VwGH 2004/12/0039

VwGH2004/12/003922.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des P in S, vertreten durch die Weinberger Gangl Bogensperger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Kaigasse 40, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Jänner 2004, Zl. 109.747/2-I/1/c/04, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. Versetzung in den Ruhestand nach § 22g BB-SozPG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs4;
BB-SozPG 1997 §22g Abs3 idF 2001/I/155;
BB-SozPG 1997 §22g Abs4a idF 2003/I/071;
BB-SozPG 1997 §22g idF 2001/I/155;
DVG 1984 §1;
AVG §71 Abs4;
BB-SozPG 1997 §22g Abs3 idF 2001/I/155;
BB-SozPG 1997 §22g Abs4a idF 2003/I/071;
BB-SozPG 1997 §22g idF 2001/I/155;
DVG 1984 §1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In seiner an das Landesgendarmeriekommando Salzburg als Dienstbehörde erster Instanz gerichteten Eingabe vom 25. August 2003 erklärte der Beschwerdeführer, dass er mit Ablauf des 31. Dezember 2003 gemäß § 22g Abs. 1 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes (BB-SozPG) in den Ruhestand treten werde.

Mit Bescheid vom 28. November 2003 versetzte die Dienstbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer gemäß § 22g BB-SozPG mit Ablauf des 31. Dezember 2003 in den vorzeitigen Ruhestand. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 3. Dezember d.J. zugestellt.

In seiner Eingabe vom 9. Dezember 2003 brachte der Beschwerdeführer vor, die Wahl des Zeitpunktes seiner Versetzung in den Ruhestand habe sich auf Informationen in den einschlägigen Publikationen der Zeitschrift "Die Exekutive" gegründet, wonach eine Regelung des Sozialplanes mit 31. Dezember 2003 befristet gewesen wäre. Bis zum "Eintreffen des Ruhestandsbescheides" habe er keine weitere Information über eine eventuelle Schlechterstellung bei Beibehaltung des von ihm vorgesehenen Zeitpunktes der Versetzung in den Ruhestand erhalten. Er habe nur einmal eine telefonische Verständigung davon erhalten, dass er bereits mit Ablauf des 30. November 2003 in den Ruhestand treten könnte, jedoch keine definitive Angabe über eine eventuelle finanzielle Schlechterstellung bei Pensionsantritt mit Ablauf des Jahres. Bei einem Telefonat am 9. Dezember 2003 sei ihm bekannt gegeben worden, dass er nun auf Grund seiner Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 31. Dezember 2003 eventuell mit einer massiven Einbuße seines Pensionsbezuges zu rechnen habe. Er fordere die vorgesetzte Dienstbehörde auf, "ihren Fürsorgepflichten gemäß dem Beamten-Dienstrechtsgesetz nachzukommen und dafür Sorge zu tragen, dass er nicht unverschuldet eine so gravierende Schlechterstellung erfahre".

Am 16. Dezember 2003 brachte der Beschwerdeführer im Wege der Telekopie die Berufung gegen den Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 28. November 2003 ein und brachte vor, diesen Bescheid zur Gänze aus folgenden Gründen anzufechten:

"Wie in dem Schreiben vom 9. Dezember 2003 an die Personalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg bekannt gegeben, gründeten sich meine Informationen betreffend Antritt des Ruhestandes unter anderem auf mehrere Publikationen in der Zeitschrift 'Exekutive', in der die Regelung des Sozialplanes mit Ablauf des 31.12.2003 befristet war.

...

In all diesen Publikationen wird bekannt gegeben, dass die Bestimmungen des § 22 g BB-SozPG mit dem Datum 31.12.2003 befristet sind.

Von einer Änderung des BB-SozPG laut Artikel 20 des BGBl I Nr. 71 vom 20.08.2003 war ich nicht in Kenntnis gesetzt worden, kenne diese Änderung bzw. Gesetzestext bis heute nicht und habe erstmals durch das Antwortfax des LGK Salzburg vom 11.12.2003,

14.23 Uhr davon Kenntnis erhalten.

Meine Erklärung gem. § 22 g BB-SozPG wurde somit erst fünf Tage nach dieser mir nicht bekannten Änderung im Dienstwege an das LGK Salzburg geschickt.

Am 14.10.2003, vormittags, erfolgte von dem Sachbearbeiter KI R. die telefonische Verständigung, dass ich bereits mit dem Datum 30.11.2003 in den Ruhestand treten könnte.

Inwiefern sich der von mir vorgesehene Antritt des Ruhestandes mit Datum 31.12.2003 in finanzieller Hinsicht auswirken würde, war KI R. nicht bekannt. Eine geringfügige und somit unbedeutende Schlechterstellung wäre möglich - aber nicht sicher.

Am 9. Dezember 2003, um 08.15 Uhr wurde mit KI R. telefonisch Kontakt aufgenommen. Dabei wurde mir bekannt gegeben, dass ich durch meinen vorgesehenen Pensionsantritt mit 31.12.2003 eventuell mit einer massiven Einbusse meines Pensionsbezuges zu rechnen haben würde.

Es wäre möglich, dass der vorgesehene Abzug von 26 % erhalten bleibt, es ist ein weit höherer und damit massiver Abzug nicht auszuschließen, es wäre eventuell eine Übergangsregelung möglich.

Bis zu diesem Datum (9. Dezember 2003) war es weder bei der vorgesetzten Dienstbehörde, noch der Gewerkschaft öffentlicher Dienst und nicht einmal bei dem Bundespensionsamt möglich, in Erfahrung zu bringen, wie sich ein eventueller tatsächlicher Abzug auf meine Pension auswirken wird.

Ich habe sowohl monatliche als auch jährlich Fixkosten, benötige auch für meinen Lebensunterhalt einen gewissen Geldbetrag und werde mich nach fast 37-jähriger Dienstzeit nicht zum Pensionsantritt auf ein ungewisses finanzieller Abenteuer mit nicht vorhersehbaren Folgen einlassen.

Berufungsantrag

Ich beantrage deshalb die Aufhebung des angefochtenen

Bescheides.

Des weiteren beantrage ich, meiner Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ..."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe des § 22g Abs. 1 und 4a BB-SozPG aus, der Beschwerdeführer bringe in seiner Berufung selbst vor, am 14. Oktober 2003 seitens der Dienstbehörde erster Instanz auf die Möglichkeit nach § 22g Abs. 4a BB-SozPG bereits mit 30. November d.J. aus dem Dienststand ausscheiden zu können, hingewiesen worden zu sein. Trotz dieses Hinweises habe er hievon keinen Gebrauch gemacht. Die Dienstbehörde habe daher vom Wortlaut des Antrages vom 25. August 2003 auszugehen gehabt. Da die Dienstbehörde erster Instanz mit ihrem Bescheid dem Antrag vom 25. August 2003 vollinhaltlich entsprochen habe, sei eine Berufung unzulässig. Die vorliegende Berufung habe daher als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid "in seinem Recht auf Gehör und in seinem Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" verletzt. Auf die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 2004 hin, u.a. den Beschwerdepunkt bestimmt zu bezeichnen, brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, der angefochtene Bescheid verletze ihn in seinem "Recht auf Manuduktion durch die Behörde" und in seinem "Recht auf meritorische Entscheidung". Zum Recht auf meritorische Entscheidung werde klar gestellt, dass die belangte Behörde anhand der von ihm eingebrachten Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hätte ersehen können, der Beschwerdeführer hätte den verfahrensgegenständlichen Antrag insofern modifiziert, dass eine Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 30. November 2003 gewährt werde. Hinsichtlich des verletzten Rechtes auf Manuduktion durch die Behörde werde klar gestellt, dass die belangte Behörde anhand der von ihm eingebrachten Berufung hätte ersehen müssen, dass er "einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf Beantragung eines Ausscheidens aus dem Dienststand mit Wirkung 30. November 2003" habe stellen wollen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die zur Vornahme dieser Verfahrenshandlung nötige Anleitung zu geben.

§ 22g des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes - BB-SozPG, wurde durch Art. 1 Z. 24 der 2. Dienstrechts-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 155, innerhalb des neu geschaffenen 6. Abschnittes dieses Gesetzes eingefügt; durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71, wurde dieser Bestimmung der Abs. 4a eingefügt. Die Bestimmung lautet auszugsweise:

"Vorzeitiger Ruhestand

§ 22g. (1) Der Beamte ist auf seinen schriftlichen Antrag, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, frühestens mit Ablauf des Monats, in dem er sein 55. Lebensjahr vollendet, in den Ruhestand zu versetzen, wenn kein wichtiger dienstlicher Grund entgegensteht. Der Antrag ist spätestens einen Monat vor dem beabsichtigten Wirksamkeitstermin abzugeben und hat bei sonstiger Unwirksamkeit den beabsichtigten Wirksamkeitstermin der Versetzung in den Ruhestand zu enthalten.

...

(3) Der Antrag auf Versetzung in den Ruhestand nach Abs. 1 kann vom Beamten nicht zurückgezogen werden.

...

(4a) Hat ein Beamter seine Versetzung in den Ruhestand nach Abs. 1, nach § 207n BDG 1979, nach § 13a des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 oder nach § 13a des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 zu einem nach dem 30. November 2003 liegenden Termin beantragt, so hat er wahlweise Anspruch auf

1. Vorverlegung der Versetzung in den Ruhestand auf 30. November 2003 oder

2. Aufhebung des Ruhestandsversetzungsbescheides.

Ist am 1. Juli 2003 noch kein rechtskräftiger Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand nach Abs. 1 ergangen, so kann der Beamte den Ruhestandsversetzungsantrag abweichend von Abs. 3 bzw. den entsprechenden Bestimmungen der oben angeführten Bundesgesetze auch zurückziehen. Sowohl die Anträge nach Z 1 oder 2 als auch die Zurückziehung des Ruhestandsversetzungsantrags sind bei sonstiger Unwirksamkeit bis spätestens 31. Oktober 2003 einzubringen. Mit Aufhebung des Ruhestandsversetzungsbescheides erlischt auch der Anspruch auf Sonderurlaub nach § 115f des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984.

..."

Die ErläutRV zur 2. Dienstrechts-Novelle 2001, 842 BlgNR XXI GP. 13, führen vorerst zu Abschnitt 6 des BB-SozPG aus:

"Der neue Abschnitt 6 beinhaltet jene 'Sozialplanmaßnahmen' im weitesten Sinne, die Maßnahmen der Verwaltungsreform und insbesondere Reorganisationen durch freiwillige Personalreduktion erleichtern sollen. Im Einzelnen sind dies: Vorruhestand und vorzeitige Ruhestandsversetzungen gegen versicherungsmathematisch orientierten Pensionsabschlag für Bedienstete ab 55, Abschlagszahlungen und anrechenbare Karenzurlaube für jüngere Bedienstete. Allen Maßnahmen ist gemeinsam, dass sie strikt auf dem Prinzip der Freiwilligkeit der Inanspruchnahme beruhen und zunächst bis Ende 2003 befristet sind."

Weiteres führen die genannten ErläutRV zu § 22g BB-SozPG aus:

"Zur Verbesserung der Altersstruktur der Bundesbeamten soll parallel dazu die derzeit auf Lehrer beschränkte und bewährte freiwillige vorzeitige Ruhestandsversetzung gegen erhöhten, versicherungsmathematisch orientierten Abschlag befristet auf alle Bundesbeamten und Landeslehrer ausgedehnt werden. ...

Die für Lehrer geltende Regelung (§ 207n BDG 1979) wird für die Laufzeit der geplanten Regelung suspendiert. Um eine kontinuierliche Inanspruchnahme zu gewährleisten, gelten Ruhestandsversetzungen nach § 207n BDG 1979 und Anträge darauf, die ab dem Jahr 2002 wirksam werden sollen, als Ruhestandsversetzungen bzw. Anträge darauf nach § 22g BB-SozPG. Dasselbe gilt für die entsprechenden Regelungen der Landeslehrer-Dienstrechtsgesetze."

Die ErläutRV zum Budgetbegleitgesetz 2003, 59 BlgNR XXII. GP, 81, führen zu § 22g Abs. 4a BB-SozPG aus:

"Eine Ruhestandsversetzung nach § 22g BB-SozPG kann auf Grund der Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters und damit des Abschlagsgrenzalters zu einem empfindlich höheren Abschlag führen als ursprünglich geplant. Abs. 4a gibt den davon betroffenen Beamtinnen und Beamten das Recht, die Ruhestandsversetzung entweder um einen Monat vorzuverlegen oder weiter im Dienststand zu bleiben."

Da die Dienstbehörde erster Instanz mit ihrem Bescheid vom 28. November 2003 dem unstrittig bis dahin nicht modifizierten Antrag des Beschwerdeführers zur Gänze Rechnung getragen hatte, bestehen gegen die Zurückweisung der Berufung als unzulässig keine Bedenken (vgl. die in Walter/Thienel, AVG I2, unter E 68 zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Soweit der Beschwerdeführer ein Recht auf meritorische Entscheidung und damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides daraus ableitet, die belangte Behörde hätte an Hand der Berufung ersehen können, dass der Beschwerdeführer den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand dahingehend modifiziert hätte, mit Ablauf des 30. November 2003 in den Ruhestand versetzt zu werden, vermag er damit Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid schon deshalb nicht zu erwecken, weil der eingangs wiedergegebenen Berufung die von der Beschwerde behauptete Modifizierung des begehrten Zeitpunktes der Ruhestandsversetzung nicht zu entnehmen ist. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass eine Auslegung der Berufung in die Richtung, der Beschwerdeführer ziehe nunmehr seinen Antrag auf Ruhestandsversetzung nach § 22g BB-SozPG zurück, einerseits von der Beschwerde nicht in Erwägung gezogen wird, andererseits nach § 22g Abs. 3 und 4a dritter Satz BB-SozPG - sofern Abs. 4a leg. cit. überhaupt im Beschwerdefall anzuwenden wäre - die Zurückziehung des Ruhestandsversetzungsantrages bei sonstiger Unwirksamkeit bis spätestens 31. Oktober 2003 einzubringen gewesen wäre.

Ebenso wenig vermag der Verwaltungsgerichtshof der Berufung ein Begehren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entnehmen, zumal gemäß § 1 DVG in Verbindung mit § 71 Abs. 4 AVG zur Entscheidung über einen solchen Antrag die Erstbehörde berufen gewesen wäre, sodass der Beschwerdeführer durch die Zurückweisung seiner Berufung nicht in den von ihm bezeichneten Rechten verletzt wurde.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 22. Dezember 2004

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte