Normen
AVG §73 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §73 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1987, Zl. 87/07/0013, verwiesen.
Das dem seinerzeit angefochten gewesenen Bescheid vorangegangene Verwaltungsverfahren wurde mit einer Eingabe des Beschwerdeführers vom 2. Dezember 1984 eingeleitet, in der dieser die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (kurz: BH) als Wasserrechtsbehörde erster Instanz ersuchte, die Beeinträchtigung seiner Wasserversorgungsanlage durch die Errichtung der Wasserversorgungsanlagen der Mitbeteiligten festzustellen und Schutzanordnungen gemäß §§ 34, 98 und 138 WRG 1959 zu treffen.
Mit (dem erstinstanzlichen) Bescheid der BH vom 26. Februar 1986 wurden die Anträge des Beschwerdeführers abgewiesen; gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten (kurz: LH) vom 9. Dezember 1986 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit dem vorzitierten hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1987 wurde der Bescheid des LH vom 9. Dezember 1986 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Mit Ersatzbescheid des LH vom 26. August 1987 wurde sodann der Bescheid der BH vom 26. Februar 1986 gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die BH zurückverwiesen.
Die BH wies in der Folge mit Bescheid vom 18. März 1991 gemäß den §§ 34 Abs. 1 und 138 Abs. 1 WRG 1959 "die Beschwerden und Anträge" des Beschwerdeführers betreffend die Beeinträchtigung seiner Wasserversorgungsanlage durch die Wasserversorgungsanlagen der Mitbeteiligten und durch andere, von Dritten gesetzte Maßnahmen ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Mai 1991 zunächst Berufung an den LH und stellte in weiterer Folge, weil der LH seiner Entscheidungspflicht nicht innerhalb von sechs Monaten nachgekommen sei, mit Devolutionsantrag vom 19. Juli 1994 den Antrag auf Übergang der Entscheidungszuständigkeit an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (kurz: BM), eingelangt bei der angerufenen Behörde am 22. Juli 1994.
Mit Bescheid vom 18. März 2002 entschied der BM über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BH vom 18. März 1991 wie folgt:
"Anlässlich der Berufung und des Devolutionsantrages von Herrn Beschwerdeführer (...) wird:
I. in Stattgebung der Berufung Herrn Erstmitbeteiligter gemäß § 138 Abs. 1 WRG in Verbindung mit §§ 66 Abs. 4 und 73 AVG aufgetragen das ehemals (auf Gst. Nr. 82/4 und Nr. 35/3, beide KG T.) bestandene Zulaufrohr wieder zu installieren.
II. der Antrag auf Erlassung eines Schutzgebietes gemäß § 66 Abs. 4 und 73 AVG abgewiesen.
III. in Stattgebung der Berufung Herrn Erstmitbeteiligter gemäß § 138 Abs. 2 WRG (iVm §§ 66 Abs. 4 und 77 AVG) aufgetragen, binnen 6 Monaten um wasserrechtliche Bewilligung für seine Wasserversorgungsanlage auf Gst. Nr. 70/2 und 72/3, beide KG T., anzusuchen oder die vorhandenen Anlagenteile zu entfernen.
IV. bezüglich der Entscheidung über den Antrag auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages gemäß § 138 WRG, betreffend die Beeinträchtigung der Quelle des Berufungswerbers (= Beschwerdeführer) samt Teich (Gst. Nr. 83/4 und 86/3) durch die WVA P. (Gst. Nr. 70/2 und 72/3), alle KG T., der oben genannte Bescheid (= Bescheid der BH vom 18. März 1991) gemäß §§ 66 Abs. 2 in Verbindung mit 73 AVG aufgehoben und zur neuerlichen Durchführung eines Verwaltungsverfahrens und Erlassung eines Bescheides an die Behörde der ersten Instanz zurückverwiesen.
V. die Entscheidung über die Berufung bezüglich der Kosten einem eigenem Kostenbescheid vorbehalten."
Mit einem weiteren, an den LH gerichteten und am 14. Juni 2004 bei diesem eingelangten Devolutionsantrag vom 12. Juni 2004 begehrte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf die angerufene Behörde, wobei er (u.a.) vorbrachte, dass seit der Zurückverweisung des Verfahrens an die BH mit Bescheid des BM vom 18. März 2002 wieder mehr als zwei Jahre vergangen seien, ohne dass die darin angeführten Spruchpunkte I, III und IV erledigt worden seien.
Weil auch über diesen Devolutionsantrag nicht innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist entschieden wurde, stellte der Beschwerdeführer einen an den BM gerichteten , am 7. Jänner 2005 bei diesem eingelangten Devolutionsantrag vom 4. Jänner 2005 und begehrte den Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf den BM.
Mit Bescheid des LH vom 20. Jänner 2005 wurde der Devolutionsantrag vom 12. Juni 2004 als unzulässig zurückgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass kein Antrag des Beschwerdeführers offen sei.
Gegen diesen Bescheid des LH erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Februar 2005 Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Oktober 2005 wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung wird u. a. ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch den Bescheid des LH nicht in seinem Recht auf Sachentscheidung im Sinne des § 73 AVG verletzt worden sei. Es sei aktenkundig, dass das ehemals auf Gst. Nr. 82/4 und 35/3 bestandene Zulaufrohr wieder in Stand gesetzt und somit Spruchpunkt I des Bescheides des BM vom 18. März 2002 erfüllt worden sei. Spruchpunkt III sei ebenfalls erfüllt worden, habe der Erstmitbeteiligte doch um eine wasserrechtliche Bewilligung angesucht und sei das wasserrechtliche Verfahren bereits eingeleitet, wenn auch noch nicht abgeschlossen worden. Dem Beschwerdeführer komme überdies kein Anspruch zu, eine allfällige Säumigkeit des Verfahrens (Verletzung der Entscheidungspflicht) geltend zu machen. Dem BM sei es daher verwehrt, inhaltlich über das Vorbringen bescheidmäßig abzusprechen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Die Mitbeteiligten haben sich trotz gebotener Gelegenheit am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 73 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, hinsichtlich des Abs. 1 auch in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 65/2002, lautet samt Überschrift:
"Entscheidungspflicht
§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.
(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht dann, wenn die Voraussetzungen für einen Devolutionsantrag vorliegen, also der Bescheid nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erlassen worden ist, mit dem Einlangen des Antrages bei der Oberbehörde die Zuständigkeit zur Entscheidung über den zugrundeliegenden Antrag auf diese Behörde über; ein nach diesem Zeitpunkt durch die Unterbehörde erlassener Bescheid ist infolge Unzuständigkeit dieser Behörde, unabhängig davon, ob sie tatsächlich schuldhaft säumig im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG war, rechtswidrig, es sei denn, der Devolutionsantrag wäre nach dieser Gesetzesstelle bereits vor der Bescheiderlassung rechtskräftig abgewiesen worden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. April 1990, VwSlg. 13.163 A/1990, m.w.N.).
Der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 4. Jänner 2005 ist - wie sich auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt - bei der belangten Behörde am 7. Jänner 2005 eingelangt. Unbestritten ist, dass der LH über den bei ihm am 14. Juni 2004 eingelangten Devolutionsantrag bis zu diesem Zeitpunkt (7. Jänner 2005) nicht entschieden hatte. Vielmehr erging eine Entscheidung des LH über den Devolutionsantrag erst mit Bescheid vom 20. Jänner 2005, welcher dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt (Beginn der Abholfrist laut Rückschein: 28. Jänner 2005) zugestellt wurde.
Da die allgemeinen Voraussetzungen für den (2.) Devolutionsantrag vom 4. Jänner 2005, nämlich die Nichterlassung eines Bescheides durch die Unterbehörde innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Monaten, vorlagen, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung ab dem Einlangen dieses Antrages bei der Oberbehörde auf diese übergegangen. Die Unterbehörde (der LH) war daher mangels Zuständigkeit nicht mehr befugt, mit Bescheid vom 20. Jänner 2005 über die Zulässigkeit des ursprünglichen Devolutionsantrages vom 12. Juni 2004 zu entscheiden.
Im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur wäre daher dieser von der unzuständigen Behörde erlassene Bescheid vom 20. Jänner 2005, der Gegenstand der Berufung und des nunmehr angefochtenen Bescheides vom 27. Oktober 2005 war, infolge Unzuständigkeit des LH aufzuheben gewesen. Da die belangte Behörde jedoch die Unzuständigkeit der Unterbehörde nicht beachtete und die Berufung gegen den Bescheid des LH vom 20. Jänner 2005 abwies, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Festzuhalten ist, dass eine säumige Behörde nur dann wieder zur Entscheidung zuständig wird, wenn die im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG angerufene Oberbehörde das Begehren auf Übergang der Entscheidungspflicht (rechtskräftig) bescheidmäßig ablehnt, weil die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der säumigen Behörde zurückzuführen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1968, Zl. 163/68).
Ein solcher Fall einer neuerlichen Zuständigkeit des LH zur Entschidung über den ursprünglichen Devolutionsantrag vom 12. Juni 2004 liegt hier aber nicht vor. Der LH war daher im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 20. Jänner 2005 auch nicht wieder zuständig, über die Frage der Zulässigkeit dieses ursprünglichen Devolutionsantrages zu entscheiden.
Für das weitere Verfahren sei darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde nach dem gerade Gesagten über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des LH vom 20. Jänner 2005 im Sinne einer Aufhebung wegen Unzuständigkeit neu zu entscheiden und auch den Devolutionsantrag vom 4. Jänner 2005 rechtlich zu beurteilen haben wird.
Ferner wird insbesondere auch auf den in Spruchpunkt IV des Bescheides der belangten Behörde vom 18. März 2002 genannten wasserpolizeilichen Auftrag nach § 138 WRG 1959 Bedacht zu nehmen sein, zumal dieser gleichfalls Gegenstand des Devolutionsantrages war.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Aufgrund dieses Ergebnisses erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen betreffend die geltend gemachten Verfahrensmängel näher einzugehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 27. November 2008
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