Normen
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. August 2005 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine chinesische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 und § 39 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein befristetes Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Die Beschwerdeführerin sei am 29. Juli 2002 in das Bundesgebiet eingereist. Sie sei im Besitz eines bis zum 10. August 2002 gültigen Touristenvisums gewesen und nach Ablauf der Gültigkeit unerlaubt weiterhin in Österreich geblieben. Am 19. November 2002 habe sie den österreichischen Staatsbürger Alfred H. geehelicht und am 28. November 2002 den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck "begünstigte Drittstaatsangehörige, § 49 Abs. 1 FrG" gestellt. Die Niederlassungsbewilligung sei zunächst, gültig vom 10. März 2003 bis 10. März 2004, erteilt und über Antrag vom 15. Jänner 2004 bis zum 31. März 2005 verlängert worden. (Aus dem erstinstanzlichen Bescheid ergibt sich, dass die Ehe mit 11. Jänner 2005 rechtskräftig geschieden worden ist.)
Der Zeuge J. habe am 22. September 2004 bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstbehörde wegen Eingehens einer Scheinehe durch ihn angegeben, etwa sechs Monate nach seiner eigenen Eheschließung hätte sich ein Freund, Alfred H., über die Möglichkeit des Abschlusses einer Scheinehe erkundigt, weil dieser in Geldschwierigkeiten gewesen wäre. Er hätte Alfred H. an seine frühere Ehefrau Z. verwiesen, welche ihm eine Chinesin (die Beschwerdeführerin) vermittelt hätte. Alfred H. wäre mit dieser gegen Geld eine Scheinehe eingegangen.
Der Zeuge Alfred H. habe bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstbehörde am 4. Oktober 2004 angegeben, dass er die Beschwerdeführerin erst etwa zwei Monate vor ihrer Hochzeit über Vermittlung der damaligen Ehefrau des Zeugen J. kennen gelernt hätte. Diese hätte ihm das Angebot gemacht, die Beschwerdeführerin gegen Zahlung von EUR 1.500,-- zu heiraten. Das vereinbarte Entgelt hätte er nach der Eheschließung am 18. November 2002 erhalten. Die Beschwerdeführerin hätte sich die ersten drei bis vier Wochen in der gemeinsamen Wohnung aufgehalten und hätte sodann immer öfter auswärts geschlafen. Seit Ende Mai 2004 wäre sie überhaupt nicht mehr bei ihm gewesen. Anfangs hätte sie noch monatlich EUR 250,-- Miete bezahlt, seit Juni oder Juli 2004 jedoch nicht mehr. Die Beschwerdeführerin beherrschte weder die deutsche noch die englische Sprache, hätte ihn jedoch während eines Spitalaufenthaltes besucht. Er hätte mit der Beschwerdeführerin nie eine eheliche Beziehung gehabt.
Die Beschwerdeführerin - so die belangte Behörde weiter - habe sich trotz gegebener Gelegenheit weder dazu geäußert noch die ihr zur besseren Einschätzung ihrer persönlichen, privaten und beruflichen Verhältnisse gestellten Fragen beantwortet.
(Die belangte Behörde bezog sich bei ihren Feststellungen im Übrigen auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid, wonach die Beschwerdeführerin mit Alfred H. gegen Bezahlung eine Ehe eingegangen sei, um in den Genuss einer Aufenthaltsberechtigung zu gelangen, wobei ein gemeinsames Familienleben nicht geführt worden sei.)
Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG sei erfüllt. Das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin liege noch nicht so lange zurück, dass wegen des seither verstrichenen Zeitraumes die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme nicht mehr gerechtfertigt sein könnte. Sie halte sich seit drei Jahren in Österreich auf. Zumindest zeitweise habe sie als Schankgehilfin in einem Chinarestaurant gearbeitet. Da die Beschwerdeführerin überhaupt nur auf Grund des Eingehens der Scheinehe im Bundesgebiet aufenthaltsrechtlich und beruflich habe Fuß fassen können und sie über keine persönlichen oder privaten Bindungen im Bundesgebiet verfüge, sei von einem eher geringfügigen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, dringend geboten. Wer nämlich, wie die Beschwerdeführerin, grob missbräuchlich nur zu dem Zweck eine Ehe eingehe, um sich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes wesentliche Berechtigungen zu verschaffen, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung notwendig erscheinen ließen.
Im Rahmen der nach § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung sei auf die sich aus der Dauer ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet sowie auf die aus ihrer Beschäftigung ableitbare Integration Bedacht zu nehmen gewesen. Diese sei jedoch in ihrem Gewicht dadurch wesentlich gemindert, dass der Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt nur auf das rechtsmissbräuchliche Eingehen einer Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger zurückzuführen sei. Den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet stehe gegenüber, dass diese durch das Eingehen der Scheinehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens erheblich beeinträchtigt habe. Gegen die Ansicht der Erstbehörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG ) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG ), bestünden keine Bedenken. Mangels Vorliegens besonders berücksichtigungswürdiger Umstände habe die belangte Behörde auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand nehmen können. Die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung des Aufenthaltsverbotes sei gerechtfertigt. Im Hinblick auf das Gesamtfehlverhalten der Beschwerdeführerin könne auch unter Berücksichtigung ihrer privaten und beruflichen Situation ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch ihren Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2).
Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 leg. cit. zu gelten, wenn ein Fremder eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat.
2.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde betreffend die Feststellungen über das Vorliegen einer Scheinehe. Sie zeigt jedoch mit dem Beschwerdevorbringen, dass sie - im Gegensatz zu den Feststellungen des angefochtenen Bescheids - gut Deutsch spreche, dass sie (nach ihrer Scheidung) einen Antrag auf Niederlassungsbewilligung zum Zweck "unselbständig erwerbstätig" gestellt habe und dass keine Ehenichtigkeitsklage eingebracht worden sei, keine Umstände auf, die im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Kontrollbefugnis (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053 mwN) Bedenken gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde erwecken könnten. Im Übrigen ist die Nichtigerklärung der Ehe nach der ständigen hg. Judikatur keine Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0326, und vom 3. Mai 2005, Zl. 2004/18/387).
2.2. Die Beschwerdeführerin macht als Verfahrensmangel geltend, ihr sei die Möglichkeit genommen worden, "ihr Vorbringen zu konkretisieren". Da sie jedoch auch in der Beschwerde die angekündigte Konkretisierung nicht vornimmt, ist nicht ersichtlich, inwiefern dem behaupteten Verfahrensmangel Relevanz zukommen könnte.
3.1. Auf dem Boden der unbedenklichen Feststellungen kann die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG sei erfüllt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3.2. Angesichts des hohen Stellenwertes, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 24. Mai 2002, Zl. 2002/18/0076, mwH), kann es nicht als rechtsirrig angesehen werden, wenn die Behörde vorliegend die Annahme gemäß § 36 Abs. 1 FrG für gerechtfertigt erachtet hat.
4. Auch gegen das - von der Beschwerdeführerin nicht bestrittene - Ergebnis der Interessenabwägung nach § 37 FrG bestehen keine Bedenken. Den aus der Dauer des Aufenthalts in Österreich seit 2002 und ihrer Beschäftigung ableitbaren, nicht besonders ausgeprägten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die von ihr ausgehende Gefährdung des öffentlichen Interesses durch das Eingehen einer Scheinehe gegenüber. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (hier: Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig angesehen werden.
5. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. April 2007
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