Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §48;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §4 Abs2;
VStG §25 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §48;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §4 Abs2;
VStG §25 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird hinsichtlich des zu A.) angeführten Bescheides als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 25,75 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der zu B.) angeführte Bescheid wird hinsichtlich seines Spruchpunktes 2.) (Übertretung nach § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 102 Abs. 4 KFG) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und hinsichtlich seines Spruchpunktes 4.) (Übertretung nach § 38 Abs. 5 StVO) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
II. den Beschluss gefasst:
Die Behandlung der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes 3.) (Übertretung nach § 102 Abs. 4 KFG) des zu B.) angeführten Bescheides abgelehnt.
Der Bund und das Land Wien haben dem Beschwerdeführer Aufwendungen von je EUR 495,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. September 2005 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe 1.) am 29. Juli 2005 um 00.15 Uhr im Wien 6, Gumpendorfer Straße 11, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde hiefür erteilten gültigen Lenkberechtigung gewesen sei,
2.) zur selben Zeit am selben Ort dieses Fahrzeug gelenkt, obwohl es so ausgerüstet gewesen sei (defekte Auspuffanlage), dass durch seinen sachgemäßen Betrieb übermäßiger Lärm entstanden sei,
3.) zur selben Zeit in Wien 6, Theobaldgasse 7, dieses Fahrzeug verwendet und derart beschleunigt, dass durch den unsachgemäßen Betrieb, nämlich das Durchdrehen der Fahrzeugreifen, ungebührlicher, vermeidbarer Lärm verursacht worden sei und 4.) am selben Tag um 00.16 Uhr in Wien 6, Gumpendorfer Straße - Kreuzung Getreidemarkt dieses Fahrzeug gelenkt und das Rotlicht der Verkehrssignalanlage nicht beachtet, indem er nicht vor der Kreuzung angehalten habe.
Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen und zwar nach 1.) § 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 37 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 1 FSG, zu 2.) § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 102 Abs. 4 KFG, zu 3.) § 102 Abs. 4 KFG und zu 4.) § 38 Abs. 5 StVO begangen.
Gemäß § 37 Abs. 1 und 3 Z. 1 und § 37 Abs. 2 FSG wurde zu
1.) eine Geldstrafe von EUR 2.180,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Wochen) sowie eine (primäre) Freiheitsstrafe von 2 Wochen, gemäß § 134 KFG zu 2.) und 3.) je eine Geldstrafe von EUR 72,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 36 Stunden) und zu 4.) gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von EUR 109,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 54 Stunden) verhängt.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem oben zu A.) zitierten Bescheid zu Spruchpunkt 1.) dieses Straferkenntnisses durch die Kammer und mit dem oben zu B.) zitierten Bescheid zu den Spruchpunkten 2.) bis
4.) durch das Einzelmitglied mit der Maßgabe keine Folge, dass die Strafsanktionsnorm zu den Spruchpunkten 2.) und 3.) jeweils "§ 134 Abs. 1 KFG" zu lauten habe.
Gegen diese beiden Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat - nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde - erwogen:
Zu dem zu A.) angeführten Bescheid:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, der Vorsitzende der entscheidenden Kammer hätte sich infolge Befangenheit nach § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG seines Amtes enthalten müssen; dies deshalb, weil der Beschwerdeführer gegen diesen im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren Strafanzeige wegen §§ 297 Abs. 1 und 302 Abs. 1 StGB erstattet habe.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl. 2002/03/0237) bietet dies allerdings - ohne Hinzutreten weiterer begründeter Umstände - keinen Anlass, die Befangenheit des einschreitenden Organwalters anzunehmen, hätte es doch sonst jede Partei in der Hand, sich durch ein Einbringung derartiger Rechtsbehelfe dem gesetzlichen Richter zu entziehen. Ferner ist dem Beschwerdeführer entgegen zu halten, dass nur dann ein wesentlicher diesbezüglicher Verfahrensmangel vorläge, wenn sich infolge der Befangenheit sachliche Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid ergeben (vgl. auch dazu das soeben zitierte hg. Erkenntnis), dies ist jedoch nicht der Fall:
In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer auch vor, der genannte Vorsitzende habe "trotz vorliegender Entschuldigung" die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführt.
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass der Beschwerdeführer "ohne Angabe von Gründen" zu der von der belangten Behörde am 16. Dezember 2005 durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht erschienen sei. Es kann allerdings dahinstehen, ob dies zutrifft oder nicht, weil der Beschwerdeführer nicht darlegt, welchen "Rechtfertigungsgrund" (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2006, Zl. 2002/03/0095) er anlässlich der von ihm insoweit behaupteten "Entschuldigung" für sein Fernbleiben von dieser Verhandlung vorgebracht hat.
Aber auch mit der unterbliebenen Einvernahme des Zeugen Roland M. vermag der Beschwerdeführer gleichfalls eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. In der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis brachte der Beschwerdeführer (als einzigen Beweisantrag) insoweit vor, er sei "am besagten Tag, den 29. Juli 2005, um 00.15 Uhr, in Anwesenheit des R.M."' gewesen, "welcher dies auch bezeugen wird können"; somit hat der Beschwerdeführer aber kein konkretes Beweisthema (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2004, Zl. 2002/02/0031) in Hinsicht auf die ihm vorgeworfenen Taten genannt.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde keine "eigenständige Feststellung des relevanten Sachverhaltes" vorgenommen hätte, hat sie doch in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausreichend dargelegt, sie gehe u. a. auf Grund der Zeugenaussage des Meldungslegers Insp. St. in der mündlichen Verhandlung 16. Dezember 2005 davon aus, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen habe. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt daher gleichfalls nicht vor.
Die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde ist im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Kontrolle (vgl. näher das hg. Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als rechtswidrig zu erkennen, hat doch Insp. St. - so seine Zeugenaussage - den Beschwerdeführer (den er aus früheren Amtshandlungen kenne) "eindeutig identifiziert". Eines (von Amts wegen durchzuführenden) "Ortsaugenscheines" in dieser Hinsicht bedurfte es auf Grund der von diesem Zeugen umschriebenen Situation ebenso wenig wie der derartigen Einvernahme des zweiten einschreitenden Beamten Rev. Insp. W. Was aber den Hinweis des Beschwerdeführers auf eine an ihn gerichtete Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft Wien vom 28. Oktober 2005 (betreffend Einstellung eines Verfahrens gemäß § 302 StGB u.a. gegen Insp. St.) betrifft, so kann dahinstehen, ob es sich hiebei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung handelt, weil dies allein keinen entscheidenden Grund dafür bilden würde, der Zeugenaussage des Insp. St. ihre Glaubwürdigkeit abzusprechen. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.
Aber auch die Strafbemessung ist - insbesondere aus dem Blickwinkel des § 37 Abs. 2 FSG - nicht als rechtswidrig zu erkennen, bestreitet doch der Beschwerdeführer nicht die im angefochtenen Bescheid dargestellten, einschlägigen Vorstrafen. Was aber die von der behaupteten Befangenheit des Kammervorsitzenden und der "Entschuldigungen" des Beschwerdeführers, betreffend das Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung abgeleitete Strafbemessungsrüge anlangt, so genügt es auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen zu verweisen.
Die Beschwerde erweist sich somit in Hinsicht auf diesen Bescheid als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, wobei im Hinblick auf die Aktenvorlage betreffend beide angefochtenen Bescheide nur der halbe Vorlageaufwand zuzuerkennen war.
Zu dem zu B.) angeführten Bescheid, Spruchpunkt 3.) und 4.):
Zunächst sei - soweit es ein analoges Beschwerdevorbringen (insbesondere auch in Hinsicht auf die Befangenheit des den Bescheid erlassenden Einzelmitgliedes der belangten Behörde) betrifft - auf die obigen Ausführungen zu dem zu A.) angeführten Bescheid verwiesen; diese Entscheidungsgründe sind auch zu diesen Spruchpunkten sinngemäß maßgebend.
Näher zu Spruchpunkt 3.):
Auch hier bedurfte es im Hinblick auf die Zeugenaussage des Insp. St. und der örtlichen Gegebenheiten keiner weiteren Ermittlungen über die Wahrnehmung der Tat durch diesen Zeugen, insbesondere auch keines Ortsaugenscheines und der zusätzlichen Einvernahme des Rev. Insp. W. Weiters kann (im Sinne des § 4 Abs. 2 erster Satz KFG) die Beurteilung, ob durch eine defekte Auspuffanlage übermäßiger Lärm entsteht, einem in der Überwachung des Straßenverkehrs geschulten Sicherheitsorgan - wie es der Meldungsleger ist - zugetraut werden (vgl. sinngemäß zu § 102 Abs. 4 KFG das hg. Erkenntnis vom 16. November 1988, Zl. 88/02/0123).
Die belangte Behörde hat allerdings die Rechtslage verkannt, indem sie die von der Erstbehörde im Straferkenntnis als übertreten angeführte Verwaltungsvorschrift "§ 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 102 Abs. 4 KFG" aufrecht hielt; vielmehr wurde, da als Ursache der Lärmentwicklung ein "Defekt" angesehen wurde, § 4 Abs. 2 in Verbindung mit 102 Abs. 1 KFG verletzt (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 16. November 1988, Zl. 88/02/0123).
Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grund zu Spruchpunkt 3.) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Diese inhaltliche Rechtswidrigkeit war vom Verwaltungsgerichtshof - da vom Beschwerdepunkt umfasst - von Amts wegen aufzugreifen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2002, Zl. 2002/03/0054, m.w.N.).
Näher zu Spruchpunkt 4.):
Die belangte Behörde hat diesen Schuldspruch allein auf die erwähnte Zeugenaussage (in Verbindung mit der Anzeige) des Meldungslegers Insp. St. gestützt; dies allerdings zu Unrecht:
Aus dieser Aussage ergibt sich nämlich, dass Rev. Insp. W. (wie erwähnt der zweite einschreitende Polizeibeamte) dem Zeugen Insp. St. "berichtet" habe, der Beschwerdeführer sei "bei der Kreuzung Gumpendorfer Straße/Getreidemarkt bei Rot über die Kreuzung gefahren". Zwar schließt das Gesetz einen solchen Beweis "vom Hören-Sagen" nicht aus, jedoch darf sich die Behörde dort, wo der Vernehmung des (unmittelbaren) Zeugen tatsächliche Hindernisse, wie der Tod oder Unerreichbarkeit nicht entgegenstehen (auf solche Hindernisse hat sich die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht berufen), mit dem Beweis "vom Hören-Sagen" nicht begnügen, sondern muss den Zeugen, der die Beobachtung gemacht hat (hier Rev. Insp. W.) selbst vernehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1984, Zl. 83/10/0238 = Slg. Nr. 11 285/A, nur Rechtssatz).
Der angefochtene Bescheid war daher zum Spruchpunkt 4.) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Zu Spruchpunkt 3.):
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle zu diesem Spruchpunkt sind erfüllt. Es wurde keine EUR 750,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt insoweit von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Zu beiden angefochtenen Bescheiden:
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 2003, Zl. 2003/02/0031).
Wien, am 10. August 2006
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