw. des vom Bundesasylsenat zur Verfügung gestellten Texthandbuches für Liberia, zur Situation im Herkunftsland, in Liberia derzeit keine derart extreme Gefahrenlage herrscht, die Ihre Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig machen würde.

Insbesondere ist diesen genannten Unterlagen zu entnehmen, dass am 19.09.2003 der UN-Sicherheitsrat den Einsatz einer bis zu 15.000 Mann starken UN-Friedenstruppe sowie von etwa

1.100 Polizisten in Liberia beschlossen hat. Dieser Einsatz begann am 01.10.2003. Nach UN-Angaben sind die so genannten UNMIL Truppen mittlerweile landesweit stationiert. Es ist den genannten Unterlagen im Wesentlichen zu entnehmen, dass der Bürgerkrieg als beendet gelten kann. Der Waffenstillstand wird weitgehend eingehalten. Größere Gefechte zwischen den ehemaligen Bürgerkriegsparteien wurden nicht mehr berichtet. Angesichts der verbesserten Sicherheitslage sind nun alle Landesteile für humanitäre Hilfe zugänglich. Durch die relative Stabilität des Landes während der vergangenen Monate verbesserte sich die humanitäre Lage und die Zugangsmöglichkeiten für Hilfsorganisationen zu bislang unzugänglichen Gebieten. Hilfsorganisationen arbeiten zusammen mit UNMIL und der Übergangsregierung an der Grundversorgung der Bevölkerung und am Wiederaufbau des Landes.

Mit der Stationierung der UNMIL Truppen in und um Monrovia trat auch eine deutliche Verbesserung der Menschenrechtssituation ein.

Zusammenfassend kann somit nochmals festgestellt werden, dass in Liberia derzeit keinesfalls von einer Situation gesprochen werden kann bei der keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden und deshalb damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobener Fremde, auch ohne Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bürgerkriegspartei oder verfolgten Bevölkerungsgruppe mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der im § 57 FrG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt würde, sodass dies im Rahmen eines Verfahrens nach § 57 FrG zu beachten wäre."

In der Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass die Behörde erster Instanz ein all zu optimistisches Bild von Liberia gezeichnet hätte. Nach den zur Verfügung stehenden nationalen und internationalen Quellen wäre die wirtschaftliche und zivile Situation nach wie vor katastrophal. Das deutsche Außenamt hätte auf Grund lokaler bewaffneter Konflikte und krimineller Aktivitäten eine Reisewarnung für Liberia herausgegeben. Nach den Wahlen wäre das System das gleiche geblieben, lediglich die Personen an der Spitze wären ausgetauscht worden. Die Regierung würde nach wie vor das Land ausbeuten. Die UNO-Wirtschaftssanktionen wären nach wie vor aufrecht. Auf Grund der unsicheren wirtschaftlichen und gesundheitlichen Lage wären nach wie vor 200.000 liberianischer Flüchtlinge in den umgebenden Ländern. Das durchschnittliche Höchstlebensalter würde bei 46 Jahren liegen. Auf Grund seiner bekannten gesundheitlichen Situation und der Notwendigkeit einer ärztlichen Betreuung wäre das Leben des Beschwerdeführers infolge des Fehlens von medizinischer Versorgung bedroht.

Die Erstbehörde habe die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die belangte Behörde schließe sich den Ausführungen der Erstbehörde, insbesondere auch dem Verweis auf die umfangreichen Ergebnisse des Asylverfahrens, vollinhaltlich an. Daraus sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in Liberia keiner Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG ausgesetzt sei. Die Ausführungen in der Berufung seien demgegenüber nicht stichhaltig. Nicht näher konkretisierte Behauptungen bzw. bloße Vermutungen, aber auch allgemein gehaltene Hinweise auf die Brisanz der derzeitigen politischen Situation oder der Hinweis auf Berichte verschiedener Organisationen seien nicht geeignet, eine relevante Bedrohung darzutun. Insbesondere habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft dargetan, dass seine Behandlung wegen Hypertonie nur in Österreich möglich wäre.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 75 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfassten Staat gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. November 2001, Zl. 2000/18/0065).

2.1. Neben allgemeinen Ausführungen zur möglichen Gefährdung durch das Fehlen einer medizinischen Grundversorgung enthält die Beschwerde zur konkreten Situation des Beschwerdeführers nur folgende Ausführungen:

"Auf Grund der im Akt vorliegenden Informationen über den Zustand des Staates Liberia ist davon auszugehen, dass die ebenfalls im Akt vorliegende und notwendige medizinische Betreuung des Beschwerdeführers in keiner Art und Weise in Liberia gegeben ist, sodass in Folge des Fehlens der medizinischen Versorgung, wie wohl das in der Kompetenz des Staates Liberia liegen würde, davon auszugehen ist, dass ihm eine unmenschliche Behandlung droht, daher der § 57 Abs. 1 FrG vorliegt.

Auch wenn möglicherweise durch den Einsatz von internationalen Hilfsorganisationen eine grobe medizinische Versorgung möglich ist, ist davon auszugehen, dass die Behandlung der beim Beschwerdeführer vorliegenden aktenkundigen Krankheit bei Abschiebung nicht möglich ist."

2.2. Damit bringt der Beschwerdeführer weder vor, welche Behandlung er für seine - in der Beschwerde nicht genannte - Krankheit (nach dem angefochtenen Bescheid handelt es sich um Bluthochdruck) benötigt, noch aus welchen konkreten Gründen eine Behandlung gegen Bluthochdruck in Liberia nicht möglich ist.

Das Beschwerdevorbringen entspricht daher in keiner Weise den oben 1. genannten Anforderungen und ist schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. Februar 2006

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