Normen
StGG Art5;
VwGG §21 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WRG 1959 §60 Abs1 litc;
WRG 1959 §63;
WRG 1959 §70 Abs2;
StGG Art5;
VwGG §21 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WRG 1959 §60 Abs1 litc;
WRG 1959 §63;
WRG 1959 §70 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. Jänner 1962 wurde der Stadt L gemäß §§ 38, 100, 114 und 115 WRG 1959 nach Maßgabe des in Abschnitt A dieses Bescheides beschriebenen Projektes und unter den in Abschnitt B enthaltenen Bedingungen die wasserrechtliche Bewilligung zum Ausbau eines zweiten Tankhafenbeckens (Tankhafen West) erteilt.
Mit Bescheid vom 13. Juli 1963 verfügte der Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) gegenüber den Ehegatten L und A S (den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin) eine Enteignung.
Spruchabschnitt I dieses Enteignungsbescheides lautet:
"I. Enteignung:
Zur Ausführung des zum bevorzugten Wasserbau erklärten und w. r. behördlich bewilligten Tankhafenbeckens 'West' werden gemäß §§ 60, 65, 114 WRG 1959, BGBl. Nr. 215, die im bücherlichen Eigentum der Ehegatten L und A S in L stehenden und in der Grundbuchseinlagezahl 22, KG M, vorgetragenen Grundstücke Nr. 694, Garten, i.A.v. 11.288 m2, sowie aus der Parzelle Nr. 718/1, Garten, ein Teil i.A.v. 1.457 m2, aus der Parzelle Nr. 720, Acker, ein Teil i.A.v. 120 m2 und aus der Parzelle Nr. 721/1, Acker, ein Teil i.A.v. 129 m2, insgesamt 12.991 m2, lastenfrei zugunsten der Stadtgemeinde L enteignet."
Spruchabschnitt II enthält den Ausspruch über die Entschädigung.
Dieser Bescheid wurde auf Grund einer Berufung der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Höhe der Entschädigung mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 9. September 1964 abgeändert.
Mit Eingabe vom 18. Mai 1988 stellte A S sen. (auch als Gesamtrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Mannes L S) beim LH einen Antrag auf Feststellung, dass mit Bescheid des LH vom 13. Juli 1963 enteignete Grundparzellen nicht zu dem Zweck verwendet worden seien, für den sie enteignet wurden, sowie auf Aufhebung dieses Enteignungsbescheides. Dieser Antrag wurde in der Folge mehrfach modifiziert.
Nach dem Tod von A S sen. trat die Beschwerdeführerin als ihre Gesamtrechtsnachfolgerin in das anhängige Verwaltungsverfahren ein.
Mit Bescheid vom 9. Mai 2001 entschied der LH über die anhängigen Anträge wie folgt:
"I. Den Anträgen von (Beschwerdeführerin) vom 27.04.1995 bzw. in der modifizierten Form vom 09.09.1998 wird Folge gegeben und damit
1. festgestellt, dass die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 13.07.1963, Wa-1072/2-1963/Sta, den Ehegatten L und A
S enteigneten Grundparzellen, und zwar die damals der EZ. 22, KG M, vorgetragenen Grundparzellen Nr. 694, Garten, sowie Teile der Gste Nr. 718/1, Garten, 720, Acker, und 721/1, Acker, KG M, nicht zu dem Zweck verwendet wurden, für den im Wasserrechtsgesetz die Enteignung vorgesehen ist und werden
2. der Bescheid des Landeshauptmannes von Oö vom 13.07.1963, Wa-1072/2-1963/Sta, und der Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 09.09.1964, Zl. 96.526/47-65365/64, aufgehoben.
II. Der Antrag von (Beschwerdeführerin) vom 07.06.1996 auf Rückübereignung der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö vom 13.07.1963, Wa-1072/2-1963/Sta, enteigneten Grundparzellen auf Rechtsgrundlage des § 70 Abs. 2 WRG 1959 gegen angemessene Entschädigung nach § 117 WRG 1959 wird abgewiesen."
Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufung.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2003 änderte die belangte Behörde auf Grund der Berufungen der mitbeteiligten Parteien den erstinstanzlichen Bescheid in den Spruchpunkten I.1. und I.2. wie folgt:
"I.
Den Anträgen von (Beschwerdeführerin) vom 27.04.1995 bzw. in der modifizierten Form vom 09.09.1998 wird Folge gegeben und damit
1) festgestellt, dass die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13.07.1963, Wa-1072/2-1963/Sta, den Ehegatten L und A S enteigneten Grundparzellen, und zwar damals der EZ 22, KG M, vorgetragenen Grundparzellen Nr. 694, Garten, sowie Teile der Gst. Nr. 718/1, Garten, 720, Acker und 721/1, Acker, KG M, teilweise nicht zu dem Zweck verwendet wurden, für den im Wasserrechtsgesetz die Enteignung vorgesehen ist und werden
2) der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13.07.1963/Sta, und der Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 09.09.1964, Zl. 96.526/47-65325/64, insoweit aufgehoben, als es sich um Grundstücke und Grundstücksteile handelt, die zweckfremd enteignet wurden. Das sind:
a) 7619 m2 aus dem enteigneten Gst. 694 als Teil der Grundfläche des Fernheizkraftwerkes
b) 87 m2 des über die Stadt L an die P-AG übergegangenen Teils des enteigneten Gst. 694."
In der Begründung wird zunächst in einzelne Punkte gegliedert das Berufungsvorbringen wiedergegeben; im Anschluss daran setzt sich die belangte Behörde Punkt für Punkt mit den einzelnen Berufungspunkten auseinander.
Die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren relevanten Berufungspunkte stellt die belangte Behörde wie folgt dar:
"3. Im Spruchteil I./1. des angefochtenen Bescheides beschränke sich bei der Feststellung und Beschreibung der Grundstücke und Grundstücksteile, die zweckwidrig enteignet worden seien, auf die Wiedergabe der im Enteignungsbescheid vom 13.07.1963 angeführten Grundstücke/teile, jedoch ohne Ausführung des jeweiligen Flächenausmaßes. Die Antragstellerin selbst habe in ihrem Antrag vom 18.05.1988 ausgeführt, dass jene enteigneten Grundstücke, die für den Ausbau der I-zeile und der Nstraße verwendet wurden, eine dem Enteignungszweck entsprechende Verwendung gefunden haben, sei die Feststellung im Spruchteil I.1. des angefochtenen Bescheides sachlich unzutreffend und mangels genauer Beschreibung und Konkretisierung jener Grundflächen, die tatsächlich nach Ansicht der Behörde zweckwidrig verwendet wurden, ungeeignet als Grundlage für die Entscheidung herangezogen zu werden.
4. Der Enteignungsbescheid umfasse Grundstücke, die zweckwidrig und zweckmäßig verwendet wurden. Weiters sei ein Teil der damals enteigneten Grundstücke von der Antragstellerin mit Kaufvertrag vom 21.08.1980 zurückgekauft worden bzw. mit Rückstellungsvertrag vom 06.04.1982 an diese zurückgestellt worden. Die Aufhebung des gesamten Enteignungsbescheides sei daher nicht zulässig."
Auf diese beiden Punkte des Berufungsvorbringens der mitbeteiligten Parteien antwortet die belangte Behörde mit folgenden Ausführungen:
"ad 3.
Die Bezeichnung der Grundstücke im Bescheid vom 9.5.2001, Zl. Wa202223/47-2001-Schü/Ram, der belangten Behörde war unpräzise. In diesem wurde auf den Bestand zum Zeitpunkt der Enteignung abgestellt und bis dato erfolgte Abänderungen und Grundstücksübertragungen nicht beachtet. Mit Kaufvertrag vom 21.08.1980 hat A S jun. von der Stadt L 325 m2 aus Gst. 721/6 gekauft, mit Rückstellungsvertrag vom 06.04.1982/03.05.1982 wurden A S sen. 434 m2 aus Gst. 721/6 zurückgestellt, 12 m2 wurden gekauft, die nicht aus der Enteignung stammten. Weiters kaufte A S jun. von der Stadt L 633 m2 aus dem Gst. 721/6. Diese von A S gemachten Angaben wurden von der Unterinstanz als richtig festgestellt und blieb auch unangefochten.
ad 4.
Dem Enteignungszweck wurden folgende Grundstücke bzw. Grundstücksteile nicht zugeführt:
7619 m2 | im derzeitigen Gst. 691/1 | im Eigentum der E | früher Gst. 694 |
87 m2 | im derzeitigen Gst. 702/29 | im Eigentum der P- AG | früher Gst. 694 |
Dies ist aus den Unterlagen von D.I. M K (Beilage ./2) ersichtlich und wurde vom ho. Amtssachverständigen bestätigt. Alle anderen Grundstücke oder Grundstücksteile die am 13.7.1963 enteignet wurden sind entweder schon im Besitz der Berufungswerberin oder wurden dem Enteignungszweck zugeführt indem auf ihnen Straßen errichtet wurden (N-straße und I-zeile)."
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Dieser lehnte mit Beschluss vom 29. November 2004, B 1152/03- 12, ihre Behandlung ab und trat sie mit Beschluss vom 24. Jänner 2005, B 1152/03-14, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, dass festgestellt werde, dass die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Juli 1963 enteigneten Grundparzellen, und zwar die damals der EZ 22, KG M, vorgetragenen Parzellen 694, Garten, sowie Teile der Grundstücke 718/1, Garten, 720, Acker, und 721/1, Acker, zur Gänze nicht zu dem Zweck verwendet wurden, für den im WRG 1959 die Enteignung vorgesehen sei, sowie in dem Recht, dass der erwähnte Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich zur Gänze infolge Nichtverwirklichung des seinerzeitigen Enteignungszweckes aufgehoben wird.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde habe den (konkludent) abweisenden Teil ihres Bescheides damit begründet, dass ein Teil der enteigneten Grundstücke für den Enteignungszweck verwendet worden sei. Dies sei unzutreffend. Eine Enteignung für Straßen sei im Enteignungsbescheid nur für Straßen im Tankhafengebiet erfolgt. Die von der belangten Behörde erwähnten Straßen lägen aber nicht im Tankhafengebiet. Der Enteignungsbescheid müsse aber auch insoweit aufgehoben werden, als die enteigneten Grundstücke der Beschwerdeführerin zurückverkauft worden seien, da auch insoferne durch die mehr als 30 Jahre aufrecht gewesene Enteignung eine Rechtsverletzung vorliege, deren Feststellung die Beschwerdeführerin für die vor den Zivilgerichten geltend zu machenden Schadenersatzansprüche benötige.
In dem der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorangegangenen Verfahren sei das Recht der Beschwerdeführerin auf Parteiengehör verletzt worden, weil ihr trotz eines diesbezüglichen Antrages die Berufungen der mitbeteiligten Parteien nicht zugestellt worden seien. Hätte die Beschwerdeführerin zu diesen Berufungen Stellung nehmen können, so hätte sie die belangte Behörde darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei den gebauten Straßen um öffentliche Straßen im Sinne des oberösterreichischen Landesstraßengesetzes handle und nicht um Straßen im Tankhafengebiet.
Die belangte Behörde habe das Feststellungsbegehren der Beschwerdeführerin teilweise unerledigt gelassen, weil sie nur festgestellt habe, dass die enteigneten Grundstücke teilweise nicht zu dem Zweck verwendet worden seien, für den im WRG 1959 die Enteignung vorgesehen sei. Das darüber hinaus gehende Begehren der Beschwerdeführerin sei nicht bzw. nur mangelhaft erledigt worden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die erstmitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, die Beschwerde zurück-, allenfalls abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die erstmitbeteiligte Partei bestreitet die Rechtzeitigkeit der Beschwerde mit der Begründung, die Beschwerdeführerin sei im Berufungsverfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen. Die Beschwerdefrist habe daher mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Beschwerdeführerin selbst am 8. Juli 2003 zu laufen begonnen. Die am 25. August 2003 beim Verfassungsgerichtshof eingelangte Beschwerde sei daher verspätet.
Entgegen der Behauptung der erstmitbeteiligten Partei war die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren anwaltlich vertreten. Diese Vertretung galt auch für das Berufungsverfahren. Die Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Beschwerdeführerin selbst setzte daher die Beschwerdefrist nicht in Gang, sondern erst das Einlangen des Bescheides bei den Rechtsvertretern der Beschwerdeführerin am 14. Juli 2003. Die Beschwerdefrist endete somit am 25. August 2003. Die am 22. August 2003 zur Post gegebene Beschwerde ist daher rechtzeitig.
Die erstmitbeteiligte Partei meint weiters, die Beschwerde sei zurückzuweisen, weil als belangte Behörde die Republik Österreich bezeichnet sei.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt es keinen Grund für die Zurückweisung der Beschwerde dar, wenn in ihr als belangte Behörde der Hilfsapparat der belangten Behörde bezeichnet ist, wenn bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation die belangte Behörde zu erkennen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, 85/18/0078, VwSlg 12.088/A, u.a.).
Das Gleiche gilt für den vorliegenden Fall, wo die Beschwerdeführerin als belangte Behörde die Republik Österreich bezeichnet hat, da aus dem angefochtenen Bescheid eindeutig hervorgeht, dass belangte Behörde der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist.
Die Beschwerde ist somit zulässig.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid wurde die Aufhebung des Enteignungsbescheides des LH ohne Einschränkung verfügt.
Im angefochtenen Bescheid wird demgegenüber eine Einschränkung der Aufhebung vorgenommen.
Der angefochtene Bescheid enthält im Punkt 1 die Feststellung, dass die mit Bescheid des LH vom 13. Juli 1963 enteigneten Flächen teilweise nicht zu dem Zweck verwendet wurden, für den im Wasserrechtsgesetz die Enteignung vorgesehen ist.
Im Punkt 2 des angefochtenen Bescheides wird der Enteignungsbescheid des LH (nur) insoweit aufgehoben, als es sich um Grundstücke und Grundstücksteile handelt, die zweckfremd enteignet wurden.
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht hervor, dass die belangte Behörde der Auffassung war, alle übrigen, nicht im angefochtenen Bescheid genannten, vom Enteignungsbescheid erfassten Flächen seien entweder dem Enteignungszweck zugeführt worden (Straßenbau) oder sie stünden bereits wieder im Eigentum der Beschwerdeführerin.
Dass der Enteignungszweck auch die Errichtung von Straßen umfasste und dass die tatsächlich errichteten Straßen auch dem Enteignungszweck dienten, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Eine entsprechende Begründung wäre aber schon deswegen erforderlich gewesen, weil die Erstbehörde vom Gegenteil ausging. Sie vertrat nämlich die Auffassung, dass die enteigneten Flächen, soweit sie für den Straßenbau verwendet wurden, nicht dem Enteignungszweck zugeführt worden seien.
Die Beschwerdeführerin hatte im Berufungsverfahren keine Möglichkeit, zu der Annahme der belangten Behörde, ein Teil der enteigneten Flächen sei dem Enteignungszweck durch Errichtung von Straßen zugeführt worden, Stellung zu nehmen. Es kann daher auch das Vorbringen in der Beschwerde, dass dies nicht der Fall sei, nicht als unzulässige Neuerung angesehen werden und es kann dieses Vorbringen auch nicht widerlegt werden.
Dass ein Teil der enteigneten Flächen sich bereits wieder im Eigentum der Beschwerdeführerin befindet, wird von dieser nicht bestritten. Sie meint aber, dies ändere nichts an ihrem Anspruch auf Aufhebung des diesbezüglichen Teiles des Enteignungsbescheides, weil sie nur durch eine solche Aufhebung in die Lage versetzt werde, auch Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes muss im Falle der Nichtverwirklichung des als Enteignungsgrund normierten wesentlichen Zwecks - bei Fehlen besonderer Regelungen -
die Verfügung der Enteignung in der Weise rückgängig gemacht werden, dass der Enteignungsbescheid aufgehoben wird (vgl. VfSlg 8981/1980, u.a.).
Die Rückgängigmachung der Enteignung kann, muss sich aber nicht darin erschöpfen, dass dem Enteigneten wieder das Eigentum am Enteignungsgegenstand verschafft wird. Mit der Enteignung können auch sonstige Nachteile verbunden sein, die nur durch eine Aufhebung des Enteignungsbescheides beseitigt werden können bzw. kann die Aufhebung des Enteignungsbescheides die Grundlage für die Beseitigung solcher Nachteile sein.
Nur wenn feststünde, dass eine Nichtaufhebung (auch) jener Teile des Enteignungsbescheides, die sich auf Grundstücke oder Grundstücksteile beziehen, die bereits wieder im Eigentum der Beschwerdeführerin stehen, keine Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin hätte, könnte sie durch das Unterbleiben einer solchen Aufhebung nicht in ihren Rechten verletzt sein. Dass eine Aufhebung aber keine Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin haben könnte, kann ohne entsprechende Begründung im angefochtenen Bescheid nicht angenommen werden.
Wenn die erstmitbeteiligte Partei in der Gegenschrift darauf hinweist, dass die Beschwerdeführerin erstmals in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde von der Möglichkeit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen spricht und es sich dabei um eine unzulässige rechtliche Neuerung handle, so ist ihr zu erwidern, dass Rechtsausführungen nicht dem Neuerungsverbot unterliegen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides für die in ihm getroffene Entscheidung, den Enteignungsbescheid nur teilweise aufzuheben, nicht ausreicht. Der angefochtene Bescheid leidet daher an einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Diese wird aber überlagert durch eine Rechtswidrigkeit des Inhalts.
Die Beschwerdeführerin meint, der angefochtene Bescheid lasse einen Teil ihres Antrages unerledigt.
Entgegen dieser Auffassung ist der angefochtene Bescheid nicht dahin zu deuten, dass die belangte Behörde nur zum Teil über den Antrag der Beschwerdeführerin absprechen und den Rest unerledigt lassen wollte.
Unklar bleibt aber auf Grund der Spruchgestaltung, ob die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin teilweise abweisen wollte oder ob sie der Auffassung war, ein Teil der enteigneten Flächen sei von vornherein nicht in eine Aufhebungsentscheidung einzubeziehen gewesen, etwa weil die Beschwerdeführerin eine solche Aufhebung gar nicht angestrebt habe.
Einen ausdrücklichen Ausspruch einer (teilweisen) Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin enthält der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht.
Auch der Begründung ist nicht zu entnehmen, ob die belangte Behörde eine solche Abweisung vornehmen wollte.
Es findet sich allerdings auch keine eindeutige Aussage im angefochtenen Bescheid, die zweifelsfrei darauf schließen ließe, die belangte Behörde gehe davon aus, dass die nicht vom Aufhebungsteil ihres Bescheides erfassten enteigneten Flächen von vornherein nicht in eine Aufhebungsentscheidung einzubeziehen gewesen wären. Ein Hinweis auf ein solches der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde liegendes Vorverständnis könnte allenfalls in den Ausführungen über die unpräzise Bezeichnung der betroffenen Flächen im erstinstanzlichen Bescheid, die Angaben der Beschwerdeführerin über den Rückerwerb von Enteignungsflächen nicht berücksichtige, gesehen werden. Klarheit darüber, ob die belangte Behörde eine Teilabweisung vornehmen wollte oder ob sie davon ausging, dass ein Teil der enteigneten Flächen von vornherein nicht zum Gegenstand einer Entscheidung über die Aufhebung des Enteignungsbescheides gemacht werden durfte, ist aber auch aus diesen Berufungsausführungen nicht zu gewinnen. Es bleibt daher unklar, welche Entscheidung mit dem angefochtenen Bescheid getroffen wurde. Zwischen einer (teilweisen) Abweisung eines Antrages auf Aufhebung des Enteignungsbescheides und dem Aussparen von enteigneten Grundflächen aus einer Aufhebungsentscheidung bestehen wesentliche Unterschiede, läge doch im ersteren Fall hinsichtlich der gesamten Enteignungsflächen entschiedene Sache vor, im letzteren Fall aber nicht.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 15. September 2005
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