VwGH 2005/18/0022

VwGH2005/18/002220.4.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des J, geboren 1956, vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Brachelligasse 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. August 2004, Zl. 139.964/2- III/4/04, betreffend Versagung einer Erstniederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §8;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §57 Abs2;
AsylG 1997 §8;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §57 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 2. August 2004 wurde der vom Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Bangladesch, am 27. Jänner 2003 gestellte Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Selbständig, § 30 Abs. 2 FrG" gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 4. Juni 1996 in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe am 24. Juni 1996 einen ersten Asylantrag eingebracht. Dieser sei am 24. September 1996 rechtskräftig abgewiesen worden. Am 3. Juni 1998 habe er einen zweiten Asylantrag gestellt. Das diesbezügliche Verfahren sei nach einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof am 26. April 1999 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Der Beschwerdeführer sei seit 20. Dezember 1999 in Wien gemeldet. Ein Aufenthaltstitel sei ihm bisher noch nie erteilt worden. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG seien Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag könne im Inland gestellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG vorlägen. Der Beschwerdeführer habe als humanitären Aspekt vorgebracht, dass er im Fall einer Rückkehr in sein Heimatland bei religiös motivierten Übergriffen Gefahr laufe, verletzt oder getötet zu werden. Die Asylgründe des Beschwerdeführers seien aber bereits im Zug der Asylverfahren bewertet und als nicht ausreichend befunden worden. Es könne daher nicht von einer ihm drohenden Gefahr gesprochen werden. Auch ehemalige Asylwerber hätten einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom Ausland aus zu stellen. Die materiellen Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG würden nicht vorliegen. Eine Inlandsantragstellung werde nicht zugelassen. Eine nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung müsse zur Abweisung des Antrages führen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG kann der - nach dem ersten Satz dieser Gesetzesstelle grundsätzlich vom Ausland aus zu stellende - Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland gestellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG vorliegen. Kommt die Niederlassungsbehörde zum Ergebnis, dass ein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" iSd § 10 Abs. 4 leg. cit. vorliegt, so schließt dies die Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz leg. cit. aus. Ist hingegen nach Ansicht der Behörde das Vorliegen eines "besonders berücksichtigungswürdigen Falles" aus humanitären Gründen zu verneinen, dann hat sie den im Inland gestellten Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung nach dem "Grundsatz der Auslandsantragstellung" (§ 14 Abs. 2 erster Satz FrG) abzuweisen.

§ 10 Abs. 4 FrG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab. Weiters liegen "besonders berücksichtigungswürdige Fälle" auch dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familiennachzug besteht. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/18/0308.)

2. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vorgebracht, gegen ihn sei ein Ausweisungsverfahren eingeleitet worden. In diesem habe er die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung beantragt und folgende Stellungnahme erstattet, die er auch zum Inhalt der Berufung erhebe:

"(...) Ich bin Mitglied der Religionsgemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamat. Als Mitglied dieser Religionsgemeinschaft bin ich (in) meiner Heimat Verfolgung ausgesetzt. Die Religionsgemeinschaft ist zwar nicht ausdrücklich verboten, jedoch immer wieder Angriffen und Übergriffen anderer muslimischer Bewegungen ausgesetzt und leistet der Staat nicht die erforderliche Hilfe zur Hintanhaltung der Übergriffe. Von der Regierung meines Heimatlandes finde ich keinen Schutz vor Verfolgung.

Bereits im Jahr 1992 kam es zu Übergriffen der Jamat-E-Islami (welche nunmehr eine Regierungskoalition mit der BNP Bangladesch National Party bildet und mehrere Minister stellt) auf unserer religiösen Einrichtungen und wurden diese auch der Polizei angezeigt. Dieser Anzeige wurde jedoch nicht nachgegangen. Auch im Jahr 1993 wurden in eine Moschee Molotow-Cocktails geworfen und wurden dabei mehrere Personen schwer verletzt. Ich selbst befand (mich) zu diesem Zeitpunkt auch in der Moschee, ich erlitt aber keine Verletzungen.

Vor meiner Flucht nach Österreich war ich Generalsekretär in meiner Heimatgemeinde (...) . In Bangladesch gibt es eine weitere muslimische Partei/Religionsgemeinschaft, und zwar die Jammat-Partei. Zwischen meiner Religionsgemeinschaft und der Jamat-Partei gibt es ständig Konflikte. Im Oktober 1999 wurde eine unserer Moscheen bombardiert und zerstört.

Seit Oktober 2001 ist die Jammat-E-Islami Regierungspartei und hat sich der Konflikt mit und gegen die Ahmadiyya Muslim Jamat verstärkt. Ich habe Kontakt mit meiner in Bangladesch lebenden Gattin und ist sie nach wie vor Attacken der Nachbarschaft ausgesetzt und erhält keinen Schutz von den öffentlichen Stellen.

Im Falle meiner Rückkehr in mein Heimatland liefe ich Gefahr, bei religiös motivierten Übergriffen anderer Religionsgemeinschaften bzw Parteien verletzt bzw getötet zu werden. Von staatlicher Seite ist kein Schutz vor derartigen Verfolgungen gegeben."

Im Hinblick auf die oben 1. dargestellte hg. Judikatur könnten die hier geschilderten Umstände für das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Falles im Sinn von § 10 Abs. 4 FrG von Bedeutung sein. Die belangte Behörde ist auf das dargestellte Vorbringen mit der Begründung nicht eingegangen, dass die "Asylgründe bereits im Zuge der Asylverfahren bewertet und als nicht ausreichend befunden worden sind".

Auf Grund der rechtskräftigen Abweisung der Asylanträge des Beschwerdeführers steht fest, dass er in seiner Heimat keiner Gefährdung oder Bedrohung im Sinn von § 57 Abs. 2 FrG ausgesetzt ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 2005, Zl. 2005/18/0160, und vom 15. März 2006, Zl. 2006/18/0020). Das Vorliegen anderer als von § 57 Abs. 2 FrG umfasster Gefährdungen, d.h. solcher iSd § 57 Abs. 1 leg. cit., hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Er hat auch nicht in der erforderlichen qualifizierten Weise vorgebracht, dass sich die Umstände in seiner Heimat seit der rechtskräftigen Abweisung der Asylanträge zu seinem Nachteil verändert hätten. Eine nochmalige inhaltliche Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer behaupteten Gefährdungen in seinem Heimatland war daher nicht erforderlich (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2006/18/0020 mwN).

3. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. April 2006

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