VwGH 2004/18/0027

VwGH2004/18/00273.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der X, (geboren 1986), vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 11. Dezember 2003, Zl. Fr-244/1/03, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §7;
FrG 1997 §75;
AsylG 1997;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §7;
FrG 1997 §75;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 11. Dezember 2003 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Serbien und Montenegro, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus Österreich ausgewiesen.

In der Berufung gegen den Erstbescheid werde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erstbehörde den Sachverhalt "sehr unzureichend und unvollständig" festgestellt hätte. Die Ausführungen hinsichtlich des Antrages des Schwiegervaters der Beschwerdeführerin auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft wären jedenfalls mangelhaft, weil dem Schwiegervater mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft zugesichert worden wäre. Die Reise in den bzw. der Aufenthalt im Kosovo wäre einer schwangeren Frau nicht zumutbar, "jeder Arzt" würde auch eine allfällige Flugreise in den Kosovo für eine schwangere Frau "nicht empfehlen". Von einer ärztlichen Versorgung bzw. gesicherten Unterkunft könnte (dort) gar nicht die Rede sein. Die von der Erstbehörde ausgeübte Ermessensentscheidung wäre zu Unrecht zum Nachteil der Beschwerdeführerin erfolgt, weiters lägen in ihrem Fall die Voraussetzungen zur Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis vor. Durch die Ausweisung würden daher "massivste Eingriffe" in das Familienleben der Beschwerdeführerin erfolgen, ihre privaten Interessen würden die öffentlichen bei weitem überwiegen.

Der Aktenlage sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin am 24. Oktober 2002 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Ihr am selben Tag gestellter Asylantrag sei rechtskräftig negativ beschieden worden, seit dem 3. April 2003, dem Datum der Rechtskraft des negativen Asylbescheids, richte sich ihr Aufenthalt daher nicht mehr nach den Bestimmungen des AsylG, sondern nach den Bestimmungen des FrG. Die Beschwerdeführerin wohne in Salzburg und sei nach ihrer Berufung sowie den "Ablichtungen des Mutter-Kind-Passes" schwanger. Zu den Ausführungen der Berufung betreffend den Antrag ihres Schwiegervaters auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und die Zusicherung derselben werde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin als Schwiegertochter einer Person, der voraussichtlich die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werde, nicht als Verwandte im Sinn des § 47 Abs. 3 FrG anzusehen sei und ihr daher die Eigenschaft eines begünstigten Drittstaatsangehörigen verwehrt bleibe. Die gesetzlichen Bestimmungen unterschieden "zwischen Verwandtschaft und Schwägerschaft", weshalb § 47 FrG in ihrem Fall nicht anzuwenden sei.

Durch die Erlassung der Ausweisung finde "ein starker Eingriff" in das Privat- bzw. Familienleben der Beschwerdeführerin statt. Die belangte Behörde vertrete aber die Auffassung, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin trotz ihres bisherigen Aufenthalts und ihres "gesundheitlichen Zustands bzw. Schwangerschaft" zur Erreichung von in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Bereich des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Die öffentlichen Interessen würden jedenfalls die privaten Interessen der Beschwerdeführerin überwiegen, eine allfällige Reise in den Kosovo sei auf Grund der dortigen Situation "zumutbar". Ein weiterer Verbleib der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet wäre "eine Umgehung sämtlicher fremdenrechtlicher Bestimmungen", das öffentliche Interesse "an einer geordneten Zuwanderung und einem geordneten Fremdenwesen (sei) eminent hoch". Zudem sei der Aufenthalt der Beschwerdeführerin von kurzer Dauer, sie sei in Österreich bisher noch keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und hier weder kranken- noch sozialversichert. Hinsichtlich der "gesundheitlichen Argumente", die die Beschwerdeführerin gegen eine Reise in den Kosovo anführe, werde auf "verschiedene Reisemöglichkeiten (so etwa Bus, Bahn) verwiesen oder auf eine zeitliche Einteilung auf mehrere Etappen".

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass sie am 24. Oktober 2002 illegal nach Österreich eingereist sei. Ferner wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt, dass der Asylantrag der Beschwerdeführerin mit 3. April 2003 rechtskräftig abgewiesen worden sei, und nicht behauptet, dass der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel (vgl. § 7 FrG) erteilt worden sei. Vor diesem Hintergrund begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit der Tatbestand des § 33 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FrG verwirklicht sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde bekämpft der angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 FrG. Die Beschwerdeführerin lebe seit dem 24. Oktober 2002 mit ihrem Ehemann, ihrem Schwiegervater, ihrem Schwager und ihrer Schwägerin in einem gemeinsamen Haushalt in Österreich. Die "gesamte Familie" der Beschwerdeführerin sei in Österreich aufhältig. Die belangte Behörde habe auf das Ausmaß der Integration der Beschwerdeführerin und ihrer gesamten Familie sowie auf die Intensität der familiären Bindungen nicht hinreichend Bedacht genommen. Anstatt den gesundheitlichen Zustand bzw. die fortgeschrittene Schwangerschaft der Beschwerdeführerin zu würdigen, habe die belangte Behörde (in geradezu zynischer Art und Weise) darauf hingewiesen, dass bezüglich ihrer Rückkehr in ihr Heimatland auf ihre "gesundheitlichen Argumente" nicht Rücksicht genommen werden könnte, und auf verschiedene Reisemöglichkeiten hingewiesen. Das öffentliche Interesse an einer geordneten Zuwanderung und einem geordneten Fremdenwesen stehe aber nicht höher als das Leben und die Gesundheit der Beschwerdeführerin und ihres ungeborenen Kindes, die jedenfalls durch eine derartige Reise gefährdet wären. Überdies habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland "der absoluten Armut und Obdachlosigkeit Preis gegeben" wäre, weil sie dort weder über Unterkunft noch Verpflegung verfügen würde und dort ferner keine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet wäre. In ihrem Heimatland wäre sie "ohne jeglichen Schutz und ohne Versorgung".

2.2. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 26. November 2003, Zl. 2003/18/0235, mwH). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat die Beschwerdeführerin durch ihren unstrittigen rechtswidrigen Aufenthalt seit der rechtskräftigen Abweisung ihres Asylantrags in der Dauer von etwa acht Monaten gravierend beeinträchtigt. Zudem werden ihre persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich erheblich dadurch relativiert, dass diese auf ihren unberechtigten Aufenthalt bzw. auf einen Asylantrag zurückzuführen sind, der sich letztlich als unbegründet erwiesen hat. Daran vermögen die Hinweise der Beschwerdeführerin auf ihre Schwangerschaft bzw. auf ihren (offenbar darauf - da er nicht weiter dargestellt wird - zurückzuführenden) Gesundheitszustand nichts zu ändern. Diesen Umständen könnte allenfalls durch einen Abschiebungsaufschub nach § 56 Abs. 2 FrG Rechnung getragen werden (vgl. die zur Rechtslage nach dem Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ergangenen, aber insofern auch vorliegend einschlägigen hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1997, Zl. 97/18/0317, und vom 15. Oktober 1999, Zl. 96/21/0502). Die Beschwerdeführerin hat auch nicht behauptet, dass sie auf Grund ihrer Schwangerschaft bzw. ihres Gesundheitszustandes nur in Österreich medizinisch behandelt bzw. versorgt werden könnte.

Mit ihrem Vorbringen betreffend die Lage in ihrem Heimatland zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil mit der Erlassung einer Ausweisung nicht angeordnet wird, dass der Fremde in einen bestimmten Staat auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde, und sich § 37 FrG nicht auf den Schutz des Privat- und Familienlebens im Ausland bezieht (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 26. November 2002, Zl. 2002/18/0234). Von daher geht auch ihr Vorbringen betreffend das Fehlen einer ausreichenden medizinischen Versorgung in ihrem Heimatland fehl. Vor diesem Hintergrund wurde die Beschwerdeführerin durch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass ihr die Reise in ihr Heimatland zumutbar sei, in keinem Recht verletzt.

Falls ihr nicht weiter substanziiertes Vorbringen, sie sei in ihrem Heimatland "ohne jeglichen Schutz", auf die Behauptung einer Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinn des § 57 FrG abstellen sollte, ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen von Gründen im Sinn des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG nicht im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung, sondern in einem gesonderten Verfahren nach § 75 leg. cit. oder § 56 Abs. 2 leg. cit. zu prüfen ist.

3. Weiters sind weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid - dessen Begründung insgesamt als Antwort auf die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgebrachte Kritik an der Ermessenshandhabung der Erstbehörde qualifiziert werden kann (vgl. die Wiedergabe unter I.1.), und der damit eine ausreichende Ermessensbegründung enthält - besondere Umstände ersichtlich, die die belangte Behörde dazu hätten veranlassen müssen, im Grund des § 33 Abs. 1 FrG von ihrem Ermessen, von der Erlassung der Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 3. März 2004

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