Normen
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §71;
BauRallg;
KlGG Wr 1996 §8;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §71;
BauRallg;
KlGG Wr 1996 §8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstückes der Kleingartenanlage "Miss in Kögeln" in der KG Ober St. Veit. Für dieses Grundstück besteht eine baubehördliche Genehmigung zur Errichtung eines Kleingartenhauses mit einer bebauten Fläche von 34,98 m2.
Anlässlich einer am 24. September 2003 an Ort und Stelle durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vom Leiter der Amtshandlung festgestellt, dass an der Nordseite des bewilligten Kleingartenhauses ein Zubau im Ausmaß von ca. 3,15 m x 1,90 m (5,99 m2) und an der Ostseite ein Zubau im Ausmaß von ca. 6,40 m x 2,10 m (13,44 m2), jeweils in einer Holz-Glaskonstruktion, ohne baubehördliche Bewilligung errichtet wurden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde den Beschwerdeführern gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) aufgetragen, diese vorschriftswidrigen Zubauten binnen 8 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu entfernen. In der Begründung ihres Bescheides führt die belangte Behörde aus, mit den beiden Zubauten werde die für die hier geltende Widmung "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" zulässige bebaubare Fläche von maximal 35 m2 überschritten. Eine Umwidmung "für ganzjähriges Wohnen" sei bisher nicht erfolgt. Gemäß § 16 Abs. 2 zweiter Satz des Wiener Kleingartengesetzes 1996 dürften zwar Terrassen bis zu einer Größe von zwei Dritteln des Ausmaßes der bebauten Fläche des Kleingartenhauses errichtet werden, die Errichtung von Zubauten bedürfe jedoch gemäß § 8 Abs. 1 dieses Gesetzes einer baubehördlichen Bewilligung, die vor deren Herstellung zu erwirken sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde sei unrichtig zusammengesetzt gewesen. Dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, wer an der Entscheidung mitgewirkt hat. Der Vorsitzende der belangten Behörde dürfe nicht gleichzeitig den Bescheid unterfertigen.
Die im Beschwerdefall in der Fassung des LGBl. Nr. 10/2003 anzuwendenden, in der BO enthaltenen Regelungen über die belangte Behörde haben folgenden Wortlaut (auszugsweise):
"Bauoberbehörde
§ 138.
(1) Die Bauoberbehörde besteht aus einem Vorsitzenden und vier Beisitzern. Für den Vorsitzenden und jeden Beisitzer ist ein Stellvertreter zu bestellen. Der Landeshauptmann bestellt den Vorsitzenden, seinen Stellvertreter, die Beisitzer und die Ersatzbeisitzer auf jeweils fünf Jahre. Sie bleiben bis zur Bestellung ihrer Nachfolger im Amt. Scheidet ein Mitglied oder Ersatzmitglied aus, ist unverzüglich ein Nachfolger zu bestellen.
(2) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter sind auf Vorschlag des Landesamtsdirektors aus dem Kreise der rechtskundigen Bediensteten des Magistrats zu bestellen. Ein Beisitzer (Ersatzbeisitzer) ist aus dem Kreise des höheren technischen Dienstes des Magistrats und ein weiterer Beisitzer (Ersatzbeisitzer) aus dem Kreise der Amtsärzte des Magistrats, jeweils auf Vorschlag des Landesamtsdirektors, zu bestellen. Als weitere Beisitzer (Ersatzbeisitzer) sind ein Baumeister auf Vorschlag der Wirtschaftskammer Wien sowie ein Architekt oder Ingenieurkonsulent für das Bauwesen auf Vorschlag der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland zu bestellen; wird das Vorschlagsrecht innerhalb einer Frist von drei Monaten nicht ausgeübt, geht es auf den Landesamtsdirektor über.
...
(7) Die Sitzungen der Bauoberbehörde werden vom Vorsitzenden (seinem Stellvertreter) einberufen. Die Bauoberbehörde ist beschlussfähig, wenn der Vorsitzende (sein Stellvertreter) und wenigstens zwei Beisitzer (Ersatzbeisitzer) anwesend sind. Den Sitzungen kann ein rechtskundiger Bediensteter des Magistrates als Berichterstatter beigezogen werden.
(8) Der Vorsitzende (sein Stellvertreter) leitet die Beratung und Abstimmung. Die Beschlüsse werden mit unbedingter Stimmenmehrheit gefasst; der Vorsitzende (sein Stellvertreter) stimmt zuletzt. Bei Stimmengleichheit ist diejenige Meinung zum Beschluss erhoben, der der Vorsitzende (sein Stellvertreter) beigetreten ist.
(9) Dem Vorsitzenden (seinem Stellvertreter) obliegt es, die Bescheide der Bauoberbehörde zu unterfertigen und im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof erforderlichenfalls ohne Einholung eines Beschlusses der Bauoberbehörde in deren Namen die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen, Gegenschriften zu erstatten, Stellungnahmen abzugeben und einen Vertreter zu bestellen; der Beschluss der Bauoberbehörde ist nachträglich einzuholen. Mit der Unterfertigung von Bescheiden, Gegenschriften und Stellungnahmen kann der Vorsitzende (sein Stellvertreter) einen Beisitzer beauftragen."
In der von der belangten Behörde vorgelegten Niederschrift vom 25. Februar 2004 über ihre 1. Sitzung im Jahre 2004, in welcher auch die hier angefochtene Entscheidung beschlossen wurde, werden fünf Personen namentlich als stimmberechtigte Mitglieder angeführt, die ihre Anwesenheit in einer "Anwesenheitsliste" mit Unterschrift bestätigt haben. Der im angefochtenen Bescheid als Genehmigender und Vorsitzender genannte Senatsrat wurde vom Landeshauptmann von Wien mit Wirkung vom 21. August 2003 auf die Dauer von fünf Jahren zum Vorsitzenden der belangten Behörde bestellt. Die weiteren in der angeführten Niederschrift genannten Personen wurden vom Landeshauptmann von Wien mit Wirkung vom 21. August 2003 ebenfalls auf die Dauer von fünf Jahren zu Mitgliedern der belangten Behörde bestellt. Es ergeben sich somit keine Anhaltspunkte für die von den Beschwerdeführern behauptete, jedoch nicht näher begründete unrichtige Zusammensetzung der belangten Behörde. Aus dem Bescheid selbst muss nicht erkennbar sein, welche Organwalter mitgewirkt haben (siehe die bei Moritz, Bauordnung für Wien, Seite 330, referierte Rechtsprechung). Im Übrigen stützen die Beschwerdeführer ihr Vorbringen zur behaupteten absoluten Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides auf eine Rechtslage, die im Beschwerdefall nicht anzuwenden ist. Die zitierten Bestimmungen des § 138 BO sind durch das Gesetz LGBl. Nr. 2003/10 abgeändert worden.
Auch die unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Unterschrift behauptete absolute Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides ist nicht gegeben. Nach der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung des § 18 Abs. 4 AVG bedurfte es für schriftliche Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurden, weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung. Aus der Art und Form des vorliegenden angefochtenen Bescheides, welcher insbesondere auch eine DVR-Nummer enthält, ist für den Verwaltungsgerichtshof offenkundig, dass der angefochtene Bescheid mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung hergestellt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1998, Zl. 98/05/0142). Die fehlende Unterschrift des Genehmigenden in der an die Beschwerdeführer übermittelten Ausfertigung ändert daher an der Rechtsgültigkeit des angefochtenen Bescheides nichts. Ein Amtssiegel ist keine Voraussetzung für das Vorliegen eines Bescheides (vgl. § 58 AVG, der Inhalt und Form der Bescheide regelt).
Gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (BO) ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen. Aufträge sind an jeden Miteigentümer des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten.
Das den Beschwerdeführern gehörende Grundstück, auf welchem die vom Bauauftrag erfassten Zubauten errichtet wurden, ist als "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet" gewidmet, und auf diese Fläche ist daher das Wiener Kleingartengesetz 1996 anzuwenden.
Gemäß § 8 Abs. 1 Wiener Kleingartengesetz 1996 ist für Neu-, Zu- und Umbauten von auf entsprechend gewidmeten Grundstücken errichteten Kleingartenhäusern eine Baubewilligung erforderlich.
Gemäß § 12 Abs. 1 Wiener Kleingartengesetz 1996 darf das Ausmaß der bebauten Fläche gemäß § 80 Abs. 1 BO im "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet" nicht mehr als 35 m2 betragen. Die bebaute Fläche darf 25 vH der Fläche des Kleingartens nicht überschreiten.
Gemäß § 16 Abs. 2 zweiter Satz Wiener Kleingartengesetz 1996 dürfen Terrassen bis zu einer Größe von zweit Dritteln des Ausmaßes der bebauten Fläche des Kleingartenhauses bis zu einer Gesamtfläche von 25 m2 je Kleingarten errichtet werden. Überdachungen von Terrassen dürfen das Gesamtausmaß von einem Viertel des Ausmaßes der bebauten Fläche des Kleingartenhauses nicht überschreiten. Diese Flächen werden den bebauten Flächen des Kleingartens nicht zugerechnet.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes führen die Beschwerdeführer aus, es liege kein Zubau vor. Durch die Anbringung einer Glaskonstruktion sei der Wohnraum nicht erweitert worden. Die Terrasse bestehe nach wie vor.
In der Verhandlungsschrift über die von der Baubehörde erster Instanz an Ort und Stelle durchgeführte mündliche Verhandlung wurde zu beiden als "vorschriftswidrige Zubauten" bezeichneten, hier relevanten Bauteilen des Kleingartenhauses festgehalten, dass sie "in einer Holz-/Glaskonstruktion errichtet" sind. In ihrer Berufung führten die Beschwerdeführer aus, dass die so errichtete Terrasse in der Form eines Wintergartens ausgestaltet worden sei.
Gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO fallen unter Zubauten alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter und lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Dachgauben. Ausgehend von den in diesem Paragraphen auch enthaltenen Begriffsbestimmungen
für ein Gebäude ("... eine raumbildende bauliche Anlage ...") und
für einen Raum ("... wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres
Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist") hat die belangte Behörde zutreffend die nunmehr durch eine Holz-/Glaskonstruktion umschlossene, in Form eines Wintergartens ausgestaltete Terrasse als Zubau beurteilt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0032).
Für Zubauten von Kleingartenhäusern ist aber eine Baubewilligung gemäß § 8 Wiener Kleingartengesetz 1996 erforderlich. Eine Prüfung der Zubauten unter dem Gesichtspunkt des § 71 BO - wie von den Beschwerdeführern gefordert - könnte an der Bewilligungspflicht nichts ändern.
Die in der Beschwerde behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt ebenfalls nicht vor. Bezüglich der Erteilung von Entfernungsaufträgen enthält das Wiener Kleingartengesetz 1996 keine Sonderreglung, weshalb gemäß § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes insoweit die Bauordnung für Wien gilt. Im baupolizeilichen Auftragsverfahren gemäß § 129 Abs. 10 BO ist nicht zu prüfen, ob die Möglichkeit der Erwirkung einer nachträglichen Bewilligung besteht (vgl. die bei Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften, 4. Auflage, E 73 zu § 129 Abs. 10 BO, Seiten 773 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung), weshalb es nicht von Relevanz ist, ob die Beschwerdeführer im Bauauftragsverfahren die Möglichkeit hatten vorzubringen, dass sie um nachträgliche Baubewilligung ansuchen werden. Die erstmals in der Beschwerde erhobene Behauptung, die vom Bauauftrag erfassten Baulichkeiten seien vom Bestand nicht trennbar, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beachtliche Neuerung gemäß § 41 Abs. 1 VwGG dar. Bei Aufträgen betreffend die Behebung eines konsenswidrigen Zustandes gemäß § 129 Abs. 10 BO ist auch die - von den Beschwerdeführern für wesentlich erachtete - wirtschaftliche Zumutbarkeit nicht zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1973, Zl. 907/73). Eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren vor der Behörde erster Instanz ist als saniert anzusehen, weil die Beschwerdeführer die Möglichkeit hatten, das ihnen im erstinstanzlichen Bescheid zur Kenntnis gebrachte Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit Berufung zu bekämpfen und dazu Stellung zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. November 2003, Zl. 2000/07/0234).
Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. März 2005
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)