VwGH 2005/11/0109

VwGH2005/11/010920.10.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des P in S, vertreten durch Dr. Helmut Hegen, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 9a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 14. Februar 2005, Zl. uvs- 2005/23/0216-2, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §67c Abs1;
UbG §8;
UbG §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §67c Abs1;
UbG §8;
UbG §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer gegen die nach §§ 8, 9 des Unterbringungsgesetzes, BGBl. Nr. 155/1990 idF BGBl. I Nr. 12/1997, am 17. Dezember 2004 erfolgte Verbringung in eine Krankenanstalt erhobene Beschwerde gemäß § 67a Abs. 1 Z 2 iVm § 67c Abs. 1 und 4 AVG als verspätet zurückgewiesen. Die angefochtene Amtshandlung habe am 17. Dezember 2004 stattgefunden, sodass die sechswöchige Frist des § 67c Abs. 1 AVG am 28. Jänner 2005 geendet habe. Die laut Faxausdruck erst am 29. Jänner 2005 um 00.51 Uhr eingebrachte Beschwerde erweise sich daher als verspätet. Telefonisch auf die offensichtliche Verspätung laut Faxausdruck hingewiesen, habe der Beschwerdeführer zwar zugesagt, die Einhaltung der Beschwerdefrist (mit Faxprotokoll oder ähnlichem) zu belegen, er sei dem aber nicht nachgekommen, weshalb die Beschwerde zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 67a Abs. 1 Z 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes. Gemäß § 67c Abs. 1 AVG sind solche Beschwerden innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

Auf das Beschwerdevorbringen, der Rechtsmittelantrag des Beschwerdeführers sei bereits am 28. Jänner 2005 vor Mitternacht an die belangte Behörde übermittelt worden und dort auch eingelangt, erst eine zweite Ausfertigung, in der die zuvor unrichtige Angabe der Jahreszahl ("2004") auf "2005" berichtigt worden sei, habe der Beschwerdeführer nach Mitternacht, also am 29. Jänner 2005 übermittelt, ist wegen des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG nicht näher einzugehen.

Zulässig und berechtigt ist aber das Vorbringen, der Beginn des Laufes der sechswöchigen Frist des § 67c Abs. 1 AVG sei wegen der zwangsweisen Anhaltung des Beschwerdeführers im Krankenhaus, davon bis 18. Dezember 2004 in der geschlossenen Abteilung (danach sei der Beschwerdeführer noch bis 20. Dezember 2004 - ebenfalls gegen seinen Willen - in der offenen Abteilung dieses Krankenhauses angehalten worden), gehemmt gewesen und habe frühestens am 18. Dezember 2004, nach seiner Entlassung aus der geschlossenen Anstalt, zu laufen begonnen. Durch die zwangsweise Unterbringung und die Anhaltung in einer geschlossenen Abteilung eines Krankenhauses sei der Beschwerdeführer gehindert gewesen, von seinem Beschwerderecht gemäß § 67c Abs. 1 AVG Gebrauch zu machen.

Die belangte Behörde hat diese Problematik in ihrer Gegenschrift erkannt und gemeint, im verwaltungsbehördlich zu führenden Maßnahmebeschwerdeverfahren sei nur die Einweisung in die psychiatrische Anstalt als solche zu prüfen, während die Rechtmäßigkeit einer späteren Anhaltung im gerichtlichen Verfahren zu prüfen sei. Dies ändert aber nichts daran, dass es Aufgabe der belangten Behörde war, die Rechtzeitigkeit der an sie gerichteten Beschwerde zu prüfen und dabei zu berücksichtigen, dass gegenständlich durch die am 17. Dezember 2004 erfolgte zwangsweise Unterbringung gemäß §§ 8, 9 UbG iVm der jedenfalls bis 18. Dezember 2004 währenden zwangsweisen Anhaltung in der geschlossenen Abteilung eines Krankenhauses ein Hindernis im Sinne des § 67c Abs. 1 AVG bestanden hat.

Indem die belangte Behörde verkannt hat, dass der Beschwerdeführer wegen seines Aufenthaltes in der geschlossenen Abteilung des Krankenhauses zumindest bis 18. Dezember 2004 gehindert war, von seinem Beschwerderecht nach § 67c Abs. 1 AVG Gebrauch zu machen, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die vom Beschwerdeführer gesondert begehrte Umsatzsteuer ist bereits im zugesprochenen Pauschalbetrag enthalten.

Wien, am 20. Oktober 2005

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