Normen
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;
LAO Wr 1962 §149 Abs2;
LAO Wr 1962 §235;
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;
LAO Wr 1962 §149 Abs2;
LAO Wr 1962 §235;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unbestritten ist, dass am 5. April 2000 bei der Beschwerdeführerin eine Getränkesteuer-Revision erfolgte.
Mit dem hierauf im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides vom 24. August 2001 - für die Jahre 1997 bis 2000 näher genannte Getränkesteuerbeträge auf alkoholische und alkoholfreie Getränke sowie auf Speiseeis vorgeschrieben, hiezu festgestellt, dass diese Abgaben bereits fällig gewesen seien, und einen Antrag auf Rückerstattung der auf alkoholische Getränke entfallenden Getränkesteuer abgewiesen. Begründend führte sie - soweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz - unter Wiedergabe des § 149 Abs. 2 der Wiener Landesabgabenordnung - WAO sowie unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 9. März 2000, Rechtssache C-437/97 , aus, wie sich aus Spruchpunkt 3. dieses Urteiles ergebe, betreffe der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts nicht die Getränkesteuer für alkoholische Getränke, die vor dem 9. März 2000 entrichtet worden oder fällig geworden sei. Diese Beschränkung des Anwendungsvorranges falle lediglich dann weg, wenn vor dem 9. März 2000 Klage erhoben oder ein entsprechender Rechtsbehelf eingelegt worden sei. Wie sich aus Spruchpunkt 3. des zitierten Urteiles des EuGH aber auch ergebe, gelte der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts dann, wenn die Getränkesteuer für alkoholische Getränke nicht vor dem 9. März 2000 entrichtet worden oder fällig geworden sei. Dies treffe auf die im erstinstanzlichen Bescheid mitumfassten Steuerzeiträume Februar 2000 (Fälligkeit: 15. März 2000) und März 2000 (Fälligkeit: 15. April 2000) zu, zumal die diese Zeiträume betreffenden Abgaben laut Erhebung der Abgabenbehörde erster Instanz auch nicht (frühzeitig) vor dem 9. März 2000 entrichtet worden seien. Die auf diese Zeiträume entfallenden alkoholische Getränke betreffenden Abgabenbeträge seien daher aus der Abgabenbemessung auszuscheiden gewesen.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei der im vorgenannten Urteil des EuGH verwendete Begriff "Rechtsbehelf" möglichst weit zu verstehen. So seien insbesondere eine Berichtigung bzw. ein Rückzahlungsantrag, aber auch eine "Nullerklärung" ein solcher Rechtsbehelf. Die Beschwerdeführerin habe vor dem 9. März 2000 auch nach dem weiten Verständnis des Begriffes "Rechtsbehelf" keinen entsprechenden Verfahrensschritt für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum gesetzt, da sie vor diesem Zeitpunkt weder eine Nullerklärung erstattet noch einen Rückerstattungsantrag noch sonst einen tauglichen Schritt zur Durchsetzung diesbezüglicher Rechte getätigt habe. Die Vorschreibung der vor dem 9. März 2000 fälligen Getränkesteuer für alkoholische Getränke sei daher auch vor dem Hintergrund des zitierten Urteiles des EuGH zulässig. In seinem Ablehnungsbeschluss vom 15. Dezember 1999, Zlen. B 1360/99 und B 1361/99, habe der Verfassungsgerichtshof weiters ausgesprochen, dass er keinen verfassungsrechtlichen Grund zu erkennen vermöge, der es verbieten würde, eine mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbare Steuer auf die Veräußerung von alkoholfreien Getränken an Letztverbraucher im Ausmaß von 5 % zu erheben.
Da im vorliegenden Fall die Frage der Überwälzung der Getränkesteuer auf Grund des verspätet eingebrachten Rechtsbehelfs nicht von Relevanz sei, habe die unter Punkt II. im angefochtenen Bescheid nach § 185 Abs. 3 WAO erfolgte gesonderte Vorschreibung der Getränkesteuer zu entfallen.
Zur Rückzahlung führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 185 Abs. 1 WAO aus, ein Guthaben entstehe erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteige, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen bestehe. Da die Getränkesteuer für die Jahre 1997 bis 2000 wie im Punkt Abgabenbemessung dargelegt rechtmäßig festgesetzt worden sei, könne im Umfang dieser Festsetzung kein Guthaben bestehen, zumal auch keine diese Festsetzung übersteigenden Zahlungen erfolgt seien. Da sohin schon aus diesem Grund eine Rückzahlung nicht in Betracht komme, sei die von der Beschwerdeführerin relevierte Frage der Rechtmäßigkeit der im § 185 Abs. 3 WAO normierten Rückzahlungssperre im Falle der Steuerüberwälzung nicht relevant.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Unterbleiben der Festsetzung von Getränkesteuer auf alkoholische Getränke sowie auf Rückzahlung der durch das Unterbleiben der Festsetzung von Getränkesteuer auf alkoholische Getränke entstehenden Guthabens verletzt; sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zusammengefasst darin, dass im beschwerdegegenständlichen Fall das Vorliegen einer Klage oder eines entsprechenden Rechtsbehelfes im Sinne des zitierten Urteiles des EuGH vom 9. März 2000 nicht ausschlaggebend sei, weil die Abgabenbehörde von Amts wegen - nach Ergehen dieses Urteiles - tätig geworden sei. Das EuGH-Urteil habe die "Aufrollung bereits rechtskräftig beendeter Verfahren unter Berufung auf die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke unterbinden" wollen. Eine abweichende Auslegung, nach der sich zwar der Abgabepflichtige mangels Rechtsbehelfes nicht auf die Richtlinie stützen dürfe, die Behörde jedoch nachträglich (daher nach dem 9. März 2000) Verfahren "wieder aufnehmen" und Getränkesteuer auf alkoholische Getränke festsetzen könne, würde bedeuten, dass nur für die Behörde Rechtssicherheit bestünde.
Nach Punkt 3. des Urteils des EuGH vom 9. März 2000, Rs C- 437/97 , kann sich niemand auf Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12/EWG berufen, um Ansprüche betreffend Abgaben wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass dieses Urteiles entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt.
Punkt 3. dieses Urteils begünstigt nur die Fälle, in denen Rechtsbehelfe vor dem 9. März 2000 eingelegt waren, nicht aber die Fälle, in denen ein Rechtsbehelf nach Erlass des Urteils eingelegt wird. Es wäre unsachlich, die redlichen Abgabepflichtigen, die vor dem 9. März 2000 keinen Rechtsbehelf eingelegt haben und nach dem 9. März 2000 nicht mehr wirksam einlegen können, gegenüber den unredlichen Abgabepflichtigen zu benachteiligen, die vor dem 9. März 2000 fällig gewordene Abgabe verkürzt oder gegen die Vorschreibung der Getränkesteuer erst nach dem 9. März 2000 einen Rechtsbehelf eingelegt haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. März 2005, Zl. 2004/16/0252, mwN).
Die Beschwerdeführerin hat vor dem 9. März 2000 keinen Rechtsbehelf eingelegt, sodass sie sich hinsichtlich der vor diesem Zeitpunkt entrichteten oder fällig gewordenen Getränkesteuer auf alkoholische Getränke nicht auf Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12/EWG berufen kann.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin stellt die Festsetzung der Abgabe nach § 149 Abs. 2 WAO auch keine Wiederaufnahme eines durch Bescheid rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens dar, sodass die darauf aufbauenden Überlegungen der Beschwerde ins Leere gehen.
Die belangte Behörde konnte nach dem Gesagten die Frage einer Überwälzung der Getränkesteuer dahingestellt lassen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. April 2005
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