Normen
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs1;
FrG 1997 §14 Abs2;
MeldeG 1991 §1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs1;
FrG 1997 §14 Abs2;
MeldeG 1991 §1;
Spruch:
I. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird aufgrund der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin und deren Tochter, die Zweitbeschwerdeführerin, beide kroatische Staatsangehörige, stellten am 13. November 2000 bei der österreichischen Botschaft in Agram (Zagreb) den Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung mit dem Zweck "Familiengemeinschaft" mit ihrem in Österreich lebenden Ehegatten bzw. Vater.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 2002, Zl. 312.626/2- III/11/02, wurde der Antrag der Erstbeschwerdeführerin in Anwendung des § 10 Abs. 1 Z 3 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung damit, dass sich die Erstbeschwerdeführerin seit 15. Juni 2001 ununterbrochen in Österreich aufhalte. Damit liege der Versagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z 3 FrG vor, weil der Aufenthaltstitel nach - gemäß Art. 1 iVm 3 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Kroatien, BGBl. Nr. 487/1995, erfolgter - sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Nach § 14 Abs. 2 FrG wäre der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom Ausland aus zu stellen und dessen Erledigung auch dort abzuwarten gewesen. In der weiteren Begründung kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele auch unter Bedachtnahme auf den Aufenthalt des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin in Österreich und die sich daraus ergebenden familiären Bindungen höher zu werten sei als die nachteiligen Folgen einer Verweigerung des Aufenthaltstitels auf die Lebenssituation der Erstbeschwerdeführerin.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, von der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
I. Der vorliegend in Beschwerde gezogene Berufungsbescheid der belangten Behörde betrifft nur die Erstbeschwerdeführerin und nicht (auch) deren Tochter. Wie sich aus dem zu Zl. 2002/21/0171 beim Verwaltungsgerichtshof geführten Säumnisbeschwerdeverfahren ergibt, ist der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin mit einem gesonderten Berufungsbescheid der belangten Behörde vom selben Tag zur Zl. 312.626/3- III/11/02 abgewiesen worden. Da sich die Beschwerde nicht auf diesen, sondern nur auf den die Erstbeschwerdeführerin betreffenden Bescheid bezieht, und auf den Hinweis dieses Umstandes aus Anlass der Einleitung des Vorverfahrens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Reaktion des Beschwerdevertreters erfolgt ist, war die Beschwerde, soweit sie auch von der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.
II. 1. Die für die rechtliche Beurteilung im angefochtenen Bescheid maßgebliche Feststellung über den seit 15. Juni 2001 ununterbrochenen Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden nur noch: Beschwerdeführerin) in Österreich stützte die belangte Behörde einerseits auf eine bereits von der Erstbehörde herangezogene Meldeauskunft, wonach die Beschwerdeführerin seit 24. August 2001 an einer bestimmten Adresse in Graz gemeldet sei, und andererseits auf einen im Berufungsverfahren erstatteten Bericht der Bundespolizeidirektion Graz vom 10. November 2002. Danach habe die Beschwerdeführerin bei Erhebungen an der "Meldeadresse" am 9. November 2002 selbst angegeben, sich seit dem 15. Juni 2001 ununterbrochen in Graz aufzuhalten. Zu dem aus dem Reisepass ersichtlichen österreichischen Einreisestempel vom 20. Oktober 2002 habe die Beschwerdeführerin eingeräumt, nur zu einem kurzen Besuch in der Heimat gewesen zu sein, jedoch ihren ständigen Aufenthalt in Österreich zu haben.
2. Die Beschwerde rügt eine Verletzung des Parteiengehörs im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG, weil der Beschwerdeführerin dieser Bericht der Bundespolizeidirektion Graz vor der Berufungsentscheidung nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Andernfalls hätte sie dartun können, dass "in keiner Weise" von einem ununterbrochenen Wohnsitz der Beschwerdeführerin in Österreich seit 15. Juni 2001 auszugehen sei und dass sie es lediglich verabsäumt habe, eine Abmeldung an der Adresse in Graz durchzuführen. Die Beschwerdeführerin habe ihren Ehegatten häufig besucht, es aber nur unterlassen, bei jedem Besuch eine Ab- bzw. Abmeldung vorzunehmen. Daraus seien keinerlei Rückschlüsse auf den "tatsächlichen Niederlassungswillen" der Beschwerdeführerin zu ziehen. Der österreichische Einreisestempel vom 20. Oktober 2002 im Reisepass der Beschwerdeführerin lege darüber hinaus dar, dass der angenommene Versagungsgrund "nicht existent sein" könne, weil die Beschwerdeführerin als kroatische Staatsangehörige sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet einreisen dürfe und für die Dauer von drei Monaten keinen Aufenthaltstitel benötige.
3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde einen wesentlichen Verfahrensmangel auf. Die belangte Behörde hat offenbar erkannt, dass eine Meldeauskunft für sich genommen noch nicht ausreicht, um daraus ohne Weiteres auch auf einen tatsächlichen Aufenthalt während der Zeit der Anmeldung schließen zu können (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 3. Juni 1993, Zl. 93/18/0154, und vom 18. November 1997, Zl. 96/11/0293), und hat diesbezüglich ergänzende Ermittlungen vorgenommen. Sie hätte aber dann diesen - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (über gesonderten Auftrag) vorgelegten - Bericht der Bundespolizeidirektion Graz, der lediglich von seinem Verfasser unterfertigt ist und nur die (indirekte) Wiedergabe der Angaben im Zuge der Erhebungen am 9. November 2002 enthält, ohne dass ein Protokoll aufgenommen wurde, der Beschwerdeführerin zur Kenntnis bringen und Gelegenheit zur Stellungnahme (zur allfälligen Widerlegung seiner inhaltlichen Richtigkeit) geben müssen (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 284ff zu § 45 AVG zitierte Rechtsprechung). Da die belangte Behörde das unterlassen hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, deren Relevanz in der Beschwerde ausreichend dargetan wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand genommen werden.
III. Die Kostenentscheidung, bei der § 53 Abs. 1 erster Satz VwGG im Hinblick auf die unterschiedliche prozessuale Situation der beiden Beschwerdeführerinnen und den sich daraus ergebenden verschiedenen Erfolg nicht anzuwenden war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1993, Zl. 91/12/0208, mit dem Hinweis auf das Erkenntnis des verstärkten Senates vom 18. September 1967, Zl. 2235/65, Slg.Nr. 7175/A; aus der letzten Zeit siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 11. November 2001, Zl. 2000/18/0108), gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Der Zweitbeschwerdeführerin war kein Kostenersatz (in Anwendung des § 51 VwGG) aufzuerlegen, weil die belangte Behörde den verzeichneten Vorlageaufwand nur gegenüber der Erstbeschwerdeführerin angesprochen hat.
Wien, am 19. November 2003
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