VwGH 2005/18/0135

VwGH2005/18/013515.12.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A (geboren 1979), in Wien, vertreten durch Dr. Peter Lewisch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. November 2004, Zl. SD 1445/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. November 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen (angeblichen) iranischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität nicht geklärt sei, sei am 11. August 2002 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der am 25. August 2003 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Jedenfalls seither sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich unrechtmäßig.

Die Erstbehörde sei in ihren Bescheid zu dem Schluss gekommen, dass der Beschwerdeführer nicht habe nachweisen können, dass er im Besitz der erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt wäre, weshalb der im § 36 Abs. 2 Z 7 FrG normierte Sachverhalt verwirklicht wäre.

Dass die Erstbehörde dabei offensichtlich die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 30. September 2004 nicht berücksichtigt habe, vermöge - unter Berücksichtigung des nunmehrigen Vorbringens - an der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Wenn der Beschwerdeführer auf regelmäßige Unterstützung von einer Pfarre verweise und unter Vorlage von Kassenbelegen zwei Auszahlungen am 29. Juni 2004 und am 12. Oktober 2004 über je EUR 40,-- geltend gemacht habe, sei er darauf zu verweisen, dass es sich offenbar um freiwillige Leistungen der Caritas handle, auf die der Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch habe. Auch könne auf Grund der Geringfügigkeit der ausbezahlten Geldbeträge innerhalb eines mehrmonatigen Zeitraums keinesfalls davon ausgegangen werden, dass diese auch nur annähernd hinreichten, den erforderlichen Lebensunterhalt des Beschwerdeführers - geschweige denn gemessen an den Sozialhilferichtlinien - zu decken. Solcherart könne kein Zweifel daran bestehen, dass der in § 36 Abs. 2 Z 7 FrG normierte Sachverhalt verwirklicht sei, weshalb die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich den Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. gegeben gewesen seien.

Der Beschwerdeführer sei nach der Aktenlage ledig und habe keine Sorgepflichten, familiäre Bindungen im Bundesgebiet bestünden nicht. Sofern angesichts der Dauer des bisherigen Aufenthalts von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen gewesen sei, sei dieser Eingriff zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße der nicht bloß kurzfristige unrechtmäßige Aufenthalt mittelloser Fremder in Österreich jedoch gravierend. Dazu komme, dass insbesondere die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers die Gefahr in sich berge, er könnte sich die erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt durch unrechtmäßiges oder strafbares Verhalten zu finanzieren trachten. Solcherart könne insgesamt kein Zweifel daran bestehen, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbots dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG sei.

Bei der gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst zu bedenken gewesen, dass der Beschwerdeführer selbst auf keine maßgebliche, aus der Dauer seines Aufenthalts ableitbare Integration in Österreich verweisen könne. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine "sehr guten Kenntnisse der deutschen Sprache", zahlreiche Freunde und Bekannte sowie sonstige soziale Kontakte lasse diesbezüglich eine anderslautende Beurteilung nicht zu. Dabei sei insbesondere zu bedenken gewesen, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt zunächst lediglich auf einen Asylantrag gestützt habe, der sich als unberechtigt erwiesen habe, und sich den überwiegenden Teil seines Aufenthalts unrechtmäßig in Österreich befinde. Auch liege keinerlei Integration am Arbeitsmarkt vor. Auch angesichts des Mangels jeglicher familiärer Bindungen in Österreich sei das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzusprechende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet gering. Dem gegenüber stehe jedoch das maßgebliche, einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens. Bei Abwägung dieser Interessenlagen sei die belangte Behörde zu der Auffassung gelangt, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als das in seinem Fehlverhalten gegründete große öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse und diesem fern bleibe. Die Erlassung des Aufenthaltsverbots sei daher auch im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung dazu gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots betreffe, sei die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auch nach Auffassung der belangten Behörde gerechtfertigt. Im Hinblick auf das dargelegte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers einerseits und auf seine aktenkundige Lebenssituation andererseits könne vor Ablauf dieser Frist nämlich nicht erwartet werden, dass die für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist. Gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Nach ständiger hg. Rechtsprechung hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Unterstützungsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, sind zur Dartuung ausreichender Unterhaltsmittel nicht geeignet. (Vgl. zum Ganzen etwa das Erkenntnis vom 19. Mai 2004, Zl. 2004/18/0113, mwH.)

1.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, die belangte Behörde habe sein Vorbringen auf eine regelmäßige Unterstützung durch eine Pfarre im Wesentlichen mit dem Hinweis abgetan, dass der Beschwerdeführer auf diese Unterstützung keinen Rechtsanspruch habe, und damit diesbezüglich (auch) den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Er bringt aber nicht vor, dass ihm tatsächlich ein Rechtsanspruch auf diese Unterstützung zustehen würde. Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage kann es daher nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertreten hat, dass der Beschwerdeführer mit dieser Unterstützung einen gesicherten Unterhalt nicht nachzuweisen vermag. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob ihm neben den von ihm geltend gemachten (unter I.1. genannten) ausbezahlten Beträgen auch andere Auszahlungen zugekommen wären, ist er darauf zu verweisen, dass es ihm nach der dargestellten Rechtslage zum Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel oblegen hätte, diesbezüglich entsprechende Bescheinigungsmittel vorzulegen. Dass dies geschehen wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass er "ca. EUR 100,-- monatlich verdiene", ist für ihn damit nichts gewonnen, ist doch dieser Betrag viel zu gering, um damit ausreichende Mittel zur Bestreitung seines monatlichen Unterhalts nachzuweisen. Vor diesem Hintergrund begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer die Mittel zu seinem Unterhalt nicht habe nachweisen können, und dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 7 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.

In Anbetracht der aus der Mittellosigkeit resultierenden Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (vgl. in diesem Sinn das vorzitierte Erkenntnis) ist auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass vorliegend die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Von daher vermag der Beschwerdeführer mit seinem Einwand, dass er unbescholten sei und sich in Österreich wohlverhalten habe, nichts zu gewinnen.

Angesichts der besagten Nachweisverpflichtung erweist sich auch der Hinweis als nicht zielführend, die belangte Behörde hätte das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Einkommen samt den gewährten Unterstützungen zu überprüfen und diesbezüglich den Sachverhalt zu erheben gehabt.

2.1. Mit seinem gegen die Beurteilung der belangten Behörde im Grund des § 37 FrG erstatteten Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass er über keine familiären Bindungen in Österreich verfüge. Die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich werden (entgegen der Beschwerde) ferner erheblich dadurch relativiert, dass diese auf seinen Asylantrag, der sich letztlich als unbegründet erwiesen hat, sowie auf den - was in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt wird - unberechtigten Aufenthalt seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrags im August 2003 zurückzuführen sind. Den somit insgesamt nur schwach ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die von ihm ausgehende, mit seiner Mittellosigkeit verbundene Gefährdung des öffentlichen Interesses gegenüber. Damit erweist sich die Erlassung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (näherhin zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles des Landes) als dringend geboten (§ 37 Abs. 1 FrG); ferner wiegen die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers vor diesem Hintergrund nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG). Auf dem Boden des Gesagten ist für den Beschwerdeführer mit seinem Hinweis, er verfüge über zahlreiche Freunde und Bekannte und über sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache, er werde regelmäßig von einer Pfarre unterstützt und weise daher in Österreich eine hohe soziale Integration auf, nichts gewonnen.

2.2. Vor diesem Hintergrund geht die Verfahrensrüge fehl, die belangte Behörde hätte bezüglich der Frage seiner sozialen Bindungen zusätzlich zu den aktenkundigen Fakten weitere Sachverhaltsermittlungen anzustellen gehabt.

3. Schließlich bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbots zukommenden Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhalt mit den vorgelegten Verwaltungsakten besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 15. Dezember 2005

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