VwGH 2006/04/0227

VwGH2006/04/022729.2.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der Lgesellschaft mbH in W, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom 28. März 2006, Zlen. VKS-3440/04, VKS-3442/04, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Partei:

Gemeinde Wien, Magistratsabteilung 34 - Bau- und Gebäudemanagement, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 29/9), zu Recht erkannt:

Normen

BVergG 1997 §58 Abs1;
BVergG 2002 §51;
LVergG Wr 1995 §16 Abs3;
LVergG Wr 1995 §16 Abs4;
LVergG Wr 1995 §16 Abs5;
LVergG Wr 1995 §16 Abs6;
LVergG Wr 1995 §16 Abs7;
LVergG Wr 1995 §16 Abs8;
LVergG Wr 1995 §16 Abs9;
LVergG Wr 1995 §37 Abs1 Z4;
LVergG Wr 1995 §37 Abs1;
BVergG 1997 §58 Abs1;
BVergG 2002 §51;
LVergG Wr 1995 §16 Abs3;
LVergG Wr 1995 §16 Abs4;
LVergG Wr 1995 §16 Abs5;
LVergG Wr 1995 §16 Abs6;
LVergG Wr 1995 §16 Abs7;
LVergG Wr 1995 §16 Abs8;
LVergG Wr 1995 §16 Abs9;
LVergG Wr 1995 §37 Abs1 Z4;
LVergG Wr 1995 §37 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. März 2006 hat der Vergabekontrollsenat des Landes Wien den Antrag der Beschwerdeführerin, gemäß § 99 Abs. 1 Z. 2 lit. b Wiener Landesvergabegesetz - WLVergG, LGBl. Nr. 36/1995, festzustellen, dass wegen eines Verstoßes gegen dieses Landesgesetz der Zuschlag im Vergabeverfahren der mitbeteiligten Partei betreffend Maler- und Anstreicherarbeiten im Rathaus nicht dem Bestbieter erteilt worden sei, gemäß § 33 iVm §§ 1, 6, 94 Abs. 1, 96 Abs. 1, 97 Abs. 2, 98 Z. 6, 99 Abs. 1 Z. 2 lit. b WLVergG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die mitbeteiligte Partei habe im Jahr 2002 im Zug der Adaptierung von Räumen im ersten und zweiten Stock des Rathauses Maler- und Anstreicherarbeiten im offenen Verfahren ausgeschrieben. Dabei habe es sich um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich gehandelt. Die Kundmachung sei am 18. April 2002 erfolgt; Abgabetermin sei der 13. Mai 2002 gewesen. Als einziges Zuschlagskriterium sei der niedrigste Preis festgelegt worden.

An dieser Ausschreibung hätten sich insgesamt 11 Unternehmen, darunter die Beschwerdeführerin, beteiligt. Das Angebot der Beschwerdeführerin sei jenes mit dem niedrigsten Preis gewesen.

Mit Schreiben vom 12. Juni 2002 habe die Mitbeteiligte der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass ihr Angebot vom weiteren Verfahren ausgeschieden werde. Dies habe die Mitbeteiligte damit begründet, dass bei den von der Beschwerdeführerin in vorangegangenen Jahren durchgeführten Maler- und Anstreicherarbeiten für die Büroraumsanierung im Amtsgebäude Bartensteingasse 13 Abrechnungs- und Ausführungsmängel aufgetreten wären. Aus diesem Grund wäre die Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin derzeit nicht gegeben.

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2002 habe die Beschwerdeführerin die Nichtigerklärung der Entscheidung der Mitbeteiligten, ihr Angebot auszuscheiden, begehrt.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2002 habe die Mitbeteiligte der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, im gegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag einem anderen Bieter zu erteilen.

Mit Schriftsatz vom 9. August 2002 habe die Beschwerdeführerin die Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung der Mitbeteiligten begehrt.

Die mitbeteiligte Partei habe in beiden Nachprüfungsverfahren zunächst eingewendet, dass mangels Überschreitung des Schwellenwerts die Zuständigkeit der belangten Behörde nicht gegeben sei.

Mit den Bescheiden vom 5. August 2002 und 23. August 2002 habe die belangte Behörde die Anträge wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen, weil der in § 1 Abs. 1 Z. 2 WLVergG normierte Schwellenwert für Bauaufträge von EUR 5 Mio. nicht überschritten werde.

Diese Bescheide seien von der Beschwerdeführerin beim Verfassungsgerichtshof angefochten worden. Der Verfassungsgerichtshof habe zunächst ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet und mit Erkenntnis vom 23. Februar 2004, G 230-232/03, die von der belangten Behörde herangezogene Schwellenwertregelung aufgehoben. In der Folge seien mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 2004, B 1336/02, B 1426/02 und B 1565/02, die Bescheide der belangten Behörde vom 5. August 2002 und vom 23. August 2002 aufgehoben worden.

Im fortgesetzten Verfahren habe die belangte Behörde die Verfahren über die beiden Anträge der Beschwerdeführerin zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2004 habe die Beschwerdeführerin für den Fall, dass der Zuschlag bereits erteilt worden sei, gemäß § 99 Abs. 1 Z. 2 lit. b WLVergG beantragt festzustellen, dass wegen eines Verstoßes gegen dieses Landesgesetz der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden sei. Nach dem Vorbringen der Mitbeteiligten sei der Zuschlag am 23. Juli 2002 erfolgt.

Nach ausführlicher Wiedergabe des Parteienvorbringens stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:

Die Beschwerdeführerin sei bereits in früheren Jahren wiederholt für die Mitbeteiligte tätig geworden. U.a. habe die Beschwerdeführerin zwei Aufträge im Zuge der teilweisen Sanierung des Amtsgebäudes in Wien 1., Bartensteingasse 13, erhalten. Diese Aufträge seien in den Jahren 1999 und 2000 ausgeführt worden. Die Beschichtung der Türen/Türstöcke und Fenster/Fensterstöcke sei in der Ausschreibung genau festgelegt worden, wobei teilweise vier, vier bis fünf bzw. fünf bis sechs Schichten auszuführen gewesen seien. In diesem Zusammenhang sei verlangt worden, dass Zwischenschichten gemäß der ÖNorm B 2230 durch Abtönung leicht unterscheidbar zu machen seien. Nach den besonderen Vertragsbedingungen sei ebenfalls verlangt gewesen, dass die einzelnen Schichten durch Abtönung unterschiedlich herzustellen seien.

Die Beschwerdeführerin habe vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien einen Zivilprozess gegen die Mitbeteiligte geführt. (Aus dem vorgelegten Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 29. November 2004 ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin unmittelbar nach Zurückweisung ihrer Nachprüfungsanträge durch die später vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bescheide der belangten Behörde eine Klage gegen die Mitbeteiligte auf Unterlassung des Ausschlusses vom gegenständlichen Vergabeverfahren und von weiteren Vergabeverfahren wegen Fehlens der beruflichen Zuverlässigkeit begehrt hat. Für den Fall, dass der Zuschlag bereits erteilt worden sei, hat sie die Unterlassung des Ausschlusses von Vergabeverfahren der Mitbeteiligten begehrt.) Der in diesem Zivilprozess bestellte Sachverständige habe (zu den Mängeln bei der Abwicklung des Projekts Bartensteingasse) Folgendes festgestellt:

"Großteils fehlende Abtönung der einzelnen Schichten im Anstrichaufbau. Der in den Ausschreibungen und in den Aufträgen geforderte Anstrichaufbau (Anzahl der Anstrichschichten) wurde nicht oder nur teilweise erfüllt. Im geringen Maße wurde die geforderte Schichtdicke nicht erreicht."

Bei diesen Mängeln handle es sich um eine nicht ausschreibungskonforme Ausführung der Anstreicharbeiten.

Ein von der Mitbeteiligten eingeholter Prüfbericht habe Mängel bei der Ausführung der Arbeiten am Objekt Bartensteingasse festgestellt. Die Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom 13. Dezember 1999 ausgeführt, dass bei einzelnen Positionen "eventuell zu viel weggeschliffen worden sein könnte". Mit Schreiben vom 11. Mai 2000 habe sie darauf verwiesen, dass trotz wöchentlicher Baubesprechungen, mehrfacher Baubegehungen und oftmaliger Kontrolle niemals darauf hingewiesen worden sei, dass ein mehrfarbiger Schichtaufbau gewünscht sei.

Das Kontrollamt der Stadt Wien habe mit Bericht vom 3. Juni 2002 zu den Maler- und Anstreicherarbeiten im Objekt Bartensteingasse Stellung genommen. Nach diesem Bericht habe das Holzforschungsinstitut Austria an verschiedenen Fenstern Spanproben entnommen und festgestellt, dass von der Beschwerdeführerin nicht die vorgeschriebene Gesamtschichtdicke aufgebracht worden sei. Ebenso sei festgestellt worden, dass die einzelnen Schichten weitgehend nicht farblich abgetönt worden seien. Letztlich habe das Kontrollamt bemängelt, dass die Beschwerdeführerin mehr verrechnet habe als von ihr ausgeführt worden sei. Dadurch habe die Beschwerdeführerin rund EUR 6.592,-- zu viel erhalten.

Zum Vorwurf, zu viel verrechnet zu haben, habe die Beschwerdeführerin am 26. Juni 2002 ausgeführt, dass bezüglich der Abrechnung des Bauvorhabens Bartensteingasse zwar Auffassungsunterschiede bestünden, deren gütliche Bereinigung derzeit im Laufen wäre, von Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung jedoch keine Rede sein könnte.

Mit Schreiben vom 5. Juli 2002 habe die Mitbeteiligte der Beschwerdeführerin die Gründe für die Nichtberücksichtigung ihres Angebots mitgeteilt. In diesem Schreiben habe sie darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin beim Bauvorhaben Bartensteingasse die Arbeitsleistungen nicht vertragsgemäß und überprüfbar hergestellt hätte, dass sie bei der Abrechnung Zuschläge in Rechnung gestellt hätte, die nach den geltenden Ö-Normen nicht gerechtfertigt wären (Mehrfarbigkeitszuschlag bei Fensterbeschichtung). Weiters wäre die vertragsgemäße Anstrichqualität nicht gegeben und nicht erbrachte Arbeitsleistungen in Rechnung gestellt worden (Verspachtelungen, Schichten). Selbst schriftliche Anweisungen, die die nachträgliche eindeutige Überprüfbarkeit sicherstellen hätten sollen, wären nicht beachtet worden. Es wäre zu unzulässigen Mehrfachverrechnungen von Zuschlägen ("Höhenzuschläge") gekommen. Weiters wären Ausmaßfehler bei der Berücksichtigung von Abzugsflächen und bei der Berechnung der bearbeiteten Wand- und Deckenflächen aufgetreten. Es wäre zur ungerechtfertigten Verrechnung von Erschwerniszuschlägen gekommen. Durch diese Abrechnungs- und Ausführungsmängel wäre ausreichend nachgewiesen, dass die Beschwerdeführerin keine Gewähr mehr dafür böte, dass die bei der Durchführung von öffentlichen Aufträgen zu beachtenden Interessen gewahrt und die einschlägigen Sorgfaltsmaßstäbe eingehalten würden.

Im Verfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien habe die Beschwerdeführerin am 10. Dezember 2003 ihr ursprüngliches Begehren auf Kosten eingeschränkt. Dies im Hinblick auf eine Erklärung der Mitbeteiligten, dass auf Grund von im Februar 2003 gesetzten "vertrauensbildenden Maßnahmen" die berufliche Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin infolge von Angebots- und Ausführungsmängeln beim Bauvorhaben Bartensteingasse nicht mehr fehle und die Beschwerdeführerin daher auch weitere Zuschläge erhalten werde. Dem auf Kosten eingeschränkten Klagebegehren habe das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien stattgegeben. Dieses Urteil sei vom Oberlandesgericht Wien bestätigt worden.

Zur rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass es sich gegenständlich um die Vergabe eines Bauauftrages handle, für dessen Nachprüfung die Zuständigkeit der belangten Behörde grundsätzlich gegeben sei. Am 1. Juli 2003 sei das Wiener Vergaberechtsschutzgesetz, LGBl. Nr. 25/2003 (WVRG 2003), in Kraft getreten. Nach § 33 dieses Gesetzes gelten für am Tag des Inkrafttretens eingeleitete Verfahren zur Vergabe von Aufträgen oder beim Vergabekontrollsenat anhängige Verfahren weiterhin die Bestimmungen des WLVergG betreffend den Rechtschutz. Infolge Aufhebung der ursprünglichen Zurückweisungsbescheide durch den Verfassungsgerichtshof seien die nach dem WLVergG geführten Nachprüfungsverfahren nach diesem Gesetz fortzusetzen gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 2004, wonach die als verfassungswidrig erkannte Bestimmung betreffend den Schwellenwert im WLVergG in den gegenständlichen Anlassfällen nicht mehr anzuwenden sei und deshalb einer meritorischen Erledigung der vorliegenden Anträge nicht mehr im Weg stehe. Obwohl das WLVergG eine dem § 27 Abs. 2 des WVRG 2003 entsprechende ausdrückliche Regelung nicht enthalte, gehe die belangte Behörde zur Gewährung des europarechtlich gebotenen effektiven Rechtschutzes davon aus, dass der auf die Bestimmung des § 99 Abs. 1 Z. 2 lit. b WLVergG gestützte Feststellungsantrag zulässig sei. Zusammenfassend komme die belangte Behörde zum Ergebnis, dass nach Aufhebung der Zurückweisungsbescheide durch den Verfassungsgerichtshof das Verfahren in das Stadium vor Bescheiderlassung zurückgetreten sei und damit gemäß § 33 WVRG 2003 weiterhin das WLVergG anzuwenden sei.

Gemäß § 16 Abs. 1 WLVergG habe die Vergabe öffentlicher Aufträge "an zuverlässige Auftragnehmer" zu erfolgen. Vorliegend stehe fest, dass die Beschwerdeführerin bei Ausführung der Arbeiten beim Objekt Bartensteingasse in den Jahren 1999 und 2000 unzuverlässig gearbeitet habe. Im Leistungsverzeichnis geforderte Arbeiten seien nicht entsprechend durchgeführt und nicht erbrachte Leistungen seien verrechnet worden. Nach dem Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen stehe fest, dass die von der Ausschreibung geforderte Art des Anstrichaufbaus nicht erbracht worden sei. An die Beurteilung durch die Zivilgerichte, wonach es sich dabei nicht um "schwere Verfehlungen" handle, sei die belangte Behörde nicht gebunden.

§ 16 WLVergG zähle die Gründe für die Unzuverlässigkeit von Unternehmen nicht taxativ auf. § 37 WLVergG betreffe die Eignungskriterien, nicht aber Kriterien zur Beurteilung der Zuverlässigkeit, wenn auch bei Vorliegen einzelner darin genannter Tatbestände die Unzuverlässigkeit des Auftragnehmers anzunehmen sei. § 16 WLVergG normiere in erster Linie, was der Auftraggeber zu unternehmen habe, um die Zuverlässigkeit eines Auftragnehmers zu prüfen. Dies schließe aber nicht aus, dass nicht im Gesetz aufgezählte Gründe für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit eines Bieters herangezogen werden könnten. Es wäre nicht vertretbar, wenn die Erbringung von mangelhaften oder nicht den Ausschreibungsbestimmungen entsprechenden Leistungen nicht Grund genug sein könnte, den betreffenden Unternehmer als unzuverlässig einzustufen. Die Beschwerdeführerin habe den Anstrichaufbau im Objekt Bartensteingasse entgegen den Vorgaben im Leistungsverzeichnis nicht in der geforderten Anzahl von entsprechend abgetönten Schichten durchgeführt. Dies habe sie trotz entsprechender Vorhalte auch im Folgenden nicht getan. Dieses Verhalten der Beschwerdeführerin bei den - in zeitlicher Nähe zum gegenständlichen Auftrag liegenden - Arbeiten am Objekt Bartensteingasse rechtfertige nach Ansicht der belangten Behörde die Ausscheidung des Angebots im gegenständlichen Verfahren wegen beruflicher Unzuverlässigkeit.

Der Feststellungsantrag sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin replizierte darauf.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die belangte Behörde bringt in ihrer Gegenschrift zunächst vor, dass die Beschwerdeführerin bereits nach Zurückweisung der gegenständlichen Nachprüfungsanträge mangels Anwendbarkeit des WLVergG mit den Bescheiden vom August 2002 in die Lage versetzt worden sei, Schadenersatz gerichtlich geltend zu machen. Der Schadenersatzanspruch sei somit verjährt, weshalb die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr beschwert sei.

Dem ist zu entgegnen, dass die im August 2002 erlassenen zurückweisenden Bescheide vom Verfassungsgerichtshof - mit Wirkung ex tunc - aufgehoben worden sind und das WLVergG daher - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat - anzuwenden ist. Nach § 109 Abs. 2 dieses Gesetzes ist aber die von der Beschwerdeführerin begehrte Feststellung Voraussetzung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen.

2. Gemäß § 16 Abs. 1 WLVergG hat die Vergabe von Aufträgen entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs und der unparteiischen Behandlung aller Bewerber, Bieter und deren Subunternehmer bei Anwendung des jeweils entsprechenden Verfahrens an leistungsfähige, zuverlässige und spätestens zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung befugte Auftragnehmer zu angemessenen, auch der Marktlage entsprechenden Preisen zu erfolgen.

Die Abs. 3 bis 9 dieser Bestimmung enthalten nähere Regelungen, wie das Vorliegen von Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu überprüfen ist und in welchen Fällen aufgrund solcher Übertretungen die berufliche Zuverlässigkeit nicht gegeben ist. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass § 16 WLVergG keine abschließende Aufzählung von Gründen für die berufliche Unzuverlässigkeit enthält.

§ 37 Abs. 1 WLVergG enthält eine Auflistung von Gründen, aus denen der Auftraggeber einen Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen kann. Dabei handelt es sich um eine abschließende Aufzählung der in den Vergaberichtlinien geregelten Ausschlussgründe (siehe etwa Art. 24 der Richtlinie 93/37/EWG - Baukoordinierungsrichtlinie; vgl. zum Bundesvergabegesetz 1997, das in seinem § 58 Abs. 1 eine inhaltsgleiche Aufzählung enthält, die bei Elsner, Vergaberecht (1999), B 138, wiedergegebenen Gesetzesmaterialien und zum Bundesvergabegesetz 2002, das eine inhaltsgleiche Auflistung in § 51 enthält, Gölles in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2002, Rz 4 zu § 51). Bei den Abs. 3 bis 9 des § 16 Abs. 1 WLVergG handelt es sich um eine Verletzungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes betreffende nähere Konkretisierung der Gründe des § 37 Abs. 1 WLVergG, insbesondere jenes der Z. 4, wonach der Auftraggeber Unternehmer von der Teilnahme ausschließen kann, wenn sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen haben, die vom Auftraggeber nachweislich festgestellt wurde.

Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, dass es sich bei den in § 37 Abs. 1 WLVergG aufgelisteten Gründen um Eignungskriterien und nicht um Kriterien für die Beurteilung der Zuverlässigkeit handle. Dem ist zu entgegnen, dass es sich bei der Zuverlässigkeit um einen Aspekt der Eignung handelt und mit § 37 Abs. 1 WLVergG gerade diese Komponente - abschließend - konkretisiert wird (vgl. zu § 51 BVergG 2002 Gölles, a.a.O., Rz 1 ff).

Die belangte Behörde hat somit insoweit die Rechtslage verkannt, als sie meinte, für die Beurteilung der Zuverlässigkeit komme es nicht auf die Verwirklichung eines Tatbestandes gemäß § 37 Abs. 1 WLVergG an.

Diese Verkennung der Rechtslage würde die Beschwerdeführerin dann nicht in Rechten verletzen, wenn sich die Verwirklichung eines der Tatbestände des § 37 Abs. 1 WLVergG auf Grund von unbedenklichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergäbe.

3. Dies ist jedoch aus folgenden Gründen nicht der Fall:

Nach der sachverhaltsbezogen allein in Betracht kommenden Z. 4 des § 37 Abs. 1 WLVergG kann der Auftraggeber Unternehmer von der Teilnahme ausschließen, wenn sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen haben, die vom Auftraggeber nachweislich festgestellt wurde.

Eine schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit liegt etwa bei gerichtlich strafbaren Handlungen, Verstößen gegen das Kartellgesetz, Absprachen über Preise, koordinierter Angebotslegung, sittenwidrigen oder gegen den Grundsatz des fairen Wettbewerbs verstoßenden Abreden oder Korruption vor (vgl. Elsner, a. a.O., A 75; Hahnl, Bundesvergabegesetz 2002, K 1 zu § 51; Gölles, a.a.O., Rz 33 zu § 51). In der Vergangenheit liegende Verletzungen von mit öffentlichen Auftraggebern geschlossenen Leistungsverträgen können ebenfalls zur beruflichen Unzuverlässigkeit führen (vgl. etwa Elsner a.a.O. und Hahnl a. a.O). Dabei muss es sich aber um so schwere Verletzungen handeln, die den oben angeführten in der Literatur beispielsweise genannten schweren Verfehlungen gleichzuhalten sind. Es muss sich daher um Verfehlungen handeln, die über die üblicherweise bei Bauvorhaben auftretenden Ausführungsmängel und Unstimmigkeiten bei der Abrechnung deutlich hinausgehen.

Die belangte Behörde hat zu den von der Mitbeteiligten als Grund für das Ausscheiden der Beschwerdeführerin mangels Zuverlässigkeit herangezogenen Mängeln bei der Ausführung und Abrechnung des Auftrages beim Projekt Bartensteingasse folgende Feststellungen getroffen:

Nach dem im Zivilprozess eingeholten Sachverständigengutachten seien die einzelnen Schichten im Anstrichaufbau zum Großteil nicht entsprechend den Ausschreibungsunterlagen abgetönt worden. Der geforderte Anstrichaufbau (Anzahl der Schichten) sei nicht oder nur teilweise erfüllt worden. Im geringen Ausmaß sei auch die geforderte Schichtdicke nicht erreicht worden. Nach dem Bericht des Kontrollamts habe die Beschwerdeführerin um EUR 6.592,-- mehr verrechnet, als sie tatsächlich an Leistungen erbracht habe.

Diese Feststellungen reichen zur Beurteilung, ob eine "schwere Verfehlung" im Sinn von § 37 Abs. 1 Z. 4 WLVergG vorliegt, nicht aus. Dazu wären Feststellungen über die näheren Umstände, wie etwa den Umfang der mangelhaft erbrachten bzw. zu viel verrechneten Leistungen im Verhältnis zum Gesamtumfang des Auftrages, die auf Grund der mangelhaft erbrachten Leistung bewirkte Beeinträchtigung des Gebrauchs, der Qualität bzw. der Optik oder die Aufrechthaltung der mangelhaften Arbeitsweise trotz entsprechender Vorhalte bzw. Aufforderungen, erforderlich.

Die belangte Behörde hat in den Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung den Umstand als erschwerend gewertet, dass die Beschwerdeführerin den geforderten Anstrichaufbau beim Objekt

Bartensteingasse "trotz entsprechender Vorhalte ... auch im

Folgenden" nicht hergestellt habe. Dazu fehlt aber jede Grundlage in den Feststellungen. Die belangte Behörde hat lediglich festgestellt, dass die Mitbeteiligte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 5. Juli 2002 vorgehalten habe, "selbst schriftliche Anweisungen, die die nachträgliche eindeutige Überprüfbarkeit sicherstellen sollten" nicht beachtet zu haben. Weiters hat sie festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in einem Schreiben an die Mitbeteiligte darauf hingewiesen habe, dass trotz wöchentlicher Baubesprechungen und mehrfacher Baubegehungen und oftmaliger Kontrollen niemals darauf hingewiesen worden sei, dass ein mehrfarbiger Schichtaufbau gewünscht sei. Eine beweiswürdigende Auseinandersetzung zur Frage, ob die Beschwerdeführerin die mangelhafte Ausführung trotz entsprechender Vorhalte fortgesetzt hat, findet sich im angefochtenen Bescheid nicht.

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zu den näheren Umständen der festgestellten mangelhaften Ausführung und überhöhten Verrechnungen beim Projekt Bartensteingasse zu treffen haben.

4. Für das fortgesetzte Verfahren sei weiters festgehalten:

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat im rechtskräftigen Urteil vom 29. November 2004 festgestellt, dass die von der Ausschreibung geforderte Abtönung der einzelnen Anstrichschichten nur den Sinn habe, den schichtweisen Aufbau nachträglich überprüfen zu können. Die Unterlassung der Abtönung habe keine Auswirkungen auf die Qualität des Anstrichs. Die Durchführung mehrerer Arbeitsgänge mit dünneren Schichtstärken sei günstiger als ein dicker Auftrag, weil das Trocknungsverhalten und die Spannung bei mehreren Schichten günstiger sei. Der von der Beschwerdeführerin vorgenommene Schichtenaufbau beim Projekt Bartensteingasse sei zwar nicht ausschreibungskonform, entspreche jedoch dem Stand der Technik. Durch die nicht ausschreibungskonforme Beschichtung sei kein "Qualitätsmangel in der Optik" eingetreten. Die von der Beschwerdeführerin durchgeführten Beschichtungen seien technisch in Ordnung. Bei 41 von 52 Proben sei festgestellt worden, dass die einzelnen Schichten nicht abgetönt worden seien. Bei 33 von 52 Proben sei die Anzahl der von der Ausschreibung geforderten Schichten nicht erreicht worden. Nur bei zwei von 52 Proben sei die erforderliche Mindeststärke des gesamten aufzubringenden Anstrichs nicht erreicht worden. Das Kontrollamt habe moniert, dass die Beschwerdeführerin für die zweifärbige Beschichtung von Fensterteilen ungerechtfertigt EUR 1.628,-- zu viel verrechnet habe. Für die Isolierung des Untergrundes habe sie anstatt des vorgegebenen Anteiles von 50 % der Gesamtfläche einen Anteil von 80 % in Rechnung gestellt. Für nicht erbrachte Spachtelarbeiten habe sie EUR 2.924,-- in Rechnung gestellt. Insgesamt habe die Beschwerdeführerin daher um EUR 6.592,-- zu viel verrechnet. Die Beschwerdeführerin habe diese Überzahlung anerkannt. Für die Mängel beim Anstrichaufbau sei einvernehmlich ein pauschalierter Qualitätsabzug von EUR 1.300,-- festgesetzt worden.

Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren im Schriftsatz vom 17. August 2004 betrug der Wert des gesamten Auftrages beim Projekt Bartensteingasse EUR 237.959,71.

Sollte die belangte Behörde zu gleichlautenden Feststellungen gelangen, läge nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keine über die üblicherweise bei Bauvorhaben auftretenden Ausführungsmängel und Unstimmigkeiten bei der Abrechnung deutlich hinausgehende "schwere Verfehlung" im Sinn des § 37 Abs. 1 Z. 4 WLVergG vor.

5. Auf Grund der oben 2. dargestellten Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

6. Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. Februar 2008

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