VwGH 2003/21/0049

VwGH2003/21/004919.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde der U, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. November 2002, Zl. 131.129/2-III/11/02, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

21964A1229(01) AssAbk Türkei ;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
AVG §56;
EURallg;
FrG 1997 §10 Abs1 Z2;
FrG 1997 §10;
FrG 1997 §47 Abs2;
FrG 1997 §8;
21964A1229(01) AssAbk Türkei ;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
AVG §56;
EURallg;
FrG 1997 §10 Abs1 Z2;
FrG 1997 §10;
FrG 1997 §47 Abs2;
FrG 1997 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Türkei, stellte am 22. März 2001 bei der Österreichischen Botschaft in Ankara einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck Familiengemeinschaft. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2001 brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei gemeinsam mit ihren beiden minderjährigen Kindern mit einem vom 22. Juli 2001 bis 20. Oktober 2001 gültigen "Einreisevisum C" in das Bundesgebiet eingereist. Die Beschwerdeführerin wohne hier bei ihrem Ehegatten, einem assoziationsintegrierten türkischen Arbeitnehmer, der über einen aufrechten Befreiungsschein und über eine gültige Niederlassungsbewilligung verfüge. Ihr Ehegatte leide an schweren Depressionen, weil er die Trennung von seiner Familie psychisch nicht bewältige. Er müsse deshalb teilweise sogar stationär behandelt werden, wozu sich im Akt die Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 15. Februar 2001 findet. Da von einer Ehefrau nicht erwartet werden könne, dass sie ihren schwer kranken Ehemann im Stich lasse, müsse es der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK gestattet sein, die Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung im Inland abzuwarten.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2001 wies die gemäß § 89 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, vom Landeshauptmann zur Entscheidung ermächtigte Bezirkshauptmannschaft Bregenz den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 FrG ab.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab und führte begründend aus, die Beschwerdeführerin halte sich nach Ablauf ihres Reisevisums unstrittig weiterhin in Österreich auf. Die Beschwerdeführerin habe zwar ihren Antrag auf Erstniederlassungsbewilligung ordnungsgemäß vom Ausland aus gestellt, durch ihren Aufenthalt im Bundesgebiet seit Ablauf ihres Visums widerspreche sie aber dem aus § 14 Abs. 2 FrG abzuleitenden Willen des Gesetzgebers, die Entscheidung über diesen Antrag im Ausland abzuwarten. Da bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 FrG der Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gerechtfertigt sei, erübrige sich ein Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24. Februar 2003, B 1883/02-3, ab und trat die Beschwerde mit Beschluss vom 25. März 2003, B 1883/02-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die von der Beschwerdeführerin ergänzte Beschwerde erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht sowohl in sachverhaltsmäßiger Hinsicht als auch in Bezug auf die maßgeblichen rechtlichen Überlegungen der belangten Behörde im Wesentlichen jenem, der dem (gleichfalls einen Staatsangehörigen der Türkei betreffenden) hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, Zl. 2002/18/0038, zugrunde lag. Auch im zitierten Beschwerdefall beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung bei der österreichischen Botschaft seines Heimatstaates, reiste dann mit einem Reisevisum in das Bundesgebiet ein und hielt sich nach Ablauf dessen Gültigkeitsdauer im Bescheiderlassungszeitpunkt in Österreich auf. Aus den im zitierten Erkenntnis genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat die belangte Behörde auch im vorliegenden Fall - ohne dass die unterbliebene Auseinandersetzung mit den genannten privaten und familiären Verhältnissen der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründete - den in Rede stehenden Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht abgewiesen.

An diesem Ergebnis vermag auch der im Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof vom 31. Oktober 2003 vorgetragene Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2003, G 119/03, nichts zu ändern. In diesem Erkenntnis (das primär die - im vorliegenden Fall nicht zur Debatte stehende - Quotenpflicht für den Familiennachzug bei der Erteilung von Niederlassungsbewilligungen behandelt) unterscheidet der Verfassungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hinsichtlich der Dichte des Eingriffs in das Privat- und Familienleben vielmehr zwischen den Fällen der beabsichtigten Einwanderung einerseits und den Fällen aufenthaltsbeendender Maßnahmen andererseits und geht von einem weiten Ermessensspielraum der Konventionsstaaten bei der Festlegung der Bedingungen für die Einwanderung aus. Dabei dürfen die Voraussetzungen für die Einwanderung allerdings nicht so gestaltet sein, dass sie den Familiennachzug in Fällen ausschließen, in denen entweder dem gemeinsamen Familienleben im Heimatstaat des Fremden wesentliche Hindernisse entgegenstehen oder der Aufenthalt eines Teiles der Familie in einem Staat derart gefestigt ist, dass die Übersiedlung in den Heimatstaat unzumutbar ist. Ein solcher Fall liegt gegenständlich einerseits mangels Anhaltspunkten für vorhandene Hindernisse des gemeinsamen Familienlebens im Heimatstaat der Beschwerdeführerin und andererseits deshalb nicht vor, weil in der Beschwerde nicht aufgezeigt wird, dass für den Ehegatten der Beschwerdeführerin die (gemeinsame) Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar wäre.

Dem Umstand, dass bei der vorliegenden, auf § 10 Abs. 1 Z 2 FrG gestützten Entscheidung eine weitere Bedachtnahme auf die privaten und familiären Verhältnisse der Beschwerdeführerin im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geboten war, steht im Übrigen die in § 10 Abs. 4 FrG vorgesehene Möglichkeit, unter näher umschriebenen Voraussetzungen trotz Vorliegens des in Rede stehenden Versagungsgrundes von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, nicht entgegen (vgl. zum Ganzen auch das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0238, und das dort zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, VfSlg. 13.497).

Da sich der angefochtene Bescheid somit nicht als rechtswidrig erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 19. November 2003

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