VwGH 2005/10/0148

VwGH2005/10/014821.5.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die namens des Landes Tirol eingebrachte Beschwerde der Tiroler Landesregierung, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Juli 2005, AZ. SO-130269/13-2005-Wan, betreffend Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, den Beschluss gefasst:

Normen

KostenersatzG Sozialhilfe Vereinbarung Tir 1974 Anl Art6;
LO Tir 1989 §56 Abs1;
L-VG NÖ 1979 Art43 Abs1 impl;
SHG Tir 1973 §13 idF 2004/027;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art6;
VwGG §34 Abs1;
KostenersatzG Sozialhilfe Vereinbarung Tir 1974 Anl Art6;
LO Tir 1989 §56 Abs1;
L-VG NÖ 1979 Art43 Abs1 impl;
SHG Tir 1973 §13 idF 2004/027;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art6;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Aufwandersatz wird nicht zuerkannt.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck-Land vom 28. Februar 2003 wurde B. O. eine einmalige Überbrückungshilfe zur Bestreitung vermehrter Ausgaben einer Übersiedlung und Wohnungsanmietung in Höhe von EUR 500,-- und mit Bescheid vom 7. März 2003 eine einmalige Unterstützung für Einrichtung/Grundausstattung bis zur Höhe von EUR 450,-- sowie in der Folge ein Lebensmittelgutschein im Wert von EUR 70,-- gewährt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - nach Einräumung von Parteiengehör - der Antrag der Tiroler Landesregierung vom 13. August 2003 auf Kostenersatz gemäß Art. 7 der Vereinbarung der Länder über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe (Ländervereinbarung) für die B. O. geleistete Sozialhilfe als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 62 Abs. 1 Oberösterreichisches Sozialhilfegesetz (Oö. SHG), Art. 56 Abs. 2 L-VG 1991 sowie Art. 1 und 6 der Ländervereinbarung aus, im vorliegenden Fall sei der Antrag auf Entscheidung über die Kostenersatzpflicht nach der Ländervereinbarung "von einer Beamtin der Abteilung Rehabilitation und Sozialhilfe" für die Tiroler Landesregierung eingebracht worden. Wie sich aus § 13 Abs. 2 und 3 TSHG ergebe, habe das Land Tirol - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - den Aufwand für Lebensunterhalt (§ 4 TSHG) zu tragen. Es sei daher als Träger im Verständnis der durch § 1 des LGBl. Nr. 30/1974, zu landesgesetzlichen Bestimmungen erklärten Art. 1 und 3 Abs. 1 der Ländervereinbarung anzusehen. Nach Art. 56 Abs. 1 der Tiroler Landesordnung 1989, LGBl. Nr. 61/1988 idgF werde das Land Tirol durch den Landeshauptmann vertreten. Nach Art. 44 der Tiroler Landesordnung 1989 sei die Landesregierung das oberste Organ des Landes Tirol als Träger von Privatrechten. Sie verwalte das Landesvermögen und vertrete das Land Tirol als Träger von Privatrechten, soweit nichts anderes bestimmt sei.

Der Anspruch, um den es hier gehe, sei ein der Sache nach finanzausgleichsrechtlicher, da ihm eine von § 2 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 abweichende gesetzliche Kostentragungsregelung zugrunde liege. Der Umstand, dass der Anspruch ausschließlich im öffentlichen Recht wurzle, schließe aus, dass das Land Tirol am vorliegenden Verfahren über einen geltend gemachten Anspruch finanzausgleichsrechtlicher Art als "Träger von Privatrechten" beteiligt sei. Das Land Tirol werde daher in einer solchen Angelegenheit gemäß Art. 56 Abs. 1 Tiroler Landesordnung 1989 vom Landeshauptmann und nach Art. 50 Abs. 1 leg. cit. bei dessen Verhinderung von seinen Stellvertretern vertreten.

Der vorliegende, "von einer Beamtin der Abteilung Rehabilitation und Sozialhilfe" für die Landesregierung eingebrachte Antrag sei daher dem Land Tirol aus den genannten Gründen nicht zuzurechnen. Der Antrag sei daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach der Bezeichnung vom "Land Tirol, vertreten durch die Landesregierung" eingebrachte und vom Landesamtsdirektorstellvertreter gefertigte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird der Standpunkt vertreten, bei der Geltendmachung eines Kostenersatzes in Angelegenheiten der Sozialhilfe handle es sich um eine Materie, die unbestritten in die Landesvollziehung falle. Nach Art. 44 Abs. 1 der Tiroler Landesordnung 1989 sei die Landesregierung das oberste Organ der Vollziehung des Landes. Nach Art. 44 Abs. 2 leg. cit. sei die Landesregierung das oberste Organ des Landes Tirol als Träger von Privatrechten. Nach § 1 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung habe die Landesregierung die Aufgaben, die ihr als oberstem Organ der Vollziehung des Landes Tirol und als Träger von Privatrechten oblägen, nach dieser Geschäftsordnung zu besorgen. Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. würden die im § 1 genannten Angelegenheiten der Landesverwaltung in der Geschäftsverteilung der Landesregierung den einzelnen Mitgliedern der Landesregierung zur Besorgung zugewiesen. Nach dessen Abs. 2 hätten die einzelnen Mitglieder der Landesregierung die ihnen zugewiesenen Angelegenheiten, sofern sie nicht nach den Abs. 3 und 4 eines Kollegialbeschlusses bedürften, im Namen der Landesregierung selbstständig zu besorgen.

Hingegen liege die Bedeutung des Art. 56 Abs. 1 der Tiroler Landesordnung 1989 in Entsprechung der "Staatsoberhauptfunktion des Landeshauptmannes" vorwiegend in der staatsrechtlichen Vertretung des Landes nach außen. Die belangte Behörde missachte bei ihrer Argumentation dieses grundsätzliche Verständnis des Aufbaues der Staatsorganisation in der Landesverwaltung, das auch mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in Einklang stehe.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Gemäß § 21 des Tiroler Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 105/1973, in der Fassung LGBl. Nr. 44/1988, richtet sich die Verpflichtung zum Kostenersatz gegenüber Sozialhilfeträgern anderer Länder nach Vereinbarungen im Sinne des Art. 15a B-VG. Gemäß § 1 des Gesetzes vom 11. März 1974 über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg, LGBl. Nr. 30/1974, gilt die als Anlage des Gesetzes abgedruckte Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe, soweit sie sich auf das Land Tirol bezieht, als Gesetz.

Gemäß Art. 6 der Ländervereinbarung hat der Träger, dem im Sinne des Art. 2 Kosten erwachsen, dem voraussichtlich zum Kostenersatz verpflichteten Träger die Hilfeleistung unverzüglich, längstens aber innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Hilfeleistung anzuzeigen und diesem hiebei alle für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgebenden Umstände mitzuteilen. Art. 7 der Ländervereinbarung ordnet an, dass über die Verpflichtung zum Kostenersatz im Streitfall die Landesregierung, in deren Bereich der zum Kostenersatz angesprochene Träger liegt, im Verwaltungsweg zu entscheiden hat.

Zu Recht sind die Parteien des Verwaltungsverfahrens davon ausgegangen, dass im Beschwerdefall das Land Tirol gemäß § 13 TSHG, LGBl. Nr. 105/1973 idF LGBl. Nr. 27/2004, als jener Träger der Sozialhilfe gemäß Art. 6 der Ländervereinbarung anzusehen ist, dem Sozialhilfekosten erwachsen sind. Das Land Tirol war daher in Ansehung des strittigen Ersatzanspruches der zur Stellung des Antrages auf Kostenersatz berechtigte Sozialhilfeträger.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass es sich bei Ansprüchen auf Ersatz von Sozialhilfekosten nach der Ländervereinbarung um der Sache nach finanzausgleichsrechtliche Ansprüche handelt (vgl. die Beschlüsse vom 5. Juli 1989, Zlen. 89/11/0100, 0101, und vom 3. Juni 1997, VwSlg. 14691/A). Er hat weiters - bei dem hier anzuwendenden § 56 Abs. 1 der Tiroler Landesordnung 1989 identer Rechtslage - in den genannten Beschlüssen ausgesprochen, dass das Land bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach der Ländervereinbarung durch den Landeshauptmann vertreten wird; eine von der Landesregierung - selbst namens des Landes - eingebrachte Beschwerde kann in einem solchen Fall hingegen dem Land nicht zugerechnet werden. Im vorliegenden Fall liegt somit keine Beschwerde vor, die dem Land Tirol zugerechnet werden könnte. Dieser Mangel konnte auch nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht mehr wirksam behoben werden. Anders als der bloße Mangel des Nachweises einer Bevollmächtigung führt die fehlende Rechtsmacht zum Einschreiten für eine juristische Person des öffentlichen Rechts dazu, dass die Beschwerde der Partei, für welche eingeschritten werden sollte, nicht zuzurechnen ist. Fehlt es aber an einer während der Beschwerdefrist eingelangten, zurechenbaren Beschwerde, so kann dieser Mangel nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht mehr wirksam nachgeholt werden, da eine erstmals nach Ablauf der Beschwerdefrist der Partei zuzurechnende Beschwerde einer verspäteten Beschwerde gleichzuhalten wäre. Die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages war daher bei dieser Sache ausgeschlossen (vgl. auch dazu den hg. Beschluss vom 3. Juni 1997).

Die Beschwerde ist daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Gemäß §§ 58 ff VwGG wird kein Kostenersatz zugesprochen.

Wien, am 21. Mai 2008

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