Normen
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
StGB §32 Abs1;
StGB §34 Abs1 Z17;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
StGB §32 Abs1;
StGB §34 Abs1 Z17;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen im Zustelldienst verwendeten Beamten der Österreichischen Post AG.
Mit dem Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe
"1) am 6. Februar 2004 beim Postamt M in der Zeit zwischen 13.30 Uhr und 14.00 Uhr eine Banknote im Wert von EUR 5, eine Zwei-Euro Münze sowie drei Rubbellose widerrechtlich an sich gebracht und
2) seit 2 Jahren in 700 Fällen bei der Annahme von Briefen Portogebühren von Kunden kassiert und dann zum Schaden der Österreichischen Post AG, anstelle gültiger Briefmarken bereits entwertete Briefmarken auf die entsprechenden Postsendungen geklebt und die Portogebühr für sich behalten, sodass der Österreichischen Post AG ein Schaden von EUR 370,00 entstanden ist."
Er habe dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem BDG 1979 gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 schuldhaft verletzt und dadurch eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen. Es wurde die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von drei Monatsbezügen verhängt.
Ausschließlich gegen die Art (das Ausmaß) der in diesem Bescheid verhängten Strafe erhoben sowohl die Disziplinaranwältin als auch der Beschwerdeführer Berufung. Der Schuldspruch ist deshalb in Rechtskraft erwachsen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid verhängte die belangte Behörde die Disziplinarstrafe der Entlassung. Dies begründete sie - unter Bezugnahme auf die vom Bezirksgericht F mit Urteil vom 27. April 2004, Zl. 18 U 152/04, rechtskräftig festgestellten, zahlreichen vorsätzlich begangenen, rechtswidrigen Eingriffe in fremdes Vermögen - im Wesentlichen damit, dass die Respektierung fremden Eigentums durch die im Bereich der Österreichischen Post AG beschäftigten Bediensteten, welche - wie der Beschwerdeführer - in sämtlichen Bereichen ihrer Tätigkeit mit fremden Vermögenswerten in Berührung kämen bzw. denen solche anvertraut würden, oberstes Gebot zur Aufrechterhaltung des Betriebes sei. Ein wie der Beschwerdeführer im Zustelldienst der Post verwendeter Beamter, der sich unter Ausnützung seiner dienstlichen Möglichkeiten (hinsichtlich Spruchpunkt 1) Zugang zum Innenraum eines Postamtes verschaffe und sich dort an fremden Geldern bzw. Vermögenswerten vergreife sowie (hinsichtlich Spruchpunkt 2) während seines Dienstes wiederholt (sieben- bis achtmal pro Woche) und gezielt (vorsätzlich) während eines Zeitraumes von ca. zwei Jahren Geldbeträge um des eigenen Vorteils willen rechtswidrig aneigne und auf diese Weise das Unternehmen Österreichische Post AG schädige, verstoße im innersten Kernbereich seiner dienstlichen Aufgaben gegen die mit seinem Amt verbundenen Grundsätze und Pflichten. Er sei als Beamter nicht mehr tragbar, weil durch derartige schwerwiegende Straftaten nicht nur das für die Erfüllung der Aufgaben der Post AG unerlässliche Vertrauensverhältnis zu seinen Vorgesetzten, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit, insbesondere der Postkunden wesentlich zerstört werde. Als erschwerend sei die hohe Zahl der unterschiedlichen, jedoch jeweils gegen dasselbe Rechtsgut (fremdes Vermögen) gerichteten Dienstpflichtverletzung und (zu Spruchpunkt 2) der "beachtliche" Tatzeitraum von ca. zwei Jahren zu werten. Zudem seien die Zugriffe auf fremdes Vermögen zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem sich der Beschwerdeführer in keiner ausweglosen oder drückenden finanziellen Notlage befunden habe; er habe im Tatzeitraum in intakten wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt und keine offenen Kreditschulden gehabt.
Daran könne das bisherige dienstliche Wohlverhalten, der ordentliche Lebenswandel, die straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit und die letztlich erfolgte Wiedergutmachung des materiellen Schadens nichts ändern. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe hinsichtlich der von Spruchpunkt 2) umfassten Dienstpflichtverletzungen vor seiner Entdeckung aus freien Stücken ein Geständnis abgelegt, sei insoweit zu relativieren, als er von einem Kollegen beim Aufsammeln von bereits entwerteten Briefmarken beobachtet und auf dieses Verhalten angesprochen worden sei, weshalb er mit einer bevorstehenden Entdeckung seiner Vorgangsweise habe rechnen müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Kern der Ausführungen des Beschwerdeführers ist sein Vorbringen, er habe (am 10. Februar 2004) ein Geständnis im Sinne des § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB abgelegt. Daran knüpft er Verfahrensrügen (Aktenwidrigkeit und mangelndes Parteiengehör). Er übersieht, dass ihm nach der von ihm unterfertigten Niederschrift vom 10. Februar 2004 einleitend die gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente - unter anderem auch Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit bereits entwerteten Briefmarken auf Briefumschlägen - vorgehalten worden sind. Zudem war sich der Beschwerdeführer darüber im Klaren (auch dies wurde ihm einleitend vorgehalten), dass ein Teil der gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente durch die von der Gendarmerie auf Grund von wiederholten, von F. angezeigten Diebstählen im Postamt errichtete Diebsfalle, welche den Beschwerdeführer als Täter überführt hatte, geklärt war. Der belangten Behörde ist daher beizupflichten, dass das Geständnis im Umfang der zu Spruchpunkt 2) genannten Taten nicht als mildernd im Sinne des § 34 Z. 17 StGB zu werten war, weil Leugnen kaum Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 20. September 1994, 11 Os 109/94). Bei diesem auf der dem Beschwerdeführer jedenfalls bekannten Niederschrift über seine eigene Einvernahme beruhendem Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, ob die den Beschwerdeführer belastende Aussage des F. vom 4. Februar 2004 bei der durch den Vertreter des Beschwerdeführers vorgenommenen Akteneinsicht im August 2004 im Akt enthalten oder zu diesem Zeitpunkt in Verstoß geraten (siehe Verhandlungsprotokoll vom 17. August 2004) und dem Beschwerdeführer deshalb hiezu kein Parteiengehör gewährt worden wäre.
Die Disziplinarstrafe der Entlassung ist keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Die Gründe für eine solche Unvereinbarkeit lassen sich nur den Anforderungen entnehmen, die das Dienstrecht an einen Beamten stellt. Wird dieser überhaupt nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter fordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben. Ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis zerstört, fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise. Hier geht es nicht, wie beim Strafrecht, um die Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft, sondern um die weitere Tragbarkeit in einem besonderen Dienstverhältnis.
Auch wenn die Disziplinarstrafe der Entlassung nicht der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, so handelt es sich dabei doch um eine Strafe. Die Frage, ob durch die Verfehlung des Beamten das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen diesem und der Verwaltung zerstört wurde, ist auf der Grundlage der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu beurteilen. Auch hier hat die Disziplinarkommission zunächst am Maß der Schwere der Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 zu prüfen, ob die Verhängung der höchsten Strafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 geboten ist. Hiebei hat sie sich gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 an den nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründen zu orientieren und somit im Hinblick auf § 32 Abs. 1 StGB vom Ausmaß der Schuld des Täters als Grundlage für die Bemessung der Strafe auszugehen, wobei sie vor allem zu berücksichtigen hat, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände und Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte.
Erst wenn eine an diesem Maßstab erfolgte Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung des Beamten ergibt, dass sein weiteres Verbleiben im Dienst untragbar geworden ist, fehlt es dann im Sinn der angeführten Rechtsprechung an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen dahingehend, ob im Sinne des § 93 Abs. 1 zweiter Satz BDG 1979 die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In diesem Fall bleibt für spezialpräventive Erwägungen kein Raum (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1999, Zl. 99/09/0042).
Davon ausgehend erweist sich die von der belangten Behörde im Beschwerdefall auf Grund der Berufung der Disziplinaranwältin ausgesprochene Abänderung der verhängten Disziplinarstrafe der Geldstrafe in eine Entlassung nicht als rechtswidrig. Ein Beamter, der sich unter Ausnutzung seiner dienstlichen Möglichkeiten und während seines Dienstes (hier: vorsätzlich und in zahlreichen Fällen, wobei es auf die Höhe des Gesamtschadens nicht entscheidend ankommt) an fremden Geldern vergreift, ist grundsätzlich nicht mehr tragbar, weil durch eine derartige Straftat nicht nur das Vertrauensverhältnis zu seinen Vorgesetzten, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit wesentlich zerstört wird. Der entscheidende Gesichtspunkt ist hiebei, dass sich die Verwaltung auf die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten bei dessen Dienstausübung verlassen muss, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich ist. Dass dies gerade im Bereich der Post ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt (vgl. etwa das - gleichfalls einen ungetreuen Postbeamten betreffende - Erkenntnis vom 11. April 1996, Zl. 95/09/0183 mwN).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 21. September 2005
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