Normen
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §69 Abs3;
AVG §70 Abs3;
FrG 1997 §10 Abs1 Z1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §16 Abs1;
FrG 1997 §89 Abs1;
FrG 1997 §89 Abs2 Z1;
SMG 1997 §27 Abs2 Z2;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §69 Abs3;
AVG §70 Abs3;
FrG 1997 §10 Abs1 Z1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §16 Abs1;
FrG 1997 §89 Abs1;
FrG 1997 §89 Abs2 Z1;
SMG 1997 §27 Abs2 Z2;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im bekämpften Umfang (Spruchpunkt I) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist seinen Angaben zufolge am 30. Jänner 1998 illegal nach Österreich gekommen. Er stellte am 3. Februar 1998 unter dem Namen S O mit der Behauptung einen Asylantrag, Staatsbürger von Sierra Leone zu sein und dort verfolgt zu werden. Dieser Asylantrag wurde letztlich mit dem am 5. Juni 2000 in Rechtskraft erwachsenen Berufungsbescheid als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Bereits davor war der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Gerichtsurteil vom 12. November 1999 wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 2 Z 2 Suchtmittelgesetz zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt worden. Im Hinblick darauf wurde gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 16. Juni 2000 ein (bis 16. Juni 2010 befristetes) Aufenthaltsverbot erlassen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers am 1. März 2001 zugestellten Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Februar 2001 abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hatte seinen Angaben zufolge Österreich bereits davor, nämlich im April 2000, verlassen und war in die Republik Irland gereist, wo er ebenfalls einen Asylantrag stellte. Am 13. September 2000 heiratete der Beschwerdeführer dort unter Verwendung seines (angeblich richtigen) Namens S S, Staatsangehöriger von Nigeria, und unter Vorlage entsprechender Urkunden Birgit T., eine österreichische Staatsbürgerin, die er nach seinen Angaben bereits im Jänner 1999 in Österreich kennen gelernt hatte. Über Vermittlung seines Cousins, dem er - so behauptet der Beschwerdeführer - ein Formular und Fotos geschickt habe, sei dem Beschwerdeführer von den zuständigen nigerianischen Behörden ein Reisepass ausgestellt und ihm nach Dublin per Post gesendet worden.
In der Folge stellte der Beschwerdeführer den am 28. Dezember 2000 bei der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See eingelangten "Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck Angehöriger". In Stattgebung dieses Antrages wurde dem Beschwerdeführer am 1. März 2001 (in Form einer im Reisepass angebrachten Vignette) eine (Erst)Niederlassungsbewilligung bis 28. Februar 2002 mit dem Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" erteilt. In der Folge reiste der Beschwerdeführer nach Österreich, wo er in Neusiedl am See mit seiner Ehegattin lebt und seit 17. April 2001 gemeldet ist. Auf Antrag des Beschwerdeführers vom 14. November 2001 wurde ihm am 4. Dezember 2001 eine weitere, bis 28. Februar 2003 befristete Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweck erteilt.
Ende Jänner 2002 entstanden - auf Grund hier nicht weiter relevanter Umstände - Zweifel, ob der oben erwähnte nigerianische Reisepass echt sei. Ein in der Folge eingeholter "Urkundenprüfbericht" vom 18. Februar 2002 kam zu dem Ergebnis, dass es sich um ein "mittels Lichtbildaustausch verfälschtes Dokument" handle. Im Hinblick auf eine danach angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung des Beschwerdeführers gestand er mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 18. April 2002 zu, bereits unter dem oben angeführten Namen als angeblicher Staatsangehöriger von Sierra Leone in Österreich um Asyl angesucht zu haben. Auf Vorhalt gab der Beschwerdeführer in der Niederschrift vom 30. Juli 2002 auch an, er habe zwar gewusst, dass gegen ihn ein Aufenthaltsverbot bestehe, nicht aber davon, "dass es schon rechtskräftig ist".
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 19. August 2002 (OZl. 42) wurde gemäß § 69 Abs. 3 AVG "die Wiederaufnahme des Verfahrens zum Antrag vom 28.12.2000 und vom 14.11.2001 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung verfügt". Begründend führte die Erstbehörde aus, durch die kriminaltechnische Untersuchung sei die Verfälschung des Reisepasses des Beschwerdeführers festgestellt worden und im Zuge des weiteren Ermittlungsverfahrens sei hervorgekommen, dass gegen den Beschwerdeführer (unter anderem Namen) ein "unbefristetes" (nach der Aktenlage richtig: mit zehn Jahren befristetes) Aufenthaltsverbot verhängt worden sei. Die Verfahrenswiederaufnahme sei somit notwendig, weil neue Beweismittel hervorgekommen seien, welche für die Entscheidung über die Erteilung eines Aufenthaltstitels von maßgeblicher Bedeutung seien.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom selben Tag (OZl. 43) wurde im Spruchpunkt I. der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. Dezember 2000 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Z 3 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen und im Spruchpunkt II. der "Einreise- bzw. Aufenthaltstitel vom 4.12.2001 gültig bis 28.2.2003" gemäß § 16 Abs. 1 iVm § 10 FrG für ungültig erklärt. Zur Begründung verwies die Erstbehörde auf die "neuen Erkenntnisse" (Verfälschung des Reisepasses, Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes) und folgerte, deshalb lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nicht vor.
Gegen diese beiden Bescheide (OZl. 42 und OZl. 43) erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 5. September 2002 fristgerecht Berufung.
Der Berufung wurde, soweit sie sich gegen den - in der Sache der wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen - Bescheid OZl. 43 richtet, vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 18. November 2002 stattgegeben und der genannte Bescheid ersatzlos behoben. Die Erstbehörde habe nämlich zu Unrecht gemäß § 89 Abs. 1 FrG als vom Landeshauptmann ermächtigte Niederlassungsbehörde entschieden, obwohl gemäß § 89 Abs. 2 Z 1 FrG für Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen für den Beschwerdeführer als Angehörigen einer Österreicherin die Bezirksverwaltungsbehörde als "Fremdenpolizeibehörde" zuständig gewesen wäre. Die Erstbehörde werde daher in dieser Funktion neuerlich eine Sachentscheidung zu treffen haben. In Ansehung des vom Bundesminister für Inneres nicht erledigten Teiles dieser Berufung erfolgte die Vorlage an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland.
Mit dem angefochtenen Bescheid der genannten Sicherheitsdirektion (der belangten Behörde) vom 20. Dezember 2002 wurde - im hier interessierenden Spruchpunkt I. - die Berufung vom 5. September 2002, soweit sie sich gegen den die Wiederaufnahme verfügenden Bescheid der Erstbehörde vom 19. August 2002 (OZl. 42) richtet, gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 70 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Einleitend referierte die belangte Behörde § 70 Abs. 3 AVG, nach dessen letztem Satz eine abgesonderte Berufung gegen die Bewilligung oder Verfügung einer Wiederaufnahme nicht zulässig ist. Zur weiteren Begründung verwies die belangte Behörde dann darauf, dass am 4. Dezember 2002 der (Ersatz)Bescheid der Erstbehörde in der Sache der wiederaufgenommenen Verfahren (OZl. 54) ergangen sei. Eine Berufung gegen den die Verfahrenswiederaufnahme verfügenden Bescheid sei allerdings - so begründete die belangte Behörde weiter - erst zusammen mit jener gegen den Bescheid im wiederaufgenommenen Verfahren möglich, weshalb die vorliegende Berufung als unzulässig zurückzuweisen sei.
Gegen diesen Spruchpunkt des genannten Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Richtig ist, dass gemäß § 70 Abs. 3 letzter Satz AVG gegen die Bewilligung oder die Verfügung der Wiederaufnahme eine abgesonderte Berufung nicht zulässig ist. Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des die Wiederaufnahme verfügenden Bescheides können daher erst mit einem (allfälligen) Rechtsmittel gegen eine neuerliche Entscheidung in der Sache selbst geltend gemacht werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1993, Zl. 93/06/0066, ua; vgl. auch Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7, Rz 605 iVm 603; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 305). Das bedeutet, dass eine Partei, die sich durch eine Wiederaufnahme des Verfahrens in ihren Rechten verletzt fühlt, die im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Sachentscheidung abwarten muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 89/05/0231).
Dem hat der Beschwerdeführer - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - aber ohnehin entsprochen, weil er die Berufung vom 5. September 2002 gegen den Bescheid OZl. 42, mit dem die Wiederaufnahme verfügt wurde, mit der Berufung gegen den in der Sache der wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Bescheid OZl. 43 verbunden hat. Das wurde von der belangten Behörde nicht ausreichend beachtet. Der Beschwerdeführer war aber nicht nur berechtigt, den "Wiederaufnahmebescheid" OZl. 42 gemeinsam mit dem "Sachbescheid" OZl. 43 mit Berufung zu bekämpfen, sondern hiezu auch verpflichtet, wenn er den - sonst mit dem ungenützten Ablauf der Rechtsmittelfrist verbundenen - Eintritt der Rechtskraft des "Wiederaufnahmebescheides" verhindern wollte. Eine Verbindung der Berufung gegen den "Wiederaufnahmebescheid" OZl. 42 mit jener gegen den in den wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen "(Ersatz)Sachbescheid" OZl. 54 wäre daher gar nicht mehr in Betracht gekommen, sodass die belangte Behörde darauf zu Unrecht verwiesen hat.
Daraus folgt, dass die belangte Behörde die Berufung vom 5. September 2002, soweit sie sich gegen den die Wiederaufnahme verfügenden Bescheid der Erstbehörde vom 19. August 2002 (OZl. 42) richtet, nicht hätte zurückweisen dürfen, sondern darüber inhaltlich hätte entscheiden müssen. Der angefochtene Bescheid war daher in seinem bekämpften Spruchpunkt I. gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 4. September 2003
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