VwGH 2005/07/0133

VwGH2005/07/013324.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde der E K in L, vertreten durch Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Schillerstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 22. Juli 2005, Zl. Senat-AM-04-0147, bettreffend Übertretung nach dem AWG 2002 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AWG 2002 §73 Abs1;
AWG 2002 §73 Abs7;
AWG 2002 §79 Abs2 Z21;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VVG §10 Abs2 Z1;
AVG §66 Abs4;
AWG 2002 §73 Abs1;
AWG 2002 §73 Abs7;
AWG 2002 §79 Abs2 Z21;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VVG §10 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft A (kurz: BH) vom 23. Februar 2004 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 73 Abs. 1 und 7 AWG 2002 aufgetragen, in spätestens zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides die auf Grundstück Nr. 2882/1, KG T., gelagerten Abfälle nachweislich und ordnungsgemäß zu entsorgen. Im Wesentlichen handelt es sich um folgende Abfälle:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/07/0130, verwiesen.

Gemäß § 79 Abs. 2 Z. 21 AWG 2002 in der Stammfassung BGBl. Nr. 102/2002 begeht derjenige, der Aufträge oder Anordnungen gemäß § 71, § 73, § 74 oder § 83 Abs. 3 nicht befolgt, - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis

7.270 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von

1.800 EUR bedroht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Berufungsbehörde verpflichtet, insoweit, als der Bescheidabspruch erster Instanz fehlerhaft ist, dies in ihrem Abspruch (und nicht bloß in der Begründung ihrer Entscheidung) zu ergänzen bzw. richtig zu stellen, weil sie sonst ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, S. 825, unter E. 537 zu § 44a VStG angeführte hg. Judikatur).

Was zunächst die Berichtigung der Tatzeit anlangt, so handelt es sich dabei um eine Einschränkung des Beginns des Tatzeitraumes um einen Tag, durch die die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt werden kann. Von einem "anderen Sachverhalt" als im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses kann keine Rede sein. Es ist daher auch nicht die in der Beschwerde gerügte Verfolgungsverjährung eingetreten.

Bei einer Übertretung nach § 79 Abs. 2 Z. 21 AWG 2002 i. d.g.F. ("wer Aufträge oder Anordnungen gemäß § 71, § 73, § 74 oder § 83 Abs. 3 nicht befolgt ...") handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt in Form eines Dauerdeliktes, bei dem das verpönte strafbare Verhalten erst mit der Beendigung des rechtswidrigen Zustandes aufhört.

Entgegen den Beschwerdeausführungen steht der nunmehrigen Bestrafung der Beschwerdeführerin auch nicht die im Instanzenzug erfolgte Bestrafung der Beschwerdeführerin nach § 79 Abs. 2 Z. 21 AWG 2002 für einen anderen Zeitraum, nämlich vom 20. Dezember 2003 bis 26. Februar 2004 (siehe hiezu das vorgenannte hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/07/0130) entgegen. Es liegt daher keine unzulässige Doppelbestrafung vor.

Es trifft auch nicht zu, dass die Bestrafung der Beschwerdeführerin als "gewerberechtlich Verantwortliche" erfolgt ist; vielmehr wurde ihr die in Rede stehende Verwaltungsübertretung "als gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätige Person" zur Last gelegt, womit der Spruch einen Hinweis auf die Strafbarkeit nach § 79 Abs. 2 letzter Teilsatz AWG 2002 enthält. Die Beschwerdeführerin vermag daher mit diesem Hinweis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzulegen, zumal während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, dass eine andere Person (z.B. ein abfallrechtlicher Geschäftsführer oder ein verantwortlicher Beauftragter) - und nicht die Beschwerdeführerin selbst - für die gegenständliche Verwaltungsübertretung zur Verantwortung zu ziehen wäre. Es ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu ersehen, dass der Beschwerdeführerin - noch dazu bei einem in Bezug auf die Verantwortlichkeit unverändert gebliebenen Spruch - ein unzulässiger neuer Tatvorwurf gemacht worden wäre.

Mit den allgemeinen Hinweisen, es würden hinsichtlich der Mengen und der "Örtlichkeit des Vorwurfes" Unklarheiten bestehen und es bestünden "diverse Widersprüche" bezüglich der "vorgeworfenen Mengen und Materialien", wird nicht konkret aufgezeigt, worin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides gegeben sein sollte. Dass sich der Zeuge Ing. S. bei seiner Einvernahme im Zuge der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde nicht mehr genau daran erinnern konnte, ob er allenfalls noch zu weiteren Zeitpunkten während des Tatzeitraumes Erhebungen betreffend das Betriebsgelände der Beschwerdeführerin durchgeführt hat, und auch keine konkreten Mengen bezüglich allenfalls im Jahre 2004 weggebrachter Abfälle angeben konnte, zeigt für sich allein keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, zumal sich die belangte Behörde insbesondere auch auf die bei den Kontrollen angefertigten Fotodokumentationen und Berichte im Rahmen der Beweiswürdigung stützen konnte.

Die Beschwerde vermag im Hinblick auf den im Titelbescheid der BH vom 23. Februar 2004 erfolgten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht einsichtig darzulegen, weshalb es sich dabei nur um einen "vorläufigen Anordnungsbescheid" handeln sollte, der für einen Tatvorwurf nach § 5 VStG nicht ausreichend sei.

Unzulässig wäre die Bestrafung der Beschwerdeführerin allerdings dann gewesen, wenn sich der Sachverhalt gegenüber jenem, der der Erlassung des Titelbescheides zugrunde lag, vor dem ihr zur Last gelegten Tatzeitraum wesentlich geändert hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2005, Zl. 2005/07/0085).

Wenn ein Bescheid wegen einer maßgeblichen Änderung des Sachverhaltes nicht mehr vollstreckt werden darf, dann bedeutet dies, dass die mit ihm getroffenen Anordnungen nicht mehr gelten, solange die Vollstreckung unzulässig ist. Es darf daher auch die Nichtbefolgung dieses Bescheides nicht bestraft werden (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2005 m.w.N.).

Entgegen den Beschwerdeausführungen konnte die belangte Behörde aufgrund der Zeugenaussagen des Ing. S. (technische Gewässeraufsicht) in Verbindung mit den bei den jeweiligen Kontrollen gemachten Aufnahmen und Berichten sehr wohl feststellen, dass sich hinsichtlich der unterlassenen Erfüllung des Titelbescheides während des gesamten Tatzeitraumes nichts Wesentliches änderte. Daran vermag auch die Behauptung, dass Abfälle während des Tatzeitraumes entsorgt worden seien, nichts zu ändern, zumal vom Zeugen Ing. S. ein im Wesentlichen unveränderter Zustand dokumentiert werden konnte.

Da die belangte Behörde im Hinblick auf die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nur die Unterlassung des ihr gemäß § 73 AWG 2002 erteilten Auftrages zu prüfen hatte, kam es auch nicht darauf an, ob dieser Auftrag etwa eine "Entfernungsanordnung" enthalten durfte oder nicht. Abgesehen davon sei angemerkt, dass die Behörde nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 dem Verpflichteten "die erforderlichen Maßnahmen, einschließlich der Untersagung des rechtswidrigen Handelns;" mit Bescheid aufzutragen hat.

Es trifft auch nicht zu, dass vom Gesetz nach § 79 Abs. 2 Z. 21 AWG 2002 "ein Verstoß gegen § 73" leg. cit. pönalisiert wird, sondern es kommt - wie bereits dargelegt - auf die unterlassene Befolgung u.a. der nach § 73 leg. cit. getroffenen Anordnungen und Aufträge an. Es war daher von der Behörde auch nicht zu prüfen, ob ein allfälliger Entfernungsauftrag allenfalls auf das WRG 1959 oder die GewO 1994 gestützt werden könnte.

Die Beschwerde entfernt sich von dem in den vorgelegten Verwaltungsakten dokumentierten Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, wenn behauptet wird, das Beweisverfahren habe "im Zusammenhang mit den Vorwürfen keinen ausreichenden Anhaltspunkt" ergeben. Viel mehr konnte von der belangten Behörde in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung festgehalten werden, dass der nach § 73 AWG 2002 erteilte Auftrag eben während des gesamten Tatzeitraumes nicht erfüllt wurde. Es kann angesichts der vorgenommenen Beweiswürdigung auch keine Rede sein, dass die belangte Behörde die tatsächlich vorgelegten Beweismittel und Aussagen vollständig unbeachtet gelassen habe. Die Beschwerde vermag ferner nicht einsichtig darzulegen, weshalb die vorgelegten Aktenvermerke und Fotobelege nicht geeignet seien, die Verantwortung der Beschwerdeführerin zu widerlegen. Es wird darüber hinaus nicht konkret dargetan, weshalb es wesentlich sein sollte, dass (nicht näher genannte) "Materialien" (Abfälle) in den Entfernungsauftrag aufgenommen worden seien, die nach Behauptung der Beschwerdeführerin nicht mehr existent gewesen sein sollen.

Angesichts des gegenüber der Beschwerdeführerin nach § 73 AWG 2002 erlassenen Auftrages, kam es schließlich auch nicht darauf an, ob allenfalls andere Personen (Vormieter, Grundeigentümer) diese Abfälle auf dem in Rede stehenden Grundstück tatsächlich gelagert und bearbeitet haben. Es kann daraus vor allem kein mangelndes Verschulden der Beschwerdeführerin abgeleitet werden, zumal sich der Beseitigungsauftrag ausschließlich an die Beschwerdeführerin richtete und diese daher verpflichtet gewesen wäre, dem Auftrag nachzukommen. Es war von der Behörde auch nicht zu prüfen, ob es sich bei den im Beseitigungsauftrag enthaltenen Abfällen - wie in der Beschwerde behauptet wird - um "Materialien" gehandelt habe, die lediglich "kurzzeitig für einen Weitertransport an Ort und Stelle" gelagert gewesen seien. Angemerkt sei, dass es sich dabei aufgrund der den Verwaltungsakten zuliegenden Fotodokumentation um nicht nur kurzfristig gelagerte und für den Weitertransport bereit gehaltene Abfälle gehandelt haben konnte.

Ferner liegt auch kein wesentlicher Verfahrensmangel darin, dass die belangte Behörde die in der Beschwerde erwähnte ergänzende Einvernahme der Zeugen J. K. jun. und sen. zu den von der Beschwerdeführerin vorgelegten "Rechnungsbelegen über Materialentsorgung" unterließ, zumal ein solcher Beweisantrag im Zuge des Berufungsverfahrens von der Beschwerdeführerin nicht gestellt wurde und der von der belangten Behörde einvernommene Zeuge J. K. sen. lediglich allgemein aussagen konnte, dass kontaminiertes Material auf einen eigenen LKW aufgeladen und abtransportiert worden sei und er "vermute", dass es hierüber Rechnungen vom Inhaber der Deponie gebe. Unter diesen Umständen bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung zur ergänzenden Einvernahme der genannten Zeugen zur Frage des näheren Inhaltes der vorgelegten Rechnungen eines Deponiebetreibers.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff. VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II. Nr. 333/2003.

Wien, am 24. April 2008

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