VwGH 2005/11/0131

VwGH2005/11/013125.7.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Univ. Prof. Dr. M in W, vertreten durch Siemer, Siegl, Füreder & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Dominikanerbastei 10, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Dr. Friedrich Spitzauer & Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3 vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 26. Jänner 2005, Zl. B72/05, betreffend Aufhebung eines Feststellungsbescheides iA. Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds, zu Recht erkannt:

Normen

ÄrzteG 1998 §109;
AVG §56 impl;
AVG §66 Abs4;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1999 §7 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1999 §7 Abs7;
ÄrzteG 1998 §109;
AVG §56 impl;
AVG §66 Abs4;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1999 §7 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1999 §7 Abs7;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien stellte mit Bescheid vom 22. September 2004 fest, dass der Beschwerdeführer ab dem 1. November 2003 (wieder) der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds gemäß Abschnitt I Absatz 2, Abschnitt II und Abschnitt VI der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien unterliege. In der Begründung führte der Verwaltungsausschuss aus, mit Antrag vom 22. Dezember 1994 habe der Beschwerdeführer um Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien angesucht, weil ihm und seinen Hinterbliebenen auf Grund seines unkündbaren Dienstverhältnisses ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)genuss zustehe. Da diese Voraussetzungen gegeben gewesen seien, habe der Verwaltungsausschuss den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 23. Februar 1995 von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds befreit. In diesem Bescheid sei auch ausgesprochen worden, dass die Befreiung von der Beitragspflicht mit Wegfall eines für die Befreiung maßgeblichen Umstandes erlösche und ab dem auf dem Wegfall dieses maßgeblichen Umstandes folgenden Monatsersten die Beitragspflicht neuerlich bestehe. Am 22. Juni 2004 habe der Beschwerdeführer das Ende der Anstellung an der Klinik für Psychiatrie bekannt gegeben. Da durch die Beendigung der Anstellung ein für die Befreiung maßgeblicher Umstand weggefallen sei, sei die aus dem Spruch ersichtliche Feststellung zu treffen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung ("Beschwerde") an den Beschwerdeausschuss und ersuchte um weitere Befreiung von der Beitragspflicht, weil auf Grund seines Dienstvertrages mit dem Anton- Proksch-Institut eine Pensionsregelung bestehe, die "mit der entsprechenden Befreiung gleichzuhalten" sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Jänner 2005 wurde der Bescheid des Verwaltungsausschusses vom 22. September 2004 aufgehoben und die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, bei dem bekämpften Bescheid handle es sich - wie sich aus dem Spruch unzweifelhaft ergebe - um einen Feststellungsbescheid. Im Verwaltungsverfahren seien Feststellungsbescheide nur zulässig, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung bestehe oder die Erlassung eines Feststellungsbescheides im öffentlichen Interesse oder im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung durch die Partei gelegen sei. Jedenfalls unzulässig seien Feststellungsbescheide dann, wenn die Erlassung eines Leistungsbescheides möglich sei. Sei die Behörde erster Instanz daher der Ansicht, dass der Beschwerdeführer der Beitragspflicht (wiederum) unterliege, so werde sie dies im Rahmen einer Beitragsvorschreibung für die entsprechenden Jahre gesondert festzustellen haben. Ergänzend wies die belangte Behörde darauf hin, dass eine Befreiungsmöglichkeit gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds nur dann bestehe, wenn ein Fondsmitglied den Nachweis darüber erbringe, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)genuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft zustehe. Im vorliegenden Fall stehe der Beschwerdeführer in einem Dienstverhältnis zum Anton-Proksch-Institut/ Stiftung Genesungsheim und werde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet, dass dieses eine öffentlich-rechtliche Körperschaft darstelle. Es werde lediglich vorgebracht, dass dieses einer öffentlichrechtlichen Körperschaft gleichzuhalten sei, sodass feststehe, dass auch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers dieser aktuell in keinem Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft im Sinne des § 7 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds stehe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 7. Juni 2005, Zl. B 501/05, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber nach Ergänzung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die maßgebende Bestimmung der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien lautet:

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 7. (1) Erbringt ein Fondsmitglied den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)genuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach dem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, und übt es keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 des ÄG aus,

a) ist es auf Antrag, ausgenommen den für die Bestattungsbeihilfe, die Hinterbliebenenunterstützung und die Unterstützungsleistungen nach § 107 ÄG einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen gänzlich zu befreien. Das gleiche gilt bei Erbringung des Nachweises, dass das Fondsmitglied auf Grund eines solchen Dienstverhältnisses einen Ruhe-(Versorgungs-)genuss bezieht. ...

...

(7) Eine Befreiung nach Abs. 1 erlischt, wenn ein für die ausgesprochene Befreiung maßgeblicher Umstand wegfällt. Ab dem dem Wegfall dieses Umstandes folgenden Monatsersten besteht die Verpflichtung zur Beitragsleistung gemäß § 109 ÄG bzw. Abschnitte I, II und VI der Beitragsordnung."

Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde im Wesentlichen, die belangte Behörde habe ihn, obwohl sie den Bescheid aufgehoben habe, in seinen Rechten verletzt, weil sie kein ordnungsgemäßes Verfahren nach dem AVG durchgeführt habe und zudem in der Begründung ihres Bescheides bereits präjudizierende Ausführungen getroffen habe. Die Berufungsbehörde habe bereits rechtsverbindlich der erstinstanzlichen Behörde vorgegeben, dass von einem unkündbaren öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit einer dem Wohlfahrtsfonds vergleichbaren Alterssicherung nicht auszugehen sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde hat mit diesem Bescheid den erstinstanzlichen Bescheid behoben, weil sie von der Unzulässigkeit eines Feststellungsbescheides im vorliegenden Fall ausging.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden nur dann befugt, Feststellungsbescheide im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zu erlassen, wenn hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlass vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen. Unzulässig ist es hingegen, einen gesonderten Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn die Frage im Rahmen eines anderen Verfahrens zu beantworten ist. Die Rechtsprechung zum Feststellungsbescheid lässt den Grundsatz erkennen, dass diese Bescheidform lediglich ein subsidiärer Rechtsbehelf ist, der nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn andere Möglichkeiten, die maßgebliche Rechtsfrage zu klären, nicht vorhanden oder nicht zumutbar sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. März 1993, Zl. 92/10/0039).

§ 7 Abs. 7 der Satzung sieht vor, dass eine Befreiung nach Abs. 1 erlischt, wenn ein für die ausgesprochene Befreiung maßgeblicher Umstand wegfällt. Ab dem dem Wegfall dieses Umstandes folgenden Monatsersten besteht die Verpflichtung zur Beitragsleistung gemäß § 109 Ärztegesetz 1998 bzw. Abschnitte I, II und VI der Beitragsordnung. Dass die Behörde von Amts wegen einen Feststellungsbescheid nach § 7 Abs. 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien zu erlassen hätte, lässt sich weder dem Ärztegesetz noch der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien entnehmen. Es bedurfte daher weder einer bescheidmäßigen Aufhebung der mit Bescheid des Verwaltungsausschusses vom 23. Februar 1995 ausgesprochenen Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2004, Zl. 2003/11/0222) noch eines Feststellungsbescheides mit dem Inhalt, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt (hier: 1. November 2003) der Beschwerdeführer der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien unterliegt.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Behörde habe es unterlassen, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren nach dem AVG durchzuführen und ihm rechtliches Gehör zur Frage des Vorliegens des Ausnahmetatbestandes zu gewähren, ist ihm zu erwidern, dass die Berufungsbehörde über nichts anderes entscheiden darf, als Gegenstand der Entscheidung der Vorinstanz war. "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG erster Satz ist für die Berufungsbehörde die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat (vgl. die in Hauer/Leukauf, aaO., auf S. 893 ff in E 76b ff zu § 66 AVG zitierte Judikatur). Ausgehend vom Spruch des erstinstanzlichen Bescheides hatte die belangte Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers somit die Rechtsfrage zu beantworten, ob die Erlassung eines Feststellungsbescheides rechtmäßig war. Die Prüfung der Frage, ob auf Grund des im Berufungsschriftsatz weiters gestellten Antrages des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Beitragspflicht gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung (auf Grund seiner Anstellung beim Anton-Proksch- Institut und der damit verbundenen Pensionsregelungen) gegeben sind sowie eine allfällige Vorschreibung von Fondsbeiträgen (für den Fall, dass kein Befreiungsgrund vorliegt) hätten durch den Verwaltungsausschuss als Behörde erster Instanz zu erfolgen.

Aus der eingangs dargestellten Rechtslage folgt, dass der von der Behörde erster Instanz - von Amts wegen - erlassene Feststellungsbescheid somit, was die belangte Behörde zu Recht erkannt hat, unzulässig war, weil die maßgebliche Rechtsfrage im Verfahren betreffend Vorschreibung von Beiträgen zum Wohlfahrtsfonds zu beantworten ist.

Dennoch ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, weil die belangte Behörde den ohne Antrag des Beschwerdeführers erlassenen erstinstanzlichen Feststellungsbescheid hätte ersatzlos beheben müssen und nicht, gestützt auf § 66 Abs. 2 AVG, der erstinstanzlichen Behörde eine neuerliche Entscheidung hätte auftragen dürfen. Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft einerseits den unrichtig verzeichneten Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand, der nach der zitierten Verordnung (§ 1 Z 1 lit. a) EUR 991,20 beträgt, und andererseits die Umsatzsteuer, die bereits in diesem Pauschalsatz enthalten ist.

Wien, am 25. Juli 2007

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