VwGH 2006/04/0022

VwGH2006/04/002227.6.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, in der Beschwerdesache der P GmbH in W, vertreten durch Dullinger Schneider Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Salzburg vom 13. Jänner 2006, Zl. 20001-SVKS/43/38-2006, betreffend Nichtigerklärung einer Zuschlagsentscheidung (mitbeteiligte Partei: Bietergemeinschaft bestehend aus 1. W & F AG in M, 2. H & F Baugesellschaft mbH und Co KG in L und 3. H Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH in P, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3), den Beschluss gefasst:

Normen

BVergG 2002 §103 Abs1;
BVergG 2002 §163 Abs1;
BVergG 2002 §174 Abs2;
BVergG 2002 §184 Abs2;
BVergG 2002 §20 Z42;
VwGG §33 Abs1;
BVergG 2002 §103 Abs1;
BVergG 2002 §163 Abs1;
BVergG 2002 §174 Abs2;
BVergG 2002 §184 Abs2;
BVergG 2002 §20 Z42;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1. Mit Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Salzburg vom 13. Jänner 2006 wurde dem Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und die Zuschlagsentscheidung des Landes Salzburg betreffend den Bauauftrag zur Herstellung einer Umfahrungsstraße mit einem Tunnel im Oberschwellenbereich zu Gunsten eines Alternativangebotes der beschwerdeführenden Partei für nichtig erklärt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie - soweit für die vorliegende Entscheidung wesentlich - vorbrachte, dass der Beschwerdeführerin die Beschwerdelegitimation fehle. Der Auftraggeber habe infolge der Nichtigerklärung der verfahrensgegenständlichen Zuschlagsentscheidung vom 13. Dezember 2005 mit dem angefochtenen Bescheid mit Schreiben vom 16. Jänner 2006 eine weitere Zuschlagsentscheidung - zu Gunsten der mitbeteiligten Partei - bekannt gegeben. Am 30. Jänner 2006 habe die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde den Antrag auf Nichtigerklärung dieser weiteren Zuschlagsentscheidung eingebracht. Mit Bescheid vom 27. Februar 2006 habe die belangte Behörde diesen Antrag abgewiesen. In der Folge sei am 10. April 2006 der Mitbeteiligten der Zuschlag erteilt worden. Das mit der Beschwerde angestrebte Ziel bestehe darin, die zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei getroffene Zuschlagsentscheidung vom 13. Dezember 2005 mit Wirkung ex tunc wieder herzustellen. Dieses Ziel könne mit der vorliegenden Beschwerde allerdings nicht mehr erreicht werden, weil selbst im Fall einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides die Zuschlagsentscheidung vom 13. Dezember 2005 nicht mehr in Wirksamkeit treten könnte. An deren Stelle sei nämlich mittlerweile die (nach Abweisung des Nachprüfungsantrages nicht weiter bekämpfte) Zuschlagsentscheidung vom 16. Jänner 2006 getreten. Damit sei der früheren Zuschlagsentscheidung der Boden entzogen. Die Rechtmäßigkeit der Zuschlagsentscheidung vom 16. Jänner 2006 sei im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen. Im Übrigen wäre die belangte Behörde selbst nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides im fortgesetzten Verfahren an ihren (den gegen die weitere Zuschlagsentscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag abweisenden) Bescheid vom 27. Februar 2006 gebunden und könnte daher keine andere Sachentscheidung treffen.

Die Beschwerdeführerin gestand in ihrer dazu erstatteten Stellungnahme zu, dass am 16. Jänner 2006 eine Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der mitbeteiligten Partei ergangen, der Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung mit Bescheid vom 27. Februar 2006 abgewiesen worden und auf Grund dessen der mitbeteiligten Partei am 10. April 2006 der Zuschlag erteilt worden sei. Sie brachte jedoch vor, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grundlage der zum Zeitpunkt seiner Erlassung bestehenden Sach- und Rechtslage zu überprüfen habe. Das Rechtsschutzbedürfnis sei nicht weggefallen, sondern habe sich nur dahin verändert, dass die Beschwerdeführerin nunmehr im Hinblick auf einen gegebenenfalls geltend zu machenden Schadenersatzanspruch ein Interesse an der Feststellung habe, ob die verfahrensgegenständliche Zuschlagsentscheidung rechtswidrig gewesen sei. Gemäß § 27 Abs. 2 des Salzburger Vergabekontrollgesetzes 2002 - S.VKG, LGBl. Nr. 103/2002, sei das Verfahren daher nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides als Feststellungsverfahren weiter zu führen. Das Rechtsschutzinteresse wäre nur dann zu verneinen, wenn die Zuschlagserteilung noch vor Beschwerdeeinbringung erfolgt wäre. Um dies zu verhindern, habe die Beschwerdeführerin die spätere Zuschlagsentscheidung bei der belangten Behörde angefochten. Eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides hätte u.a. zur Folge, dass allen Rechtsakten, die während der Geltung des angefochtenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt worden seien, im nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen würde. Dies hätte zur Folge, dass dem den Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin gegen die spätere Zuschlagsentscheidung abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 2006 die Basis entzogen würde. Damit würde dieser Bescheid rechtswidrig bzw. einer Wiederaufnahme zugänglich.

2. Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grundlage der zum Zeitpunkt seiner Erlassung bestehenden Sach- und Rechtslage zu überprüfen hat (vgl. etwa Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 142). Es ist jedoch nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage keine Bedeutung mehr zukommt. Wird eine Beschwerde gegenstandslos, ohne dass der angefochtene Bescheid durch einen formellen Akt beseitigt wurde, so führt dies zur Einstellung des Verfahrens. Gegenstandslosigkeit wird immer dann angenommen werden können, wenn der Beschwerdeführer durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht günstiger gestellt würde, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde infolge der nach ihrer Erhebung eingetretenen Umstände der Fall ist. Zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann somit auch dann eintreten, wenn durch Änderungen maßgebender Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 18. März 2003, Zl. 2002/18/0120, mwN).

3. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in den Rechten auf "Unterlassung der Nichtigerklärung der beabsichtigten Zuschlagserteilung", auf "Nichtausscheiden des Alternativangebotes" und "auf Zuschlagserteilung" verletzt. Das mit der Beschwerde angestrebte Ziel besteht somit darin, die zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei getroffene Zuschlagsentscheidung - durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit Wirkung ex tunc (vgl. etwa die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 626 ff zitierte hg. Judikatur) - wieder herzustellen.

Eine Zuschlagsentscheidung kann durch die Erlassung einer weiteren Zuschlagsentscheidung im selben Vergabeverfahren zurückgenommen werden, weil der Auftraggeber durch die spätere Zuschlagsentscheidung klar zum Ausdruck bringt, an der früheren Zuschlagsentscheidung nicht mehr festzuhalten. In einem derartigen Fall käme die Zuschlagserteilung auf Grund der früheren Zuschlagsentscheidung nur dann in Betracht, wenn die spätere Zuschlagsentscheidung durch die Vergabekontrollbehörde mit Wirkung ex tunc beseitigt würde, womit das Vergabeverfahren so zu beurteilen wäre, als ob die spätere Zuschlagsentscheidung nie erlassen worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2007, Zl. 2005/04/0222, mwN).

Wird die spätere Zuschlagsentscheidung hingegen nicht angefochten oder nicht erfolgreich bekämpft, so kommt eine Zuschlagserteilung nur mehr auf Grund der späteren Zuschlagsentscheidung in Betracht, weshalb der früheren Zuschlagsentscheidung "der Boden entzogen" wird; in einem solchen Fall könnte somit die frühere Zuschlagsentscheidung auch durch die Aufhebung des diese Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärenden Bescheides der Vergabekontrollbehörde keine Rechtswirksamkeit mehr erlangen (vgl. zum Fall einer nicht angefochtenen späteren Zuschlagsentscheidung den von der mitbeteiligten Partei zitierten hg. Beschluss vom 29. März 2006, Zl. 2004/04/0191).

Keineswegs werden die durch die Nichtigerklärung einer vorangehenden Zuschlagsentscheidung veranlassten weiteren Auftraggeberhandlungen, wie etwa die Erlassung einer weiteren Zuschlagsentscheidung, die Ausscheidung von Angeboten oder der Widerruf des Vergabeverfahrens, infolge Aufhebung des Nichtigerklärungsbeschlusses durch einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts unwirksam. Einem über die Rechtmäßigkeit einer solchen weiteren Auftraggeberhandlung absprechenden Bescheid der Vergabekontrollbehörde wird daher entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin durch die Aufhebung der Nichtigerklärung der vorangegangenen Zuschlagsentscheidung nicht die Basis entzogen.

4. Vorliegend wurde somit die verfahrensgegenständliche Zuschlagsentscheidung vom 13. Dezember 2005 zu Gunsten eines Alternativangebotes der Beschwerdeführerin durch die spätere Zuschlagsentscheidung vom 16. Jänner 2006 zurückgenommen.

Seit Abweisung des gegen die spätere Zuschlagsentscheidung gerichteten Nachprüfungsantrages der Beschwerdeführerin mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 2006 steht fest, dass eine Zuschlagserteilung auf Grund der verfahrensgegenständlichen Zuschlagsentscheidung nicht mehr in Betracht kommt. Seit diesem - nach Einbringung der Beschwerde am 7. Februar 2006 gelegenen - Zeitpunkt fehlt der Beschwerdeführerin somit das Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

5. Daran kann der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihr allenfalls zustehende Schadenersatzansprüche nichts ändern. Die gemäß § 184 Abs. 2 erster Satz BVergG als Voraussetzung für eine Schadenersatzklage normierte Feststellung der Vergabekontrollbehörde, dass wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz oder die hierzu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde bzw. ob der Widerruf wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz rechtswidrig war, könnte auch bei der von der Beschwerdeführerin angestrebten Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht erfolgen. Grundlage der das Vergabeverfahren beendenden (siehe § 103 Abs. 1 BVergG) Zuschlagserteilung war nämlich nicht die hier gegenständliche (erste) Zuschlagsentscheidung vom 13. Dezember 2005, sondern die weitere Zuschlagsentscheidung vom 16. Jänner 2006. Eine Feststellung gemäß § 184 Abs. 2 BVergG könnte daher keinesfalls im (fortgesetzten) Verfahren über den gegenständlichen Nachprüfungsantrag ergehen.

6. Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses - ohne dass ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG und in einem gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. gebildeten Senat als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluss, Zl. 2002/18/0120).

7. Im Hinblick darauf, dass die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde - die Frage, ob die fehlende Zustimmung des Eigentümers eines auf Grund der alternativ angebotenen Bauweise zusätzlich in Anspruch zu nehmenden Grundstückes einen (unbehebbaren) Mangel des Alternativangebots darstellt, lässt sich nicht ohne nähere Prüfung lösen - hat der Gerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.

8. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG Abstand genommen werden.

Wien, am 25. Juni 2007

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