Normen
AVG §1;
AVG §70;
AVG §74;
RAO 1868 §16 Abs3;
RAO 1868 §47 Abs1;
RAT §23 Abs1 idF 1999/I/071;
RAT idF 1999/I/071;
RAT TP9 Z1 litb idF 1999/I/071;
VStG §24;
VStG §51a Abs3;
VStG §51a;
AVG §1;
AVG §70;
AVG §74;
RAO 1868 §16 Abs3;
RAO 1868 §47 Abs1;
RAT §23 Abs1 idF 1999/I/071;
RAT idF 1999/I/071;
RAT TP9 Z1 litb idF 1999/I/071;
VStG §24;
VStG §51a Abs3;
VStG §51a;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 3. November 1999 wurde E. D. für schuldig erkannt, eine Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG begangen zu haben. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte rechtzeitig Berufung und stellte unter einem den Antrag, ihm Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zu gewähren.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 2000 wurde E. D. für das Berufungsverfahren in der oben bezeichneten Angelegenheit die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers bewilligt. Mit Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Vorarlberg vom 31. März 2000 wurde der Beschwerdeführer dazu bestellt.
Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde das gegen E. D. geführte Verwaltungsstrafverfahren mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2000 rechtskräftig (im Sinne einer Herabsetzung der verhängten Strafe) abgeschlossen.
Mit Eingabe vom 4. Februar 2004 beantragte der Beschwerdeführer die Erstattung der ihm als Verfahrenshilfeverteidiger entstandenen Barauslagen (Fahrtkosten, Kopien und Porti im Gesamtbetrag von EUR 20,44).
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 30. Juni 2004 gab die belangte Behörde diesem Antrag gemäß § 74 Abs. 1 AVG iVm § 24 VStG keine Folge. Begründend verwies sie darauf, dass gemäß § 24 VStG ein Ersatz von Kosten, die einem Beteiligten erwachsen seien, grundsätzlich nach den Regeln des AVG zu beurteilen seien, da das VStG in den §§ 64 ff nur Regelungen bezüglich der Strafverfahrenskosten der Behörde enthalte. Gemäß § 74 Abs. 1 AVG habe jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten. Nach § 74 Abs. 2 erster Satz AVG bestimmten die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zustehe. Im vorliegenden Fall wäre daher ein durch den unabhängigen Verwaltungssenat zu bestimmender Kostenersatz an den Einschreiter nur dann in Betracht gekommen, wenn dies durch eine besondere gesetzliche Regelung angeordnet gewesen wäre. Eine solche gesetzliche Regelung bestehe aber nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 24 VStG erster Satz gilt, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren (mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen).
Nach dem gemäß § 24 Abs. 1 erster Satz VStG im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten.
Gemäß § 51a VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat, wenn der Beschuldigte außer Stande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, wenn und soweit dies im Interesse der Verwaltungsrechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist.
Nach § 16 Abs. 3 RAO haben die in der Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte für die Leistungen, für die die nach §§ 45 oder 45a bestellten Rechtsanwälte zufolge verfahrensrechtlicher Vorschriften sonst keinen Entlohnungsanspruch hätten, an diese Rechtsanwaltskammer einen Anspruch darauf, dass sie jedem von ihnen aus dem ihr zugewiesenen Betrag der Pauschalvergütung einen gleichen Anteil auf seinen Beitrag zur Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Hinterbliebenenversorgung anrechnet, soweit nicht ein Anspruch auf Vergütung nach Abs. 4 besteht.
Nach § 47 Abs. 1 RAO hat der Bund dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag für die Leistungen der nach § 45 bestellten Rechtsanwälte, für die diese zufolge verfahrensrechtlicher Vorschriften sonst keinen Entlohnungsanspruch hätten, jährlich spätestens zum 30. September für das laufende Kalenderjahr eine angemessene Pauschalvergütung zu zahlen. Auf die für das laufende Kalenderjahr zu zahlende Pauschalvergütung sind Vorauszahlungen in angemessenen Raten zu leisten.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid aus dem Grund für inhaltlich rechtswidrig, weil die Bestimmung des § 18 Abs. 1 RAO, insbesondere aber auch die Bestimmungen der §§ 64 ff ZPO anzuwenden seien. Auch in Art. 4 Abs. 2 der Verfahrensordnung der EMRK sowie in Art. 94 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei der Ersatz von Fahrtkosten vorgesehen. Der Beschwerdeführer habe sich nicht gegen seine Bestellung zum Verfahrenshilfeverteidiger durch die Rechtsanwaltskammer wehren können, zumal keine persönlichen Gründe im Verhältnis zum Beschuldigten vorgelegen seien. Es könne aber nicht sein, dass er als Pflichtverteidiger auch die aus Eigenem gezahlten Kosten für Fahrt- und Kopieaufwand nicht ersetzt erhalten solle. Dies würde eine Verletzung von Grundrechten, wie etwa der Unverletzlichkeit des Eigentums, bedeuten.
Vorausgeschickt sei, dass der UVS seine Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag des Verfahrenshelfers auf Bestreitung von Barauslagen aus Amtsgeldern zu Recht in Anspruch genommen und in der Sache entschieden hat: Nach der Rechtsprechung richtet sich die Zuständigkeit zur Entscheidung von Fragen, die nicht unmittelbar die Hauptsache betreffen, mit dieser aber in einem besonders engen Zusammenhang stehen, nach den für die Hauptsache geltenden Verfahrensvorschriften. Dies wurde für die Zuständigkeit zur Entscheidung über prozessuale Fragen ebenso bejaht (VfSlg. 8874/1980), wie für die Zuständigkeit zur Erlassung von Feststellungsbescheiden bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung (vgl. das Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 96/09/0088) und für das in Wiederaufnahmssachen anzuwendende Verfahrensrecht, insbesondere für den Instanzenzug (Walter/Thienel, § 70 AVG, E 19). Auch in Kostensachen hat die in der Hauptsache zuständige Behörde zu entscheiden (Walter/Thienel, aaO, § 74, E 12). Da der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Bestellung als Verfahrenshelfer und unter Berufung auf diese Bestellung den Ersatz von Barauslagen aus Amtsgeldern verlangt, und das Gesetz in § 51a Abs. 3 VStG das Einzelmitglied des UVA zur Entscheidung über die Verfahrenshilfe beruft, gelten auch für die hier in Rede stehende Angelegenheit eines Barauslagenersatzes für den Verfahrenshelfer aus Amtsgeldern jene Verfahrens- (und Zuständigkeits)Vorschriften, welche für die Erledigung von Anträgen auf Verfahrenshilfe vor dem UVS gelten.
Die auf § 74 AVG iVm § 24 VStG gestützte Begründung der belangten Behörde ist schon aus dem Grunde verfehlt, weil der zum Verfahrenshilfeverteidiger einer Partei bestellte Rechtsanwalt nicht selbst Partei (oder Beteiligter) dieses Verfahrens ist.
Die Beschwerde erweist sich aber dennoch als unbegründet:
Die RAO verwendet zur Bezeichnung des bei Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenshilfe entfallenden und durch Ansprüche auf Zuweisung von Anteilen der Pauschalvergütung ersetzten Honoraranspruchs des Rechtsanwaltes den Begriff des Entlohnungsanspruchs (vgl. §§ 16 Abs. 3 und § 47 RAO). Den Anspruch auf Entlohnung des Rechtsanwaltes regelt im Wesentlichen das Rechtanwaltstarifgesetz (RATG), BGBl. Nr. 189/1969, in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 71/1999, und zwar (vgl. § 1 leg. cit) "nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs". Die Vorschriften des RATG gelten nicht nur für den vom Gericht nach den jeweiligen Verfahrensvorschriften zu bestimmenden Kostenersatzanspruch, sondern auch im Verhältnis des Rechtsanwaltes zur vertretenen Partei (vgl. § 1 Abs. 2 RATG) , wobei jedoch das Gesetz zum Teil differenziert: so ist zB für den gerichtlichen Kostenersatzanspruch bei Entlohnung von Leistungen, die unter die Tarifposten 1, 2, 3, 4 oder 7 fallen, an Stelle aller unter die Tarifposten 5, 6 und 8 fallenden Nebenleistungen und an Stelle des Ersatzes für die Postgebühren im Inland gemäß § 23 Abs. 1 RATG nur der Einheitssatz heranzuziehen, während der Rechtsanwalt gegenüber der von ihm vertretenen Partei an Stelle des Einheitssatzes die einzelnen Nebenleistungen verrechnen darf (§ 23 Abs. 2 RATG).
Für alle Leistungen, für die das RATG einen Tarifansatz vorsieht, der entweder über bloßen Ersatz von baren Auslagen hinausgeht oder beider Festlegung von Honorartarifen nicht darauf Bedacht nimmt, ob dem Rechtsanwalt neben der Zeitversäumnis und der Mühewaltung bei der und durch die Erbringung der Vertretungsleistung auch Spesen entstanden sind, gilt im Entlohnungsfalle nur der jeweils im Tarif festgesetzte Honoraranspruch. Es sind nicht auch überdies jene Barauslagen zu ersetzen, welche mit diesem Honoraranspruch abgegolten werden sollen. Dies gilt gemäß § 23 Abs. 1 RATG insbesondere auch für die mit dem Einheitssatz abgegoltenen Nebenleistungen einschließlich des Portos.
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass der im Verhältnis der Rechtsanwaltskammern zum Bund für die Ermittlung der Pauschalvergütung als Grundlage heranzuziehende Entlohnungsanspruch jener ist, den die Gerichte bei ihrer Kostenentscheidung heranzuziehen haben. In diesem Rahmen entfällt der Entlohnungsanspruch des im Rahmen der Verfahrenshilfe tätigen Rechtsanwaltes zugunsten der Berücksichtigung dieser (fiktiven) Honorare bei der Berechnung der im Sinne des § 47 RAO zu leistenden Pauschalvergütung. Soweit aber ein Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer keinen Entlohnungsanspruch hat, steht ihm daher kein Ersatz jener "Barauslagen" zu, die ansonsten mit dem entfallenden (aber durch die Pauschalvergütung ersetzten) Entlohnungsanspruch abgegolten sind.
Porti, die mit dem Einheitssatz nach § 23 RATG abgegolten sein würden, gebühren daher ebensowenig, wie die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Reisegebühren (Kilometergeld), weil auch ein Reisegebührenanspruch nach Tarifpost 9 als nach dem Vorgesagten entfallender Entlohnungsanspruch bei der Pauschalvergütung zu berücksichtigen ist. Hinsichtlich des Kilometergeldes wäre in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, dass dieses nur gebührt, wenn ein Massenbeförderungsmittel überhaupt oder ohne bedeutenden Zeitverlust nicht benützt werden kann (vgl. TP 9 Z. 1 lit b RATG).
Nicht als Barauslagen anzusehen sind schließlich auch die vom Beschwerdeführer geltend gemachten, jedoch weder näher definierten noch belegten Kopierkosten, die - insoweit sonst wohl erforderliche Schreibleistungen von Kanzleiangestellten ersetzend - wie auch andere Kosten, die mit der Führung einer Rechtsanwaltskanzlei verbunden sind, mit dem (hier: fiktiven) Honoraranspruch für die jeweils erbrachte Leistung abgegolten werden.
Barauslagen, wie sie zB Kosten eines Dolmetschers darstellen würden, wenn dessen Beiziehung in einer Besprechung zur Verständigung des als Verfahrenshelfers bestellten Rechtsanwaltes mit der vertretenen Partei erforderlich wäre, hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. Es muss daher aus dem Blickwinkel dieses Beschwerdefalles auch nicht untersucht werden, ob und gegebenenfalls auf welcher Rechtsgrundlage ein solcher Anspruch auf Barauslagenersatz für gemäß § 51 a VStG bestellte Verfahrenshelfer bestünde.
Die Beschwerde war daher schon aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. Jänner 2006
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