VwGH 2006/16/0029

VwGH2006/16/002926.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des W in N, vertreten durch Dr. Josef Kaiblinger, Rechtsanwalt in 4623 Gunskirchen, Pichler Straße 1, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 16. November 2005, Zl. Jv 1805-33/05, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GGG 1984 §1 Anm1;
GGG 1984 §2 Abs1 lita;
GGG 1984 TP1 Anm1;
GGG 1984 TP1;
GGG 1984 TP3 Anm3;
VwGG §42 Abs1;
VwRallg;
ZPO §226 Abs1;
ZPO §75 Z1;
ZPO §75 Z3;
GGG 1984 §1 Anm1;
GGG 1984 §2 Abs1 lita;
GGG 1984 TP1 Anm1;
GGG 1984 TP1;
GGG 1984 TP3 Anm3;
VwGG §42 Abs1;
VwRallg;
ZPO §226 Abs1;
ZPO §75 Z1;
ZPO §75 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 30. September 2001 gegen die Republik Österreich beim Landesgericht Linz eine Amtshaftungsklage. Er beantragte das Urteil, die beklagte Republik Österreich sei schuldig, dem Beschwerdeführer EUR 436.037 samt Zinsen von 5 % vom Klagstag an binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Weiters beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang.

Der Oberste Gerichtshof delegierte diese Amtshaftungsklage mit Beschluss vom 22. November 2001 zur Entscheidung und Verhandlung an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Mit Beschluss vom 24. November 2004 wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz die Klage zurück. Dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 5. Juli 2005 keine Folge. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde rechtskräftig abgewiesen.

Nach erfolgloser Zahlungsaufforderung schrieb der Kostenbeamte des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz dem Beschwerdeführer 3/4 der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in der Höhe von EUR 5.056,81 sowie die Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG im Betrag von EUR 7,-- zur Zahlung vor.

In seinem als "Einwendungen" bezeichneten Berichtigungsantrag brachte der Beschwerdeführer gegen diesen Zahlungsauftrag vor, er habe keine Klage einbringen können, weil für Amtshaftungsklagen Anwaltszwang bestehe. Diese "Amtshaftungsklage" sei nur ein Klagekonzept zur Unterstützung der beantragten Verfahrenshilfe gewesen. Da keine gesetzmäßige Klage eingebracht worden sei, sei der Beschwerdeführer auch nicht verpflichtet, die geforderte Pauschalgebühr zu bezahlen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag teilweise statt und änderte die vorgeschriebene Pauschalgebühr samt Einhebungsgebühr auf EUR 1.692,46 ab. Nach der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass der bei Gericht eingebrachte Schriftsatz sämtliche Merkmale einer Klage aufgewiesen habe, vom Gericht als Klage behandelt worden und entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht bloß ein Verfahrenshilfeantrag vorgelegen sei, sondern eine, wenn auch mangelhafte Klage. Zufolge Zurückweisung der Klage habe der Beschwerdeführer unter Anwendung der Ermäßigungsvorschrift nach Anmerkung 3 zu TP 1 GGG nur ein Viertel der Pauschalgebühr zu entrichten. Aus diesem Grund sei der Zahlungsauftrag dahingehend berichtigt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nachlass und Nichtbezahlung der Gerichtsgebühren verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gegenstand des angefochtenen Bescheides war die Vorschreibung der Gerichtsgebühr gemäß TP 1 und der Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG. Der Beschwerdeführer konnte daher in seinem behaupteten Recht auf Nachlass der Gerichtsgebühren nicht verletzt sein.

Gemäß TP 1 GGG betragen die Pauschalgebühren im zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bei einem Wert des Streitgegenstandes von über EUR 363.360,-- 1,2 % vom jeweiligen Streitwert zuzüglich EUR 1.509,--.

Gemäß Anmerkung 1 zur TP 1 GGG unterliegen der Pauschalgebühr nach TP 1 alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen. Die Pauschalgebühr ist ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren bis zum Ende durchgeführt wird.

Gemäß Anmerkung 3 zur TP 1 GGG ermäßigen sich die Pauschalgebühren auf ein Viertel, wenn die Klage oder ein in den Anmerkungen 1 oder 2 zur TP 1 angeführter Antrag vor Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen wird. Das Gleiche gilt auch, wenn die Klage oder der Antrag - ausgenommen den Fall einer Überweisung nach § 230a ZPO - von vornherein zurückgewiesen wird.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage.

Die mittels vorbereitenden Schriftsatzes anzubringende Klage hat gemäß § 226 Abs. 1 ZPO ein bestimmtes Begehren zu enthalten, die Tatsachen, auf welche sich der Anspruch des Klägers in Haupt- und Nebensachen gründet, im Einzelnen kurz und vollständig anzugeben, und ebenso die Beweismittel im Einzelnen genau zu bezeichnen, deren sich der Kläger zum Nachweise seiner tatsächlichen Behauptung bei der Verhandlung zu bedienen beabsichtigt.

Weist ein bei Gericht eingebrachter Schriftsatz sämtliche Merkmale einer Klage auf (Bezeichnung des Gerichtes und der Parteien, Klagserzählung und Urteilsbegehren sowie Unterschrift des Klägers) und behandelt das Gericht diesen Schriftsatz als Klage, so entsteht mit der Überreichung des Schriftsatzes die Gebührenpflicht gemäß TP 1 GGG. Dies gilt auch dann, wenn in der Folge - wegen Fehlens der in Gerichtshofsverfahren erforderlichen Anwaltsunterschrift - die Klage (nach erfolglosem Verbesserungsversuch) zurückgewiesen worden ist. Das über die Gebührenberechnung zuständige Justizverwaltungsorgan ist bei der Gebührenfestsetzung an die Entscheidung der Frage, ob es sich um ein "mittels Klage einzuleitendes gerichtliches Verfahren" handelt oder nicht, durch das Gericht gebunden (vgl. Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, E 3 zu TP 1 samt angeführter Rechtsprechung).

Die vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 30. September 2001 beim Landesgericht Wien eingebrachte "Amtshaftungsklage" weist sämtliche Merkmale einer Klage auf. Sie bezeichnet das Gericht und die Parteien, enthält eine Klagserklärung und ein Urteilbegehren und weist die Unterschrift des Klägers auf. Dieser Schriftsatz wurde vom Gericht auch als Klage behandelt. In dem Klageschriftsatz vom 30. September 2001 wurde zusätzlich ein Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gestellt, dem jedoch ein Erfolg versagt blieb. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht kann keine Rede davon sein, dass es sich bei dem Schriftsatz vom 30. September 2001 nur um einen Verfahrenshilfeantrag gehandelt habe. Bei der Vorschreibung der Gerichtsgebühren hatte der Kostenbeamte somit von einer mangelhaften Amtshaftungsklage und einem nicht bewilligten Verfahrenshilfeantrag auszugehen. Demnach war auch die Gerichtsgebühr gemäß TP 1 GGG vorzuschreiben.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird erstmals vorgebracht, der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Einbringung des Schriftsatzes vom 30. September 2001 beim Landesgericht Linz nicht geschäfts- und prozessfähig gewesen.

Ungeachtet des Umstandes, dass dieses Vorbringen unter das Neuerungsverbot fällt und dieser Einwand daher schon deswegen unbeachtlich ist, übersieht der Beschwerdeführer, dass das Verfahren nach Beendigung seiner Sachwalterschaft weitergeführt wurde und damit die Heilung des Mangels seiner Prozessfähigkeit eintrat.

Da die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen vermochte, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. September 2006

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