VwGH 2006/09/0080

VwGH2006/09/008015.5.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des LG in W, vertreten durch Dr. Mag. Harald Jelinek, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 75, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. März 2006, Zl. UVS- 07/A/36/8590/2005/18, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen und Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AÜG §3;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2004/I/028;
AuslBG §3 Abs1 idF 2002/I/126;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
AÜG §3;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2004/I/028;
AuslBG §3 Abs1 idF 2002/I/126;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer in Erledigung seiner Berufung gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 27. September 2005 schuldig erkannt, er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L GesmbH mit Sitz in W, K-Gasse, dafür verantwortlich, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 2. März 2005 auf einer näher bezeichneten Baustelle in M, zwei namentlich genannte serbischmontenegrinische Staatsbürger als Hilfsarbeiter entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) beschäftigt habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 erster Strafsatz AuslBG mit zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je 5 Tage) bestraft.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung sachverhaltsmäßig zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der L GesmbH gewesen sei und auf der angeführten Baustelle die zwei namentlich bezeichneten Ausländer beschäftigt worden seien, ohne dass arbeitsmarktbehördliche Bewilligungen vorgelegen seien. Diese beiden Ausländer seien von der Firma Z. an die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft jedenfalls auch zum Tatzeitpunkt als Leiharbeiter für Hilfsarbeiten auf der gegenständlichen Baustelle überlassen worden. Diese Verwendung stelle eine nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte dar. Die dem Beschwerdeführer seitens der Firma Z. zur Verfügung gestellten Personenstammblätter für beide überlassenen Ausländer hätten in der Rubrik "Staatsbürgerschaft" die Eintragung "Öst." (österreichisch) enthalten. Andere Unterlagen, etwa Auszüge aus den Reisepässen etc., aus denen hätte hervorgehen können, dass es sich bei den bei der Kontrolle angetroffenen zwei Arbeitern tatsächlich um Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft gehandelt hätte, seien vom Beschwerdeführer im Verfahren nicht vorgelegt worden.

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt dahingehend, dass bei der Annahme einer grundsätzlichen Verantwortung des Arbeitgebers für die im Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Verwaltungsübertretungen nicht übersehen werden dürfe, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulasse, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annehme; es müsse ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf die angemessene Kontrolle zu beschränken. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit sei, hänge im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermöge, dass er Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließen. Der dem Beschuldigten nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsbeweis könne aber außerhalb des Anwendungsbereiches des § 9 Abs. 2 VStG nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn treffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei; es bedürfe vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden sei. Eine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG sei im Verfahren nicht behauptet worden.

Das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems habe der Beschwerdeführer aber im vorliegenden Fall auch nicht ausreichend unter Beweis gestellt. Er habe sich nach seinen eigenen Angaben vielmehr damit begnügt, dass auf den Personenstammblättern der Ausländer vom Personalbereitsteller (Überlasser) als Staatsbürgerschaft der jeweils eingesetzten Person "ÖSt."

(österreichisch) angeführt gewesen sei, er habe sich aber in weiterer Folge von der überlassenen Arbeitskraft weder einen Reisepass oder Personalausweis noch einen Meldezettel vorlegen lassen. Die vom Beschwerdeführer und seinem Bauleiter behaupteten Kontrollen hätten offenbar gänzlich versagt, wenn - wie hier - vom Personalbereitsteller (Überlasser) nur behauptet werde, bei der zu überlassenden Arbeitskraft handle es sich um einen österreichischen Staatsbürger, auf den das Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht anwendbar sei. Der Beschwerdeführer habe nicht dargetan, wie es dem Vorarbeiter auf der Baustelle möglich hätte sein sollen, zu überprüfen, ob die auf der Baustelle erschienene Person tatsächlich jene Person sei, deren Unterlagen der Firmenleitung vom Personalüberlasser übermittelt worden sei. Anzumerken sei auch noch, dass diese Organisationsmängel dazu geführt hätten, dass bezüglich eines der beiden Ausländer bloß ein "Alias-Name" angegeben worden sei, was mangels jeglicher Nachprüfung durch den Beschwerdeführer bzw. einer verantwortlichen Person seines Unternehmens auch nicht aufgefallen sei.

Der Beschwerdeführer hätte sich nicht mit der bloßen Angabe der Nationalität auf dem Personenstammblatt begnügen dürfen, sondern vor Arbeitsaufnahme durch die überlassene Arbeitskraft Einsicht in einen die Identität nachweisenden Ausweis nehmen müssen. Es sei nicht verständlich, warum nicht auch bei Personen, bei denen als Staatsbürgerschaft "Österreich" angegeben werde, die Übermittlung der Kopie des Meldezettels oder einer Ausweiskopie verlangt werden könne, wäre es doch einem Vorarbeiter auf der Baustelle erst auf Grund solcher Unterlagen möglich, nachzuprüfen, ob die zur Arbeitsaufnahme erschienene Person tatsächlich mit jener Person ident sei, von der der Arbeitskräfteüberlasser ein Personenstammblatt übermittelt habe.

Der Beschwerdeführer habe nun selbst klargestellt, dass er Kontrollen hinsichtlich der Identität bzw. der (österreichischen) Staatsbürgerschaft der beiden gegenständlichen Personen nicht vorgenommen habe oder habe vornehmen lassen. Er habe sich jedenfalls auf die Angaben des Überlassers zur Staatsbürgerschaft der beigestellten Arbeitnehmer verlassen. Abgesehen von den aus dem schriftlichen Vertrag übernommenen Verpflichtungen des Überlassers zur Einhaltung auch der Bestimmungen des AuslBG und der sich daraus ergebenden zivilrechtlichen Konsequenzen eines allenfalls vertragswidrigen Verhaltens, könne eine derartige vereinbarte Vertragsverpflichtung den Beschwerdeführer nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung exkulpieren. Dem Rechtfertigungsversuch des Beschwerdeführers, er müsse sich im redlichen Geschäftsverkehr darauf verlassen können, dass die Angaben seines Vertragspartners (des Überlassers) zur Person der ihm überlassenen Arbeitskräfte richtig seien, könne nicht gefolgt werden.

Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG in der im Hinblick auf den festgestellten Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 28/2004 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 25 000 Euro.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer geltend, ausgehend von der Feststellung der belangten Behörde, der Überlasser der genannten ausländischen Arbeitskräfte hätte Personenstammblätter an den Beschwerdeführer übermittelt, in denen jeweils als Staatsbürgerschaft der beiden Arbeitnehmer "ÖSt." (österreichisch) angeführt gewesen sei, hätte sie eben diesen Umstand als schuldbefreiend ansehen müssen. Zu Unrecht sei sie aber statt dessen von einem fahrlässigen Verhalten des Beschwerdeführers ausgegangen, das sie darin gesehen habe, dass er ungeachtet der von der Überlasserin übernommenen Garantie und ungeachtet der schriftlich bestätigten österreichischen Staatsbürgerschaft der beiden Arbeiter weitere Kontrollen hätte durchführen müssen. Derartige weitergehende Kontrollen würden aber die Sorgfaltspflicht des Beschäftigers bei weitem überspannen. Ausgehend von einem Vertrauensgrundsatz, der - wie im Straßenverkehr - auch im Geschäftsverkehr zu gelten habe, habe er keinen Anlass gehabt, die ausdrücklichen schriftlichen Erklärungen und Bestätigung seines Vertragspartners in Zweifel zu ziehen, zumindest solange kein Grund für die Annahme einer Unrichtigkeit dieser schriftlichen Bestätigung vorliege. Ein solcher Grund sei aber im konkreten Fall nicht vorgelegen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt in ähnlich gelagerten, vergleichbaren Fällen ausgeführt, dass dann, wenn in einem Unternehmen andere Personen mit der Einstellung und Beschäftigung von Arbeitnehmern betraut werden - wozu auch die Akquirierung überlassener Arbeitskräfte zu zählen ist -, es dem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen obliegt, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen, ein funktionierendes Kontrollsystem aber nur dann angenommen werden könne, wenn etwa bei ineinandergreifenden täglichen Identitätsüberprüfungen aller auf der Baustelle eingesetzten Arbeiter durch die jeweiligen Kontrollbeauftragten vor Arbeitsaufnahme die Prüfung der arbeitsrechtlichen Papiere aller - bereits zu Beginn der Bauarbeiten und auch später hinzukommend - neu eingesetzten Arbeiter des Beschäftigers gewährleistet ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Oktober 2003, Zl. 2003/09/0123, vom 21. Jänner 2004, Zl. 2001/09/0222, sowie vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0207). Die belangte Behörde hat bereits zutreffend darauf verwiesen, dass die neben der Prüfung der arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen durchzuführende Identitätskontrolle im Sinne der obigen Erkenntnisse selbstverständlich zumindest darin zu bestehen hat, festzustellen, dass die auf der Arbeitsstelle (Baustelle) erschienenen Personen auch ident sind mit jenen, die im Besitz der Bewilligungen sind oder welche derartige Papiere nicht benötigen, weil sie - aus welchen Gründen immer - nicht unter das Reglement des AuslBG fallen. Dass eine Identitätskontrolle etwa durch Vorlage der Reisepässe oder anderer Identifikationsnachweise unzumutbar gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Seiner Behauptung, im geschäftlichen Verkehr müsse man sich auf die Redlichkeit des Geschäftspartners und seiner Erklärungen verlassen dürfen ("Vertrauensgrundsatz") fehlt allerdings - im Gegensatz zu dem von ihm als Vergleich herangezogenen Rechtsgebiet des Straßenverkehrs, siehe § 3 Abs. 1 StVO - die gesetzliche Grundlage.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. Mai 2008

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