VwGH 2006/06/0125

VwGH2006/06/012523.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer in Linz, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Roseggerstraße 58, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 10. März 2006, Zl. VwSen-300709/2/Gf/Mu/Sta, betreffend Übertretung gemäß § 57 Abs. 2 RAO (mitbeteiligte Partei: CB in F, vertreten durch Dr. Klaus Schiller, Rechtsanwalt in 4690 Schwanenstadt, Stadtplatz 27), zu Recht erkannt:

Normen

RAO 1868 §57 Abs2 idF 1985/556;
RAO 1868 §57 Abs2 idF 1987/556;
RAO 1868 §8 Abs2 idF 1990/474 ;
RAO 1868 §8 Abs2 idF 1990/474;
VStG §31 Abs1 idF 1998/I/158;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2 idF 1998/I/158;
VStG §40 Abs2;
VStG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
RAO 1868 §57 Abs2 idF 1985/556;
RAO 1868 §57 Abs2 idF 1987/556;
RAO 1868 §8 Abs2 idF 1990/474 ;
RAO 1868 §8 Abs2 idF 1990/474;
VStG §31 Abs1 idF 1998/I/158;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2 idF 1998/I/158;
VStG §40 Abs2;
VStG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Rechtsanwaltskammer brachte mit Schreiben vom 28. November 2003 zur Anzeige, dass der Verein B. und B. Selbsthilfe-Vereinigung in F. durch seine Obmann-Stellvertreterin, die Mitbeteiligte, seinen Mitgliedern wiederholt auf gewerbsmäßige Art und Weise einschlägige rechtliche Auskünfte erteilt habe. Den beiliegenden Schreiben vom 29. Juli 2003 und 20. August 2003 lasse sich entnehmen, dass die Mitbeteiligte den Mitgliedern des Vereins rechtliche Hilfestellung biete und im Rechtsverkehr als Rechtsvertreterin dieser Personen auftrete. Zur Ausübung dieser berufsmäßigen Parteienvertretung sei die Mitbeteiligte allerdings unbestritten nicht befugt. Es bestehe der Verdacht einer verwaltungsstrafrechtlichen Übertretung des § 57 Abs. 2 Rechtsanwaltsordnung - RAO (wurde näher ausgeführt).

In der an die Mitbeteiligte ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. Jänner 2004 wurde ihr zur Last gelegt, sie habe in ihrer Eigenschaft als Obmannstellvertreterin des Vereines "B... - B...- Selbsthilfe-Vereinigung" mit dem Sitz in F. den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeiten gewerbsmäßig angeboten, indem sie den Mitgliedern des angeführten Vereines zum wiederholten Male auf gewerbsmäßige Art und Weise einschlägige rechtliche Auskünfte erteilt habe. Konkret hätte sie zuletzt am 29. Juli 2003 und auch am 20. August 2003 schriftlich einschlägige rechtliche Auskünfte erteilt. Es werde ihr eine Verwaltungsübertretung gemäß § 57 Abs. 2 RAO, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2001, angelastet.

In der Niederschrift über die Vernehmung der Mitbeteiligten vom 12. Jänner 2004 wird zum Gegenstand der Vernehmung ausgeführt:

"(genaue Beschreibung der Tat): Verd. der Übertr. nach § 57 Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung".

Auch in der Niederschrift über die Vernehmung der Mitbeteiligten vom 11. Februar 2004 wurde der Gegenstand der Vernehmung in dieser Weise umschrieben.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck stellte mit Bescheid vom 17. November 2005 das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 und 2 VStG ein. Die erstinstanzliche Behörde war der Ansicht, dass der Mitbeteiligten im Wesentlichen vorgehalten werde, sie habe im Rahmen der Statuten im Namen des genannten Vereines Frau B.S. insoweit unterstützt, dass sie sich einerseits selber weiterhelfen habe können, andererseits ihre persönlichen Dinge soweit geordnet wären, dass sie damit auch vor Gericht treten könne bzw. einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen könne, der ebenfalls nur dann tätig sein könne, wenn die Dinge klar und vollständig auf dem Tisch liegen. Aus diesen Handlungen habe die erstinstanzliche Behörde keine Verletzung des § 57 RAO und auch nicht das Vorliegen einer Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO erkennen können.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte dazu aus, dass den Rechtsanwälten gemäß § 8 Abs. 2 und 3 RAO - abgesehen von den in dieser Bestimmung näher angeführten Ausnahmen - die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung vorbehalten sei. Im vorliegenden Fall seien gegenüber der Mitbeteiligten innerhalb der in § 31 Abs. 1 und 2 VStG festgelegten Verjährungsfrist von sechs Monaten zwar mehrere Verfolgungshandlungen (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. Jänner 2004, Niederschriften über die Beschuldigtenvernehmungen vom 12. Jänner 2004 und 11. Februar 2004) gesetzt worden. Diese hätten jedoch nie den Anforderungen des § 44a VStG entsprochen. Gemäß § 44a Z. 2 VStG habe der Spruch - und damit auch die Verfolgungshandlung - die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sei, zu enthalten. Dementsprechend hätte daher zumindest in der Aufforderung zur Rechtfertigung die Bestimmung des § 8 Abs. 2 RAO angeführt werden müssen, wenn in den nachfolgenden Verfolgungshandlungen jeweils nur pauschal darauf verwiesen werde. Es sei für die Mitbeteiligte im Ergebnis nicht von vornherein zweifelsfrei erkenn- und nachvollziehbar gewesen, welche Verfehlung ihr konkret angelastet werde.

Zudem sei in inhaltlicher Hinsicht darauf zu verweisen, dass den Rechtsanwälten nach § 8 Abs. 2 RAO nur die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung vorbehalten sei. Angelastet sei der Mitbeteiligten jedoch nur gewerbsmäßig rechtliche Auskünfte erteilt zu haben. Die bloße Erteilung von Rechtsauskünften sei jedoch einer Parteienvertretung (vor Gerichten oder Behörden) nicht a priori gleichzuhalten (abgesehen davon, dass eine Anlastung einer konkret darauf bezogenen Gewerbsmäßigkeit ebenfalls fehle).

Es sei daher sowohl im Hinblick auf eine Tatanlastung nach § 57 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 RAO als auch nach - hier wesentlich einschlägiger - Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG (Winkelschreiberei) Verfolgungsverjährung eingetreten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt - und wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Straftatbestand des § 57 RAO geht auf die Novelle BGBl. Nr. 556/1985 zurück.

§ 8, § 57 und § 58 RAO in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 556/1985 lauteten auszugsweise:

"§ 8. Das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfaßt die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten.

Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinn des Abs. 1 ist den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse der Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker werden hiedurch nicht berührt.

Jedenfalls unberührt bleiben auch Parteienvertretungen auf Grund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen, der Wirkungsbereich von gesetzlichen Interessenvertretungen und von freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigungen der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer, die Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen, soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personen oder Vereinigungen dienen, sowie Befugnisse, die in den Berechtigungsumfang von gebundenen oder konzessionierten Gewerben oder von Handwerken fallen.

...

§ 57. ...

Wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig ausübt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60 000 S zu bestrafen. Diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden.

...

§ 58. Im Verwaltungsstrafverfahren nach § 57 sowie in einem anderen Verfahren wegen Winkelschreiberei durch unbefugte Ausübung einer den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeit hat die Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel die zur Verfolgung zuständige Behörde ihren Sitz hat, Parteistellung einschließlich der Rechtsmittelbefugnis und des Rechtes auf Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gemäß Art. 131 B-VG."

Durch die Novelle zur RAO (BGBl. Nr. 474/1990) wurde dem § 8 erster Absatz ein weiterer Satz hinzugefügt, welcher bestimmt, dass die Berufung des Rechtsanwaltes vor Gerichten und Behörden auf die erteilte Vollmacht die Vorlage der Vollmachtsurkunde ersetzt. Durch Z. 20 dieser Novelle wurden Absatzbezeichnungen eingeführt.

§ 1 Abs. 2 bis 6 der Gewerbeordnung in der Fassung der Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194/1994 (GewO), lauten:

"§ 1. ...

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

(5) Die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, liegt auch dann vor, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll.

(6) Bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 liegt die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Übt ein Verein gemäß dem Vereinsgesetz 1951 eine Tätigkeit, die bei Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fiele, öfter als einmal in der Woche aus, so wird vermutet, daß die Absicht vorliegt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. "

Diese Bestimmungen standen - mit Ausnahme des zweiten Halbsatzes des § 1 Abs. 2 - auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle zur RAO BGBl. Nr. 556/1985 in Kraft.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

Gemäß § 31 Abs. 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass für die die Verjährung unterbrechende Verfolgungshandlung die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes nicht maßgeblich ist.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Zl. 90/19/0110), dass eine taugliche Verfolgungshandlung vorliegt, wenn die genannten Sachverhaltselemente keinen Zweifel darüber lassen, weswegen der Beschuldigte verfolgt wird, auch wenn die verletzte Verwaltungsvorschrift in der Verfolgungshandlung nicht angeführt wird (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 25. April 2002, Zl. 2002/07/0024, und vom 27. April 2000, Zl. 98/10/0003). Da der Mitbeteiligten in der Aufforderung zur Rechtfertigung zur Last gelegt wurde, dass sie in ihrer Eigenschaft als Obmannstellvertreterin des angeführten Vereines den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeiten gewerbsmäßig angeboten habe, indem sie den Mitgliedern des angeführten Vereines zum wiederholten Male auf gewerbsmäßige Art und Weise einschlägige rechtliche Auskünfte erteilt habe; konkret habe sie zuletzt am 29. Juli 2003 und am 20. August 2003 schriftlich einschlägige rechtliche Auskünfte erteilt, wurden der Mitbeteiligten die maßgeblichen Sachverhaltselemente für den in Frage stehenden verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf zur Kenntnis gebracht. Es lag somit eine taugliche Verfolgungshandlung vor. Die belangte Behörde hat daher zu Unrecht Verjährung angenommen.

Die belangte Behörde hat auch zu Unrecht vertreten, dass die bloße Erteilung von Rechtsauskünften nicht unter die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung gemäß § 8 Abs. 2 RAO subsumiert werden könne, und die Vertretung von Parteien das prozessuale Handeln für eine andere Person in einem konkreten Verfahren voraussetze.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zu § 57 Abs. 2 RAO (siehe das Erkenntnis vom 4. Dezember 1998, Zl. 97/19/1553) ausgesprochen, dass diese Strafbestimmung darauf abziele, dass unbefugte Personen von der gewerbsmäßigen Erbringung auch nur einzelner aus dem Gesamtspektrum der den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten abgehalten werden solle. Zur Verwirklichung des Tatbildes des § 57 Abs. 2 i.V.m. § 8 RAO sei es nicht erforderlich, dass der Täter gewerbsmäßig im Sinne einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig werde, also alle den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten gewerbsmäßig ausübe. Es genüge vielmehr die gewerbsmäßige Ausübung einzelner oder auch nur einer einzigen derartigen Tätigkeit. Andernfalls wäre die Bestimmung des § 8 Abs. 2 zweiter Satz RAO, wonach durch den ersten Satz des zitierten Gesetzesbestimmung die Berufsbefugnisse von Notaren, Patentanwälten, Wirtschaftstreuhändern und Ziviltechnikern unberührt blieben, obsolet, würden doch gerade diese Berufsgruppen nicht im Sinne einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig. Der Begriff der Parteienvertretung umfasst nach der in diesem Erkenntnis vertretenen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ausgehend vom Wortlaut des § 8 Abs. 2 RAO ("die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten") nicht bloß die Vertretung vor Behörden oder Gerichten, sondern u.a. auch die Vertretung eines Klienten in Rechtsangelegenheiten gegenüber Dritten im Zuge einer vor- oder nachprozessualen Korrespondenz.

Indem die erstinstanzliche Behörde in der Aufforderung zur Rechtfertigung § 57 Abs. 2 RAO zitiert hat, ergab sich im Zusammenhalt mit dem vorgeworfenen Sachverhalt, dass sich der Vorwurf auf die den Rechtsanwälten gemäß der Rechtsanwaltsordnung vorbehaltenen Tätigkeiten zog, wozu § 8 RAO die nähere Regelung trifft.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Lediglich aus Gründen der Verfahrensökonomie wird für das fortgesetzte Verfahren darauf hingewiesen, dass der von der rechtzeitigen Verfolgungshandlung erfasste Sachverhalt sich nicht auf eine strafbare Handlung des angeführten Vereines richtet, für den allein der Obmann dieses Vereines als nach außen für den Verein Vertretungsbefugter im Sinne des § 9 VStG verantwortlich wäre. Es wäre daher, was das gewerbsmäßige Handeln der Mitbeteiligten betrifft, allein auf sie bezogen auch zu ermitteln, ob sie mit den vorgeworfenen Handlungen die Absicht verfolgt hat, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil für sich zu erzielen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Oktober 2007

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