VwGH 2005/02/0305

VwGH2005/02/030531.3.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des WK in L, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 7. September 2005, Zl. uvs-2005/29/1373-2, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

Fahrverbot LKW über 7500kg Reschenstraße B180 2000 §1;
Fahrverbot LKW über 7500kg Reschenstraße B180 2000 §2 litb;
KFG 1967 §37 Abs2;
KFG 1967 §40;
VStG §5 Abs2;
VwRallg;
Fahrverbot LKW über 7500kg Reschenstraße B180 2000 §1;
Fahrverbot LKW über 7500kg Reschenstraße B180 2000 §2 litb;
KFG 1967 §37 Abs2;
KFG 1967 §40;
VStG §5 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der Kostenspruch bleibt vorbehalten.

Begründung

Mit Spruchpunkt I. des im Instanzenzug ergangenen Bescheides der belangten Behörde vom 7. September 2005 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 17. Februar 2004 um 15.55 Uhr in Nauders auf der Reschenbundesstraße B-180 bei km 46,070 in Fahrtrichtung Italien als Lenker eines den Kennzeichen nach näher bestimmten Sattelkraftfahrzeuges mit über 7,5 t höchstem zulässigem Gesamtgewicht die Bestimmungen des § 52 lit. a Z. 7a StVO iVm § 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 19. Juni 2000, Zahl 3-4265 (kundgemacht im Boten für Tirol am 28. Juni 2000, Nr. 707/00), (in der Folge: VO) das Verkehrszeichen "Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge über 7,5 t höchstes zulässiges Gesamtgewicht" (geltend) auf der B-180 Reschenstraße zwischen Strkm. 0,475 im Gemeindegebiet von Zams und Strkm. 46,22 (Staatsgrenze) missachtet, obwohl die Fahrt nicht unter die Ausnahmebestimmungen der VO gefallen und er auch nicht im Besitze einer Ausnahmegenehmigung gewesen sei.

Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 52 lit. a Z. 7a StVO iVm der zitierten VO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 150,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus:

"Der Beschuldigte" (= der Beschwerdeführer) "lenkte am 17. Februar 2004 um 15.55 Uhr in Nauders auf der Reschenbundesstraße B 180 bei km 46,070 in Fahrtrichtung Italien das Sattelkraftfahrzeug samt Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen ... und ... Bei dem vom Beschuldigten gelenkten Fahrzeug handelt es sich um ein Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgesicht von mehr als 7,5 t. Auf der B 180 Reschenbundesstraße bestand zum Tatzeitpunkt von km 0,475 im Gemeindegebiet von Zams bis km 46,22 (Staatsgrenze) ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t.

Frachtführer der gegenständlichen Fahrt war die H & S T GmbH in I. Die H & S T GmbH hatte zum Tatzeitpunkt im Fahrverbotsbereich der B 180 keine Zweigniederlassung bzw. keinen Standort."

Der Beschwerdeführer sei zum Tatzeitpunkt bei der H & S T GmbH als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die Ausnahmebestimmung des § 2 lit. b der VO stelle auf Fahrten von Lastkraftfahrzeugen von Unternehmen ab, die ihren Standort entlang der B 180 Reschenstraße zwischen km 7,490 und km 46,22 hätten. Das Unternehmen, das die Fahrt durchführe, sei jedenfalls jenes Unternehmen, welches als Frachtführer in Betracht komme. Dies sei gegenständlich die H & S T GmbH mit Sitz in I, weshalb die Fahrt nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 2 lit. b der VO falle. Mangelndes Verschulden sei nicht anzunehmen, weil der Beschwerdeführer nicht vorgebracht habe, dass er sich konkret über das geltende Fahrverbot auf der Reschenbundesstraße bei der zuständigen Behörde erkundigt habe. Zudem hätte es dem Beschwerdeführer auffallen müssen, dass er als Arbeitnehmer der H & S T GmbH Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen habe, welche allesamt die U GmbH & Co KG mit Sitz in P bzw R betroffen hätten. Der angeblichen Auskunft des Dr. S (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie), dass der mitgeführte Mietvertrag gültig sei, liege ein anderer Sachverhalt zu Grunde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - soweit er diesen Spruchpunkt I. betrifft (die Entscheidung über Spruchpunkt II. bleibt dem hiefür zuständigen Senat des Verwaltungsgerichtshofes vorbehalten) - erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt den oben wörtlich wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer wendet sich im Wesentlichen gegen die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde. Dazu stützt er sich insbesondere auf einen zwischen dem (belgischen) Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Sattelzugfahrzeuges und der U GmbH & Co KG, welche einen Unternehmensstandort in P (sohin entlang der B 180) habe, geschlossenen Mietvertrag, weshalb die Fahrt unter die Ausnahme des § 2 lit. b der VO falle, und auf mehrere zur Gültigkeit dieses Mietvertrages eingeholte Rechtsauskünfte, wodurch ihn auch kein Verschulden treffe. An diese Rechtsansicht knüpft der Beschwerdeführer Verfahrensrügen.

Gemäß § 1 der VO ist auf der B 180 Reschen Straße von km 0,475 (Bereich Nordportal des Landecker Tunnels) bis km 46,22 (Nauders/Staatsgrenze) das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in beiden Richtungen verboten.

Nach § 2 lit. b der VO sind vom Fahrverbot des § 1 der VO ausgenommen

"Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen von Unternehmen, die ihren Standort (nach den kraftfahrrechtlichen, gewerberechtlichen und güterbeförderungsrechtlichen Bestimmungen) entlang der B 180 Reschen Straße zwischen km 7,490 (Landeck Tunnel-Südportal) und km 46,22 (Nauders/Staatsgrenze) und deren Seitentälern, ... haben."

Vorauszuschicken ist, dass Ausnahmebestimmungen grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/02/0110).

Die Ausnahmebestimmung des § 2 lit. b der VO kommt daher nur dann zum Tragen, wenn die Fahrt zu Betriebszwecken jenes Unternehmens erfolgt, das seinen Standort an den dort umschriebenen Örtlichkeiten hat und dieses Unternehmen bei der Fahrt über das Fahrzeug verfügt (wobei diese Bedingungen auch für Leerfahrten - sollten diese unter das Verbot des § 1 der VO fallen - zutreffen müssen). Eine andere Betrachtungsweise würde Umgehungsversuchen - etwa durch zivilrechtliche Konstruktionen - Tür und Tor öffnen.

Dabei ist auch zu beachten, dass der "Standort" (im vorliegenden Fall ist ein solcher "entlang der B 180" relevant) eines solchen Unternehmens nur dann die Anwendbarkeit der in Rede stehenden Ausnahmebestimmung zulässt, wenn dieser die dort angeführten "kumulativen" Voraussetzungen ("nach den kraftfahrrechtlichen, gewerberechtlichen und güterbeförderrechtlichen Bedingungen") - argum.: "und" - erfüllt. Hiezu sei zur Klarstellung gesagt, dass es sich beim "kraftfahrrechtlichen" Standort - anders als beim Rest dieses Klammerausdruckes, wo es um den Standort des "Unternehmens" geht - entsprechend dem Sinn der Vorschrift um jenen des (dauernden) Standortes des "Kraftfahrzeuges" (sohin den Ort der Zulassung - vgl. die §§ 37 Abs. 2 und 40 KFG) handelt.

Dass aber diese Voraussetzungen auf die H & S T GmbH, von der die inkriminierte Fahrt unbestrittenermaßen durchgeführt wurde, nicht zutrafen, steht außer Zweifel. Von daher gesehen ist auch den von einer verfehlten Rechtsanschauung abgeleiteten Verfahrensrügen des Beschwerdeführers der Boden entzogen.

Der Beschwerdeführer behauptet sodann "Tatbild- und Rechtsirrtum", weil er sich bei seinem "Arbeitgeber" erkundigt habe, der ihm "zugesichert" habe, dass der "Mietvertrag geschäftsmäßig gezeichnet" worden und gültig sei. Außerdem seien Auskünfte zur Frage der Gültigkeit derartiger Mietverträge eingeholt worden.

Zur Vorschrift des § 5 Abs. 2 VStG vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass auch eine irrige Gesetzesauslegung einen Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, der es unterlassen hat, Erkundigungen einzuholen, ob die von ihm zum entscheidungsrelevanten Fragenkreis vertretene Rechtsansicht zutrifft. Solche Erkundigungen haben an der geeigneten Stelle zu erfolgen, worunter im Zweifelsfall die zur Entscheidung der Rechtsfrage zuständige Behörde zu verstehen ist. Die Argumentation mit einer auch plausiblen Rechtsauffassung kann ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausschließen, vielmehr trägt das Risiko des Rechtsirrtums der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, Zl. 2001/13/0064). Der Beschwerdeführer behauptete im Verwaltungsverfahren (und auch in der Beschwerde) nicht, er habe sich hinsichtlich des gegenständlichen entscheidungsrelevanten Sachverhaltes bei der zuständigen Behörde erkundigt. Ob allenfalls Erkundigungen zur Gültigkeit des - nach dem oben Gesagten - irrelevanten Mietvertrages eingeholt wurden, kann dahingestellt bleiben, weil sie den Beschwerdeführer nicht entlasten könnten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz bleibt bis zur Entscheidung über Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides durch den hiefür zuständigen Senat des Verwaltungsgerichtshofes vorbehalten.

Wien, am 31. März 2006

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