VwGH 2004/06/0020

VwGH2004/06/002021.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des RR in H, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 21. Jänner 2004, Zl. BHBR-I- 3300.00-2003/0014, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. H AG in L, 2. Marktgemeinde H, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
BauG Vlbg 1972 §2 lite;
BauG Vlbg 1972 §2 litg;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs8;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs2;
GdG Vlbg 1985 §53 Abs1;
AVG §45 Abs3;
BauG Vlbg 1972 §2 lite;
BauG Vlbg 1972 §2 litg;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs8;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs2;
GdG Vlbg 1985 §53 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 2001/06/0095, verwiesen werden.

Gegenstand des vorliegenden Baubewilligungsverfahrens ist die bei einer Besichtigung an Ort und Stelle festgestellte Planabweichung bei der Ausführung des mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. November 1998 unter Auflagen bewilligten Bauvorhabens (nämlich der Errichtung eines Mehrfamilienhauses, bestehend aus 8 Wohneinheiten und 9 Tiefgarageneinstellplätzen) auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG. H. Entgegen der Auflage Pkt. 20 dieses Baubewilligungsbescheides wurde das Bauvorhaben um 21 cm höher als festgelegt ausgeführt.

Mit Eingabe vom 19. November 1999 beantragte die erstmitbeteiligte Partei die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für diese Planabweichung.

Mit dem im ersten Rechtsgang letztinstanzlich ergangenen gemeindebehördlichen Bescheid vom 12. Dezember 2000 wurde die Baubewilligung für diese Planabweichung erteilt.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 31. Mai 2001 als unbegründet ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hob in der Folge auf Grund einer Beschwerde des Beschwerdeführers diesen Vorstellungsbescheid mit dem angeführten Vorerkenntnis auf, da der Berufungsbescheid vom 12. Dezember 2000 nach seinem objektiven Wortlaut dem Bürgermeister zuzurechnen war und daher die unzuständige Behörde über die Berufung entschieden hatte.

Die belangte Behörde hob mit Bescheid vom 14. Mai 2003 den Berufungsbescheid vom 12. Dezember 2000 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück.

Mit Bescheid vom 14. August 2003 wies die Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Zu der vom Beschwerdeführer aus abstandsrechtlichen Gründen gerügten umhausten Tiefgarageneinfahrt des Bauvorhabens wurde ausgeführt, dass es sich beim gegenständlichen Bauvorhaben um eine Tiefgarage mit überdachter Abfahrt handle und der Abstand zum Grundstück des beschwerdeführenden Nachbarn mit 2 m eingehalten werde. Das Bauverfahren sei ohne Einsprüche durchgeführt worden, ein Bewilligungsbescheid sei ergangen. Nach weitgehender Fertigstellung des Bauvorhabens habe der Beschwerdeführer festgestellt, dass die Bauausführung 20 cm höher als bewilligt erfolgt sei. Dieser Umstand sei vom Bauamt geprüft worden, wobei diese 20 cm der Deckenstärke entsprächen. Abstandsrelevant seien im vorliegenden Fall ausschließlich die Garagenabfahrten. Die erstmitbeteiligte Partei habe in der Folge einen Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für die Planabweichung gestellt. In der gegen den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid gerichteten Berufung habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, es handle sich dabei um ein Gebäude und nicht bloß um ein Bauwerk, weshalb ein dreimetriger Mindestabstand einzuhalten gewesen wäre.

Dazu stelle die Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde fest, dass für den Nachbarn Präklusion eingetreten sei. Von diesem sei das Bauwerk als solches akzeptiert worden, es stelle sich auch nach der festgestellten Planabweichung immer noch als das Gleiche dar. Der Abstand werde vor der Feststellung dieser Planabweichung und danach mit jeweils 2 m eingehalten, eine Anhebung um 20 cm habe den Abstand nicht verändert. Es handle sich um keinen neuen Bauantrag, sondern um eine Planabweichung, die keine wesentliche Änderung des Bauvorhabens darstelle. Es handle sich weiters um einen untergeordneten Bauteil eines überwiegend unterirdischen Gebäudes, das durch diese Planabweichung genehmigt worden sei. Eine überdachte Zufahrt könne nach Meinung der Berufungskommission nie Bestandteil eines Gebäudes sein. Es handle sich um ein Bauwerk, da es den gesetzlichen Kriterien entspreche. Ein Gebäude gemäß § 2 lit. g Vlbg. BauG sei ein überdachtes Bauwerk, das von Menschen betreten werden könne und mindestens einen Raum allseits oder überwiegend umschließe. Diese überdachte Garagenzufahrt sei nicht überwiegend von Wänden umschlossen, nach Berechnung des Bauamtes betrügen die Außenwände 44 % des umschlossenen Raumes, zudem sei die Raumhöhe an der höchsten Stelle nur 2 m. Ohne eine entsprechende Überdachung wäre diese Garagenzufahrt überhaupt als unterirdisches Gebäude mit einem gebotenen Mindestabstand von 1 m zu beurteilen. Diese Überdachung diene nicht dem Aufenthalt von Menschen, sondern dem Schutz der Nachbarn, insbesondere im Hinblick auf Lärmemissionen, naturgemäß auch dem Schutz gegen Niederschläge für die Fahrbahnrampe.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Berufungskommission mit Verordnung der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Oktober 1988 eingerichtet worden sei. Gemäß § 53 Abs. 1 Vlbg. Gemeindegesetz könne die Gemeindevertretung "in den Angelegenheiten des § 50 Abs. 1 lit. a Z. 13, wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit oder Einfachheit gelegen ist, durch Verordnung einer Berufungskommission die Befugnis übertragen, in ihrem Namen Entscheidungen und Verfügungen zu treffen oder sonstige Amtshandlungen vorzunehmen".

Aus dem klaren Gesetzeswortlaut ergebe sich, dass die Gültigkeitsdauer einer solchen Verordnung nicht mit der Funktionsperiode der jeweiligen Gemeindevertretung begrenzt sei. Darüber hinaus enthalte die Verordnung der Gemeinde auch keine zeitliche Begrenzung der Gültigkeitsdauer. Würde man der Ansicht des Beschwerdeführers folgen, würde dies dazu führen, dass die Gemeindevertretung nach § 53 Abs. 4 Vlbg. Gemeindegesetz mit Verordnung für jede neu eingerichtete Berufungskommission jeweils eine neue Geschäftsordnung erlassen müsste. Eine derartige Auslegung sei dem Vlbg. Gemeindegesetz nicht zu entnehmen.

Nach § 2 lit. g Vlbg. BauG 1972, LGBl. Nr. 39 i.d.F. LGBl. Nr. 72/1997, sei ein Gebäude ein überdachtes Bauwerk, das von Menschen betreten werden könne und mindestens einen Raum allseits oder überwiegend umschließe. Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Umhausung der Tiefgarageneinfahrt als Bauwerk anzusehen. Diese sei nach den Plänen und auch in der Natur ersichtlich so erstellt worden, dass sie im Einfahrtsbereich zur Gänze und seitlich in etwa je zur Hälfte offen ausgeführt worden sei. Der rückwärtige Teil sei geschlossen. Ob es sich um ein Gebäude handle, sei nur in Bezug auf die Wände und die sonstigen seitlichen Umfassungsflächen zu beurteilen. Dach- und Bodenflächen seien in die Beurteilung nicht einzubeziehen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 94/06/0014). Nach Auffassung der belangten Behörde handle es sich bei der Tiefgarageneinfahrt als Umhausung um ein Bauwerk nach § 2 lit. e Vlbg. BauG 1972, für das ein baurechtlicher Mindestabstand von 2 m gemäß § 6 Abs. 8 leg. cit. gelte. Dieser Mindestabstand sei somit eingehalten worden. Die Erhöhung um 20 cm führe zu keiner neuen Beurteilung.

Ein lediglich allgemein gehaltenes Vorbringen dergestalt, dass sich eine Außenwand im Bauabstandsbereich verändert habe und deshalb keine Präklusion der Nachbarrechte vorliege, stelle begrifflich keine Behauptung der Verletzung eines subjektivöffentlichen Rechtes im Sinne einer Einwendung dar.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass ihm offenbar existierende Verordnungen der mitbeteiligten Gemeinde über die Bestellung und den Bestellungsumfang einer Berufungskommission und über die Beschlussfassung einer Geschäftsordnung für diese aus den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts nicht vorgehalten und mit ihm nicht erörtert worden seien. Sofern der Verwaltungsgerichtshof verlange, dass ein konkreter Mangel dieser Verordnungen dargetan werden müsste, um die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels darzulegen, beantrage der Beschwerdeführer, dass ihm diese Verordnungen mit der Gegenschrift übermittelt würden. Der Beschwerdeführer meint weiters, dass eine Unzuständigkeit der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vorliege, weil die Gültigkeit einer Verordnung, mit der die Gemeindevertretung gemäß § 53 Abs. 1 Vlbg. GemeindeG eine Berufungskommission installiere, mit der Funktionsperiode dieser Gemeindevertretung begrenzt sei. Die Neubestellung der Mitglieder der Berufungskommission durch die neu gewählte Gemeindevertretung könne eine entsprechende Verordnung der Gemeindevertretung nicht ersetzen. Die Gemeinde habe daher durch ein nicht konstituiertes Organ entschieden, weshalb die belangte Behörde den bei ihr angefochtenen Bescheid aufheben hätte müssen.

Gemäß § 53 Abs. 1 Vlbg. Gemeindegesetz (GG.) kann die Gemeindevertretung in den Angelegenheiten des § 50 Abs. 1 lit. a Z. 13, wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit oder Einfachheit gelegen ist, durch Verordnung einer Berufungskommission die Befugnis übertragen, in ihrem Namen Entscheidungen und Verfügungen zu treffen oder sonstige Amtshandlungen vorzunehmen.

Gemäß § 53 Abs. 2 erster und zweiter Satz leg. cit. besteht eine Berufungskommission aus einem Vorsitzenden und mindestens fünf, höchstens aber sieben weiteren Mitgliedern. Der Vorsitzende und die weiteren Mitglieder sind von der Gemeindevertretung auf die Dauer ihrer Funktionsperiode zu wählen.

Gemäß § 53 Abs. 4 leg. cit. hat die Gemeindevertretung durch Verordnung eine Geschäftsordnung zu erlassen, die insbesondere nähere Bestimmungen über die Einberufung der Sitzungen, die Abstimmung und die Geschäftsbehandlung zu enthalten hat.

Gemäß § 50 Abs. 1 Z. 13 GG. bedürfen eines Beschlusses der

Gemeindevertretung im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde

"a) in behördlichen Angelegenheiten

1. ...

13. Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide des

Gemeindevorstandes und des Bürgermeisters in Angelegenheiten des

eigenen Wirkungsbereiches, soweit gesetzlich nichts anderes

bestimmt ist, ... ."

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt keine Berechtigung zu. In § 53 Abs. 1 GG. wird der Gemeindevertretung die Ermächtigung eingeräumt, die Besorgung bestimmter Angelegenheiten auf die Berufungskommission zu übertragen. In dieser Verordnungsermächtigung finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Übertragungsverordnung jeweils nur für die Funktionsperiode jener Gemeindevertretung, die diese Verordnung beschlossen hat, gelten soll. Es ist vielmehr von der unbefristeten Geltung einer solchen Verordnung auszugehen, wobei es jeder neu gewählten Gemeindevertretung freisteht, eine derartige Verordnung aufzuheben oder abzuändern. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bestand auch keine Verpflichtung der Berufungskommission oder der belangten Behörde, die Übertragungsverordnung vom 18. Oktober 1988 bzw. die Geschäftsordnung der Berufungskommission dem Beschwerdeführer vorzuhalten und mit ihm zu erörtern. Diese Verordnungen sind generelle Normen, nämlich Durchführungsverordnungen gemäß Art. 18 Abs. 2 B-VG, die u.a. die Grundlage für die Zuständigkeit der Berufungsbehörde bildeten. Die beiden Verordnungen sind an der Amtstafel der mitbeteiligten Marktgemeinde entsprechend kundgemacht worden. Es handelt sich dabei nicht um Ergebnisse der Beweisaufnahme im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG betreffend den für die Angelegenheit maßgeblichen Sachverhalt, in Bezug auf die Parteiengehör eingeräumt hätte werden müssen (vgl. die in Walter - Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 709, E. 423, angeführte hg. Judikatur).

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass er im Recht auf Parteiengehör auch insofern verletzt sei, als der erstinstanzliche Bescheid davon spreche, dass "nach Berechnung des Bauamtes ... die Außenwände 44 % des umschlossenen Raumes" ausmachten. Die Tiefgarageneinfahrt bilde nach Ansicht des Beschwerdeführers einen umschlossenen Raum und sei bis auf schmale Seitenschlitze offen, also auf drei Seiten, darunter den beiden langen Seiten, umschlossen. Zu der im vorliegenden Fall maßgeblichen Frage, ob es sich bei der Tiefgarageneinfahrt um ein Bauwerk oder um den Bestandteil eines Gebäudes handle, sei kein Ermittlungsverfahren geführt und auch keine der zwingend notwendigen Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden. Offenbar meine die Behörde, allein mit dem hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 94/06/0014, den Beschwerdefall lösen zu können. Die Aussagen dieses Erkenntnisses hätten eine reine Überdachung einer Industriefläche ohne Seitenwände betroffen. Maßgeblich sei, ob ein Raum vorliege, denn, so der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis, ein "überwiegendes Umschließen" liege dann vor, wenn das Bauvorhaben dadurch raumbildenden Charakter erhalte. Im vorliegenden Fall gehe es um einen von Mauern gebildeten Raum und nicht um ein Flugdach ohne jegliche Außenwände. Auch die erstinstanzliche Behörde habe ausdrücklich von einem "umschlossenen Raum" gesprochen, der zu einem bestimmten Prozentsatz durch Außenwände umschlossen sei. Der angefochtene Bescheid hätte so konkrete Feststellungen zu den Ausmaßen, zur baulichen Gestaltung und zum Erscheinungsbild der Tiefgarageneinfahrt, zur Tiefgarage selbst und zu den baulichen Beziehungen zwischen dem Wohnblock, der Tiefgarage und der Tiefgarageneinfahrt im Verhältnis zueinander zu treffen gehabt, dass diese Feststellungen eine Überprüfung der Rechtsfrage durch den Verwaltungsgerichtshof ermöglichten. Alle diese Feststellungen fehlten im angefochtenen Bescheid.

Auch diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Es trifft zwar zu, dass der angefochtene Bescheid mangelhaft begründet ist, die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels wurde vom Beschwerdeführer jedoch nicht dargetan.

Im vorliegenden Fall ist gemäß § 56 Abs. 1 Vlbg. BauG, LGBl. Nr. 52/2001, das Vlbg. BauG 1972, LGBl. Nr. 39/1972, zuletzt geändert durch die Novelle, LGBl. Nr. 64/2000 (BauG), anzuwenden.

§ 2 lit. e) und lit. g) BauG definieren die Begriffe "Bauwerk" und "Gebäude" wie folgt:

"Im Sinne dieses Gesetzes ist

  1. a) ...

e) Bauwerk eine Anlage, zu deren fachgerechter

Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und die mit

dem Boden in Verbindung steht;

f) ...

g) Gebäude ein überdachtes Bauwerk, das von Menschen

betreten werden kann und mindestens einen Raum allseits oder

überwiegend umschließt, ... ."

Gemäß § 6 Abs. 7 BauG müssen oberirdische Gebäude mindestens 3 m von der Nachbargrenze entfernt sein.

Gemäß § 6 Abs. 8 BauG hat der Abstand von der Nachbargrenze bei oberirdischen Bauwerken, ausgenommen Gebäude und Einfriedungen oder sonstige Wände bis zu einer Höhe von 1,80 m über dem Nachbargrundstück, mindestens 2 m und bei unterirdischen Bauwerken mindestens 1 m zu betragen, falls nicht der Nachbar einem geringeren Abstand zustimmt und die im Abs. 9 genannten Interessen nicht beeinträchtigt werden.

Gemäß § 6 Abs. 9 BauG kann die Behörde wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes oder aus Gründen einer zweckmäßigeren Bebauung mit Genehmigung des Gemeindevorstandes von den in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abständen Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt werden.

Die belangte Behörde ist zutreffend von den Überlegungen des hg. Erkenntnisses vom 17. November 1994, Zl. 94/06/0014, zum Begriff des Gebäudes im Sinne des § 2 lit. g BauG ausgegangen. Nach diesem Erkenntnis ist - jedenfalls zur Beurteilung, ob die Abstandsvorschriften des § 6 Abs. 7 oder Abs. 8 BauG anzuwenden sind - die allseitige oder überwiegende Umschlossenheit im Sinne des § 2 lit. g BauG nur unter Bedachtnahme auf die Wände zu beurteilen.

Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob für die umhauste Tiefgarageneinfahrt der in § 6 Abs. 8 BauG vorgeschriebene Abstand maßgeblich ist. Wie die belangte Behörde in diesem Zusammenhang dazu auf der Grundlage der Pläne ausführt, ist die fragliche Umhausung, und die belangte Behörde bezieht sich dabei offensichtlich im Sinne des § 6 Abs. 8 BauG auf die Umhausung, soweit sie oberirdisch ist, im Einfahrtsbereich zur Gänze und seitlich jeweils in etwa zur Hälfte offen, während der rückwärtige Teil geschlossen ist. Allein aus dieser Darstellung der Umfassungswände der Tiefgarageneinfahrt ergibt sich, dass ausgehend von den Umfassungswänden nicht von einem Bauwerk, das mindestens einen Raum überwiegend umschließt, gesprochen werden kann. Dass die belangte Behörde dabei die auch an der rückwärtigen Außenwand der Tiefgarageneinfahrt nach den Plänen vorgesehene Öffnung nicht berücksichtigt hat, ist deshalb nicht von Bedeutung, weil daraus nur ein noch geringeres Ausmaß an Umfassungswänden resultiert. Konkreterer Feststellungen des Ausmaßes der vorgesehenen Umfassungswände der Umhausung der Tiefgarageneinfahrt, die an Hand der Pläne (aus der Nord-, Ost- und Westansicht) möglich gewesen wären und die auch von der Berufungsbehörde - wie eine im Akt einliegende Berechnung des Ausmaßes der Fläche der vorgesehenen Umfassungswände zeigt, auf die sich das im Berufungsbescheid angegebene Ausmaß an Umfassungswänden von 44% offensichtlich stützte - intern vorgenommen wurden, bedurfte es daher im vorliegenden Fall nicht mehr. Der Beschwerdeführer wendet sich auch nicht gegen die durch die belangte Behörde dargelegte Ausgestaltung der Umfassungswände. Wenn er zu den Ausführungen im Berufungsbescheid meint, an den Seitenwänden seien nur schmale Schlitze offen, geht er offensichtlich nicht nur von den oberirdischen Seitenwänden der Umhausung aus. Er führt selbst keine auch ihm an Hand der Pläne mögliche konkrete Berechnungen des Ausmaßes der fraglichen Umfassungswände ins Treffen, die die Überlegungen der belangte Behörde in Frage stellen könnten. Die Behörden haben daher zutreffend die vorliegende Garageneinfahrt als Bauwerk und nicht als Gebäude im Sinne des § 2 lit. g BauG qualifiziert und die Abstandsregelung des § 6 Abs. 8 BauG herangezogen.

Weiters meint der Beschwerdeführer, dass die Tiefgarage Teil des Untergeschosses des konsentierten Wohnhauses sei. Die Tiefgarage bilde mit dem Keller eine Einheit.

Dem ist zu entgegnen, dass ein derartiger - wie im vorliegenden Fall - gegenüber dem Wohnhaus getrennt oberirdisch in Erscheinung tretender Bauteil (die dem Wohnhaus am nächsten gelegene Wand der Tiefgarageneinfahrt ist ca. 4 m von der nördlichen Außenwand des Wohnhauses gelegen) für sich an den Begriffen "Gebäude" bzw. "Bauwerk" zu messen ist, auch wenn das Wohnhaus mit der Tiefgarageneinfahrt und der Tiefgarage ein einheitliches Bauvorhaben darstellt.

Die beschwerdeführende Partei hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist:

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK dem entgegensteht.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson, Z. 46 und Z. 49; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 10. August 2000, Zl. 2000/07/0083, und vom 14. Mai 2003, Zl. 2000/08/0072). Dieser Umstand liegt aber auch im gegenständlichen Fall vor, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als nicht berechtigt und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Juni 2005

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