VwGH 2003/21/0221

VwGH2003/21/022127.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des S, vertreten durch Mag. Klaus Haberler, Rechtsanwalt in 2620 Neunkirchen, Triester Straße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 20. August 2003, Zl. Fr 855/2003, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75;
EMRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs3;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75;
EMRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein seinen Angaben zufolge am 25. August 1985 geborener Staatsangehöriger von Senegal, reiste nach seinen Behauptungen am 20. Juni 2002 illegal in das Bundesgebiet ein. Der in der Folge gestellte Asylantrag wurde bisher noch nicht erledigt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. August 2003 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z 1 iVm §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Diese Maßnahme stützte die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11. Juni 2003 nach § 28 Abs. 2 (letzte Alternative) und Abs. 3 (erster Fall) Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt worden sei. Die belangte Behörde stellte die dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Straftaten im Einzelnen fest. Danach habe der Beschwerdeführer - zusammengefasst - im Zeitraum Mai bis November 2002 Suchtgift in großer Menge (insgesamt 222 Gramm Heroin und 20 Gramm Kokain) in der Absicht in Verkehr gesetzt (an namentlich genannte Abnehmer "gewinnbringend" verkauft), sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Dabei habe das Gericht die bisherige Unbescholtenheit mildernd gewertet, erschwerend hingegen, dass der Beschwerdeführer "in einem kurzen Zeitraum mit einer so großen Menge Suchtgift" gehandelt habe.

Den Rechtsausführungen im angefochtenen Bescheid ist die Ansicht der belangten Behörde zu entnehmen, es sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG erfüllt, weil der Beschwerdeführer von einem inländischen Gericht zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden sei. Die belangte Behörde - so lassen sich die weiteren Überlegungen zusammenfassen -

folgerte daraus unter Bedachtnahme auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und auf die insoweit bestehende große Wiederholungsgefahr, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Der beschäftigungslose Beschwerdeführer sei ledig und habe in Österreich keine Familienangehörigen. Seine finanzielle Situation sei "angespannt", zumal er bei seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme "keine Barmittel" habe nachweisen können. Selbst wenn man von einem relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausginge, würden seine privaten Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich - auch angesichts der noch nicht allzu langen Dauer seines Aufenthaltes - das besonders hohe öffentliche Interesse an der Hintanhaltung und Unterbindung des Suchtgifthandels keineswegs überwiegen. Die belangte Behörde erachtete die Erlassung des Aufenthaltsverbotes deshalb unter dem Gesichtspunkt der Abwägung nach § 37 FrG für zulässig und eine Ermessensübung im Sinne einer Abstandnahme von dieser Maßnahme nicht für gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen hat:

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 36 Abs. 1 FrG die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 36 Abs. 2 Z 1 FrG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der Beschwerdeführer stellt die eingangs erwähnte strafgerichtliche Verurteilung ebenso wenig in Abrede wie die darauf gegründete - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, es sei vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 erster Fall FrG erfüllt.

Die Beschwerde wendet sich allerdings gegen die Ansicht der belangten Behörde, es sei die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Sie rügt in diesem Zusammenhang die Unterlassung der Beischaffung des gesamten Strafaktes und der Akten des Asylverfahrens sowie die mangelnde Bedachtnahme auf das "Teilgeständnis" als Milderungsgrund, auf seine damalige finanzielle "Notsituation" und auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer selbst Drogen konsumiert habe.

Entgegen der Beschwerdemeinung sind die zuletzt angeführten Umstände für sich genommen jedenfalls nicht geeignet, dem Beschwerdeführer eine günstige Zukunftsprognose zu erstellen. Zu Recht hat die belangte Behörde auf die mit der Suchtgiftkriminalität im Allgemeinen verbundene große Wiederholungsgefahr hingewiesen, von der auch im vorliegenden Fall angesichts der (auch in der Beschwerde zugestandenen) Mittellosigkeit des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem in der Vergangenheit gezeigten Verhalten - gewerbsmäßiger Heroin- und Kokainhandel in großem Umfang während eines unmittelbar nach der Einreise beginnenden, bis zu seiner Betretung nicht unbeträchtlichen Zeitraumes - auszugehen ist. Eigener Drogenkonsum und ein dadurch gegebener zusätzlicher finanzieller Bedarf tragen aber nur zur Bestärkung dieser Prognosebeurteilung bei, an der schließlich auch das jugendliche Alter des Beschwerdeführers nichts zu ändern vermag. Zu den insoweit behaupteten Verfahrensmängeln ist der Beschwerde keine ausreichende Relevanzdarstellung zu entnehmen. Es ist somit nicht erkennbar, welche entscheidungswesentlichen Feststellungen aus den genannten Akten zu treffen gewesen wären.

Sowohl unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung nach § 37 FrG als auch in Bezug auf die Ermessensübung nach § 36 Abs. 1 FrG betont die Beschwerde mehrfach, dass der Beschwerdeführer für den Fall der Abschiebung nach Senegal "lebensbedrohende Konsequenzen" befürchte, wie er bereits im Verwaltungsverfahren unter Bezugnahme auf die Angaben im Asylverfahren geltend gemacht habe. Dazu hat schon die belangte Behörde im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen wird, der Fremde habe in ein bestimmtes Land auszureisen oder er werde dorthin abgeschoben (vgl. aus der letzten Zeit etwa das Erkenntnis vom 15. Oktober 2003, Zl. 2003/21/0159), sodass die hier behaupteten, mit einer Abschiebung des Beschwerdeführers (angeblich) verbundenen Folgen der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstehen. Die damit angesprochene Frage der Unzulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat (§ 57 FrG) ist Gegenstand anderer Verfahren (vgl. § 8 AsylG; § 75 FrG und § 56 Abs. 2 FrG).

Soweit die Beschwerde Ermittlungsdefizite und Feststellungsmängel in Bezug auf die persönlichen, beruflichen und finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers geltend macht, wird nicht konkret dargetan, zu welchen relevanten Ergebnissen weitere Erhebungen geführt hätten. Insbesondere werden den von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, in Österreich lebten keine Bezugspersonen, in der Beschwerde auch keine konkreten Behauptungen zum Bestehen maßgeblicher familiärer oder privater Bindungen entgegen gesetzt. Die auch in diesem Zusammenhang erwähnten, schon oben behandelten Umstände (Teilgeständnis, Begehung der Straftaten wegen einer finanziellen Notlage, eigener Drogenkonsum) sind aber auch unter dem Gesichtspunkt der Abwägung nach § 37 FrG nicht geeignet, die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung unrichtig erscheinen zu lassen. Vielmehr hat die belangte Behörde die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier: vor allem zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Gesundheit Anderer) zu Recht als im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten angesehen. Auch gegen die von der belangten Behörde nach § 37 Abs. 2 FrG vorgenommene Abwägung hegt der Verwaltungsgerichtshof angesichts der nicht besonders ausgeprägten Integration des Beschwerdeführers und des zutreffend als besonders hoch bewerteten öffentlichen Interesses an der Verhinderung der äußerst sozialschädlichen Suchtgiftkriminalität, auch wenn nur eine diesbezügliche Verurteilung vorliegt, keine Bedenken (vgl. zahlreiche zu Suchtgiftdelinquenten ergangene hg. Erkenntnisse, aus der letzten Zeit etwa die Erkenntnisse vom 10. September 2003, Zl. 99/18/0031, und Zl. 2003/18/0156, sowie das einen gleich gelagerten Fall betreffende Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2003/21/0218).

Schließlich vermag die Beschwerde auch keine besonderen Aspekte aufzuzeigen, welche die belangte Behörde im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes hätten veranlassen müssen. Gleiches gilt für die - in Bezug auf die Dauer des Aufenthaltsverbotes wesentliche - Annahme der belangten Behörde, dass der Wegfall des Grundes für diese Maßnahme nicht vorhergesehen werden könne.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Jänner 2004

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