VwGH 2006/05/0164

VwGH2006/05/016416.12.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des FK in T, vertreten durch Mag. Friedrich Hohenauer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol vom 5. Dezember 2005, Zl. uvs-2005/12/1505-5, betreffend Übertretung nach dem Tierschutzgesetz (mitbeteiligte Partei: Dr. Martin Janovsky, Tierschutzombudsmann Tirol, Wilhelm-Greil-Straße 25, 6020 Innsbruck), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
B-VG Art11 Abs2 impl;
TierschutzG 2005 §41 Abs4 idF 2007/I/054;
TierschutzG 2005 §41 Abs4;
UmweltschutzG NÖ 1984 §11 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §8;
B-VG Art11 Abs2 impl;
TierschutzG 2005 §41 Abs4 idF 2007/I/054;
TierschutzG 2005 §41 Abs4;
UmweltschutzG NÖ 1984 §11 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 10. Mai 2005 wurde dem Beschwerdeführer die Begehung folgender Taten am 20. Jänner 2005 zwischen 9:00 Uhr und 14:30 Uhr in T., S.-Gasse 3, Schlachtstätte des A. G., angelastet:

"Tat 1:

Sie haben es mehreren Muslimen in ihrem gepachteten Betrieb ermöglicht, Schafe vor dem Schlachten und Entbluten zu betäuben. Gemäß § 32 Abs. 3 Tierschutzgesetz ist das Schlachten von Tieren ohne Betäubung vor dem Blutentzug verboten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 32 Abs.3 iVm § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz iVm § 7 VstG Tat 2:

Sie haben die Entblutung des Tieres (Schafes) durch Personen vornehmen lassen, welche die dafür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten bezüglich einer Schlachtung von Schafen nicht besessen haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 32 Abs. 2 iVm § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz iVm § 7 VStG Tat 3:

Sie haben in ihrem gepachteten Schlachtbetrieb rituelle Schlachtungen ohne Bewilligung durchführen lassen, im Wissen, dass am 20.1.2005 das Kurbanfest stattfindet und sie dafür keine zugelassene Schlachtanlage besitzen. Gem. § 32 Abs. 4 Tierschutzgesetz dürfen rituelle Schlachtungen nur in einer dafür eingerichteten Schlachtanlage durchgeführt werden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 32 Abs. 4 iVm § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz"

Von der Verhängung einer Strafe wurde auf Grund des § 21 VStG und des § 38 Abs. 6 Tierschutzgesetz abgesehen und eine Ermahnung erteilt. Das Verschulden des Beschuldigten sei geringfügig und die Folgen der Übertretung seien unbedeutend. Aus der Vernehmung des Beschwerdeführers am 18. April 2005 sei hervorgegangen, er sei der Überzeugung gewesen, jener Muslime, der die Schächtung durchgeführt habe, hätte über die speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, diese vorzunehmen. Die Schächtung sei unter ständiger Aufsicht des Beschwerdeführers durchgeführt worden. Der Beschwerdeführer sei wegen ähnlicher Verwaltungsübertretungen bislang nicht in Erscheinung getreten. Die Ermahnung sei ausgesprochen worden, um den Beschwerdeführer von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

In der gegen diesen Bescheid vom mitbeteiligten Tierschutzombudsmann von Tirol (im Folgenden: Tierschutzombudsmann) erhobenen Berufung brachte dieser vor, dass kein geringfügiges Verschulden des Beschwerdeführers vorläge. Es sei vielmehr durch nachträglich gesetzte Bolzenschüsse versucht worden, die Tat zu vertuschen. Es könne bei einer ungesetzlichen Tötungsart nicht von unbedeutsamen Folgen für das Wohlbefinden des Tieres gesprochen werden. Aus Gründen der General- sowie der Spezialprävention wäre eine Geldstrafe in Höhe von nicht unter EUR 1.100,-- zu verhängen gewesen.

In einer Stellungnahme vom 23. Juni 2005 bestritt der Beschwerdeführer, die Kontrollorgane getäuscht zu haben; der Bolzenschuss sei bei drei Schafen praktisch gleichzeitig mit dem Halsschnitt erfolgt. Er führe bereits seit Jahren diese Schlachtungen durch und halte sich immer streng an die Vorschriften. Der Beschwerdeführer habe im Sinne einer raschen und ökonomischen Erledigung der Sache kein Rechtsmittel gegen die Ermahnung ergriffen.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde zog der Tierschutzombudsmann die Berufung zur Tat 1 zurück, da das Betäuben vor dem Schlachten und Bluten der Schafe keine strafbare Handlung darstelle.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG der Berufung insofern Folge gegeben, als anstatt der zu den Taten 2 und 3 im angefochtenen Bescheid jeweils ausgesprochenen Ermahnung gemäß § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 300,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils drei Tagen verhängt wurden.

In der Begründung verwies der UVS zunächst auf § 41 Abs. 4 Tierschutzgesetz, wonach der Tierschutzobmann Parteistellung in Verwaltungsverfahren nach diesem Bundesgesetz habe. Da das Straferkenntnis von Seiten des Beschuldigten unbekämpft geblieben sei, sei der Schuldvorwurf bezüglich der Taten 2) und 3) in Rechtskraft erwachsen. Eine Ermahnung sei aber nicht in Betracht gekommen, weil das Verschulden nicht geringfügig gewesen sei. Rituelle Schlachtungen ohne vorherige Betäubung seien nur zulässig, wenn es auf Grund zwingender religiöser Gebote oder Verbote einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft notwendig sei und hierzu eine behördliche Bewilligung vorläge. Bei einer Bewilligung stünde fest, dass ein Tierarzt anwesend sei, welcher sicherzustellen habe, dass die handelnden Personen über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügten, sodass den Tieren ungerechtfertigte Schmerzen oder schwere Angst erspart blieben. Diese im Gesetz zwingend vorgesehene Vorgehensweise sei nicht eingehalten worden, ein geringer Unrechtsgehalt sei somit nicht erkennbar. Der Verschuldensgrad sei zumindest Fahrlässigkeit, als mildernd oder erschwerend sei nichts zu berücksichtigen gewesen. Unter Berücksichtigung des Einkommens und der Sorgepflichten des Beschwerdeführers sowie des Strafrahmens bis zu EUR 3.750,-- seien die nunmehr verhängten Geldstrafen von EUR 300,-- schuld- und tatangemessen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 6. Juni 2006, B 186/06, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In seiner Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, wie auch der mitbeteiligte Tierschutzombudsmann, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der für die Beurteilung der Parteistellung des Tierschutzombudsmannes maßgebliche § 41 Abs. 4 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 (TschG), lautet (Hervorhebung nicht im Original):

"(4) Der Tierschutzombudsmann hat in Verwaltungsverfahren nach diesem Bundesgesetz Parteistellung. Er ist berechtigt, in alle Verfahrensakten Einsicht zu nehmen sowie alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Die Behörden haben den Tierschutzombudsmann bei der Ausübung seines Amtes zu unterstützen."

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Verfahrensrüge vor, dem Tierschutzombudsmann komme keine volle Parteistellung zu, ein Berufungsrecht in Verwaltungsstrafverfahren sei vom Gesetzeswortlaut nicht umfasst. Der Tierschutzombudsmann habe lediglich in Verwaltungsverfahren Parteistellung, dies umfasse nicht Verwaltungsstrafverfahren. Art. 11 Abs. 2 B-VG unterscheide Verwaltungsverfahren, Verwaltungsstrafverfahren sowie Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Eine systematische Trennung in Verwaltungsverfahren, Verwaltungsstrafverfahren und Verwaltungsvollstreckungsverfahren werde auch in Art. 1 EGVG ausgedrückt. Eine Gleichstellung von Verwaltungsverfahren und Verwaltungsstrafverfahren sei auf Grund der Wesensunterschiede unzulässig. Aus den parlamentarischen Materialien ergebe sich, dass zunächst im Textentwurf lediglich Akteneinsicht, Auskunftsrecht und Unterstützung durch Behörden vorgesehen gewesen sei. Unmittelbar vor der Beschlussfassung sei jener Teil über die Parteistellung im Verwaltungsverfahren eingefügt worden. Die Parteistellung einer Amtspartei im Verwaltungsstrafverfahren sei unüblich und bedürfe daher eigener gesetzlicher Regelungen, wie etwa im Lebensmittelrecht und Arbeitsschutz. Die Parteistellung einer Amtspartei im Verwaltungsstrafverfahren widerspreche der Systematik der Verfassung und des VStG, ein Berufungsrecht der Amtspartei hätte der Gesetzgeber ausdrücklich anführen müssen.

Unter Berufung auf Gesetzesmaterialien und Kommentarmeinungen betonten die belangte Behörde und der Mitbeteiligte, es sei eindeutige Intention des Gesetzgebers gewesen, dem Tierschutzombudsmann Parteistellung auch im Verwaltungsstrafverfahren zuzubilligen. Wenn der Gesetzgeber generell von Verwaltungsverfahren spreche, so seien nicht nur das allgemeine Verwaltungsverfahren, sondern auch die Sonderverfahren, d. h. das Verwaltungsstrafverfahren und das Vollstreckungsverfahren, gemeint. Verwiesen wurde auf § 36 Abs. 8 Tiroler Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 26/2005, wonach dem Landesumweltanwalt in allen naturschutzrechtlichen Verfahren, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren, Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zukomme.

Zur Lösung dieser Frage ist zunächst, zumal die belangte Behörde die Gesetzesmaterialien in der Gegenschrift unrichtig wiedergibt, auf die Entstehung dieser Gesetzesbestimmung einzugehen.

Im Bericht des Verfassungsausschusses 509 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP wird eingangs der Gesetzgebungsprozess zum TschG dargestellt. Hervorgehoben sei aus mehreren Initiativanträgen jener (12/A vom 20. Dezember 2002), der in einem § 40 Abs. 3 Zi. 1 ausdrücklich die Berechtigung der Tieranwaltschaft zur Erhebung einer Berufung gegen Bescheide in Verwaltungsstrafverfahren vorgesehen hätte. Die dem Nationalrat am 18. März 2004 zugeleitete Regierungsvorlage (446 der Beilagen) sah in § 41 Abs. 4 lediglich die Berechtigung des Tierschutzombudsmannes vor, in alle Verfahrensakten Einsicht zu nehmen sowie alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Zum oben wiedergegebenen, tatsächlich beschlossenen Gesetzeswortlaut findet sich im Bericht des Verfassungsausschusses 509 der Beilagen folgende Erläuterung zu § 41:

"Die Rechtsstellung des Tierschutzombudsmanns wird in mehrfacher Weise modifiziert und gestärkt, wobei nach diesem Bundesgesetz eine Parteistellung in Verwaltungsverfahren, eine Unterstützungspflicht der Behörden und eine Berichtspflicht gegenüber der Landesregierung verankert wird."

Diese Erläuterung wird in Irresberger/Obenaus/Anselm, Tierschutzgesetz, Kommentar, 167, wiedergegeben; die daran angeschlossene Kommentarmeinung,

"Der Tierschutzombudsmann hat ex lege in sämtlichen Verwaltungsverfahren, die nach dem TSchG durchgeführt werden, Parteistellung (vgl. auch § 8 AVG). Verwaltungsverfahren sind alle auf die Erlassung eines Bescheides gerichteten Abläufe, insb auch Verwaltungsstrafverfahren, nicht jedoch faktische Amtshandlungen wie die Durchführung von Kontrollen (§ 35 Abs 2 bis 5), die Abnahme (§ 23 Z 5, § 37 Abs 1 Z 2 und Abs 2 erster Satz, § 39 Abs 3), Übergabe an Verwahrer (§ 23 Z 5, § 30 Abs 1, § 40 Abs 2 erster Satz), In-Freiheit-Setzung (§ 40 Abs 2 erster Satz), Zurückstellung eines abgenommenen Tieres (§ 37 Abs 3 erster Satz) oder die Tötung eines Tieres (§ 36 Abs 3 letzter Satz, § 37 Abs 2 letzter Satz, § 40 Abs 2 letzter Satz)."

ist aber nicht, wie die belangte Behörde dies in der Gegenschrift darstellt,

"eindeutige erkennbare Intention des Gesetzgebers, nachzulesen im Ausschussbericht Nr. 509, Beilage zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates in der 22. Gesetzgebungsperiode:".

Die Frage, ob mit "Verwaltungsverfahren" auch "Verwaltungsstrafverfahren" gemeint sind, lässt sich somit anhand der Gesetzesmaterialien nicht beantworten. Wohl wird der Begriff "Verwaltungsverfahren" im Allgemeinen umfassend, also sowohl das Allgemeine Verwaltungsverfahren, wie auch das Verwaltungsstrafverfahren und das Verwaltungsvollstreckungsverfahren beinhaltend, verstanden (siehe bloß die einschlägigen Lehrbücher und Kommentare). Demgegenüber zählt Art. 11 Abs. 2 B-VG das Verwaltungsverfahren, die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes, das Verwaltungsstrafverfahren und die Verwaltungsvollstreckung nebeneinander auf, worauf der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2007, Zl. 2003/10/0297, zur Begründung dafür abgestellt hat, dass die in einer Übergangsbestimmung angeführten Verwaltungsverfahren Verwaltungsstrafverfahren gerade nicht betroffen haben.

N. Raschauer hat in: Die Parteistellung des Tierschutzombudsmanns nach § 41 Abs. 4 TschG Versuch einer Abgrenzung (RdU 2007, 118), zur Lösung dieser Frage funktionell vergleichbare Bestimmungen der Rechtsordnung (betreffend etwa den Umweltanwalt nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, den Disziplinaranwalt nach dem Beamtendienstrechtsgesetz, den Arbeitsinspektor hinsichtlich Betriebsanlagen, den Anwalt für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern nach dem Bundesgleichbehandlungsgesetz und die Abgabenbehörden nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz) herangezogen und in die Betrachtung einbezogen. Der Autor gelangte zum Ergebnis, dass staatlichen Stellen, die bestimmte öffentliche Interessen in solchen Verfahren zu vertreten haben, grundsätzlich nur für einen bestimmten Kreis von Verwaltungsverfahren Parteistellung eingeräumt wird. Hingegen wird die Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren in den einschlägigen Materiengesetzen jeweils ausdrücklich klargestellt. Der Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1994, Zl. 94/07/0160, zu § 11 Abs. 1 NÖ UmweltschutzG 1984 betreffend der Einräumung der Parteistellung der Umweltanwaltschaft im Zusammenlegungsverfahren aus, dass eine gesetzgeberische Absicht der Erweiterung des Kreises der Parteien in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zum Ausdruck gebracht werden müsse.

Es ist der Ansicht von N. Raschauer zu folgen, dass aus Sicht der rechtsvergleichenden Perspektive die besseren Gründe dafür sprechen, von einer eingeschränkten Parteistellung des Tierschutzombudsmannes auszugehen, die grundsätzlich auf die bescheidmäßig zu erledigenden Administrativverfahren zu begrenzen ist. Im Verwaltungsstrafverfahren geht es ja nicht primär um Interessen des Tierschutzes, die der Tierschutzombudsmann wahrzunehmen hätte, sondern um die Ahndung von spezifischen Gesetzesübertretungen (vgl. Herbrüggen/Randl/N. Raschauer/Wessely Österreichisches Tierschutzrecht I2, 132).

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Gesetzgeber nunmehr anlässlich der Novelle BGBl. Nr. 54/2007 dem Tierschutzombudsmann ausdrücklich die Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren eingeräumt hat. In der Regierungsvorlage (142 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP) wird zur Neufassung des § 41 TschG unter Zitierung der oben wiedergegebenen - unbegründeten - Kommentarmeinung von Irresberger/Eberhard/Obenaus festgehalten:

"Dient zur Klarstellung. Aus der Entstehungsgeschichte zum TschG sowie aus der Literatur ergibt sich, dass der Tierschutzombudsmann in sämtlichen Verwaltungsverfahren, die nach dem TschG durchgeführt werden, Parteistellung hat. Dabei sind als Verwaltungsverfahren alle auf Bescheid gerichteten Abläufe, insbesondere auch Verwaltungsstrafverfahren, zu verstehen (siehe dazu insbes. Irresberger/Eberhard/Obenaus, Tierschutzgesetz, Kommentar, Anm. 4 zu § 41 S. 167). Dies wurde dennoch mehrfach missachtet und dem Tierschutzombudsmann in Verwaltungsstrafverfahren die Parteistellung aberkannt. Aktuell ist diesbezüglich auch ein Verfahren beim VwGH anhängig. Unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens sollte jedenfalls nun durch die eindeutige Formulierung 'Verwaltungsverfahren einschließlich Verwaltungsstrafverfahren' eine klare eindeutige Regelung geschaffen werden."

In seinem Erkenntnis vom 29. Jänner 2004, Zl. 99/17/0135, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, für die Auslegung einer gesetzlichen Norm komme es auf Wortlaut, Systematik und Zweck der getroffenen Regelung an, nicht aber darauf, welche Vorstellung der spätere Novellengesetzgeber über den Norminhalt der seiner Meinung nach novellierungsbedürftigen Regelung gehabt haben mag.

Ähnlich argumentierte auch der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss vom 14. Juli 1987, GZ. 4 Ob 361/86, betreffend eine Novellierung des Urheberrechtsgesetzes: Die im Zuge der parlamentarischen Beratungen über die Novelle 1986 von mehreren Abgeordneten gemachten, vom Bericht des Justizausschusses über diese Novelle übernommenen Aussagen über den "wahren Willen" der Verfasser einer früheren Novelle (1980) könnten - ganz abgesehen von der grundsätzlichen Problematik einer solchen rückwirkenden "Klarstellung" oder "Verdeutlichung" der seinerzeitigen Absichten des Gesetzgebers - schon deshalb keine verlässliche Auskunft über den Willen des historischen Gesetzgebers des Jahres 1980 geben, weil sie aus einer späteren Gesetzesperiode stammten.

Da somit dem Tierschutzombudsmann erst seit der zitierten, hier nicht anwendbaren Novelle kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers Parteistellung in Verwaltungsstrafverfahren zukommt, war im gegenständlichen Fall nach dem TschG seine Parteistellung in Verwaltungsstrafverfahren nicht gegeben. Indem die belangte Behörde dem Tierschutzombudsmann Parteistellung gewährte und über seine Berufung in der Sache entschied, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. Dezember 2008

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