VwGH 2006/13/0081

VwGH2006/13/008123.5.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde des Mag. R in W, vertreten durch Siart + Team Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1160 Wien, Enenkelstraße 26, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 9. März 2006, Zl. RV/1700- W/02, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1998, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §34 Abs3;
EStG 1988 §34 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1998 machte der Beschwerdeführer unter dem Titel Katastrophenschäden einen Betrag von 902.087,60 S als außergewöhnliche Belastung geltend. Auf seinem Wohngrundstück sei gemäß Feststellung der Baupolizei eine Stützmauer "am Umfallen" gewesen, weshalb mit Bauauftrag und nachfolgender Androhung der Ersatzvornahme zwecks Vermeidung einer Hangrutschung Sanierungsmaßnahmen angeordnet worden seien, die 1998 zu entsprechenden Aufwendungen (Kosten der Herstellung einer neuen Stützmauer) geführt hätten.

Im Einkommensteuerbescheid erkannte das Finanzamt die geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung an; es handle sich hiebei nicht um einen Katastrophenschaden im Sinne des Einkommensteuergesetzes.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, gegenständlich seien auf Grund einer Hangrutschung Verformungen, Rissbildungen und kreisförmige Auswölbungen einer Stützmauer entstanden. Mittels Bescheides sei ihm aufgetragen worden, die Schäden, die ein Baugebrechen im Sinne der Bauordnung für Wien dargestellt hätten, zu beheben, welcher Verpflichtung er zu entsprechen gehabt habe.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 8. September 2000 als unbegründet ab. Nicht der befürchtete, sondern nur der konkret bei einem Steuerpflichtigen infolge "katastrophenähnlicher Sachverhalte" eingetretene Schaden und die Kosten seiner Beseitigung seien gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Selbst wenn seitens des Magistrats der Stadt Wien Baugebrechen festgestellt worden seien und er aus diesem Grund (letztlich) eine Ersatzvornahme angedroht habe, könne in der Errichtung einer Stützmauer lediglich eine Präventivmaßnahme gesehen werden, die (lediglich) der Hintanhaltung künftiger Katastrophenschäden diene.

Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Es sei ein ganz konkreter Schaden - nach Eintritt eines "katastrophenähnlichen Sachverhaltes" - beseitigt worden, und es habe sich nicht bloß um die Behebung eines Baugebrechens gehandelt; die gesetzten Maßnahmen seien keine präventiven Maßnahmen zur Hintanhaltung künftiger Katastrophenschäden, sondern Maßnahmen zur Beseitigung eines schon bestehenden Katastrophenschadens gewesen. Selbst wenn - so der Beschwerdeführer in einem ergänzenden Schriftsatz vom 21. Juli 2005 - "die speziellen Voraussetzungen eines Katastrophenschadens nicht vorliegen", sei der gegenständliche Sachverhalt jedenfalls unter den Tatbestand der außergewöhnlichen Belastung des § 34 EStG 1988 zu subsumieren, zumal die Aufwendungen zur Neuerrichtung der Stützmauer im Hinblick auf die angedrohte Ersatzvornahme jedenfalls zwangsläufig erwachsen sowie außergewöhnlich hoch seien und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers wesentlich und endgültig gemindert hätten.

Auch die belangte Behörde wies die Berufung des Beschwerdeführers - nach telefonischer Befragung der vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen, nach Einsichtnahme in den Akt des Handelsgerichtes Wien 11 Cg 236/97m und nach Durchführung der beantragten Berufungsverhandlung - als unbegründet ab. Sie stellte fest, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines im März 1991 erstellten Kostenvoranschlags über die Errichtung eines Badeteichs und einer Gartenmauer 1993 einen Bauauftrag vergeben habe. Gemäß baupolizeilichem Auftrag hätte - um Hangrutschungen vorzubeugen - eine Stützmauer aus Stahlbeton errichtet werden sollen. Dem sei jedoch durch das bauausführende Unternehmen nicht nachgekommen worden (Ausführung der Stützmauer nur als Schalsteinbetonmauerwerk), sodass es zu Schäden gekommen und die Stützmauer letztlich zu sanieren gewesen sei. Im erwähnten Verfahren des Handelsgerichtes Wien sei dem Beschwerdeführer daher auch ein Kostenersatz zugesprochen worden, er habe tatsächlich jedoch keine Entschädigungszahlungen erhalten. Letztlich sei es infolge des baupolizeilichen Einschreitens zur Sanierung der Stützmauer mit einem Kostenaufwand von insgesamt 902.087,60 S gekommen. Gegenständlich habe es sich (daher) nicht um eine plötzliche Hangrutschung auf Grund höherer Gewalt, sondern um eine solche gehandelt, die einerseits auf Grund übermäßiger Erdaufschüttungen und andererseits auf Grund von Baumängeln (Mindererfüllung des baubehördlichen Bescheides) eingetreten sei. Die Beschädigung der Stützmauer sei somit nicht unter den Begriff Katastrophe zu subsumieren, weshalb die beschwerdegegenständlichen Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 Abs. 6 EStG 1988 berücksichtigt werden könnten. Aber auch von dieser Sonderbestimmung abgesehen liege keine außergewöhnliche Belastung nach dem Einkommensteuergesetz vor. Im Hinblick auf die festgestellten Ursachen für die Beschädigung der Stützmauer gehe diese Beschädigung letztlich auf ein Verhalten zurück, zu dem sich der Beschwerdeführer aus freien Stücken entschlossen habe. Dies schlage auf die Sanierung (Neuerrichtung) der Stützmauer durch, weshalb es den angefallenen Aufwendungen an der gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 geforderten Zwangsläufigkeit mangle.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde - erwogen:

In der Beschwerde wird nicht mehr auf § 34 Abs. 6 erster Teilstrich EStG 1988 ("Katastrophenschäden") rekurriert. Der Beschwerdeführer vertritt jedoch die Ansicht, es seien die Voraussetzungen der Abs. 2 bis 4 des § 34 leg. cit. erfüllt, weshalb es im Hinblick darauf "allgemein" zur Berücksichtigung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung hätte kommen müssen. Insbesondere liege entgegen der Ansicht der belangten Behörde "Zwangsläufigkeit" im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 vor, weil die Sanierung der Stützmauer unter Androhung der Ersatzvornahme baupolizeilich aufgetragen worden sei und weil der zu sanierende Schaden nicht auf ein Verhalten des Beschwerdeführers - die im bekämpften Bescheid vertretene gegenteilige Annahme sei aktenwidrig bzw. beruhe auf Verfahrensfehlern -, sondern auf die mangelhafte Errichtung der Stützmauer durch das ursprünglich beauftragte Bauunternehmen zurückzuführen sei.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Voraussetzung für die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nach § 34 EStG 1988 ist ua., dass die Belastung zwangsläufig erwachsen ist. Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Aus dieser Formulierung ergibt sich nach herrschender Ansicht, dass freiwillig getätigte Aufwendungen nach § 34 EStG 1988 ebenso wenig Berücksichtigung finden können wie Aufwendungen, die auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2000, 99/14/0294, mwN). Im Beschwerdefall kann zwar nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe die unmittelbar schadensursächlichen Handlungen (ursprünglich mangelhafte Ausführung der Stützmauer) aus freien Stücken veranlasst. Darauf kommt es aber auch nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass er das gesamte ursprüngliche Bauvorhaben - Errichtung eines Badeteichs samt Garten- bzw. Stützmauer - freiwillig in Angriff genommen hat und dass sich die nunmehr gegenständlichen Aufwendungen letztlich nur als, wenngleich durch fehlerhafte Bauausführung veranlasste, ergänzende "Verbesserungskosten" dieses Bauvorhabens darstellen. Von daher gleicht der vorliegende Fall jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2005, 2002/13/0031, - dort ging es um Kosten, die aus der mangelhaften Errichtung eines Wintergartens und eines Saunazubaues resultierten - zugrunde liegt. Wie in der Konstellation des besagten Erkenntnisses erwirkte der Beschwerdeführer auch hier gegenüber dem seinerzeit bauausführenden Unternehmen ein seinem Standpunkt Rechnung tragendes zivilgerichtliches Urteil (zu 11 Cg 236/97m des Handelsgerichtes Wien), mit dem ihm Schadenersatz zugesprochen wurde, wie dort erwies sich der zugesprochene Ersatzbetrag als uneinbringlich. Dass im Fall des erwähnten Erkenntnisses vom 24. Oktober 2005 der nicht einbringliche Forderungsausfall als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht wurde, während es gegenständlich die dem Beschwerdeführer erwachsenen Sanierungskosten direkt (ohne unmittelbaren Bezug auf den gewonnenen Schadenersatzprozess) sind, macht keinen Unterschied. Wie im Fall des Vorerkenntnisses, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist daher "Zwangsläufigkeit" im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 nicht gegeben, weshalb - ohne dass auf die weiteren Überlegungen der belangten Behörde betreffend das Nichtvorliegen einer maßgeblichen Belastung eingegangen werden müsste - die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen für die Sanierung der Stützmauer als außergewöhnliche Belastung schon deshalb nicht in Betracht kommt. Der Beschwerde muss daher ein Erfolg versagt bleiben, zumal den ergänzend geltend gemachten Verfahrensmängeln vor dem Hintergrund des eben Gesagten jedenfalls keine Relevanz zukommt. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II. Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Mai 2007

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