VwGH 2005/21/0072

VwGH2005/21/007226.4.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, in der Beschwerdesache der S, vertreten durch Mag. Andreas Berchtold, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Burggasse 12/IV, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 24. November 2004, Zl. FR 562/2003, betreffend Niederlassungsbewilligung, den Beschluss gefasst:

Normen

11997E234 EG Art234;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art8;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9 Abs1;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9;
61999CJ0459 MRAX VORAB;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
AVG §38;
EURallg;
FrG 1997 §49 Abs1;
VwGG §62 Abs1;
11997E234 EG Art234;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art8;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9 Abs1;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9;
61999CJ0459 MRAX VORAB;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
AVG §38;
EURallg;
FrG 1997 §49 Abs1;
VwGG §62 Abs1;

 

Spruch:

Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Vorabentscheidung des in den hg. Beschwerdesachen Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 angerufenen Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ausgesetzt.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag der mit einem österreichischen Staatsbürger verheirateten Beschwerdeführerin, einer nigerianischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung abgewiesen.

Mit hg. Beschluss vom 18. März 2003, Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 (EU 2003/0001 und 0002), wurden dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG vorgelegt:

1. Sind die Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (RL), dahin auszulegen, dass die Verwaltungsbehörden - ungeachtet des Bestehens eines innerbehördlichen Instanzenzuges - die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet ohne Erhalt der Stellungnahme einer (in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehenen) zuständigen Stelle nach Art. 9 Abs. 1 der RL - außer in dringenden Fällen - dann nicht treffen dürfen, wenn gegen ihre Entscheidung bloß die Erhebung von Beschwerden an Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts mit nachgenannten Einschränkungen zulässig ist: Diesen Beschwerden kommt nicht von vornherein eine aufschiebende Wirkung zu, den Gerichtshöfen ist eine Zweckmäßigkeitsentscheidung verwehrt und sie können den angefochtenen Bescheid nur aufheben; weiters ist der eine Gerichtshof (Verwaltungsgerichtshof) im Bereich der Tatsachenfeststellungen auf eine Schlüssigkeitsprüfung, der andere Gerichtshof (Verfassungsgerichtshof) darüber hinaus auf die Prüfung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte beschränkt?

2. Sind die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der unter Pkt. 1. genannten RL auf türkische Staatsangehörige anzuwenden, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder Art. 7 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) zukommt?

Auf Grund ihrer Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen gelten für die Beschwerdeführerin nach § 49 Abs. 1 FrG grundsätzlich die Bestimmungen für "begünstigte Drittstaatsangehörige". Mit der genannten Regelung wird die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht, Angehörige von Österreichern und Angehörige von EWR-Bürgern, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, gleich zu behandeln (zur Anwendbarkeit der Art. 8 und 9 der RL 64/221/EWG auf "begünstigte Drittstaatsangehörige" siehe das Urteil des EuGH vom 25. Juli 2002, Rechtssache C-459/99 , "MRAX", Randnr. 101 ff).

Da einerseits der beschwerdeführenden Partei die Rechte eines begünstigten Drittstaatsangehörigen zukommen und andererseits Art. 8 und 9 der genannten RL nicht nur für die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet sondern u.a. auch für die Entscheidung, durch die die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verweigert wird, gelten, bildet die erste Frage auch im gegenständlichen Fall eine Vorfrage, die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in Angelegenheiten des (primären oder sekundären) Gemeinschaftsrechts von einem anderen Gericht zu entscheiden ist.

Da das entsprechende Verfahren zur Einholung einer Vorabentscheidung bereits anhängig gemacht wurde, liegen die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor.

Wien, am 26. April 2005

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte