VwGH 2004/21/0182

VwGH2004/21/018231.8.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des K, vertreten durch Mag. Felix Wallner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaiser Franz-Ring 2/7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 18. Mai 2004, Zl. Fr 851/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §68 Abs1;
EheG §23 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
EMRK Art8;
VwRallg;
ZPO §547;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
EheG §23 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
EMRK Art8;
VwRallg;
ZPO §547;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 9 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. Begründend stellte sie nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften fest, der Beschwerdeführer habe am 22. April 2002 in der Türkei mit der österreichischen Staatsangehörigen Bettina F., die den Beschwerdeführer erst an diesem Tag kennen gelernt habe, die Ehe geschlossen, um in den Genuss einer Aufenthaltsberechtigung zu kommen. Am 25. April 2002 habe der Beschwerdeführer bei der österreichischen Botschaft in Ankara und danach am 19. Dezember 2002 und am 2. Dezember 2003 in Österreich Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft" gestellt, obwohl von vornherein nicht geplant gewesen sei, ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 MRK mit Bettina F. zu führen. Die Ehe sei nicht vollzogen worden, der Beschwerdeführer habe mit seiner Ehefrau nie im gemeinsamen Haushalt gelebt. Für die Eheschließung habe er seiner Ehefrau über einen Mittelsmann einen Vermögensvorteil von S 90.000,-- bezahlt. Diese Sachverhaltsfeststellungen stütze die belangte Behörde auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der Ehefrau des Beschwerdeführers, deren Mutter sowie des genannten Mittelsmannes.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Steyr vom 28. März 2003 sei, so die belangte Behörde weiter, die Ehe des Beschwerdeführers gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden. Das Urteil sei rechtskräftig und basiere auf den Angaben der Bettina F., wonach sie den Beschwerdeführer gegen den genannten Geldbetrag geheiratet habe, damit dieser eine "Aufenthaltsbewilligung" und eine Arbeitserlaubnis erhalte und wonach sie mit dem Beschwerdeführer weder zusammengelebt noch die Ehe vollzogen habe. Nach Aussage der Bettina F. sei vereinbart gewesen, dass sie nach 12- monatiger Ehedauer die Scheidung einreichen könne. Gegen dieses Urteil habe der Beschwerdeführer eine Wiederaufnahmsklage eingebracht.

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts erachtete die belangte Behörde den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG als erfüllt und schloss aus dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Beschwerdeführers, dass dessen Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung, insbesondere auf dem Gebiet des Fremdenwesens, schwer gefährde. Bezugnehmend auf § 37 FrG führte sie aus, dass mit dem Aufenthaltsverbot ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei, zumal er Verwandte - mit denen er jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt wohne - in Österreich habe und er im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Dem gegenüber sei aber zu berücksichtigen, dass seine Integration durch die genannten Täuschungs- und Umgehungshandlungen deutlich geschmälert sei, sodass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Hinblick auf die genannte Beeinträchtigung öffentlicher Interessen im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei. In Anbetracht der genannten Umstände seien auch die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer zu gewichten als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes begründete die belangte Behörde damit, dass der Beschwerdeführer "bis zuletzt" versucht habe, seine Umgehungshandlungen fortzusetzen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In der Beschwerde bestätigt der Beschwerdeführer, dass die Ehe mit Bettina F. mit dem genannten rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Steyr als nichtig aufgehoben wurde. Weil dieses Urteil aber ausschließlich auf den Aussagen der Bettina F. basiere und der Beschwerdeführer von diesem Gerichtsverfahren nie verständigt worden sei, habe er eine Wiederaufnahmsklage gegen das Urteil erhoben. Die belangte Behörde habe dieser Klage zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen und sei damit rechtswidrig vom Vorliegen einer Scheinehe ausgegangen. Richtigerweise hätte die belangte Behörde das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage aussetzen müssen.

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass - wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde bestätigt - das Urteil über die Nichtigerklärung seiner Ehe in Rechtskraft erwachsen ist. Nach den vom Beschwerdeführer unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde folgte das Bezirksgericht in seinem Urteil den Angaben der Bettina F., die Ehe sei nur zu dem Zweck geschlossen worden, dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis zu verschaffen, ohne dass dabei eine eheliche Lebensgemeinschaft begründet worden sei. Mit der Rechtskraft dieses Urteils war sohin - für die belangte Behörde bindend - festgestellt, dass der Beschwerdeführer, der sich unstrittig für die Erlangung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen hat, mit Bettina F. ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 MRK nie geführt hat (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0095). Die vom Beschwerdeführer verlangte Aussetzung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes kam schon deshalb nicht in Betracht, weil mit der Rechtskraft des Ehenichtigkeitsurteiles die Voraussetzungen für die Anwendung des § 38 AVG durch die belangte Behörde weggefallen waren (vgl. dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, Anm. 2. und E. 98 zu § 38 AVG). Daran ändert die vom Beschwerdeführer gegen das genannte Urteil erhobene Wiederaufnahmsklage nichts, weil diese gemäß § 547 ZPO in Bezug auf den Eintritt der Rechtskraft (und Vollstreckbarkeit) der angefochtenen Entscheidung keine hemmende Wirkung entfaltet.

Die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe an Bettina F. über einen Mittelsmann für die Eheschließung einen Vermögensvorteil in Höhe von S 90.000,-- geleistet, wird in der Beschwerde nicht konkret bestritten. Der Verwaltungsgerichtshof hegt somit keine Bedenken gegen die diesbezügliche Beweiswürdigung und die darauf aufbauende Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG verwirklicht hat.

Das rechtsmissbräuchliche Eingehen einer Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Vorteile gegen Entgelt beeinträchtigt das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens erheblich. Im vorliegenden Beschwerdefall ist der seit der rechtsmissbräuchlichen Eheschließung verstrichene Zeitraum von zwei Jahren zu kurz, um von einem Wegfall oder auch nur von einer erheblichen Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung öffentlicher Interessen ausgehen zu können (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2004, Zl. 2004/18/0031). Daran vermag der in der Beschwerde aufgezeigte Umstand, dass sich der Beschwerdeführer bislang keiner Verwaltungsübertretung und keiner gerichtlich strafbaren Handlung schuldig gemacht habe, nichts zu ändern. Auch die weitere Auffassung der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet daher keinem Einwand.

Von der Beschwerde unbestritten bleiben auch die Feststellungen der belangten Behörde, dass der erst seit dem Jahr 2002 in Österreich aufhältige Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt mit in Österreich aufhältigen Verwandten lebt. § 37 FrG steht daher auch unter Berücksichtigung der in der Beschwerde angesprochenen beruflichen Tätigkeit - die jedoch auf dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Beschwerdeführers beruht -

der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde schließlich Verfahrensmängel vorwirft, unterlässt er es, diese zu konkretisieren und deren Relevanz darzutun.

Da somit bereits die Beschwerde erkennen lässt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. August 2004

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