VwGH 2003/15/0073

VwGH2003/15/007324.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz LL.M., über die Beschwerde der W & Co KG in H, vertreten durch Dr. Josef Dengg, Dr. Milan Vavrousek und Mag. Thomas Hölber, Rechtsanwälte in 5600 St. Johann, Pöllnstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 25. Juni 2003, RV/0793-S/02, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §166;
BAO §167 Abs2;
EStG 1988 §26 Z4;
VwGG §36;
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
EStG 1988 §26 Z4;
VwGG §36;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer den Zeitraum Jänner 1998 bis Dezember 2000 umfassenden Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, der Dienstnehmer DR der Beschwerdeführerin habe an beinahe jedem Arbeitstag eine (insgesamt 40 km lange) Fahrt von H (Betriebsstätte) nach B (Wohnwort des DR) und zurück unternommen. Die Beschwerdeführerin habe DR dafür Kilometergelder gezahlt (jährlich ca 50.000 S bzw 60.000 S). Diese Kilometergelder fielen nicht unter § 26 Z 4 EStG und unterlägen daher der Lohnsteuer und dem Dienstgeberbeitrag sowie dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag. Bei den Fahrten handle es sich nämlich um solche zwischen der Wohnung des DR und seinem Tätigkeitsmittelpunkt.

In der Berufung gegen die in Anschluss an die abgabenbehördliche Prüfung erlassenen Bescheide brachte die Beschwerdeführerin - soweit dies für das gegenständliche Verfahren noch von Bedeutung ist - vor, DR wohne in B, sein Arbeitsplatz (Tätigkeitsmittelpunkt) sei in H. Er arbeite von 7.30 bis 12.00 Uhr und von 13.00 bis 16.30 Uhr. An den meisten Vormittagen unternehme DR am Vormittag eine Dienstreise von H nach B und retour. Zweck der Dienstreise sei die Abholung von Bankauszügen, die Übernahme von Frachtbriefen der ÖBB und die Abnahme von Lieferscheinen. Da die Bank erst um 8.00 Uhr öffne, könne DR die Bankauszüge nicht schon morgens mitnehmen, wenn er von seiner Wohnung aus an seinen Arbeitplatz fahre. Im Hinblick auf seinen Tätigkeitsbereich (Büroarbeiten, Telefondienst, Einteilung der Frächter, Lieferantenkontakte) sei nämlich erwünscht, dass er seinen Dienst um 7.30 Uhr beginne. DR verwende für die Dienstfahrten seinen privaten Pkw.

In der - hinsichtlich der Kilometergelder - abweisenden Berufungsvorentscheidung verwies das Finanzamt darauf, dass Kilometergelder nur dann steuerfrei gewährt werden könnten, wenn sie nicht bereits durch den Verkehrsabsetzbetrag und das Pendlerpauschale abgegolten seien.

Im Vorlageantrag wiederholte die Beschwerdeführerin, dass die Fahrten von H zur Bank nach B Dienstreisen seien und daher die Kilometergelder als steuerfrei anzuerkennen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung und behandelte die Kilometergelder dabei als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Für alle in § 26 EStG angeführten Arbeitgeberleistungen gelte der Grundsatz, dass darüber einzeln abgerechnet werden müsse. Der Nachweis jeder einzelnen Dienstreise müsse dem Grunde nach durch entsprechende Belege erbracht werden. Die erforderlichen Unterlagen seien ordnungsgemäß geführte Fahrtenbücher oder Reisekostenabrechnungen, die die notwendigen Angaben enthielten. Die Aufzeichnungen müssten zumindest Datum, Dauer, Ziel und Zweck der Dienstreise darlegen. Die Aufzeichnungen seien fortlaufend und übersichtlich zu führen, müssten Angaben über den jeweils verwendeten Pkw aufweisen und den Anfangs- und Endkilometerstand jeder Dienstreise angeben. Es müssten alle Dienstfahrten und Privatfahrten aufgezeichnet sein. Erfolgten an einem Tag mehrere Berufs- und Privatfahrten, so sei jeweils der Kilometerstand nach Beendigung der einzelnen Berufs- und Privatfahrt anzugeben. Die auszuweisenden Privatfahrten müssten auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte enthalten.

Aus den der Behörde vorgelegten Unterlagen sei erkennbar, dass die Reisekostenaufzeichnungen nicht fortlaufend geführt worden seien, da Angaben über private Fahrten sowie über Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Gänze fehlten. Auch gehe aus den Unterlagen nicht hervor, dass DR manchmal (nicht seinen eigenen Pkw sondern) einen Pkw seiner Mutter benutzt habe. Die belangte Behörde habe die Beschwerdeführerin um Vorlage der "Originalfahrtenbücher", mit denen DR die mit seinem Privat-Pkw getätigten Dienstreisen abgerechnet habe, aufgefordert. Die vorgelegten Aufzeichnungen enthielten überhaupt keine Privatfahrten und keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und seien daher als Berechnungsgrundlage für die steuerfreie Auszahlung von mit dem Privat-Pkw gefahrenen Dienstfahrten ungeeignet. Mangels ordnungsgemäß geführter Fahrtenbücher oder gleichwertiger Aufzeichnungen seien die Kilometergelder nicht als Fahrtkostenersätze iSd § 26 Z 4 EStG anzuerkennen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden, gehören gemäß § 26 Z 4 EStG nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

§ 166 BAO lautet:

"Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist."

Im hg Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, 2001/15/0191, welches den in der Nutzung eines arbeitgebereigenen Pkw bestehenden Sachbezug betraf, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, das Gesetz kenne grundsätzlich eine Einschränkung der Beweismittel nicht und es entspreche nicht der Rechtslage, dass die Führung des Nachweises, ein Pkw werde monatlich bloß bis zum Ausmaß von 500 km für Privatfahrten verwendet, nur mit einem Fahrtenbuch erfolgen könne. Außer einem Fahrtenbuch, welches ohnedies nach allgemeinen Erfahrungen nicht immer die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegle, kämen auch andere Beweismittel zur Führung des in Rede stehenden Nachweises in Betracht.

Auch im Rahmen der Anwendung des § 26 Z 4 EStG trifft es nicht zu, dass der Nachweis der mit einem Pkw gefahrenen Strecken nur durch ein Fahrtenbuch oder Reisekostenaufzeichnungen mit konkreten formalen Erfordernissen geführt werden kann. Im gegenständlichen Fall ist insbesondere auch zu beachten, dass nicht die Dauer einer Dienstreise in Streit steht und auch nicht die bei einer solchen Dienstreise anfallende Fahrtstrecke (die bei den strittigen Fahrten zurückzulegende Strecke blieb stets gleich), sondern ausschließlich, ob die Dienstreise tatsächlich (und in der von der Beschwerdeführerin behaupteten Häufigkeit) getätigt worden ist.

Im Beschwerdefall lagen der belangten Behörde schriftliche Reisekostenabrechnungen vor, aus denen sich (zumindest für die meisten der strittigen Fahrten) der Kilometerstand am Beginn und am Ende der jeweiligen Dienstfahrt ergibt. Welcher erhöhte Beweiswert gegeben wäre, wenn die Aufzeichnungen hinsichtlich jener Kilometerstände, die nicht auf Dienstfahrten entfielen, auch noch den Hinweis "privat" enthielten, ist nicht erkennbar

Indem die belangte Behörde davon ausging, Fahrtkostenersätze wären ausnahmslos nur dann nach § 26 Z 4 EStG als nicht steuerbar zu behandeln, wenn schriftliche Aufzeichnungen (Fahrtenbuch) geführt werden, die bestimmten Formalerfordernissen entsprechen, hat sie die Rechtslage verkannt und sich deshalb nicht mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Belegen im Rahmen des gebotenen Ermittlungsverfahrens auseinander gesetzt (vgl. auch das hg Erkenntnis vom 19. September 1989, 89/14/0121). In der Gegenschrift eine entsprechende Beweiswürdigung unter konkreter Berücksichtigung der Belege nachzuholen, ist verfahrensrechtlich nicht möglich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2001, 2000/13/0077). Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. Februar 2005

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