VwGH 2005/18/0178

VwGH2005/18/017814.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der M, (geboren 1983), in Wien, vertreten durch Dr. Michael Ploderer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marokkanergasse 21/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. November 2004, Zl. SD 1424/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z4;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
Gesundheitliche Überwachung von Prostituierten 1974 §1;
EMRK Art8 Abs2;
ProstG Wr 1984 §8a Abs1 idF 2004/017;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs1 litc;
SittenpolG Vlbg 1976 §4 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z4;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
Gesundheitliche Überwachung von Prostituierten 1974 §1;
EMRK Art8 Abs2;
ProstG Wr 1984 §8a Abs1 idF 2004/017;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs1 litc;
SittenpolG Vlbg 1976 §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. November 2004 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine (angeblich) nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Die Beschwerdeführerin sei am 10. Juli 2002 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der erstinstanzlich abgewiesen worden sei. Das diesbezügliche Berufungsverfahren sei anhängig. Aktenkundig sei, dass die Beschwerdeführerin mittlerweile dreimal mit Straferkenntnis wegen unrechtmäßiger Ausübung der Prostitution entgegen der Bestimmungen des Wiener Prostitutionsgesetzes am 29. Jänner 2003, am 28. Februar 2003 und am 14. Dezember 2003 (zweimal zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 200,--, einmal zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 133,10) rechtskräftig bestraft worden sei. Solcherart könne kein Zweifel daran bestehen, dass der im § 36 Abs. 2 Z. 4 FrG normierte Sachverhalt verwirklicht sei. Die Voraussetzung zur Erlassung des Aufenthaltsverbots sei daher - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - im Grund des § 36 Abs. 1 FrG gegeben gewesen.

Daran vermöge das Berufungsvorbringen nichts zu ändern. Wenn die Beschwerdeführerin geltend mache, sie hätte sich regelmäßig der erforderlichen Gesundenuntersuchung unterzogen und würde dieses Gewerbe nicht mehr ausüben, so stehe dem die Rechtskraft der genannten Straferkenntnisse entgegen. Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin bei ihrer Betretung am 14. Dezember 2003 auch nach § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die mit ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht betreiben, rechtskräftig bestraft worden. Auch könne auf Grund der bloßen Behauptung, die Beschwerdeführerin würde der Prostitution nicht mehr nachgehen, nicht auf einen Wegfall der von ihr ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung bzw. die Gesundheit Dritter geschlossen werden, weil keine hinreichende Gewähr dafür bestehe, dass die Beschwerdeführerin auch in Zukunft nicht (wieder) der unrechtmäßigen Prostitution nachgehen würde.

Die Beschwerdeführerin sei ledig und habe keine Sorgepflichten, familiäre Bindungen zum Bundesgebiet würden nicht bestehen. Sie behaupte, mit einem Österreicher verlobt zu sein, in Kürze wäre die Heirat vorgesehen. Belege dafür sei die Beschwerdeführerin schuldig geblieben. Auf Grund der Aktenlage sei auch eine Heirat bis dato nicht erfolgt. Zwar sei angesichts aller Umstände von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin auszugehen, dieser Eingriff sei aber zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Wahrung eines geordneten Prostitutionswesens, zum Schutz der Gesundheit Dritter - dringend geboten sei. Es bestehe ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung der unrechtmäßigen Ausübung der Prostitution, sohin an der Einhaltung von Vorschriften, gegen die die Beschwerdeführerin bereits wiederholt verstoßen habe. Die solcherart von ihr ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung sei von solchem Gewicht, dass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten und daher zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG erweise.

Bei der gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst zu bedenken gewesen, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihres inländischen Aufenthaltes in der Dauer von nunmehr etwa zwei Jahren und vier Monaten, der sich aber lediglich auf eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG stütze, auf keine maßgebliche Integration in Österreich verweisen könne. Auch unter Bedachtnahme auf den Mangel jeglicher familiärer Bindungen in Österreich sei das ihr insgesamt zu unterstellende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet gering. Demgegenüber stehe jedoch das große öffentliche Interesse an der Verhinderung unrechtmäßig ausgeübter Prostitution. Bei Abwägung dieser Interessenlagen sei die belangte Behörde zur Auffassung gelangt, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin keinesfalls schwerer wögen als das in ihrem Fehlverhalten gegründete große öffentliche Interesse daran, dass sie das Bundesgebiet verlasse und von diesem fern bleibe. Die Erlassung des Aufenthaltsverbots erweise sich daher auch im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG als zulässig.

Ein Sachverhalt gemäß § 38 FrG sei nicht gegeben gewesen. Mangels sonstiger, besonders zugunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Dass die Beschwerdeführerin einen österreichischen Staatsbürger zu ehelichen beabsichtige, stelle keinen solchen besonderen Grund dar, zumal eine derartige Absicht weder die von der Beschwerdeführerin ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung mindere noch ihr die Rechtstellung als begünstigte Drittstaatsangehörige verschaffen könne.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots betreffe, so erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auch nach Ansicht der belangten Behörde gerechtfertigt. Im Hinblick auf das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten der Beschwerdeführerin könne auch unter Bedachtnahme auf ihre aktenkundige Lebenssituation vor Ablauf dieser Frist nicht erwartet werden, dass die für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin stellt die von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen drei Bestrafungen wegen unrechtmäßiger Ausübung der Prostitution entgegen den Bestimmungen des Wiener Prostitutionsgesetzes sowie die rechtskräftige Bestrafung nach § 1 der Verordnung über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die mit ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht betreiben, nicht in Abrede. Bei einer unrechtmäßigen Ausübung der Prostitution nach dem genannten Landesgesetz - seit dem Gesetz, mit dem das Wiener Prostitutionsgesetz und das Wiener Landes-Sicherheitsgesetz geändert werden, LGBl. Nr. 17/2004, findet sich die maßgebliche Regelung in § 8a Abs. 1 des Wiener Prostitutionsgesetzes - sowie bei dem Verstoß gegen § 1 der besagten Verordnung handelt es sich um schwerwiegende Verstöße im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 4 FrG (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2002/18/0123).

Die in den Bestimmungen der Z. 1 bis 4 des § 8a Abs. 1 des genannten Landesgesetzes pönalisierten Verhaltensweisen stellen eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet der die Prostitution regelnden Vorschriften sowie auf dem Gebiet des Gesundheitswesens dar. Auch der Verstoß gegen § 1 der besagten Verordnung - der Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, verpflichtet, sich vor Beginn dieser Tätigkeit sowie danach regelmäßig einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen - ist als eine solche erhebliche Gefährdung einzustufen. (Vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2003, Zl. 2002/18/0248.) Das im Jahr 2003 wiederholt gesetzte Fehlverhalten liegt auch nicht so lange zurück, dass die daraus resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen als weggefallen oder als entscheidend gemindert angesehen werden kann. Die Ansicht der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, kann daher nicht als rechtsirrig angesehen werden.

Damit erweist sich auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte bezüglich des Vorbringens der Beschwerdeführerin, sich nach ihrer letzten rechtskräftigen Bestrafung wohlverhalten zu haben, keine Ermittlungen angestellt, als nicht zielführend.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den Bescheid im Grund des § 37 FrG. Die Beschwerdeführerin habe mehr als deutlich dargebracht, dass eine Heirat mit ihrem Lebensgefährten beabsichtigt sei. Bis zu ihrer Verehelichung befinde sie sich in Betreuung der Caritas, weshalb eine wirtschaftliche Absicherung der Beschwerdeführerin vorhanden sei. Auf Grund der unmittelbar bevorstehenden sozialen Integration der Beschwerdeführerin hätte die belangte Behörde von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand nehmen müssen.

2.2. Die belangte Behörde hat angesichts der Dauer des inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführerin zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in ihr Privatleben angenommen. Ebenso zutreffend ist sie aber (entgegen der Beschwerde) - auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Bindung zu einem Lebensgefährten, den sie in Kürze zu heiraten beabsichtige - zu dem Ergebnis gelangt, dass das gegen die Beschwerdeführerin erlassene Aufenthaltsverbot im Licht des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, liegt doch dieser das besagte gravierende Fehlverhalten zur Last, welches das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet der Prostitution sowie zum Schutz der Gesundheit, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten erscheinen lässt. Die Notwendigkeit der Erlassung des Aufenthaltsverbots wird durch das wiederholte einschlägige Fehlverhalten der Beschwerdeführerin unterstrichen. Auf der Grundlage dieser Erwägungen erweist sich auch das Ergebnis der von der Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchgeführten Interessenabwägung als unbedenklich. Der vorgebrachten (bloßen) Absicht der Beschwerdeführerin, ihren Lebensgefährten zu heiraten und in Österreich sesshaft zu werden, kommt kein das Abwägungsergebnis entscheidend beeinflussendes Gewicht zu. Von daher hat die belangte Behörde rechtlich einwandfrei der durch dieses Fehlverhalten bewirkten Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen und damit den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots kein geringeres Gewicht beigemessen als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin.

2.3. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe bezüglich der Integration der Beschwerdeführerin in Österreich, insbesondere betreffend ihre beabsichtigte Eheschließung, den Sachverhalt nicht hinreichend festgestellt, als nicht zielführend.

3. Für die belangte Behörde bestand auch keine Veranlassung von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbots zukommenden Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführerin Gebrauch zu machen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 14. Juni 2005

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