VwGH 2005/18/0191

VwGH2005/18/01912.12.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde der N V in W, geboren am 23. Februar 1973, vertreten durch Mag. Andrea Prochaska, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wiesingerstraße 8/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Februar 2005, Zl. SD 124/05, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen ein befristetes Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1002;
ABGB §1005;
AVG §10 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ABGB §1002;
ABGB §1005;
AVG §10 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 14. Februar 2005 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) die Berufung der Beschwerdeführerin, einer georgischen Staatsangehörigen, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 17. Dezember 2004, mit dem gegen sie gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen worden war, gemäß § 10 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Der Berufung des Mag. K. sei eine Vollmacht der Beschwerdeführerin mit folgendem Wortlaut beigelegt worden:

"'Ich, N V, geb. am 23.02.1973, StA Georgien bevollmächtige Rev. V I, Mag. J S und C C mich gemäß § 10 AVG in allen Verwaltungs- und Verwaltungsstrafverfahren, insbesondere in allen fremden- und asylrechtlichen Verfahren und Angelegenheiten vor allen österreichischen Behörden zu vertreten und sämtliche in diesen Angelegenheiten ergangenen Entscheidungen, Ladungen und Verfügungen für mich entgegenzunehmen und darauf zu antworten. Ich bitte Sie daher, beiliegende Vollmacht zur Kenntnis zu nehmen und allfällige Schriftstücke an unsere Organisation zu senden z. Hdn.

Rev. V I."

Weiters sei ein als "Vollmachtübertragung" titulierter

Schriftsatz mit folgendem Wortlaut beigefügt gewesen:

"Ich, Rev. V I, bevollmächtige hiermit Mag. M K, geb. am

07.09.1978 sämtliche mir übertragenen Vollmachtsverhältnisse i.S.

des § 10 AVG, für mich wahrzunehmen."

§ 10 Abs. 2 AVG verweise hinsichtlich des Inhaltes und des Umfanges der Vertretungsbefugnis auf die Bestimmungen der Vollmacht bzw. auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts. § 1010 ABGB weise auf die Möglichkeit hin, in einer Vollmacht die Bestellung eines Stellvertreters zu gestatten. In der Regel seien Auftrag und Vollmacht im Sinn des § 1002 ABGB verbunden. Die Einräumung einer Substitutionsbefugnis (im Sinn einer Weitergabe des Auftrages) berechtige daher den Bevollmächtigten in der Regel auch zur Erteilung einer Untervollmacht.

Auf Grund der Aktenlage und der diesbezüglich eindeutigen Vollmachtsurkunden hätten die drei von der Beschwerdeführerin bevollmächtigten Vertreter jedoch keine Substitutionsbefugnis eingeräumt bekommen. Dass Rev. I. seine Vollmacht an Herrn Mag. K. substituiert habe bzw. seinen Auftrag weitergegeben habe, sei von der ihm erteilten Vollmacht der Beschwerdeführerin nicht gedeckt. Herr Mag. K. schreite sohin ohne Vertretungsbefugnis für die Beschwerdeführerin ein, weshalb dessen Berufungsantrag zurückzuweisen gewesen sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II.

1. Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen.

2. Es ist unbestritten, dass Mag. K. eine Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid der Beschwerdeführerin eingebracht hat, der die unter I.1. wörtlich angeführte Vollmacht vom 1. Juli 2004 sowie die gleichfalls in vollem Wortlaut wiedergegebene "Vollmachtsübertragung" vom November 2004 beigelegt waren.

3. Die Beschwerde macht geltend, es sei ausdrücklicher Wille der Beschwerdeführerin gewesen, dass die von ihr Bevollmächtigten den Auftrag und die Vollmacht auf einen anderen Vertreter übertragen könnten, falls sie dies für notwendig erachteten. Da dies sowohl von der Beschwerdeführerin als auch von den Bevollmächtigten offensichtlich als selbstverständlich erachtet worden wäre, sei diese Substitutionsbefugnis jedoch nicht in die der Behörde vorgelegte schriftliche Vollmacht übernommen worden. Im Zweifel hätte die Behörde gemäß § 10 Abs. 2 AVG einen Verbesserungsauftrag erlassen müssen.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg.

Da die belangte Behörde auf Grund der Formulierung der Vollmacht vom 1. Juli 2004 konkrete Zweifel daran gehegt hat, dass der Bevollmächtigte Rev. I. zu einer Beauftragung eines Untervertreters bevollmächtigt war und somit der Einschreiter Mag. K. von diesem bevollmächtigt werden konnte, hätte sie von Amts wegen entsprechende Ermittlungen vorzunehmen gehabt. In Betracht kommt dabei vor allem die diesbezügliche Einvernahme der Vertretenen. Solche Ermittlungen werden nämlich nicht nur bei Zweifeln über den Bestand der Bevollmächtigung an sich, sondern auch bei Zweifeln über den Umfang der Bevollmächtigung oder daran, ob die Bevollmächtigung von einer hiezu befugten Person bzw. einer diesbezüglich handlungsfähigen Person erfolgte, vorzunehmen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. März 2007, Zl. 2006/18/0433).

Die belangte Behörde hätte daher ihre Zweifel an der Bevollmächtigung des Einschreiters Mag. K. nicht zum Anlass nehmen dürfen, ohne entsprechende Ermittlungen vom Nichtvorliegen einer Vollmacht auszugehen und die Berufung zurückzuweisen.

4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. Dezember 2008

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