VwGH 2004/14/0151

VwGH2004/14/015126.7.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der A GmbH in W, vertreten durch Dr. Dietmar Endmayr, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Vogelweiderstraße 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 29. Oktober 2004, RV/1969- L/02, RV/1973-L/02, betreffend u.a. Körperschaftsteuer 1997 bis 1999 und Kapitalertragsteuer 1997 und 1998, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
BAO §23 Abs1;
KStG §8 Abs2;
KStG §8 Abs4 Z2;
KStG §8;
BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
BAO §23 Abs1;
KStG §8 Abs2;
KStG §8 Abs4 Z2;
KStG §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden GmbH gegenüber im Instanzenzug u.a. Körperschaftsteuer 1997 bis 1999 festgesetzt und die Haftung für Kapitalertragsteuer 1997 und 1998 geltend gemacht. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, dass auf dem Verrechnungskonto des seinerzeitigen Gesellschafter-Geschäftsführers Horst P verbuchte Einlagen verdecktes Eigenkapital der Beschwerdeführerin seien, sodass die für 1997 und 1998 verrechneten Zinsen verdeckte Gewinnausschüttungen darstellten, und dass ab dem Jahre 1999 die in den vorangegangenen Jahren entstandenen Verluste nicht als Verlustvorträge geltend gemacht werden könnten, weil der Manteltatbestand nach § 8 Abs. 4 KStG verwirklicht sei.

In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei mit Notariatsakt vom 18. Juli 1990 gegründet worden. Das Stammkapital von S 500.000,-- sei zu 25 % von Horst P und zu 75 % von dessen Ehefrau Eva P gezeichnet worden. Alleingeschäftsführer sei Horst P gewesen. Mit Abtretungsvertrag vom 13. November 1998 und Notariatsakt vom 13. November 1998 habe Eva P ihren Geschäftsanteil (Nennwert von S 375.000,--) um S 37.500,-- an Dr. B veräußert. Am selben Tag sei Dr. B als neuer Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestellt worden. Ebenfalls am 13. November 1998 hätten Horst P und Eva P einerseits mit Dr. B andererseits einen Zessionsvertrag geschlossen, mit welchem erstere alle bestehenden Forderungen gegenüber der Beschwerdeführerin an Dr. B um den Abtretungspreis von S 250.000,-- abgetreten habe. Diese Forderungsabtretung habe das Verrechnungskonto des Horst P bei der Beschwerdeführerin betroffen, welches in der Schlussbilanz zum 31. Dezember 1998 S 4,379.068,09 (Verbindlichkeit der Beschwerdeführerin) ausgewiesen habe.

Mit Abtretungsvertrag vom 17. November 1999 und Notariatsakt vom 17. November 1999 habe Horst P seinen Geschäftsanteil (Nennwert von S 125.000,--) um S 12.500,-- an Maria B, die Ehefrau des Dr. B, veräußert.

In den Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 1993 bis 1997 habe die Beschwerdeführerin die Art ihres Unternehmens als "Vermittlung von Werk- und Dienstleistungsverträgen" angegeben.

Die Beschwerdeführerin habe von 1990 bis 1998 nur Verluste erzielt (insgesamt S 4,630.427,--). Beim Finanzamt seien Unterlagen betreffend die Veranlagungsjahre 1990 bis 1992 nicht mehr auffindbar. Aus den Unterlagen für die Jahre 1993 bis 1998 ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin keine Umsätze erzielt habe.

Die Beschwerdeführerin habe sich von der Gründung an bis in das Jahr 1998 erfolglos mit der Verwirklichung einer Idee des Horst P beschäftigt; dieser habe ein Hotelbuchungs- und Informationssystem (im Folgenden kurz: Hotelbuchungssystem) am Markt vertreiben wollen. Horst B habe eine Projektbeschreibung des Hotelbuchungssystems erstellt, welche ca. 15 Seiten umfasse. Darin sei die Marktsituation mit dem Trend zum Kurzurlaub beschrieben, auf zwei Seiten seien eine Systembeschreibung der Zielgruppen, mögliche Standorte der Buchungsterminals und Angaben über die Software sowie eine Preisliste für die Beteiligung der Hotels am System enthalten. Die Beschwerdeführerin habe am 19. Oktober 1995 mit Herrn Sch die Vereinbarung getroffen, dass jener als Vertreter gegen Provision Hotels zur Unterzeichnung eines Vertrages über die Teilnahme am Hotelbuchungssystem anwerbe. Vom 15. Jänner 1996 existierten vier und vom 5. Februar 1996 zwei Rechnungen an Hotels über deren Aufnahme in das Hotelbuchungssystem. Alle diese Rechnungen hätten später wieder storniert werden müssen, weil - so die Aussage von Horst P - Einwendungen von dritter Seite gekommen seien; Horst P habe diese Einwendungen nicht benannt und nicht konkretisiert.

Im Jahre 1996 habe die Beschwerdeführerin versucht, das Projekt voranzutreiben. Sie habe als Werknutzungsgeber mit der italienischen Firma P als Werknutzungsnehmer einen Werknutzungsvertrag geschlossen. Die italienische Firma P bestätige darin, dass sie das von der Beschwerdeführerin angebotene Hotelbuchungssystem nicht gekannt und bisher nicht verwendet habe und dass ihr nunmehr die Idee und das Know-how in ausreichender Form zur Verfügung gestellt worden seien. Mit dem Vertrag seien die "Exklusivrechte" für die Realisierung und Verbreitung des Hotelbuchungssystems für Italien der Firma P zugewiesen worden. Zur Software-Erstellung sei vereinbart worden, dass die italienische Firma P und die Beschwerdeführerin je 50 % der Gesamtentstehungskosten übernehmen würden, die Rechte jedoch ausschließlich bei der Beschwerdeführerin verbleiben sollten. Die belangte Behörde stelle fest, dass der Werknutzungsvertrag nie "zu Laufen begonnen" habe, weil die Software nicht fertig gestellt und daher "nie in Betrieb gegangen" sei.

Es sie allerdings ein Vertrag zwischen der italienischen Firma P und I-Italien geschlossen worden, mit welchem die Softwareerstellung zumindest in Auftrag gegeben worden sei. Die Software hätte im Zeitraum vom 15. Dezember 1995 bis 15. April 1996 erstellt werden sollen. Die Beschwerdeführerin habe mangels Liquidität lediglich zwei Anzahlungen auf diesen Vertrag an I-Italien geleistet (am 23. Jänner und am 26. Juni 1996). Nach den Angaben von Horst P sei das Softwareprogramm nicht fertig gestellt worden, weil die Beschwerdeführerin keine Zahlungen mehr geleistet habe. Von der Software existiere nur ein Fax vom 3. Juni 1996 von I-Italien an die Beschwerdeführerin in der Form eines "hand out", in welchem die Bildschirmmaske des in Auftrag gegebenen Softwareprogrammes dargestellt sei. Das Softwareprogramm selbst sei mangels weiterer Zahlungen nie an die Beschwerdeführerin geliefert worden.

Von Mitte 1996 bis Ende 1998 habe die Beschwerdeführerin keine Tätigkeit entfaltet, die im Rechenwerk bei den Erlösen oder in bindenden Verträgen mit Kunden oder Lieferanten Niederschlag gefunden hätten. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung dieser Jahre sei ersichtlich, dass an Aufwendungen Bürokosten (wie Miete, Telefon, Büromaterial), Kilometergelder und Diäten sowie Zinsen geltend gemacht worden seien; diese hätten aber weder zu Umsätzen noch zu irgendwelchen Aufträgen geführt. Mangels eines Softwareprogrammes hätten Kunden- oder Lieferantenkontakte auch nicht eingegangen werden können. Dr. B habe beim Erwerb der Geschäftsanteile im November 1998 keine Tätigkeit der Beschwerdeführerin übernehmen können, da eine übernahmefähige Tätigkeit nicht bestanden habe.

Der neue Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. B habe Informationsgespräche (z.B. im Jahre 2000) betreffend eine Verwertung der Idee des Hotelbuchungssystems geführt, dies habe aber weder ab 1999 noch in den Folgejahren zu einem konkreten Betriebsgegenstand der Beschwerdeführerin geführt, da sich aus diesem System keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ergeben hätten.

Beim Kauf der Geschäftsanteile habe außer der Idee des Hotelbuchungssystems kein wirtschaftlicher Unternehmensgegenstand (das sei eine Tätigkeit, die zu Umsatz, Anlagevermögen oder Aufträgen führe) vom Folgeeigentümer Dr. B übernommen werden können. Zwar werde auch dieses Hotelbuchungssystem von der Beschwerdeführerin im Internet beworben, Tatsache sei aber, dass es seit 1998 (also bis zum Ergehen des angefochtenen Bescheides im Jahr 2004) keine konkrete Tätigkeit aus dieser Idee gegeben habe. Es seien keinerlei Kunden- oder Lieferantenkontakte vorhanden. Die Übernahme oder gelegentliche Fortführung einer Idee und das Bewerben einer Idee, für welche noch gar kein Softwareprogramm existiere, im Internet seien substanzlos und stellten in dieser Form keinen Betriebsgegenstand bzw. keine Weiterführung einer wirtschaftlichen Tätigkeit dar.

Die Firmen des Ehepaares Dr. B und Maria B beschäftigten sich u. a. mit Fremdenverkehrsthemen; die Projekte hätten aber keinerlei direkten Zusammenhang mit der Idee des in Rede stehenden Hotelbuchungssystems und hätten auch nicht zu einer Verwirklichung dieses Systems beigetragen.

Zu erwähnen sei, dass die Beschwerdeführerin bis 1998 keinerlei Arbeitskräfte eingestellt gehabt habe und daher die Übertragung der Geschäftsanteile auch nicht im Zusammenhang mit der Erhaltung von Arbeitsplätzen stehe.

Dr. B und Maria B seien auch Gesellschafter der B-GmbH, die sich mit EDV-Programmen und Internetgeschäften beschäftige. Dr. B habe am 1. Dezember 1998 einen Vertriebsvertrag zwischen seiner Stammfirma, der B-GmbH, und der Beschwerdeführerin über den Vertrieb von Computerprogrammen abgeschlossen. Das bedeute, dass der Vertrieb der Computerprogramme nicht mehr - wie bisher - über die B-GmbH, sondern ab dem Jahre 1999 über die Beschwerdeführerin abgewickelt worden sei. Dies habe im Jahr 1999 zu Umsatzerlösen von S 1,967.400,-- geführt. Weitere Umsätze habe die Beschwerdeführerin im Jahre 1999 durch die Erstellung einer "Agrar-CD" und einer Homepage erzielt; diese Leistungen hätten zu Umsatzerlösen von S 590.000,-- geführt. Die Beschwerdeführerin habe sohin im Jahre 1999 Gesamterlöse von S 2,557.400,-- erzielt und dadurch einen steuerlichen Gewinn von S 1,198.220,-- erwirtschaftet. Sie habe im Jahr 1999 vier Dienstnehmer beschäftigt. Daraus sei ersichtlich, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin völlig geändert worden sei. Es seien EDV-Dienstleistungen erbracht worden und Lizenzen (für EDV-Programme) verrechnet worden. Die Tätigkeit sei inhaltlich völlig anders als die ursprüngliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin (Hotelbuchungssystem) gewesen. Der Beschwerdeführerin seien damit neue Unternehmensgegenstände zugeordnet worden. Die gesamten ab 1999 erzielten Erlöse stammten aus "neu in der Gesellschaft betriebenen Tätigkeiten" und hätten mit der Idee des Hotelbuchungssystems keinen Zusammenhang.

Im gegenständlichen Fall liege eine wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur vor, zumal Dr. B 75 % der Gesellschaftsanteile erworben habe. Es liege auch eine Änderung der organisatorischen Struktur vor, weil im Zusammenhang mit der Übernahme von 75 % des Stammkapitals durch Dr. B dieser an Stelle des Horst P alleiniger Geschäftsführer geworden sei. Schließlich liege auch eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur vor. Die wirtschaftliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin bis 1998 habe im "Betreiben einer Idee" und deren Verwirklichung bestanden. Der Folgeeigentümer habe ab 1999 eine völlig andere Tätigkeit mit der Beschwerdeführerin aufgenommen. Diese sei weder inhaltlich mit der ehemaligen Tätigkeit vergleichbar noch sei die ursprüngliche Tätigkeit im wirtschaftlichen Sinn weiterbetrieben worden. Der Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin sei ab 1999 in Richtung Vertrieb von Computerprogrammen, die bereits in einer anderen Firma des Ehepaares B vorhanden gewesen seien, und der Erstellung von Homepages etc. völlig geändert worden. Zum Zeitpunkt des Kaufes der Geschäftsanteile am 13. November 1998 habe es keinen greifbaren Unternehmensgegenstand bei der Beschwerdeführerin gegeben, den der Käufer hätte übernehmen können. Es habe lediglich das Konzept bzw. die Idee eines Hotelbuchungssystems für Reisende gegeben. Es habe keine Verträge mit Lieferanten und keine Vereinbarungen mit Kunden gegeben, nicht einmal das erforderliche Softwaresystem. Seit 1999 habe die einzige Tätigkeit des "Käufers" - in Bezug auf das Hotelbuchungssystem - darin bestanden, die Idee im Internet zu bewerben und ein- oder zweimal Geschäftskontakte über eine mögliche "Terminallösung" zu pflegen. Die Übernahme der Idee habe niemals zu irgendwelchen wirtschaftlichen Aktivitäten geführt. Es existiere kein Umsatz aus dieser Idee, kein Anlagevermögen und auch kein Auftragsvolumen. Das Gesamtbild der Verhältnisse zeige somit klar den Verlust der wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft. Der Mantelkauftatbestand sei verwirklicht und der gesamte Verlustabzug der Vorjahre gehe somit ab dem Jahr 1999 verloren.

Zur Finanzierung der Beschwerdeführerin sei zu bemerken: Die Gesellschafter Horst und Eva P hätten die Beschwerdeführerin im Eröffnungsjahr mit einem Stammkapital von S 500.000,-- ausgestattet. Nach Verbrauch des Stammkapitals durch die Betriebsaufwendungen des Jahres 1990 sei ab dem Jahr 1991 die Finanzierung der Betriebsausgaben über das Verrechnungskonto des Horst P erfolgt. Horst P habe der Beschwerdeführerin laufend Darlehen gewährt. Am 31. Dezember 1994 habe die Beschwerdeführerin Horst P gegenüber eine Schuld von S 1,703.530,-- ausgewiesen. Im Jahre 1995 habe die Beschwerdeführerin einen Bankkredit bei der C-Bank aufgenommen; dieses Geld sei unter Verbuchung auf dem Verrechnungskonto des Horst P (zur Tilgung seiner Forderung) für diesen entnommen worden.

Im Jahre 1997 habe Horst P (mit seiner Ehefrau Eva P) persönlich einen Kredit bei der Raiffeisenbank X aufgenommen. Das Kreditkonto laute auf Horst P und Eva P. Als Sicherheit für den Kredit sei eine Höchstbetragshypothek in Höhe von S 4,620.000,-- auf dem Einfamilienhaus der Familie P eingetragen worden. In der Folge habe Horst P die durch den Kredit beschafften Geldmittel in Höhe von S 3,642.695,30 als sein privates Darlehen an die Beschwerdeführerin weitergeleitet und auf seinem Verrechnungskonto verbucht, und zwar am 30. April mit dem Betrag von S 526.813,-- und am 5. Mai 1997 mit dem Betrag von S 3,115.882,30. Diese Kreditgewährung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer Horst P habe zu jenem Zeitpunkt die einzige Finanzierungsmöglichkeit für die Beschwerdeführerin dargestellt, da diese mangels Kapital und mangels Erlösen über keine liquiden Mittel verfügt habe. Auf Grund dieser Liquiditätssituation der Beschwerdeführerin seien alle Einlagen des Gesellschafter-Geschäftsführers Horst P ab dem Jahr 1997 steuerlich als gesellschaftsrechtlich veranlasst anzusehen. Es handle sich um eine Umschuldung von einer Verbindlichkeit gegenüber der C-Bank auf das Verrechnungskonto gegenüber Horst P. Der Gesellschafter-Geschäftsführer Horst P habe die Gesellschaftsschulden "als einziger Gläubiger" kreditiert. Unter diesen Umständen könne nicht von einem Betriebsmittelkredit der Beschwerdeführerin ausgegangen werden. Verdecktes Eigenkapital liege vor, wenn die Buchungen auf dem Verrechungskonto des Gesellschafters wegen Überschuldung der Gesellschaft als Einlage zu qualifizieren seien. Die eingelegten Beträge ersetzten fehlendes Eigenkapital.

Auf dem Verrechnungskonto des Horst P sei ersichtlich, dass in den Jahren 1997 und 1998 ein Zinsaufwand am Verrechnungskonto gebucht worden sei. Diese Zinsen stellten mangels eines Gesellschafter-Darlehens keine Betriebsausgaben der Beschwerdeführerin dar und müssten daher als verdeckte Gewinnausschüttung dem Ergebnis der Beschwerdeführerin wieder hinzugerechnet werden.

Zwischen Horst P und der Beschwerdeführerin habe es keinerlei schriftliche Darlehensverträge über die Einlagen gegeben. Es gebe daher auch keine Unterlagen, die festlegten, wie die Verbindlichkeiten von der Beschwerdeführerin hätten getilgt werden sollen oder können, und ob eine allfällige Zinsvereinbarung getroffen worden sei. Nach Ansicht der belangten Behörde seien die Darlehensverträge bei der Vermögens- und ertragslosen Beschwerdeführerin nur aus dem Gesellschaftsverhältnis erklärbar, zumal eine Rückzahlung des Darlehens faktisch als ausgeschlossen angesehen werden müsse.

Ohne die Einlagen hätte die Beschwerdeführerin mangels Kapital keine Betriebsaufwendungen tätigen können. Beim gegebenen Sachverhalt sei die "Darlehensgewährung" des Gesellschafter-Geschäftsführers Horst P an die Beschwerdeführerin nur durch sein Gesellschaftsverhältnis erklärbar. Der Gesellschafter finanziere den Verlust der Gesellschaft durch seine Einlagen. Es handle sich daher beim Verrechnungskonto Horst P in den Jahren 1997 und 1998 steuerlich stets um verdecktes Eigenkapital.

Da der Stand des Verrechnungskontos des Horst P zum 31. Dezember 1998 im Betrag von S 4,379.068,09 mit Zessionsvertrag vom 13. November 1998 an den neuen Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. B um S 250.000,-- verkauft worden sei, habe auf Grund der steuerlichen Würdigung des Verrechnungskontos des Horst P als verdecktes Eigenkapital Dr. B steuerlich eine Gesellschaft mit "hohem Eigenkapitalanteil" erworben. Dr. Horst P habe einerseits einen Geschäftsanteil im Ausmaß von 75 % des Stammkapitals um S 37.500,-- erworben und andererseits das Verrechnungskonto des Horst P als verdecktes Eigenkapital um den Preis von S 250.000,--, sodass die steuerlichen Gesamtanschaffungskosten der Beteiligung S 287.500,-- betragen würden.

Grundsätzlich könnten Gesellschafter ihrer Gesellschaft Kapital in Form von Darlehen zur Verfügung stellen. Aus der Bestimmung des § 21 BAO sei aber abzuleiten, dass, wie bei nahen Angehörigen, geprüft werden müsse, ob die formalrechtliche Gestaltung von Rechtsgeschäften ihrer wirtschaftlichen Bedeutung entspreche. Entscheidend sei, ob eine klare Gestaltung vorliege, die inhaltlich einem Fremdvergleich standhalte. Von verdeckten Einlagen werde gesprochen, wenn ein Gesellschafter seiner Gesellschaft Vermögensvorteile, z.B. in Form von Darlehen, zuwende, die äußerlich zwar nicht als Einlage in Erscheinung träten, ihre Ursache aber im Gesellschaftsverhältnis hätten. Im gegenständlichen Fall sei von Bedeutung, dass im Zeitpunkt der Darlehensgewährung im Jahre 1997 die Beschwerdeführerin, wie sich dies aus den Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen ergebe, bereits überschuldet gewesen sei. Die finanzielle Situation der Beschwerdeführerin sei so gewesen, dass kein fremder Dritter dieser vermögens-, auftrags- und ertragslosen GmbH noch Geld zur Verfügung gestellt hätte. Nur der Gesellschafter selbst habe der Gesellschaft Geld (welches er über einen Kredit bei der Raiffeisenbank X erhalten habe) überlassen. Diese besonderen finanziellen Umstände und das Fehlen jeglicher fremdüblicher Darlehensvereinbarungen zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer und der Beschwerdeführerin machten die Zuführung der Geldbeträge zur verdeckten Einlagen.

Die Zinsbeträge, die 1997 und 1998 für die "Nutzung" von verdecktem Eigenkapital angefallen seien, stellten verdeckte Gewinnausschüttungen dar. Die Zinsen, die bisher als Betriebsausgabe geltend gemacht worden seien, dürften daher nicht mehr als Betriebsausgabe anerkannt werden. Der Zinsbetrag sei als ausgeschüttet anzusehen und der Kapitalertragsteuer zu unterziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

1. Mantelkauf:

§ 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 normiert, dass der Verlustabzug (im Sinne des § 18 EStG) ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zusteht, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf). Dies gilt allerdings nicht, wenn diese Änderung zum Zwecke der Sanierung des Steuerpflichtigen mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze erfolgt.

Das Tatbestandselement der Änderung der wirtschaftlichen Struktur betrifft die wirtschaftliche Tätigkeit der Körperschaft. Um einen Mantelkauf annehmen zu können, muss sich diese in wesentlichem Umfang ändern. Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur setzt grundsätzlich einen Wechsel oder eine wesentliche Erweiterung des Unternehmensgegenstandes voraus (vgl. Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 1988, Tz 68.4.3 zu § 8).

Dass im gegenständlichen Fall einerseits eine Änderung der organisatorischen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage gegeben ist, und dass andererseits der Fall einer Änderung zum Zwecke der Sanierung des Steuerpflichtigen mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze nicht gegeben ist, steht nicht in Streit. Strittig ist im gegenständlichen Fall ausschließlich, ob auch eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur eingetreten ist, sodass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Identität des Steuerpflichtigen nicht mehr gegeben ist.

In der Beschwerde wird zunächst vorgebracht, Horst P, der seinerzeitige Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, sei an Dr. B herangetreten und habe die von ihm entwickelte Idee vorgestellt. Da sich Dr. B eine Fortentwicklung und Anpassung der Idee an die neuen Medien und eine entsprechende Vermarktung habe vorstellen können, seien Verhandlungen geführt worden. Im Zuge dieser Gespräche habe Horst P den bisherigen Entwicklungsstand erläutert und auch die von I-Italien entwickelten Unterlagen vorgelegt. Dr. B habe sich dann zur Fortführung des Unternehmens entschlossen. In der Folge sei mit Hardware-Herstellern verhandelt worden; es seien Kontakte mit der Tourismusbranche aufgebaut worden und es sei an der Weiterentwicklung der Idee gearbeitet worden. Die Beschwerdeführerin habe ab der Bestellung von Dr. B zum Geschäftsführer u.a. im Bereich der Programmentwicklung gearbeitet.

Da auch vor der Übernahme des Unternehmens die Entwicklung von Software sowie deren Vertrieb im Mittelpunkt gestanden sei, habe sich der Unternehmensgegenstand nicht geändert.

Dem Beschwerdevorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass es sich von dem durch die belangte Behörde in unbedenklicher Weise festgestellten Sachverhalt entfernt. Tatsächlicher Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin ist nämlich bis 1998 die (geplante) Vermittlung von Reisenden einerseits und Hotels andererseits gewesen. Die Beschwerdeführerin sollte den Kontakt zwischen den eine Unterkunft suchenden Reisenden und den eine Unterkunft anbietenden Beherbergungsbetrieben herstellen. Das hätte in der Weise erfolgen sollen, dass feste Terminals in Bahnhöfen, Flugplätzen, an Tankstellen, an Grenzübertrittsstellen etc. installiert würden und Reisende an diesen Terminals Informationen über freie Unterkunftsmöglichkeiten abrufen und Zimmer buchen könnten. Die Entwicklung von EDV-Programmen ist in keiner Weise Gegenstand des Unternehmens der Beschwerdeführerin gewesen. Vielmehr sollte das EDV-Programm, das für die Durchführung der geplanten Zimmervermittlung erforderlich ist, von einem außenstehenden Dritten (I-Italien) entwickelt werden; tatsächlich ist es aber zur Herstellung entsprechender Software nicht gekommen.

Ab dem Jahr 1999 ist die Beschwerdeführerin hingegen im Wesentlichen im Bereich der EDV-Tätigkeiten aufgetreten. Sie hat bestimmte Programme, welche vorher über die B-GmbH, eine andere Gesellschaft des Ehepaares B, vertrieben worden sind, vertrieben, für Kunden Homepages erstellt, Programme entwickelt und so genannte "Domainbetreuung" betrieben. Die Zimmervermittlungstätigkeit ist hingegen auch ab dem Jahr 1999 nicht betrieben worden, wenn auch die Beschwerdeführerin für diesen Bereich zwei bis drei Informationsgespräche geführt haben soll. Umsätze und Betriebseinnahmen sind ausschließlich durch die EDV-Tätigkeiten der Beschwerdeführerin erzielt worden. Im Hinblick auf diese von der Beschwerdeführerin ab 1999 ausgeübte Tätigkeit kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie von einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und sohin - nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - einem Bruch in der wirtschaftlichen Identität der Beschwerdeführerin ausgegangen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob bei der Beschwerdeführerin im Jahr 1998 der Unternehmensgegenstand "Zimmervermittlung" tatsächlich noch aufrecht gewesen oder sie bereits als inaktive Gesellschaft einzustufen gewesen ist.

Die belangte Behörde führt in ihrer Gegenschrift zutreffend aus, dass es entscheidend darauf ankommt, ob eine Änderung im Unternehmensgegenstand tatsächlich eingetreten ist. Auf die bloße Absicht von Erwerbern von Gesellschaftsanteilen, einen Unternehmensgegenstand unverändert beizubehalten, kommt es hingegen nicht an.

Die Beschwerdeführerin verweist weiters darauf, dass im Jahr 2002 ihr Unternehmensgegenstand geändert worden sei, indem das Gewerbe des Unternehmensberaters einschließlich der Unternehmensorganisation und der Vermögensberatung in ihren Unternehmensgegenstand und in ihre Tätigkeit aufgenommen worden sei. Dieses Vorbringen zeigt nicht auf, dass nicht (auch) beim Übergang vom Jahr 1998 auf das Jahr 1999 eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur erfolgt wäre.

2. Verdecktes Stammkapital:

Die Wertung von Leistungsbeziehungen zwischen Körperschaften und ihren Mitgliedern als betriebliche Vorgänge setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass die Leistungsbeziehungen unter auch gegenüber gesellschaftsfremden Personen üblichen Bedingungen erfolgen. Andernfalls liegen Ausschüttungs- bzw. Einlagevorgänge vor, auch wenn die Vorgänge in zivilrechtliche Geschäfte gekleidet werden. Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern finden nur dann steuerliche Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Es ist zu prüfen, ob die Zuwendung nach ihrem "inneren Gehalt" ihre Ursache in einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter oder im Gesellschaftsverhältnis hat. Im letzteren Fall ist die Leistung - ungeachtet einer allfälligen Bezeichnung z.B. als Darlehen - als verdeckte Einlage anzusehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 2004, 2000/13/0179, und vom 14. September 2000, 95/15/0127). Eine unklare Vertragsgestaltung, nämlich das Unterbleiben einer Vereinbarung über Rückzahlung bzw. Verzinsung, ist Anhaltspunkt dafür, dass kein echtes Gesellschafterdarlehen, sondern eine eigenkapitalersetzende Zuwendung vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1999, 97/13/0068).

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Tatsache, dass im Jahre 1997 eine Umschuldung der bestehenden Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin auf ein anderes Bankinstitut erfolgt sei und das nunmehr eröffnete Kreditkonto für den (seinerzeitigen) Geschäftsführer der Beschwerdeführerin geführt worden sei, ändere nichts daran, dass diese bestehenden Verbindlichkeiten der Sphäre der Beschwerdeführerin zuzurechnen seien und nicht der Privatsphäre des Geschäftsführers. Vor allem dürfe nicht vergessen werden, dass schon zum Zeitpunkt der Umschuldung persönliche Haftungen und Sicherheiten des Geschäftsführers erforderlich gewesen seien, sodass die Besicherung durch die persönliche Haftung des Geschäftsführers zwar formell weggefallen sei, indem der Kredit dem Geschäftsführer gewährt worden sei, jedoch davon auszugehen sei, dass der Zinsaufwand durch die gewerbliche Tätigkeit des Unternehmens veranlasst sei.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt dem Beschwerdefall nicht eine Umschuldung von Schulden der Beschwerdeführerin auf eine andere Bank vor. Im Beschwerdefall ist vielmehr entscheidend, dass der Gesellschafter Horst P (samt seiner Ehefrau) persönlich ein Darlehen (bei der Raiffeisenbank X) aufgenommen hat und dass er es gewesen ist, der das Geld in der Folge der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt hat (im Wesentlichen dafür, damit die Beschwerdeführerin damit ihren Bankkredit bei der C-Bank tilge).

Für die Beurteilung des rechtlichen Charakters der Zurverfügungstellung des Geldes durch den (seinerzeitigen) Gesellschafter Horst P an die Beschwerdeführerin konnte sich die belangte Behörde darauf stützen, dass der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre Vermögens- und Ertragssituation unbestritten kein fremder Dritter ein Darlehen gewährt hätte. Daraus konnte sie ableiten, dass die Zuführung des Geldes gesellschaftsrechtlich veranlasst gewesen ist. Zur Abrundung des Bildes konnte sie sich auch darauf stützen, dass weder eine Vereinbarung über die Rückzahlung des Darlehens noch eine klare Zinsvereinbarung getroffen wurde. Im Hinblick auf diese Umstände kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie von einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Kapitaleinlage, somit Eigenkapital der Beschwerdeführerin ausgegangen ist. Gewährt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter Zinsen auf ihr Eigenkapital, führt dies nicht zu Betriebsausgaben; es liegt vielmehr eine verdeckte Ausschüttung vor.

Das Beschwerdevorbringen, die Gesellschafter hätten schon vor der Zuführung der Geldmittel die Haftung für Schulden der Beschwerdeführerin übernommen, stellt eine für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Der Beschwerde gelingt es sohin nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. Juli 2006

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