VwGH 2003/18/0160

VwGH2003/18/016010.10.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des J, geboren 1955, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. April 2003, Zl. SD 361/03, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z5;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. April 2003 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen indischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit 1. September 1994 im Bundesgebiet. Sein Asylantrag sei zunächst rechtskräftig abgewiesen worden. Auf Grund der Übergangsbestimmungen des Asylgesetzes 1997 sei das Asylverfahren jedoch wieder anhängig geworden. Es sei erst mit rechtskräftigem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. September 1999 beendet worden. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof am 12. Juli 2000 abgewiesen worden. Am 6. Oktober 1999 habe der Beschwerdeführer eine um 19 Jahre jüngere österreichische Staatsbürgerin geheiratet. In der Folge habe er über seinen Antrag eine vom 20. Juli 2000 bis 20. Juli 2001 gültige Niederlassungsbewilligung zum Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" erhalten. Am 15. November 2002 sei die Ehe des Beschwerdeführers rechtskräftig für nichtig erklärt worden. Die "Gattin" des Beschwerdeführers habe im Gerichtsverfahren angegeben, die Ehe gegen Bezahlung von S 120.000,-- (EUR 8.720,74) geschlossen zu haben, damit der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt in Österreich legalisieren könne. Dies habe die Erstbehörde in ihrem Bescheid so festgestellt und sei in der Berufung unwidersprochen geblieben. Daher könne kein Zweifel bestehen, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG erfüllt sei. Die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 36 Abs. 1 FrG seien gegeben.

Der Beschwerdeführer sei aus einer Vorehe in seiner Heimat geschieden. Dieser Ehe entstammten zwei Kinder. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet bestünden nach der Aktenlage nicht. Der Beschwerdeführer sei zunächst als Zeitungskolporteur erwerbstätig gewesen. Seit Oktober 2000 gehe er einer unselbstständigen Beschäftigung nach. Diese sei jedoch im Hinblick auf die ex-tunc-Wirkung der Nichtigerklärung der Ehe und das Fehlen einer Beschäftigungsbewilligung als unrechtmäßig zu qualifizieren. Das Aufenthaltsverbot sei zweifelsfrei mit einem Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Der Beschwerdeführer habe durch das Eingehen einer Scheinehe in der Absicht, seinen unrechtmäßigen Aufenthalt zu legalisieren und einer Beschäftigung nachgehen zu können, gravierend gegen das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens verstoßen.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass sich ein Großteil dieses Aufenthalts auf einen Asylantrag gestützt habe, der sich letztlich als unberechtigt erwiesen habe. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer seinen Verbleib im Bundesgebiet nur durch das dargestellte Fehlverhalten erwirken können. Auch unter Bedachtnahme auf den Mangel jeglicher familiärer Beziehungen in Österreich sei das dem Beschwerdeführer insgesamt zukommende Interesse an einem Weiterverbleib in Österreich zwar nicht gering, aber auch nicht sehr ausgeprägt. Dem gegenüber stehe das maßgebliche große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens. Die Auswirkungen des Aufethaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen nicht schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Auf Grundlage der unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid bestehen gegen die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG sei erfüllt, keine Bedenken.

1.2. Da durch die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe gegen Entgelt zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Vorteile die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens erheblich beeinträchtigt wird, ist die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme erfüllt.

2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 1. September 1994, also seit acht Jahren und acht Monaten, sowie die Berufstätigkeit zunächst als Zeitungskolporteur und dann als unselbstständig Beschäftigter berücksichtigt. Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration des Beschwerdeführers wird in ihrem Gewicht dadurch entscheidend gemindert, dass der Aufenthalt zunächst - wenn überhaupt - nur auf Grund eines Asylantrages, der sich als unbegründet herausgestellt hat, und in der Folge auf Grund der durch die "Scheinehe" erlangten Niederlassungsbewilligung zum Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" berechtigt war. Gleiches gilt für die aus der - nur auf Grund der rechtsmissbräuchlichen Eheschließung ermöglichten - unselbstständigen Beschäftigung des Beschwerdeführers ableitbare Integration.

Der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde zu seinen familiären Bindungen und zur Intensität seiner privaten Beziehungen weder ausreichende Ermittlungen durchgeführt noch die erforderlichen Feststellungen getroffen habe. Da der Beschwerdeführer jedoch in der Beschwerde nicht konkret vorbringt, ob und welche Familienangehörigen im Inland leben und inwiefern seine privaten Bindungen - über das auf Grund der Aufenthaltsdauer übliche Maß hinausgehend - besonders intensiv seien, tut er die Relevanz dieses geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf den Inhalt seiner im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 12. November 2002 verweist, ist ihm zu entgegnen, dass Verweise auf den Inhalt eines in einem anderen Verfahren eingebrachten Schriftsatzes keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe darstellen und daher unbeachtlich sind (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 250, zitierte hg. Judikatur).

Den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet kommt daher trotz der mehr als achtjährigen Aufenthaltsdauer kein großes Gewicht zu. Von daher kann es im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, das der Beschwerdeführer durch die Eingehung einer Ehe nur zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen erheblich beeinträchtigt hat, nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, dass das Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf die privaten Interessen des Beschwerdeführers - zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG).

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe "praktisch jeden Kontakt zu seinen (ehemaligen) Heimatland verloren", ist entgegenzuhalten, dass durch § 37 FrG die Führung eines Privat- und Familienlebens außerhalb Österreichs nicht gewährleistet wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2001, Zl. 2001/18/0175).

2. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 10. Oktober 2003

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