VwGH 2004/04/0099

VwGH2004/04/009918.5.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Ing. J in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 9. Februar 2004, GZ. 66.455/4-IV/10/03, betreffend Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes (mitbeteiligte Partei:

D GmbH in E, vertreten durch MMag. Dr. Michael Michor & Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Bahnhofstraße 16), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §41;
AVG §8;
MinroG 1999 §116 Abs1;
MinroG 1999 §116 Abs3 Z3;
MinroG 1999 §116 Abs3;
MinroG 1999 §116 Abs6;
AVG §41;
AVG §8;
MinroG 1999 §116 Abs1;
MinroG 1999 §116 Abs3 Z3;
MinroG 1999 §116 Abs3;
MinroG 1999 §116 Abs6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 9. Februar 2004 wurde der von der mitbeteiligten Partei vorgelegte Gewinnungsbetriebsplan für den "Dolomitbergbau K-Süd" für den Zeitraum vom 1. Juni 2004 - 31. Mai 2009 unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt. Begründend wurde u.a. ausgeführt, die mitbeteiligte Partei beabsichtige die Neuauffahrung eines Steinbruchs in der KG K. Das Abbaufeld liege auf einem Hochplateau südlich der Ortschaft K. Cirka 600 m nordöstlich des geplanten Abbaues befinde sich der bestehende Steinbruch der mitbeteiligten Partei, der durch die Tauernautobahn vom geplanten neuen Abbaugebiet getrennt sei. Die Fahrbahn der Tauernautobahn sei ca. 80 bis 120 m unterhalb des Abbaubereiches gelegen. Die Gewinnungstätigkeiten würden mittels Bohr- und Sprengarbeiten erfolgen. Vorab sei die Herstellung eines Förderstollens und eines Sturzschachtes geplant. Nach Fertigstellung des Schacht- und Stollensystems werde ausgehend vom Schachtkopf ein trichterartiger Geländeeinschnitt hergestellt, der schrittweise erweitert werde. Das hereingewonnene Hauwerk werde über den Sturzschacht bzw. Stollen über eine Förderbandanlage in den bestehenden Steinbruch abgefördert. Die Aufweitung des Tagbaues bis zu einer Aufnahme des Regelbetriebes werde eine Dauer von ca. fünf Jahren in Anspruch nehmen. Hiezu würden im Vertikalabstand von 15 m Etagen eingezogen und der Abbau trichtermäßig in die Tiefe erweitert. Im Regelbetrieb werde die Lagerstätte oberhalb des Niveaus 630 m ü.A. durch kontinuierliche Aufweiterung und Vertiefung der Abbaumulde erfolgen. Betreffend die hydrogeologische Situation im Umfeld des geplanten Projektes könnte zwar eine Beeinträchtigung der Quellen im Bereich der A Teiche derzeit nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Was aber die Auswirkungen des Tagbaues auf die hydrogeologische Situation innerhalb der ersten fünf Jahre anlange, sei bei derzeitigem Kenntnisstand eine direkte Beeinflussung der Quellen nicht zu erkennen. Die tatsächlich vorgefundenen geologisch-tektonischen Verhältnisse (Trennflächengefüge, Klüftung, Verkarstung, Störungen etc.) seien im Zuge der Aufschluss- und Abbautätigkeiten zu erheben und die Erkenntnisse daraus in Verbindung mit den Ergebnissen der weiterlaufenden quantitativen Messungen einer Überprüfung des hydrogeologischen Modells zu Grunde zu legen. Durch die Fortsetzung der quantitativen Messungen in der dargelegten Form könne eine potenzielle Beeinflussung bzw. Veränderung der Bergwasserverhältnisse frühzeitig festgestellt und entsprechende Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden. Betreffend die Frage, ob nach dem Stand der medizinischen oder der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften durch die nach dem Gewinnungsbetriebsplan zu erwartenden Emissionen eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit oder eine unzumutbare Belästigung von Personen zu erwarten sei, könne auf Grund der - näher dargestellten - schalltechnischen, schwingungstechnischen und luftreinhaltetechnischen Sachverständigengutachten festgestellt werden, dass derartige Auswirkungen nicht zu erwarten seien. Auch sei keine Gefährdung von der mitbeteiligten Partei nicht zur Benützung überlassenen Sachen zu erwarten. Die Genehmigungsvoraussetzungen seien erfüllt, eine Beeinträchtigung oder Gefährdung der Nachbarn u.a. des Beschwerdeführers nicht zu erwarten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich - seinem gesamten Vorbringen zufolge - durch den angefochtenen Bescheid in dem ihm nach dem MinROG gewährleisteten Nachbarrechten verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, der geplante Abbau befinde sich in einem ruhigen, landschaftlich schönen Erholungsgebiet. Da sich das abzubauende Kalkvorkommen über viele hundert Quadratkilometer erstrecke, scheine es nicht erforderlich, hiefür die schönsten Gebiete anzugreifen. Der Beschwerdeführer betreibe Zimmervermietung und "Urlaub am Bauernhof", sein Betrieb sei gut besucht und auf Grund der Lage ein beliebtes Motiv für Fotografen und Maler. Durch die Errichtung eines Steinbruches direkt vor dem Haus werde die Zimmervermietung und des gesamte Landschaftsbild schwer beeinträchtigt. Im angefochtenen Bescheid seien keine Obergrenzen betreffend Lärm- und Staubentwicklung sowie den Einsatz der Sprengmittel angeführt. Durch die sich daraus ergebenden Möglichkeiten für die mitbeteiligte Partei könnten die Wiesen des Beschwerdeführers durch Staub und Gestein verschmutzt und seine Gebäude durch Erschütterungen beschädigt werden. Die belangte Behörde habe das Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahmen in den Bescheid aufgenommen, ohne die materielle Wahrheit zu überprüfen. Eine Ist-Bestandsaufnahme der Staubentwicklung sei nicht durchgeführt worden. Betreffend die Lärmentwicklung sei während der Verhandlung für einige Minuten beim Wohnhaus des Beschwerdeführers gemessen worden; daraus könne kein repräsentativer Wert abgeleitet werden. Bezüglich der gefährdeten Quellen seien überhaupt keine behördlichen Messungen vorgenommen worden. Durch den trichterförmigen Gesteinsabbau nach unten sei anzunehmen, dass die am Trichterrand vorhandenen Quellen, die zur Viehtränke und zur Speisung der A Teiche dienten, beeinträchtigt würden. Vorkehrungen zur Sicherung dieser Quellen seien im angefochtenen Bescheid jedoch nicht enthalten. Schließlich habe der Beschwerdeführer das Recht der Holzlieferung auf dem durch das geplante Abbaugebiet führenden "Bweg", der durch das Projekt verlegt werden solle. Durch die Wegverlegung und durch die zeitweise Sperre bei Sprengungen sei dieses Recht beeinträchtigt. Dies sei im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt worden. Die Kundmachung zur mündlichen Verhandlung sei seitens der Gemeinde W. schließlich erst einen Tag vor dem Verhandlungstermin öffentlich ausgehängt worden, sodass sich die betroffene Bevölkerung nicht habe vorbereiten bzw. nicht an der Verhandlung habe teilnehmen können.

Gemäß § 116 Abs. 1 Mineralrohstoffgesetz (MinROG) sind Gewinnungsbetriebspläne, erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu genehmigen, wenn bestimmte, in den Z. 1 bis 9 genannte Voraussetzungen erfüllt sind, u.a. jene, dass im konkreten Fall nach dem besten Stand der Technik vermeidbare Emissionen unterbleiben (Z. 5), dass nach dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen zu erwarten ist (Z. 6), sowie dass keine Gefährdung von dem Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern (§ 119 Abs. 59) zu erwarten ist (Z. 7).

Parteien im Genehmigungsverfahren sind gemäß § 116 Abs. 3 MinROG neben dem Genehmigungswerber (Z. 1) und den Eigentümern der Grundstücke, auf deren Oberfläche der Aufschluss und/oder der Abbau erfolgt (Z. 2) die Nachbarn (Z. 3): das sind im Sinne dieser Bestimmung alle Personen, die durch die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten.

Unter einer Gefährdung von Sachen ist gemäß § 116 Abs. 6 MinROG die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes der Sache nicht zu verstehen.

Die den Nachbarn des Genehmigungsverfahrens eingeräumte Parteistellung vermittelt diesen das Recht, dass eine beantragte Genehmigung nur dann erteilt wird, wenn ihre durch das MinROG geschützten Interessen gewahrt bleiben. Sie haben Anspruch darauf, dass die Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes dann unterbleibt, wenn trotz Vorschreibung von Bedingungen oder Auflagen nicht im Sinne des § 116 Abs. 1 MinROG zu erwarten ist, dass sie durch den Aufschluss oder Abbau weder in ihrem Leben, in ihrer Gesundheit, in ihrem - dem Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen - Eigentum oder in ihren sonstigen dinglichen Rechten gefährdet noch in unzumutbarer Weise belästigt werden. Das MinROG räumt den Nachbarn jedoch kein subjektivöffentliches Recht darauf ein, dass unabhängig von einer konkreten Gefährdung oder Belästigung im dargestellten Sinn die Genehmigung wegen eines sonstigen - im MinROG verankerten - Genehmigungshindernisses unterbleibt; die Wahrnehmung solcher öffentlicher Interessen obliegt alleine der zur Vollziehung des MinROG berufenen Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/04/0027, siehe zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach den §§ 74 f GewO 1994 auch das hg. Erkenntnis vom 15. September 2004, Zlen. 2004/04/00142, 0143, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Von dieser Rechtslage ausgehend hat die belangte Behörde eine Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in den ihm nach dem MinRoG gewährleisteten Rechten verneint. Soweit er demgegenüber eine Verschmutzung seiner Wiesen durch Staub und Gestein, eine Beschädigung seines Gebäudes durch Erschütterung sowie eine Lärmbelästigung befürchtet, ist er zunächst auf die nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigendarlegungen zu verweisen, wonach weder gefährdende, noch unzumutbar belästigende Staubimmissionen zu erwarten sind, noch gegenüber dem Ist-Maß erhöhte Lärmimmissionen, noch erschütterungsbedingte Schäden an Gebäuden. Betreffend eine Gefährdung der Quellen im Bereich der A Teiche wurde festgehalten, dass eine solche zwar derzeit nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, eine direkte Beeinflussung der Quellen durch die Auswirkungen des künftigen Tagbaues innerhalb der ersten fünf Jahre - die Genehmigung wurde für fünf Jahre erteilt - nach derzeitigem Kenntnisstand aber nicht zu erkennen sei.

Diesen - wie erwähnt nicht als unschlüssig zu erkennenden - Darlegungen ist der Beschwerdeführer auf gleicher fachlicher Ebene nicht entgegengetreten. Die belangte Behörde konnte daher darauf zu Recht ihre Annahme stützen, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Beeinträchtigungen seien - während des genehmigten Zeitraumes - nicht zu erwarten.

Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen aber eine Eigentumsgefährdung geltend macht, ist überdies darauf hinzuweisen, dass der Nachbar im Verfahren zur Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes nur den Schutz seines Eigentums vor Vernichtung der Substanz geltend machen kann, nicht aber eine (bloße) Minderung des Verkehrswertes; einer Vernichtung der Substanz ist allerdings der Verlust der Verwertbarkeit gleichzuhalten, der bereits dann anzunehmen ist, wenn die nach der Verkehrsauffassung übliche bestimmungsgemäße Sachnutzung oder Verwertung ausgeschlossen ist (vgl. nochmals das obzitierte Erkenntnis vom 30. Juni 2004). Dass die mit dem angefochtenen Bescheid der mitbeteiligten Partei erteilte Genehmigung derartige Auswirkungen auf das Eigentum des Beschwerdeführers nach sich zöge, ist - wie dargelegt - nicht zu erwarten; auch der Beschwerdeführer hat solche Auswirkungen weder konkret noch fachlich fundiert behauptet.

Mit dem Vorbringen, die gesamte Landschaft und ihr Bild werde durch den verfahrensgegenständlichen Abbau schwer beeinträchtigt, zeigt er keine Verletzung der ihm nach dem MinROG gewährleisteten, oben dargestellten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte auf. Zum - erstmals in der vorliegenden Beschwerde erhobenen - Vorwurf, durch die Verlegung und zeitweise Sperrung des B-Weges würde sein Recht auf Holzlieferung beeinträchtigt, ist jedoch - abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen unter das Neuerungsverbot gemäß § 41 VwGG fällt - zu bemerken, dass eine Gefährdung dinglicher Rechte (soweit diese überhaupt neben dem Aufschluss oder Abbau bestehen können) nur dann anzunehmen ist, wenn deren bestimmungsgemäße Nutzung auf Dauer unmöglich gemacht würde (siehe dazu das zur vergleichbaren Rechtslage nach den §§ 74 f GewO 1994 ergangene hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/04/0019); dies ist selbst nach dem Beschwerdevorbringen nicht der Fall.

Mit dem Vorwurf, die Kundmachung zur mündlichen Verhandlung sei nicht so rechtzeitig erfolgt, dass "die betroffene Bevölkerung" sich vorbereiten bzw. an der Verhandlung teilnehmen konnte, macht der Beschwerdeführer, der nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten an der Verhandlung teilgenommen und Einwendungen vorgebracht hat, schließlich kein ihm gesetzlich gewährleistetes Recht geltend, sondern "ein Recht der betroffenen Bevölkerung"; dazu fehlt ihm die Legitimation.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Umsatzsteuer betreffende Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im zuerkannten Pauschbetrag bereits enthalten ist.

Wien, am 18. Mai 2005

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