VwGH 2004/16/0281

VwGH2004/16/028125.8.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Sgesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Gartengasse 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Mai 2004, Zl. FA7A- 483-483/01-1, betreffend Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadt B), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BAO §198;
BAO §34;
BAO §92 Abs1;
LAO Stmk 1963 §148 Abs4;
LAO Stmk 1963 §150;
LAO Stmk 1963 §32;
LAO Stmk 1963 §69 Abs1;
LAO Stmk 1963 §93 Abs2;
AVG §56;
BAO §198;
BAO §34;
BAO §92 Abs1;
LAO Stmk 1963 §148 Abs4;
LAO Stmk 1963 §150;
LAO Stmk 1963 §32;
LAO Stmk 1963 §69 Abs1;
LAO Stmk 1963 §93 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Anlässlich einer den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 30. April 1999 umfassenden Getränkeabgabeprüfung der Prüfungsabteilung des Steiermärkischen Gemeindebundes wurde in einer von der Beschwerdeführerin unterfertigten "Getränkeabgabe-Nachtragserklärung" vom 29. Juni 1999 festgehalten:

"Alkoholfreie Getränke werden innerhalb der Verpflegsgebühren entgeltlich abgegeben.

Getränke für das Personal sind zum Wareneinsatz pflichtig.

Berechnung siehe Beilage"

Bei der von der Prüferin auf einem Beiblatt vorgenommenen Berechnung der Getränkeabgabe wurde ausgehend von der Anzahl der Verpflegstage der Patienten und 10 % vom Wareneinsatz für Getränke für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 30. April 1999 die Getränkeabgabe in der Höhe von S 119.176,-- zuzüglich eines Säumniszuschlages von S 2.384,-- errechnet.

Mit der Eingabe vom 12. Juli 1999 widerrief die Beschwerdeführerin die "Getränkeabgabe-Nachtragserklärung". Sie vertrat die Ansicht, die Getränke würden nicht entgeltlich abgegeben. Die Umsätze der öffentlichen Krankenanstalten seien umsatzsteuerbefreit. Die Beschwerdeführerin sei nicht getränkeabgabepflichtig. Für den Fall, dass die mitbeteiligte Stadtgemeinde anderer Auffassung sei, werde ein Feststellungsbescheid beantragt.

Mit Bescheid vom 16. Februar 2000 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Beschwerdeführerin die "im Einvernehmen mit der Prüferin" errechnete Getränkeabgabe vor. Die Getränkeabgabe in der Höhe von S 115.902,21 für die Jahre 1994 bis April 1999 errechne sich anhand der Verpflegstage von Patienten und des Getränke-Wareneinsatzes, welcher im Schätzungsweg mit 10 % aus dem Lebensmittel-Gesamt-Wareneinsatz (10 % von 43,16 Tages-Wareneinsatz pro Kranken-Verpflegstag) errechnet werde und mit einem Küchen-Rohaufschlag von 120 % netto berohaufschlagt worden sei. Des Weiteren errechne sich die Getränkeabgabe in der Höhe von S 2.154,39 für die Jahre 1994 bis April 1999 aus der "unentgeltlichen Abgabe von Getränken" an das Personal mit dem Einkaufswert. Die Werte seien vom Unternehmen bekannt gegeben worden. Hinzu komme ein Säumniszuschlag von S 2.361,--

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Getränke seien nicht entgeltlich abgegeben worden, weil gemäß dem Behandlungsvertrag mit den Patienten Vertragsgegenstand die medizinisch-pflegerische Behandlung der Patienten sei. Die im Rahmen der Krankenversorgung und Pflege notwendige Verpflegung und Versorgung mit Flüssigkeit (Tee, Wasser, etc.) sei auch "im Sinne des § 4 von der Besteuerung ausgenommen", weil es sich dabei um in der Krankenanstalt hergestellte Flüssigkeiten bzw. Heilmittel handle, die unentgeltlich abgegeben würden. Die Beschwerdeführerin sei nicht Lieferant, sondern Verbraucher. Die Besteuerung der Verabreichung von Wasser bzw. Heiltees unterliege gemäß den Kompetenzbestimmungen des B-VG nicht dem Landesgesetzgeber, weshalb Wasser und Heilmittel nicht Abgabengegenstand des Getränke- und Speiseabgabegesetzes sein könnten. Die Beschwerdeführerin sei gemeinnützig, unterliege der Betriebspflicht und sei somit mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattet. Die Leistungen würden im Rahmen des öffentlichen Aufgabenbereiches des Landes Steiermark durch einen ausgegliederten Rechtsträger erbracht. Als Beweis werde ein informierter Vertreter des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung namhaft gemacht und ein weiterer Beweis seien "vorzulegende Urkunden". Die Behörde erster Instanz habe es unterlassen, entsprechende Erhebungen durchzuführen, ob überhaupt und für den Fall dass, welche entgeltliche Lieferungen durchgeführt würden. Die Berechnungen anhand der Verpflegstage auf Grund des Lebensmittelgesamtwareneinsatzes entspreche nicht den Vorschriften über die ordnungsgemäße Erhebung der Bemessungsgrundlage, zumal keine Lieferungen erfolgt seien, sondern die Krankenanstalt Endverbraucher sei. Die Behörde erster Instanz habe es unterlassen, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln und der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einzuräumen, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens eine Äußerung abgeben zu können. Damit habe sie gegen den Grundsatz des Parteiengehörs verstoßen. Die Einhebung der Getränkeabgabe entspreche nicht den Bestimmungen der Europäischen Union. Die Vorschreibung der Getränkeabgabe sei gemeinschaftsrechtswidrig.

Mit Bescheid vom 7. November 2001 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, auch wenn die medizinisch-pflegerische Behandlung von Patienten in den Steiermärkischen Krankenanstalten den Mittelpunkt der Tätigkeit darstelle, so spreche dies nicht gegen eine entgeltliche Abgabe von Getränken an Patienten, denn jeder Patient müsse pro Verpflegungstag einen bestimmten Tagessatz für seinen Verpflegungsaufwand bezahlen, womit der Tatbestand der Entgeltlichkeit verwirklicht werde. Des Weiteren übernähmen Sozialversicherungsträger und Versicherungsanstalten die Kosten für die Spitalsaufenthalte der Patienten, wodurch diese Kostenersätze in wirtschaftlicher Betrachtungsweise auch Entgelte für die bereitgestellte Verpflegung mit Speisen und Getränken enthielten, was zu einer entgeltlichen und damit steuerpflichtigen Veräußerung von Getränken führe. Entscheidend bei Getränkelieferungen von Krankenanstalten und Kliniken sei somit, ob Getränke an Patienten im Rahmen der allgemeinen Verpflegung oder auf Grund ärztlicher Anordnung abgegeben würden. Wenn die gegenständliche Institution die Getränke zwar entgeltlich, jedoch im Rahmen der allgemeinen Verpflegung liefere, trete eine Steuerpflicht ein; im Falle einer einzelfallbezogenen besonderen ärztlichen Anordnung an Patienten hingegen nicht. Der in der Berufung aufgestellten Behauptung, gemäß "§ 4" sei die im Rahmen der Krankenversorgung und Pflege notwendige Verpflegung und Versorgung mit Flüssigkeit von der Besteuerung ausgenommen, könne die Behörde nicht folgen, da das Steiermärkische Getränkeabgabegesetz eine solche Befreiungsbestimmung nicht kenne. Den Gemeinden bleibe es im Rahmen ihrer Kompetenzen überlassen, einzelne Befreiungstatbestände in ihre Getränke- und Speiseeisabgabe-Verordnungen aufzunehmen. Die maßgebliche Verordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde sehe eine solche Befreiungsbestimmung nicht vor. Die mitbeteiligte Stadtgemeinde sei auf Grund der Bestimmungen des F-VG und des FAG ermächtigt, eine Getränkeabgabe auszuschreiben. Gegenstand der Getränkeabgabe seien nicht nur alkoholfreie Getränke, sondern auch die flüssigen Grundstoffe zur Herstellung von Getränken. Das FAG enthalte keine nähere Bestimmung des Begriffes "Getränke", sodass zur Auslegung des Getränkebegriffes die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze heranzuziehen seien. Demnach seien als Getränke solche Flüssigkeiten zu verstehen, die in verkehrsüblicher Weise zum Trinken, dh zum Stillen des Durstes oder zur Befriedigung geschmacklicher Bedürfnisse verwendet würden. Der Getränkebegriff erfordere, dass die Flüssigkeit bereits gebrauchsfertig an den Letztverbraucher gelange und von diesem ohne weitere besondere Behandlung verwendet werden könne und zum Trinken geeignet sei. Bei der im Rahmen der Verpflegung abgegebenen Getränke handle es sich "nach menschlichem Ermessen" um solche Getränke, die zu diversen Mahlzeiten mitverabreicht würden, wie Kaffee, Tee und Saft. Von Heilmitteln und Wasser werde im Rahmen der allgemeinen Verpflegung "nicht auszugehen" sein, sodass sich die Berufung in diesem Punkt als unbegründet erweise.

Ob die Beschwerdeführerin gemeinnützig sei oder nicht, sei im Beschwerdefall unerheblich, weil das Stmk. Getränke- und Speiseeisabgabegesetz in diesem Punkt keine Befreiungsbestimmung vorsehe.

Der Abgabepflichtige habe den Verkaufspreis sowie eingerechnete Abgaben und das allfällig enthaltene Bedienungsgeld laufend nachzuweisen. Da die Beschwerdeführerin ihren Pflichten nicht nachgekommen sei, habe die Behörde den Verkaufspreis selbst zu ermitteln, wobei die Abgabenhöhe im Einvernehmen mit dem zuständigen Verwaltungsdirektor errechnet worden sei. Die Bemessungsgrundlage sei anhand der Verpflegungstage von Patienten und des Getränkewareneinsatzes, welcher im Schätzungswege mit 10 % aus dem Lebensmittel-Gesamt-Wareneinsatz errechnet und mit einem Küchen-Rohaufschlag von 120 % netto berohaufschlagt worden sei. Die Abgabenbehörde habe daher sehr wohl die Bemessungsgrundlagen ordnungsgemäß ermittelt, da einerseits die Verpflegungstage zur Berechnung herangezogen worden seien und andererseits die Schätzung des 10 %igen Wareneinsatzes unter Rücksprache mit dem zuständigen Verwaltungsdirektor erfolgt sei. Der Vorwurf der nicht ordnungsgemäßen Ermittlung gehe ins Leere, weil die Beschwerdeführerin sehr wohl Abgabepflichtige im Sinne des Getränkeabgabegesetzes sei. Im Übrigen sei in der Berufung kein anderer Weg zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage angeführt worden, außer dass die Beschwerdeführerin nicht abgabepflichtig sei, was jedoch nicht zutreffe. Da die im Zuge der Abgabenprüfung festgestellten Differenzen im Einvernehmen mit dem zuständigen Verwaltungsdirektor abgeklärt worden seien und die seinerzeitige Nachtragserklärung auch von diesem unterzeichnet worden sei, könne von einem Verstoß gegen den Grundsatz des Parteiengehörs in keinster Weise gesprochen werden.

Die im Prüfungszeitraum festgestellten Abgabendifferenzen beträfen ausschließlich alkoholfreie Getränke, sodass die Einhebung sowohl aus innerstaatlicher als auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht rechtskonform und zwingend geboten sei.

Da aus der Sicht der Abgabenbehörde der Abgabenfestsetzung ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren vorausgegangen sei, werde dem Antrag auf nochmalige Ermittlung nicht entsprochen, zumal im Tatsachenbereich keine weiteren zu erhebenden Umstände aufgetaucht seien. Die Notwendigkeit der Schätzung mangels vorliegender Erlösaufzeichnungen und sonstiger zwingend zu führender Aufzeichnungen nach dem Getränke- und Speiseeisabgabegesetz werde nicht bestritten. Ebenfalls sei kein sachlicher Mangel, der der Schätzung anhaften würde, entsprechend substantiiert dargetan worden, sodass die Schätzung weiterhin als sachgerecht zu beurteilen sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachte die Beschwerdeführerin vor, ihr sei - wie bereits in der Berufung geltend gemacht - kein rechtliches Gehör gewährt und keinerlei Möglichkeit eingeräumt worden, zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Dies widerspreche dem allgemeinen Grundsatz des Parteiengehörs "nach § 37 AVG" und stelle überdies einen Verstoß gegen den Grundsatz nach Art. 6 EMRK dar. Der angefochtenen Entscheidung werde unrichtigerweise zu Grunde gelegt, dass die Bemessung der Abgabenschuld der Höhe nach im Einvernehmen mit der Abgabepflichtigen erfolgt sei. Dem widerspreche die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 12. Juli 1999, womit die vom Betriebsdirektor unterfertigte Nachtragserklärung widerrufen und gleichzeitig beantragt worden sei, ein Feststellungsverfahren zur Frage der Steuerpflicht einzuleiten. Zudem sei bereits dargetan worden, dass Umsätze der öffentlichen Krankenanstalten hinsichtlich ihrer Leistungen im Zusammenhang mit der Krankenbehandlung von der Umsatzsteuer befreit seien. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt sei keineswegs ausreichend ermittelt worden. Spätestens nach Widerruf der Nachtragserklärung hätten zumindest Erhebungen zur Höhe des Wareneinsatzes getroffen werden müssen, weiters wäre zu erheben gewesen, welcher Anteil dieses Wareneinsatzes tatsächlich für die Herstellung von Getränken aufgewandt werde. Daraus hätte sich ergeben, dass entgegen dem angefochtenen Bescheid keineswegs Getränke an Patienten entgeltlich abgegeben würden. Selbst wenn man zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass von Getränkelieferungen im Sinne des Getränke- und Speiseeisabgabegesetzes auszugehen sei, so hätte die Abgabenbehörde feststellen müssen, dass der Anteil am Gesamtwareneinsatz keineswegs 10 % betragen habe, sondern vielmehr in einem Bereich von 1 - 2 %. Beweisanträge der Beschwerdeführerin sowie Anbringen und Eingaben sowohl an die erste als auch zweite Instanz seien überhaupt nicht behandelt worden. Die "Getränkeabgabe-Nachtragserklärung" sei von der Prüfungsabteilung des Steiermärkischen Gemeindebundes am 29. Juni 1999 ausgefüllt und dem Betriebsdirektor ohne Erklärung und Belehrung zur Unterschrift vorgelegt worden, weshalb die Erklärung am 12. Juli 1999 widerrufen worden sei. Eine Einschau in die Bücher oder die Buchhaltung, aus der die Fakturen für Getränke ersichtlich seien, sei nicht erfolgt. Dabei hätten Heiltees und ärztlich verordnete Getränke jedenfalls aus der Bemessungsgrundlage ausgeschieden werden müssen. Die Abgabenbehörde übersehe auch, dass für gemeinnützige Krankenanstalten keine Abgabepflicht bestehe. Weiters habe die Beschwerdeführerin schon dargetan, dass ihre Leistungen von der Umsatzsteuer befreit seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. In der Begründung führte sie aus, vorweg sei festzuhalten, dass es sich bei der Festsetzung der Getränkeabgabe um ein Abgabenverfahren handle, und entgegen der Rechtsmeinung der Beschwerdeführerin die Anwendung des AVG ausgeschlossen sei und die Bestimmungen der Steiermärkischen Landesabgabenordnung (LAO) zu gelten hätten. Die Argumentation der Beschwerdeführerin, es sei ihr kein rechtliches Gehör gewährt und daher gegen den allgemeinen Grundsatz des Parteiengehörs nach "§ 37 AVG" verstoßen worden, führe daher "ins Leere".

Jeder Patient habe pro Verpflegungstag einen bestimmten Tagessatz für seinen Verpflegungsaufwand zu zahlen, womit der Tatbestand der Entgeltlichkeit verwirklicht sei. Entscheidend sei, ob Getränke an Patienten im Rahmen der allgemeinen Verpflegung oder auf Grund ärztlicher Anordnung abgegeben würden. Wenn die gegenständliche Institution die Getränke zwar entgeltlich, jedoch im Rahmen der allgemeinen Verpflegung liefere, trete eine Steuerpflicht ein; im Falle einer einzelfallbezogenen besonderen ärztlichen Anordnung an Patienten hingegen nicht. Daraus folge, dass für die im Rahmen der allgemeinen Verpflegung abgegebenen Getränke jedenfalls eine Steuerpflicht bestehe. Außerdem sei es für die Steuerpflicht unerheblich, ob der Abgabepflichtige gemeinnützig sei oder nicht, weil das Getränke- und Speiseeisabgabegesetz in diesem Punkt keine Befreiungsbestimmung vorsehe.

Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000, Rs C-437/97 , stehe der Beibehaltung einer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis erhobenen Steuer nicht entgegen. Da die Getränkevorschreibung nur alkoholfreie Getränke umfasse, sei die Beschwerdeführerin durch den bekämpften Bescheid in ihren subjektiven Rechten nicht verletzt worden.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 30. November 2004, B 896/04 - 4, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin erkennbar in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Getränkeabgabe verletzt und macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Stmk. Getränke- und Speiseeisabgabegesetz 1993, LGBl. Nr. 19/1994, sind die Gemeinden ermächtigt, auf die entgeltliche Lieferung von Getränken und Speiseeis eine Abgabe einzuheben, soweit diese Lieferung nicht für Zwecke des Wiederverkaufes im Rahmen einer nachhaltigen Tätigkeit erfolgt.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, die Vorschreibung der Getränkeabgabe sei rechtswidrig, weil die "Getränke" nicht "entgeltlich" abgegeben worden seien. Sie seien ärztlich verordnet und im Rahmen der Krankenversorgung hergestellte Flüssigkeiten. "Flüssige Heilmittel" seien keine Getränke. Die Kostenbeiträge seien kein "Entgelt" und würden zur Gänze weitergeleitet werden.

In der Beilage zum "Arbeitsbogen" der "Getränkeabgabe-Nachtragserklärung" wurde von der Prüferin handschriftlich festgehalten, dass es sich bei den Patientengetränken um Mineralwasser, Säfte, Limo (Tetrapack), Wein nur auf ärztliche Anforderung sowie Tee und Kaffee zur Jause handle. In der Begründung des Abgabenbescheides zweiter Instanz wird ausgeführt, bei der im Rahmen der Verpflegung abgegebenen Getränke handle es sich "nach menschlichem Ermessen" um solche Getränke, die zu den diversen Mahlzeiten mitverabreicht würden, wie Kaffee, Tee und Saft. Von Heilmitteln und Wasser sei im Rahmen der allgemeinen Verpflegung "nicht auszugehen".

In der Vorstellung wird die Auffassung vertreten, "Heiltees" und "ärztlich verordnete Getränke (Mineralwasser)" hätten jedenfalls aus der Bemessungsgrundlage ausgeschieden werden müssen.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid auf dieses Vorbringen nicht ein. Eine Feststellung, für welche "Getränke" im Beschwerdefall die Getränkeabgabe eingehoben wird, wurde im Abgabenverfahren nicht konkret vorgenommen, obwohl die Beschwerdeführerin in ihren Eingaben die Ansicht vertrat, dass für bestimmte Getränke (z.B. "Heiltee") keine Getränkeabgabe zu entrichten sei. Die im Bescheid der Abgabenbehörde zweiter Instanz getroffene Feststellung, "nach menschlichem Ermessen" handle es sich um Kaffee, Tee und Saft, ist eine nur allgemein gehaltene Annahme und gibt nicht wieder, für welche Getränke im Beschwerdefall die Getränkeabgabe erhoben wurde. Schon deswegen erweist sich der angefochtene Bescheid, der das Unterlassen der Abgrenzung der getränkeabgabepflichtigen von nicht getränkeabgabepflichtigen Flüssigkeiten in der von der Beschwerdeführerin betriebenen Krankenanstalt nicht zum Anlass der Bescheidaufhebung nahm, als rechtswidrig.

Der Begriff "Entgelt" wird im Steiermärkischen Getränke- und Speiseeisabgabegesetz 1993 nicht definiert. § 4 Abs. 1 zweiter Satz dieses Gesetzes verweist auf die Bestimmung des § 4 Abs. 1 und 2 UStG.

Die belangte Behörde verweist hinsichtlich der Entgeltlichkeit auf den von den Patienten zu zahlenden "Tagessatz

für ... Verpflegungsaufwand" ohne näher die Rechtsgrundlagen für

diese Leistungen anzuführen. Sollte die belangte Behörde damit den Kostenbeitrag nach § 35a des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1999 (KALG) ansprechen, dann übersieht sie, dass in dieser Bestimmung bestimmte Patienten von der Leistung dieses Kostenbeitrages ausgenommen sind. Falls in der von der Beschwerdeführerin betriebenen Anstalt Patienten von dieser Leistung ausgenommen waren, dann ist die Feststellung, dass jeder Patient den Tagesatz zu zahlen hatte und die weiteren Schlussfolgerungen über die Entgeltlichkeit insoweit rechtswidrig.

Nicht festgestellt wird auch, was durch diesen Kostenbeitrag in der Anstalt der Beschwerdeführerin abgedeckt war und ob die verabreichten Getränke durch den von den Patienten als Verpflegungsaufwand zu leistenden Zahlungen erfasst sind. Feststellungen zu den an das Personal abgegebenen Getränken trifft der angefochtene Bescheid, wie auch schon der Abgabenbescheid zweiter Instanz in rechtswidriger Weise ebenfalls nicht. In diesen Fällen ist im Abgabenbescheid überdies von einer "unentgeltlichen" Abgabe der Getränke die Rede. Weiters wird nicht auf das Argument der Beschwerdeführerin eingegangen, sie sei hinsichtlich der Getränke Letztverbraucher und deswegen bestünde auch keine Abgabepflicht für die an die Patienten verabreichten Getränke.

Wenn von der Beschwerdeführerin die Auffassung vertreten wird, sie sei von der Umsatzsteuer befreit und daher müsse auch eine Befreiung von der Getränkeabgabe gegeben sein und mangels Umsatzsteuerpflicht liege auch keine Entgeltlichkeit vor, dann übersieht sie allerdings, dass in diesen beiden Gesetzen unterschiedliche Befreiungsbestimmungen normiert sind und das behauptete Fehlen der Umsatzsteuerpflicht auch aus anderen Gründen als aus dem Fehlen der Entgeltlichkeit gegeben sein kann. Allein aus diesen von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründen ergibt sich nicht, dass die abgegebenen Getränke keiner Getränkeabgabepflicht unterliegen.

Die Beschwerdeführerin verneint ihre Getränkeabgabepflicht auch aus dem Grund der "Gemeinnützigkeit".

Die §§ 32 ff Stmk. LAO gewähren nicht selbst Abgabenbegünstigungen wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke, sondern umschreiben die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, wenn die Abgabenvorschriften Begünstigungen für Körperschaften vorsehen, die auf gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Ziele ausgerichtete Tätigkeiten entfalten. Insoweit sind diese Bestimmungen materielles Recht und bilden einen Bestandteil der entsprechenden Begünstigungsbestimmungen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 429 und 430 zu der vergleichbaren Bestimmung des § 34 BAO).

Die Stmk. LAO, das Stmk. Getränke- und Speiseeisabgabegesetz sowie die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde enthalten keine Abgabenbefreiung von der Getränkeabgabe für gemeinnützige Einrichtungen. Eine Abgabenbefreiung aus diesem Grund kann daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht in Betracht kommen.

Die Abgabenbehörde hat die Anzahl der abgegebenen Getränke nicht anhand von Rechnungen, Lieferungen und sonstigen Belegen ermittelt, sondern hat die an die Patienten verabreichten Getränke über die Anzahl der Verpflegstage und einem angenommenen Prozentsatz vom Wareneinsatz als Berechnungsgrundlage errechnet. Sie hat damit die Anzahl der Getränke und das Entgelt geschätzt.

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenbemessung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie gemäß § 149 Abs. 1 Stmk. LAO diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Gemäß § 149 Abs. 2 Stmk. LAO ist zu schätzen insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Zu schätzen ist gemäß § 149 Abs. 3 Stmk. LAO ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die Abgabenbehörde hat weder ihre Schätzungsberechtigung noch die Wahl der Schätzungsmethode nachvollziehbar begründet (vgl. zur Schätzungsberechtigung, zur Schätzungsmethode sowie zur Begründung und zum rechtstaatlichen Verfahren Stoll, BAO-Kommentar, 1903 ff und Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 1 bis 21 zu § 184 BAO).

Die Abgabenbehörde zweiter Instanz argumentiert, die Schätzung sei im Einvernehmen mit dem Verwaltungsdirektor der Beschwerdeführerin erfolgt.

Aus welchem Grund von einer "verbindlichen" und "unabänderlichen" Erklärung des Verwaltungsdirektors anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung im weiteren Abgabenverfahren ausgegangen werden konnte, die es der Abgabenbehörde ermöglichen könnte, Begründungen für die Schätzungsberechtigung und Schätzungsmethode zu unterlassen, bleibt unerklärlich; wurde doch bereits in der Berufung die Vorgangsweise bei der Schätzung als rechtswidrig gerügt.

Da weder die Schätzungsberechtigung noch die Wahl der Schätzungsmethode und die Verbindlichkeit von Erklärungen der Abgabepflichtigen zur vorgenommenen Berechnung der Getränkeabgabe von der Abgabenbehörde nachvollziehbar begründet wurde, hätte auch dies zur Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde führen müssen.

Überdies ist es völlig unverständlich, wenn im angefochtenen Bescheid die Rüge der Verletzung des Parteiengehörs damit abgetan wird, dass im Abgabenverfahren nicht das AVG - wie die Beschwerdeführerin zitierte -, sondern die Steiermärkische Landesabgabenordnung anzuwenden ist. Ein Vergreifen der Beschwerdeführerin in der Rechtsgrundlage rechtfertigt eine solche Feststellung der belangten Behörde keineswegs. Die belangte Behörde hätte vielmehr darauf einzugehen gehabt, ob Parteiengehör -

nach der Stmk. LAO - verletzt worden ist oder nicht.

Ferner wurden im Abgabenverfahren Beweisanträge gestellt, auf die im gesamten Verfahren nicht eingegangen wurde.

Soweit die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, vor der Vornahme der Schätzung hätte ein Feststellungsbescheid über die Getränkeabgabepflicht der Beschwerdeführerin ergehen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass ein Feststellungsbescheid über Rechte und Rechtsverhältnisse zu ergehen hat, wenn dies von einer Partei beantragt wird, diese ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat, es sich um ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung handelt oder wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt; dies jeweils unter der Voraussetzung, dass die maßgeblichen Rechtsvorschriften eine Feststellung dieser Art nicht ausschließen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1996, Zl. 92/17/0207).

Kein Feststellungsbescheid ist zu erlassen, wenn die Erlassung eines Abgabenbescheides möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. August 1991, Zl. 89/17/0174).

Die Abgabenbehörde war daher im Falle der Erlassung eines Abgabenbescheides entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht verhalten, vorher einen Feststellungsbescheid über die Abgabepflicht zu erlassen.

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt gemäß § 156 Stmk. LAO nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 156 Abs. 2 Stmk. LAO fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre.

Die Verjährung beginnt gemäß § 157 lit. a Stmk. LAO in den Fällen des § 156 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Gemäß § 158 Abs. 1 Stmk. LAO wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 54) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Die abgabenbehördliche Prüfung erfolgte am 29. Juni 1999. Im Jahre 1994 entstandene Abgabenschuldigkeiten waren nach den Bestimmungen der Stmk. LAO im Prüfungszeitpunkt noch nicht verjährt. Durch die erfolgte Prüfung trat auch eine Unterbrechung der Verjährungsfrist ein. Die Vorschreibung der Getränkeabgabe erfolgte daher innerhalb der Verjährungsfrist und die Einrede der Verjährung ist unbegründet.

Aus den dargestellten Erwägungen erweisen sich der Abgabenbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde, der von der belangten Behörde deswegen aufgehoben hätte werden müssen, sowie der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die in der Beschwerde für den Schriftsatzaufwand gesondert geltend gemachte Umsatzsteuer.

Wien, am 25. August 2005

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