VwGH 2006/15/0173

VwGH2006/15/017322.11.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde der Ing. J. B GmbH in N, vertreten durch Dr. Norbert Lehner, Rechtsanwalt in 2620 Neunkirchen, Seebensteiner Straße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 16. August 2005, GZ. RV/1143-W/04, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 und 1995, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §303 Abs1 litb;
BAO §303;
BAO §303 Abs1 litb;
BAO §303;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Wiederaufnahme des mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Dezember 1999 abgeschlossenen Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 1994 und 1995 abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, die beschwerdeführende Gesellschaft mbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) betreibe das Gewerbe des Kraftfahrzeughandels und der Kraftfahrzeugreparatur. In der Berufungsentscheidung vom 23. Dezember 1999 sei die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland zu folgendem Ergebnis gekommen:

Die Beschwerdeführerin sei im Zeitraum 1994 und 1995 mit der T&T GmbH in Geschäftsverbindung gestanden. Von dieser habe die Beschwerdeführerin Lkw-Kühlaufbauten und Dieselmotoren, welche an nicht feststellbare Empfänger weiterveräußert worden seien, erworben. Die Beschwerdeführerin habe den Empfänger als "TC" in der U bezeichnet. Das Gleiche gelte für sechs Pkw, welche jedoch von anderen Geschäftspartnern als der T&T GmbH gekauft worden seien.

Die mit dem Erwerb dieser Wirtschaftsgüter im Zusammenhang stehende Vorsteuer sei anerkannt worden. Da es sich jedoch nach den Feststellungen bei der TC in der U um eine "Scheinfirma" gehandelt habe und somit der für die Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen gemäß § 7 UStG erforderliche buchmäßige Nachweis gefehlt habe, seien diese Lieferungen der Umsatzsteuer unterzogen worden.

Darüber hinaus seien der Beschwerdeführerin von der T&T GmbH weitere Rechnungen gelegt worden, denen keine Lieferungen bzw. Leistungen zu Grunde gelegen seien. Es handle sich dabei um Rechnungen für Kühlwechselaufbauten, Motoren, Container sowie um Transportrechnungen. Zu diesen Wirtschaftsgütern sei festgestellt worden, dass diese bei der T&T GmbH nicht existiert haben und daher auch eine tatsächliche Verbringung ins Ausland nicht stattgefunden habe. Die aus den Eingangsrechnungen resultierenden Vorsteuern seien nicht anerkannt worden. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin seien diese Wirtschaftsgüter großteils ebenfalls an die TC in der U exportiert worden, aber auch an "L" in A und andere.

Die Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom 15. Dezember 2003 die Wiederaufnahme dieses Verfahrens beantragt. Sie habe ausgeführt, mit der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Dezember 1999 seien die Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 und 1995 rechtskräftig abgeschlossen und eine Abgabenschuld von S 4,868.606,-- festgestellt worden. Diese Abgabenschuld sei darauf zurückgeführt worden, dass Umsätze aus Exportgeschäften der Umsatzsteuerbefreiung verlustig erklärt worden seien, weil angeblich der ausländische Abnehmer nicht real existiert bzw. in das Ausland verkaufte Waren tatsächlich nicht existiert hätten.

Es habe ein umfangreiches Finanzstrafverfahren vor dem Landesgericht Wiener Neustadt gegen den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gegeben. In diesem Verfahren seien alle von der Anklagebehörde, dem Finanzamt und dem Angeklagten beantragten Beweise, soweit greifbar, aufgenommen worden. Alle Beweise seien unvoreingenommen und ausgiebig gewürdigt worden. Insbesondere seien die vorgelegten Beweise für die tatsächliche Existenz des ausländischen Abnehmers, die TgZ gewürdigt worden und die Gründe für die fälschliche Annahme der Nichtexistenz dieses ausländischen Abnehmers aufgeklärt worden. Die Einsichtnahme in die von den einvernommenen Zeugen ausdrücklich als echt anerkannten Exportpapiere habe zur Überzeugung geführt, dass die exportierten Waren tatsächlich existiert hätten. Die Behauptungen der Abgabenbehörde, es hätten Abgabenhinterziehungen durch die Beschwerdeführerin und ihren Geschäftsführer im angeklagten Umfang stattgefunden, seien damit nachweislich unrichtig. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei in diesem Strafverfahren vom Vorwurf, eine Verkürzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1994 und 1995 in Höhe von insgesamt S 4,868.600,-- bewirkt zu haben, freigesprochen worden. Das Gericht habe die Unzuständigkeit gemäß § 214 FinStrG festgestellt, weil der Vorwurf einer Abgabenverkürzung von mehr als EUR 75.000,-- unberechtigt sei.

Es würden daher Gründe für die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 1994 und 1995 vorliegen. Die im Strafverfahren eingeholten Beweise wie auch die erfolgten Aussagen der Zeugen (es folgt die Aufzählung von 16 Personen) stellten sämtliche neue Beweise dar. Der Zeuge Dr. Karl Z. habe zugeben müssen, dass auf die Widersprüche (einmal "nicht eingetragen", einmal "nicht existent") in den Schreiben vom 23. Juli 1996 und 25. Juli 1996 nicht reagiert worden sei, obwohl dieser Widerspruch klar und deutlich in deutscher Sprache erkennbar gewesen sei. Damit sei erstmals eingestanden worden, dass das Ermittlungsverfahren nicht sorgfältig geführt worden sei. Der Zeuge Dr. Rudolf T. habe eingestehen müssen, dass er die eminente Unterscheidung der beiden Begriffe nicht wahrgenommen und somit eine objektiv absolut unrichtige Auskunft erteilt habe. Als Beweis diene das Verhandlungsprotokoll vom 16. September 2003.

Die Beschwerdeführerin habe die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 1994 und 1995 und eine Wiederaufnahme von Amts wegen beantragt, weil durch Untersuchungen eines unabhängigen Gerichtes unter Einhaltung der Untersuchungsprinzipien der Strafprozessordnung Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen seien, die nachweisen, dass die dem Abgabenverfahren zu Grunde gelegten Behauptungen unrichtig seien und bei Kenntnis der Wiederaufnahmegründe ein im Spruch anders lautender Bescheid herbeigeführt worden wäre.

Das Finanzamt habe die Anträge der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 und 1995 abgewiesen. Es habe darauf hingewiesen, dass das Finanzstrafverfahren mit einem Freispruch wegen Unzuständigkeit des Gerichtes geendet habe. Es handle sich dabei um eine rein strafrechtliche Würdigung, die für das Abgabenverfahren keine Bindungswirkung besitze. Im Strafurteil könne kein Hervortreten neuer Tatsachen oder Beweismittel erblickt werden.

Die Beschwerdeführerin habe Berufung erhoben und darin ausgeführt, dass sich das Strafgericht mit den gegenüber dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin erhobenen Vorwürfen der Abgabenhinterziehung beschäftigt habe. Das Strafverfahren habe das Ergebnis erbracht, dass der strafbestimmende Wertbetrag jedenfalls den Betrag von EUR 75.000,-- nicht übersteige. Das freisprechende Urteil spreche somit bindend über den strafbestimmenden Wertbetrag ab. Eine höhere Summe als EUR 75.000,-- sei dezidiert ausgeschlossen worden. Im Verfahren vor dem Finanzamt und der damaligen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland habe eine dem gerichtlichen Beweisverfahren vergleichbare Beweisaufnahme nicht stattgefunden. Es sei unterlassen worden, Urkunden, die in ukrainischer Sprache und zyrillischer Schrift abgefasst worden seien, durch einen Dolmetscher übersetzen zu lassen. Durch diese Unterlassungen seien sie falsch wiedergegeben worden. Es müsse der Beweisaufnahme und Beweiswürdigung des Strafgerichtes der Vorzug gegeben werden. Die Feststellungen des Strafgerichtes würden sehr wohl neue Tatsachen und Beweismittel darstellen, die die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigten. Eine Untersuchung des strafbestimmenden Betrages unter EUR 75.000,-- sei mangels Zuständigkeit des Strafgerichtes nicht erfolgt. Wäre jedoch eine entsprechende Beweisaufnahme mit denselben Mitteln und nach denselben Grundsätzen vorgenommen worden, hätte dies den Nachweis ergeben, dass auch eine Umsatzsteuerverkürzung bis zum Betrag von EUR 75.000,-- niemals stattgefunden habe. Der gerichtlich erbrachte Nachweis des Nichtvorliegens einer Abgabenhinterziehung über den strafbestimmenden Wertbetrag von EUR 75.000,-- hinaus müsse dazu führen, dass die Finanzbehörde ihrerseits eine Neubewertung der Umsatzsteuervorschreibung für 1994 und 1995 vornehme.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, im Finanzstrafverfahren sei ein Freispruch wegen Unzuständigkeit des Gerichtes gemäß § 214 FinStrG erfolgt. Dem Urteilsspruch sei folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt worden:

"Die Rechnungen der Fa T&T an die 'Beschwerdeführerin' hätten tatsächlich einen Warenfluss beinhaltet. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, ob dies auf sämtliche Rechnungen zutreffe. Es seien auch tatsächlich Waren vom Zollinland in das Zollausland geflossen, jedoch nur für einen Teil lägen gültige Ausgangsbescheinigungen vor. Die Fa Tk (Tg, Tsk) C existiere laut Auszug aus der Archivdatenbank des Staatskomitees für Statistik der Ukraine vom 22. Februar 2001 tatsächlich wirtschaftlich, ebenso existiere die Fa L GesmbH in A auf Grund einer Mitteilung der Generaldirektion für Steuern vom 8. März 1994. Ein Buchnachweis für den Export habe vom Geschäftsführer der 'Beschwerdeführerin' nicht erbracht werden können. Da nicht auszuschließen sei, dass von der Fa T&T eine nicht feststellbare Anzahl von Rechnungen ohne Warenlieferung ausgestellt worden sei, könne auch der strafbestimmende Wertbetrag in genauer Höhe nicht festgestellt werden, sodass nach einem Freispruch wegen Unzuständigkeit des Gerichtes das Verfahren im Zuständigkeitsbereich der Finanzstrafbehörde erster Instanz verbleibe. In diesem Zusammenhang wird auch auf die verspäteten Aufbuchungen im Sinne des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG durch den Geschäftsführer der 'Beschwerdeführerin' verwiesen, wodurch nicht ausgeschlossen sei, dass mit diesem Verhalten verspätete Steuerleistungen verbunden gewesen seien."

Die Beschwerdeführerin habe die Wiederaufnahme damit begründet, dass auf Grund der Untersuchungen des Gerichtes Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen seien.

Der Wiederaufnahmeantrag sei fristgerecht. In materiellrechtlicher Hinsicht sei auszuführen, dass Entscheidungen von Gerichten keine Tatsachen und auch keine Beweismittel seien und daher keine Wiederaufnahmegründe darstellten. Ebenso wenig sei die unterschiedliche Beweiswürdigung durch eine Verwaltungsbehörde einerseits und ein Gericht andererseits ein Wiederaufnahmegrund. Es sei aber zu prüfen, ob in den Aussagen der Zeugen Dr. Karl Z. und Dr. Rudolf T. ein Wiederaufnahmegrund zu ersehen sei. Diese Aussagen seien in der Hauptverhandlung vom 16. September 2003 getätigt worden. Nach Einsichtnahme in das Hauptverhandlungsprotokoll vom 16. September 2003 habe die Zeugenaussage des Dr. Karl Z., soweit sie sich auf die beiden Schreiben des Dr. Rudolf T. beziehe, auszugsweise folgenden Inhalt:

"Verlesen werden die beiden Antwortschreiben von Dr. Rudolf T. vom 23. und 25.07.1996.

Vorsitzender: Im ersten Schreiben vom 23.07.1996 heißt es

'... nicht registriert' und im zweiten Schreiben vom 25.07.1996

lautet es '... nicht existent'. Zwischen diesen beiden

Formulierungen liegen Welten. Finden sich in den Originaltexten diese Formulierungen?

Zeuge nimmt Einsicht und erklärt: Man kann das schlecht lesen, ich kann das nicht entnehmen. Erstens kann ich nicht ukrainisch, und zweitens ist es schlecht zu lesen. Es war nicht das einzige Schreiben. Dr. Günter H. hat in der Berufungsverhandlung urgiert, weil sich das nur auf 1996 bezog und nicht auf den streitgegenständlichen Zeitraum 1994 und 1995. Er sagte, da ist ein Mangel im Verfahren, deshalb wurden nocheinmal zwei Anfragen an Dr. Rudolf T. geschrieben. Wir haben uns auch einer privaten Einrichtung für Erhebungen bedient. Sie haben versucht, Kontakt aufzunehmen, haben Einsicht genommen bei der Steuerbehörde, und haben an der Firmenadresse erhoben bzw. haben es versucht, gefunden wurde nichts, diese Anfrage war negativ.

...

Verteidiger: In einem Schreiben - vom 23.07. steht 'nicht registriert', im zweiten Schreiben vom 25.07. steht 'nicht existiert'. Dazwischen liegen Welten. Hat sie das nicht veranlasst, dieses Schreiben (vom 24. Juli 1996) nicht wenigstens zu lesen?

Zeuge: Ja, aber erstens ist es nicht russisch, sondern ukrainisch, und zweitens habe ich es nicht gelesen, weil es als Beilage zu Dr. Rudolf Ts Schreiben war.

Verteidiger: Es waren zwei Schreiben da, hat sie das zu irgendetwas veranlasst?

Zeuge: Es kam zur mündlichen Berufungsverhandlung und Dr. Günter H. hat gesagt, das ist nichts aussagend, da es sich nicht auf 1994 und 1995 bezieht, und deshalb haben wir eine neuerliche Anfrage gemacht."

Dr. Karl Z. habe damit lediglich über den ohnehin in den Akten der Finanzbehörde festgehaltenen Inhalt des Verfahrens, das wiederaufgenommen werden soll, Auskunft gegeben. In der Wiedergabe vom Umständen, die schon im Zeitpunkt der Erlassung des wiederaufzunehmenden Bescheides aktenkundig gewesen seien, durch einen Zeugen könne aber niemals eine Aussage über entscheidungsrelevante Umstände gesehen werden. Denn wenn bestimmte Umstände im betreffenden Verfahren der Behörde bekannt gewesen seien, sie diese Umstände jedoch für unwesentlich gehalten habe, so seien solche Umstände keine Wiederaufnahmegründe.

Selbst wenn sich, wie die Beschwerdeführerin behauptet, in dieser Zeugenaussage eine Mangelhaftigkeit des wiederaufzunehmenden Verfahrens zeige, könne dies zu keiner Wiederaufnahme führen.

Vom Zeugen Dr. Rudolf T. sei im Strafverfahren zur Verwendung der Begriffe "nicht existent" und "nicht registriert" folgende Aussage getätigt (auszugsweise) worden:

"Vors.: Sie verwenden im Schreiben vom 23.07.1996 die Formulierung 'nicht registriert' und am 25.07.1996 den Begriff 'nicht existent'?

Zeuge: Die Aussage der Gebietsvertretung in Uzhgorod, dass die Firma nicht registriert war bei der Finanzbehörde und deshalb nicht existent ist.

Vors.: 'Nicht registriert' heißt noch lange nicht 'nicht existent'?

Zeuge: Die Aussage der Gebietsverwaltung war zu diesem Zeitpunkt so, wir hatten keine Hinweise über diese Firma. Es hat keine Firma gegeben, nicht bei der Finanzbehörde usw."

Aus dieser Aussage ergebe sich entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin keineswegs ein Eingeständnis dieses Zeugen, eine aus damaliger Sicht objektiv absolut unrichtige Auskunft erteilt zu haben. Dieser Zeuge sei offenbar auf Grund der Auskünfte der ukrainischen Behörden davon ausgegangen, dass sie weder registriert gewesen sei noch existiert habe. Selbst wenn auf Grund dieser Aussage erwiesen sein sollte, dass die Auskunft im Juli 1996 richtigerweise hätte lauten müssen, die ukrainische Firma sei "nicht registriert", sei das allein kein Beweis dafür, dass die Firma existent gewesen sei. Es sei somit nicht davon auszugehen, dass es damals - im Zeitpunkt der Erlassung des wiederaufzunehmenden Bescheides am 23. Dezember 1999 - bei Kenntnis der nunmehrigen Zeugenaussage des Dr. Rudolf T. zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid gekommen wäre, auch nicht in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des damaligen Verfahrens. Denn die Bestätigung des Staatskomitees für Statistik der U vom 17. Mai 2001 über die Gründung einer Firma TgC am 3. Jänner 1994 sei ein erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandenes Beweismittel.

Abschließend sei daher festzustellen, dass keiner der beiden Zeugen als neu hervorgekommenes Beweismittel gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO anzusehen sei, deren Aussage allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Das Gleiche gelte für die Aussagen der übrigen im Wiederaufnahmeantrag namentlich angeführten Zeugen, welche von der Beschwerdeführerin pauschal als neue Beweise bezeichnet worden seien, ohne jedoch diese Behauptung in irgendeiner Weise zu konkretisieren. Weder aus den Schriftsätzen der Beschwerdeführerin noch aus den im Hauptverhandlungsprotokoll festgehaltenen Aussagen sei ersichtlich, welche Aussagen im Speziellen dazu geeignet wären, zur Berücksichtigung von Tatsachen zu führen, die im vorangegangenen Verfahren nicht oder anders als erwiesen angenommen worden seien. Auch sei dem Antrag nicht zu entnehmen, ob und welche der Zeugen der Beschwerdeführerin erst nachträglich bekannt geworden seien bzw. dass die Beschwerdeführerin erst nachträglich von dem Umstand Kenntnis erlangt habe, dass diese Personen als Zeugen zweckdienliche Aussagen in Bezug auf ein Beweisthema hätten machen können. Nur dann sei eine Zeugenaussage als neu hervorgekommenes Beweismittel anzusehen, die ohne grobes Verschulden im abgeschlossenen Verfahren nicht habe geltend gemacht werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Ein Wiederaufnahmeantrag nach der genannten Bestimmung kann nur auf solche Tatsachen oder Beweismittel gestützt werden, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber erst nachträglich möglich wurde. Es müssen also neu hervorgekommene Tatsachen bzw. neu hervorgekommene Beweismittel vorliegen, von denen aber nur dann die Rede sein kann, wenn die Tatsachen oder Beweismittel zur Zeit des nunmehr abgeschlossenen Verfahrens bereits existent waren, aber im Verfahren nicht berücksichtigt worden sind. Die nach der Bescheiderlassung neu entstandenen Tatsachen oder später zu Stande gekommenen Beweismittel bilden als solche hingegen keine taugliche Grundlage für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2002, 96/15/0222, m.w.N.).

Ein Wiederaufnahmewerber ist im Verwaltungsverfahren für das Vorliegen des Wiederaufnahmegrundes behauptungs- und beweispflichtig (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. November 2003, 2003/15/0115, m.w.N.).

Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die nach einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ergehen, stellen als solche keine Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO für das abgeschlossene Verfahren dar (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1999, 96/15/0108, und vom 24. Februar 2000, 96/15/0149). Auch eine unterschiedliche Beweiswürdigung durch eine Verwaltungsbehörde einerseits und durch eine Verwaltungsstrafbehörde oder ein Gericht andererseits, führt nicht zur Wiederaufnahme des abgeschlossenen Verfahrens. Selbst wenn auf Grund eines Urteiles eines Gerichtes oder auf Grund eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde eine andere als die bisher vorgenommene Tatsachenwürdigung eines gegebenen Sachverhaltes oder dessen rechtliche Beurteilung nachträglich unter Umständen zutreffender erscheint als die Würdigung, die im abgeschlossenen Verfahren vorgenommen wurde, liegt keine "neu hervorgekommene Tatsache" - und auch kein neu hervorgekommenes Beweismittel - im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO vor (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2002, 96/15/0222, m.w.N.).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund führt die Berufung der Beschwerdeführerin auf das rechtskräftige, freisprechende Urteil im Strafverfahren sowie auf ein "Recht auf einheitliche Behandlung durch die österreichischen Behörden" und auf ein "Recht auf Wiederaufnahme eines falsch abgeführten Abgabeverfahrens und Revision der falschen Entscheidung der Finanzbehörde im Hinblick auf den rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Strafverfahrens" die Beschwerde nicht zum Erfolg. Gleiches gilt für die Ausführungen in der Beschwerde, dass das Strafverfahren zu Tage gefördert habe, dass den Zeugen Dr. Karl Z. und Dr. Rudolf T. der Unterschied zwischen "Nichtregistrierung" und "Nichtexistenz" nicht geläufig gewesen wäre. Abgesehen davon, dass diese beiden Zeugen auch im Strafverfahren ausgeführt haben, dass ihre damaligen Ermittlungen keine Hinweise über das in Rede stehende Unternehmen ergeben haben, betreffen die mit diesen Zeugen erörterten Umstände solche, die auch im wiederaufzunehmenden Verfahren Gegenstand der Ermittlungen gewesen sind. Die in der Beschwerde hervorgestrichene Unkenntnis des Unterschiedes zwischen "Nichtregistrierung" und "Nichtexistenz" ist im wiederaufzunehmenden Verfahren für unwesentlich erachtet worden. Zutreffend weist die belangte Behörde darauf hin, dass selbst dann, wenn aus diesen Zeugenaussagen eine Mangelhaftigkeit des wiederaufzunehmenden Verfahrens zu Tage käme, ein derartiger Verfahrensverstoß keinen Wiederaufnahmegrund darstellen könnte (vgl. Stoll, BAO, 2922, mit Hinweis auf die hg. Judikatur).

Die Beschwerde zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. November 2006

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