VwGH 2004/07/0142

VwGH2004/07/014218.11.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der S in P, vertreten durch Dr. Dietbert Helbig-Neupauer, Rechtsanwalt in Wien, Johannesgasse 15, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 30. Juni 2004, Zl. MA 64-BE 1/2004, betreffend Müllsammelbehälterentleerung, zu Recht erkannt:

Normen

AWG Wr 1994 §16;
AWG Wr 1994 §22;
AWG Wr 1994 §48;
AWG Wr 1994 §49;
B-VG Art118 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AWG Wr 1994 §16;
AWG Wr 1994 §22;
AWG Wr 1994 §48;
AWG Wr 1994 §49;
B-VG Art118 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte beim Magistrat der Stadt Wien die Herabsetzung der Zahl der Entleerungen des Restmüllbehälters für die Liegenschaft Wien, Cgasse 7, von 260 pro Jahr auf 52 pro Jahr.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 10. Dezember 2003 wurde dieser Antrag abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin berief.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 30. Juni 2004 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 22 des Wiener Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. 13/1994, zuletzt geändert durch die Novelle LGBl. Nr. 49/2001 (Wr AWG). Er betrifft eine Angelegenheit der öffentlichen Müllabfuhr.

Angelegenheiten der öffentlichen Müllabfuhr sind in dem mit "Sammlung und Abfuhr von Müll" überschriebenen 4. Abschnitt Wr AWG geregelt.

Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen dieses

4. Abschnittes lauten:

"Öffentliche Müllabfuhr

§ 16. Der Gemeinde Wien obliegt zum Schutz des öffentlichen Interesses (§ 1 Abs. 2) die Sammlung und Abfuhr des Mülls, der im Gebiet des Landes Wien angefallen ist, durch die öffentliche Müllabfuhr, vorbehaltlich der in § 18 geregelten Ausnahmen."

"Festsetzung der Art und Zahl der Sammelbehälter sowie der Zahl der Einsammlungen

§ 22. (1) Der Magistrat hat durch Bescheid für Liegenschaften die jeweilige Art und Zahl der Sammelbehälter sowie die Zahl der jährlichen Einsammlungen festzusetzen, wobei auf das öffentliche Interesse (§ 1 Abs. 2), insbesondere auf sanitäre Notwendigkeiten, auf die Brandverhütung sowie auf betriebliche Gegebenheiten der öffentlichen Müllabfuhr, Bedacht zu nehmen ist.

(2) Der Inhalt der Sammelbehälter ist jährlich mindestens 52mal einzusammeln. Wenn öffentliche Interessen, insbesondere sanitäre Notwendigkeiten, die Brandverhütung oder betriebliche Gegebenheiten der öffentlichen Müllabfuhr es erfordern, hat der Magistrat von Amts wegen oder auf Antrag des Liegenschaftseigentümers mit Bescheid die Anzahl der Sammelbehälter oder die Zahl der Einsammlungen den Erfordernissen entsprechend für einzelne Liegenschaften zu erhöhen oder größere Sammelbehälter festzusetzen.

(3) Bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse, die für die Festsetzung der Zahl der jährlichen Einsammlungen des Inhaltes der Sammelbehälter oder die Festsetzung der Art oder Zahl der Sammelbehälter maßgebend waren, hat der Magistrat auf schriftlichen Antrag des Liegenschaftseigentümers die Zahl der jährlichen Einsammlungen oder die Art oder Zahl der Sammelbehälter bescheidmäßig neu festzusetzen.

..................."

Die für die Zuständigkeit im Beschwerdefall maßgeblichen

Bestimmungen der §§ 48 und 49 Wr AWG lauten:

"Behörden

§ 48. Behörden sind, soweit nicht anderes bestimmt ist, in erster Instanz der Magistrat und in zweiter Instanz die Landesregierung."

"Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

§ 49. Die Gemeinde Wien hat ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen."

Aus § 16 Wr AWG ergibt sich, dass die Sammlung und Abfuhr des Mülls eine Aufgabe der Gemeinde Wien ist, die von dieser durch die öffentliche Müllabfuhr zu besorgen ist.

Der Angelegenheiten der öffentlichen Müllabfuhr regelnde

4. Abschnitt Wr AWG enthält sowohl Aufgaben privatwirtschaftlicher als auch hoheitlicher Natur.

§ 16 Wr AWG verpflichtet die Gemeinde Wien, die Sammlung und Abfuhr des Mülls durch die öffentliche Müllabfuhr zu besorgen, überträgt der Gemeinde Wien also die Aufgaben der öffentlichen Müllabfuhr, gleichgültig, ob diese privatwirtschaftlich oder mit Mitteln der Hoheitsverwaltung zu besorgen sind.

Sind aber auch die hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Müllabfuhr Aufgabe der Gemeinde Wien, dann sind sie nach § 49 Wr AWG im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu besorgen.

§ 49 Wr AWG, der die Besorgung der in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde Wien im eigenen Wirkungsbereich anordnet, bestimmt hinsichtlich der Behördenzuständigkeit "anderes" als § 48 leg.cit. Der Instanzenzug in jenen Vollzugsangelegenheiten des Wr AWG, die dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zuzuordnen sind, richtet sich nicht nach § 48 Wr AWG, sondern nach den für den eigenen Wirkungsbereich geltenden Bestimmungen.

Im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde kommt der Landesregierung keine Zuständigkeit zu (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 2001, 98/02/0174).

Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin nicht zuständig.

Die Unzuständigkeit der belangten Behörde war vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifen, auch wenn sie von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1995, 94/17/0427, VwSlgNF 14.331/A und die dort angeführte Rechtsprechung).

Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Kostenantrages auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 18. November 2004

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