VwGH 2005/06/0119

VwGH2005/06/011924.10.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des PF in A, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. Februar 2005, GZ. Ve1-8-1/174-8, betreffend Aufhebung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: 1. UN in A, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, 2. Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde erteilte mit dem im gemeindebehördlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 6. August 2004 dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für den Zu- und Umbau des Einfamilienhauses des Beschwerdeführers, weiters für den Zubau eines Treppen- und Liftturmes sowie für den Ausbau des Dachgeschosses auf dem Grundstück Nr. 384/2, KG A.

Die belangte Behörde gab der dagegen von der Erstmitbeteiligten erhobenen Vorstellung mit dem angefochtenen Bescheid Folge, behob den Berufungsbescheid vom 6. August 2004 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde.

Maßgeblicher Aufhebungsgrund war, dass nach dem für das verfahrensgegenständliche Grundstück geltenden Teilverbauungsplan "Kreuzäcker" u.a. eine maximale Traufenhöhe von 6,0 m (vom tiefsten Geländeanschnitt gemessen) vorgesehen sei. Es sei eine ergänzende Beurteilung des bautechnischen Amtssachverständigen Dipl. Ing. M.S. im Vorstellungsverfahren eingeholt worden. Dieser sei zum Schluss gekommen, dass nach den Einreichunterlagen im relevanten Bereich, das heiße an der Südfassade des auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück befindlichen Einfamilienhauses des Beschwerdeführers die Höhe angehoben werde. Damit ergebe sich eine traufenseitige Wandhöhe von 7,55 m über dem ursprünglichen Gelände an der Hauskante. Die Berufungsbehörde hätte gemäß § 112 Abs. 5 i.V.m. § 112 Abs. 1 Tir. RaumordnungsG 2001 prüfen müssen, ob das eingereichte Bauansuchen der mit 6 m festgelegten traufenseitigen Wandhöhe entspreche.

In der Folge hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde den Teilverbauungsplan "Kreuzäcker" mit Genehmigung der belangten Behörde aufgehoben.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies im Hinblick auf die Aufhebung des Teilverbauungsplanes im fortgesetzten Bauverfahren die Berufung der Erstmitbeteiligten mit neuerlichem Bescheid vom 13. April 2005 gegen die in erster Instanz erteilte Baubewilligung neuerlich ab.

Die belangte Behörde wies in der Folge die dagegen von der Erstmitbeteiligten erhobene Vorstellung mit Bescheid vom 13. Juni 2005 ab.

Dagegen erhob die Erstmitbeteiligte - nach Mitteilung ihres Vertreters und der belangten Behörde - nur Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, die mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 2005, Zl. B 871/05, abgelehnt wurde.

Im Hinblick auf die angeführte Aufhebung des Teilverbauungsplanes "Kreuzäcker" und die neuerliche Erteilung der Baubewilligung für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben, gegen die die erhobenen Rechtsmittel der Erstmitbeteiligten erfolglos geblieben sind, forderte der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeführer auf, zu der Frage der allfälligen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer bejahte das Vorliegen von Gegenstandslosigkeit für den Fall, dass gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13. Juni 2005 von der Mitbeteiligten keine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sei. Weiters wurde beantragt, den Beschwerdeführer im Hinblick auf die Kosten als obsiegende Partei festzustellen. Soweit ein solcher Kostenzuspruch nicht erfolge, werde in eventu eine Kostenaufhebung im Sinne des § 58 Abs. 1 VwGG beantragt.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben, weil dem Beschwerdeführer im fortgesetzten Bauverfahren mittlerweile wieder die Baubewilligung für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben rechtskräftig erteilt wurde und die ergriffenen Rechtsmittel der Mitbeteiligten (wie eine Vorstellung und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof) erfolglos geblieben sind.

Die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit gewähren einer Partei nicht den Anspruch auf verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich, sondern nur auf die Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtsphäre der Partei fortwirkend eingreifen (vgl. den hg. Beschluss vom 30. September 2002, Zl. 2001/10/0232).

Die Beschwerde war daher wegen Wegfall des rechtlichen Interesses des Beschwerdeführers an einer Sachentscheidung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, ist über die Kosten unter Heranziehung des in § 58 Abs. 1 VwGG verankerten Grundsatzes zu entscheiden, nach dem, soweit die §§ 47 bis 56 nicht anderes bestimmen, jede Partei den ihr im Verfahren vor dem

Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat (vgl. den hg. Beschluss vom 14. Oktober 2005, Zl. 2005/05/0098).

Wien, am 24. Oktober 2006

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