VwGH 2003/13/0087

VwGH2003/13/008729.11.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Mag. Alexander Schneider, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 20, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 23. Mai 2003, Zl. RV/0970-W/02, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1994 bis 1996, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs2;
BAO §184 Abs3;
BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs2;
BAO §184 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer führte im Streitzeitraum ein Taxiunternehmen.

Der Prüfer einer für die Jahre 1994 bis 1996 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung traf unter Tz. 15 des Prüfungsberichtes vom 30. April 1999 "Feststellungen zu den Aufzeichnungen". Mängel der Aufzeichnungen lägen deshalb vor, weil u. a. die Grundaufzeichnungen der Lenker nicht aufbewahrt worden seien. Auch seien Unregelmäßigkeiten bei den Tachometerständen (Tacho rückläufig bzw. hohe Kilometerleistungen) festzustellen gewesen. Eine für das Jahr 1994 durchgeführte Treibstoffintervallverprobung habe "extrem niedrige" Kilometererträge (3 S bis 5 S) ergeben. Unter Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers (Tarif und Treibstoffverbrauch) seien weiters Kalkulationsdifferenzen zu Tage getreten.

Betreffend "Vermögensdeckungsrechnung" wird unter Tz. 15 ausgeführt, im Jahr 1996 sei ein Pkw Mercedes um 399.000 S angeschafft worden. Die Bezahlung sei mittels Barscheck erfolgt. Zur Mittelherkunft habe der Beschwerdeführer angegeben, dass es sich um ein Privatdarlehen eines Schulfreundes aus Bulgarien gehandelt habe. Das Darlehen sei bei der Vermögensdeckungsrechnung für das Jahr 1996 nicht anzuerkennen gewesen. Es fehle die Fremdüblichkeit (keine Zinsen-, Rückzahlungs- und Besicherungsvereinbarungen). Die Abwicklung des Barschecks sei über ein bankinternes Verrechnungskonto erfolgt, sodass nicht ersichtlich sei, aus welchem Bankgeschäft "das Geld vorher kam" (dass es sich um eine Fremdzahlung - vom Darlehensgeber - handle, sei lediglich eine Behauptung des Beschwerdeführers ohne Nachweis). Für den Prüfungszeitraum ergäben sich insgesamt Vermögensunterdeckungen von (gerundet) 52.000 S für 1994, 10.000 S für 1995 und 494.000 S für 1996.

Lt. Tz. 18 des Prüfungsberichtes wurden "aufgrund der in Tz 15 angeführten formellen und materiellen Mängel" die Betriebseinnahmen geschätzt. Die Ermittlung der Betriebseinnahmen erfolgte auf der Grundlage einer für die Streitjahre jeweils durchgeführten kalkulatorischen Schätzung (ausgehend vom Treibstoffeinsatz errechneten sich über den durchschnittlichen Treibstoffverbrauch unter Ansatz eines durchschnittlichen Kilometerertrages Differenzen zu den erklärten Betriebseinnahmen von 199.810,60 S für das Jahr 1994, 198.464,10 S für das Jahr 1995 und 213.627,80 S für das Jahr 1996). Daraus resultierte für die Jahre 1994 bis 1996 eine "Umsatz- und Gewinnzuschätzung brutto (gerundet)" von jährlich 200.000 S.

Gegen die auf der Grundlage des Prüfungsberichtes - nach verfügter Wiederaufnahme der Verfahren - ergangenen Abgabenbescheide für die Jahre 1994 bis 1996 erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte, dass seitens der Betriebsprüfung im Wesentlichen zwei Umstände ins Treffen geführt worden seien, "die zu einer Zuschätzung berechtigen sollten".

Unter Punkt "1. Vermögensdeckungsrechnung" finden sich in der Berufung Ansätze einer Vermögensdeckungsrechnung für die Streitjahre mit dem Zusatz, im Gegensatz "zur BP" ergebe die Vermögensdeckungsrechnung des Beschwerdeführers "eine positive Bilanz" (unter der Voraussetzung der Anerkennung des Darlehens). Nur für das Jahr 1996 würde unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten ein Betrag von rd. 97.000 S fehlen, wobei jedoch zum Teil Ersparnisse aus den Vorjahren vorhanden gewesen seien. Zum Darlehen sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer von einem im ehemaligen Ostblock ansässigen Schulfreund im Jahr 1996 ein Darlehen zur Anschaffung des Kraftfahrzeuges erhalten habe. Nachdem der Beschwerdeführer gerade seine bestehenden Kredite abgedeckt gehabt habe, habe er einerseits nicht schon wieder einen Kredit aufnehmen wollen, andererseits habe sich die günstige Gelegenheit ergeben, ein zinsenloses Darlehen zu erhalten. Die Abwicklung sei über ein Bankinstitut erfolgt. Angesichts der "besonderen Umstände" könne seitens des Beschwerdeführers "kein weiterer Zahlungsfluss angeführt werden, ich meine jedoch, dass damit die Darlehensaufnahme ausreichend dokumentiert ist".

Zu "2. Treibstoffaufwand" wird in der Berufung ausgeführt, bei der so genannten Verprobung des Treibstoffaufwandes beruhten zwei wesentliche Parameter auf Annahmen, nämlich der durchschnittliche Treibstoffverbrauch und der durchschnittliche Kilometerertrag. Nur geringfügige Abweichungen eines dieser Ansätze würden ein "völlig anderes Bild" ergeben. Werde z.B. der durchschnittliche Treibstoffverbrauch nur um einen Liter höher (12 an Stelle 11 Liter) angenommen, was auf Grund der Tatsache, dass "auch mit einem Chrysler Voyager gefahren wird, der einen Durchschnittsverbrauch von 14 - 16 l" Superbenzin aufweise, gerechtfertigt sei, führe dies 1996 zu Bruttobetriebseinnahmen von 524.513 S (im Gegensatz zu 714.768 S lt. Betriebsprüfung). Unter der (weiteren) Annahme, dass der durchschnittliche Treibstoffpreis auf Grund des Anteiles an Superbenzin etwas höher sei, "ebenso wie der durchschnittliche Treibstoffverbrauch sowie eines geringfügig niedrigeren Kilometerertrages (die Tarife seien in M. niedriger, viele Flughafenfahrten) ergeben sich Werte, die mit der Buchhaltung in Einklang stehen".

Es werde daher ersucht, die Zuschätzung von 200.000 S für die Jahre 1994 bis 1996 aufzuheben.

Der Betriebsprüfer nahm zur Berufung mit Schreiben vom 26. Juli 1999 Stellung. Zunächst nahm er darin Bezug auf die Vermögensdeckungsrechnung, wobei er die Zahlen, die er zur Ermittlung der Vermögensverhältnisse herangezogen hatte, aufgliederte. Selbst bei Anerkennung des behaupteten Darlehens würde sich dabei eine Vermögensunterdeckung ergeben. Ersparnisse seien nicht nachgewiesen worden ("laut Vorhalt vom 11.03.1999" besitze der Beschwerdeführer keine privaten Sparbücher, Konten etc.). Zum Thema Darlehen seien im Übrigen keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht worden.

Zur Kalkulation stellte der Prüfer in der Stellungnahme die Ermittlung des durchschnittlichen Treibstoffpreises, des durchschnittlichen Treibstoffverbrauchs und des Kilometerertrages, bezogen auf die einzelnen Streitjahre und Fahrzeuge, im Einzelnen dar. Im Rahmen der Berechnung des Ansatzes von "11 Liter Durchschnittsverbrauch in allen Jahren" wies der Prüfer u. a. darauf hin, dass das Argument des höheren Treibstoffverbrauchs "des Chryslers" entsprechend gewürdigt worden sei (in den zur Ermittlung des "gewogenen Treibstoffverbrauchs" ausgewiesenen Berechnungsansätzen ist auch ein Kfz mit der Verbrauchsangabe von 16 l Eurosuper enthalten).

Zu der dem Beschwerdeführer zur Wahrung des Rechtes auf Parteiengehör übermittelten Stellungnahme des Prüfers äußerte sich der Beschwerdeführer nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

Nach der Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens führt die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides aus, nach § 184 Abs. 3 BAO genügten bereits formelle Buchführungsmängel zur Schätzungsbefugnis der Behörde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründe die Vernichtung der Abrechnungsbelege die Schätzung. Zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörten auch die "Abrechnungsbelege der Taxilenker mit dem Unternehmer", die den Taxameterstand bei Übernahme und Rückgabe des Kfz durch den Lenker auswiesen (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1990, 89/13/0280 und 89/13/0281). Im Beschwerdefall habe mangels Aufbewahrung der Grundaufzeichnungen eine Überprüfung der Losungsbücher nicht erfolgen können. Dieser der Schätzung zu Grunde liegende Mangel sei vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten worden.

Betreffend "ad Schätzungsergebnis" wird im angefochtenen Bescheid zur Behauptung des Beschwerdeführers, unter Anerkennung des Darlehens ergebe sich eine positive Bilanz der Vermögensdeckungsrechnung, angemerkt, dass dieser Einwand im Rahmen des Berufungsverfahrens weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei. Das Vorliegen eines Privatdarlehens sei "als nicht nachgewiesene Behauptung und daher nicht glaubhaft zu beurteilen", zumal die vorgelegte Bestätigung weder Zinsenvereinbarungen noch Rückzahlungsmodalitäten noch Besicherungsvereinbarungen enthalte und auch die Abwicklung über ein bankinternes Verrechnungskonto erfolgt sei.

Die Verprobung des Treibstoffaufwandes könne auf Basis des vom Prüfer ermittelten durchschnittlichen Treibstoffpreises für das Jahr 1994 und des geschätzten Kilometerertrages lt. Stellungnahme des Prüfers vom 26. Juli 1999 sowie Tz. 18 des Betriebsprüfungsberichtes nicht als unrichtig erkannt werden. Auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers zum Treibstoffmehrverbrauch des "Chrysler Voyager" sei im Rahmen der Kalkulation Rechnung getragen worden. Zum Einwand eines geringfügig niedrigeren Kilometerertrages wegen "vieler Flughafenfahrten" und "niedriger Tarife in M." sei zu sagen, dass der Kilometerertrag mangels Angaben des Beschwerdeführers nur im Schätzungsweg habe ermittelt werden können und seitens des Prüfers auch als geringfügig zu niedrig bezeichnet worden sei. Damit sei der Kilometerertrag keinesfalls als zu hoch, sondern eher als zu niedrig anzusehen "und können die Einwendungen in Anbetracht gravierender Buchführungsmängel wie offensichtlichen Unregelmäßigkeiten bei den Tachometerständen, Nichtaufbewahrung von Losungsgrundaufzeichnungen und Gutachten gem. § 57a KfzG nicht überzeugen". Die Tatsache der Aufzeichnungsmängel und Manipulationen bei den Tachometerständen sei auch unbestritten. Die vom Prüfer ermittelten durchschnittlichen Zahlenwerte beruhten auf den Angaben des Beschwerdeführers, dem aktuellen Taxitarif sowie den Belegen (Tankabrechnungen). Die Einwendungen des Beschwerdeführers seien nicht geeignet, das Schätzungsergebnis glaubhaft zu bestreiten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen, wobei alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Gemäß § 184 Abs. 2 BAO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Nach § 184 Abs. 3 BAO ist zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die belangte Behörde hat die Schätzungsberechtigung auf § 184 Abs. 3 BAO gestützt und diese wegen des Vorliegens formeller Buchführungsmängel bejaht (vor allem nicht aufbewahrte Grundaufzeichnungen). Auch die Beschwerde enthält kein Vorbringen, dass die im angefochtenen Bescheid (und bereits im Betriebsprüfungsbericht beschriebenen) angeführten formellen Mängel nicht bestanden hätten. Damit war aber die Schätzungsberechtigung dem Grunde nach gegeben (vgl. dazu neben den bereits im angefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnissen vom 23. Mai 1990 beispielsweise die - jeweils Taxiunternehmen betreffenden - hg. Erkenntnisse vom 20. Februar 1991, 90/13/0214, vom 9. Februar 2005, 2002/13/0015, vom 24. Februar 2005, 2003/15/0019, und vom 31. Mai 2006, 2002/13/0072).

Zur im angefochtenen Bescheid "ad Schätzungsergebnis" erwähnten Vermögensdeckungsrechnung ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass diese lt. Betriebsprüfungsbericht offenkundig nur zur (weiteren) Begründung der Schätzungsbefugnis (im Sinne des § 184 Abs. 2 BAO, vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2004, 2001/15/0022) dienen sollte. In die - durch den angefochtenen Bescheid bestätigten - Umsatz- und Gewinnhinzurechnungen fanden die Ergebnisse der Vermögensdeckungsrechnung keinen Eingang, diese resultierten vielmehr allein aus der in Tz. 18 des Prüfungsberichtes dargestellten kalkulatorischen Schätzung. War die Vermögensdeckungsrechnung somit weder in Bezug auf die - schon wegen formeller Mängel - bestehende Schätzungsberechtigung noch für die Höhe der ermittelten Betriebsergebnisse wesentlich, kann auch das diesbezügliche Beschwerdevorbringen dahingestellt bleiben, das vor allem rügt, die belangte Behörde habe zu Unrecht das "Darlehen eines Freundes" nicht berücksichtigt (mit seinem Hinweis, die belangte Behörde hätte den Darlehensgeber im Rahmen der bestehenden Offizialmaxime allenfalls im Rechtshilfeweg einvernehmen müssen, übersieht der Beschwerdeführer im Übrigen die erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen bei Auslandssachverhalten; vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, 97/13/0201, SlgNr. 7684/F).

Die Beschwerde trägt vor, sowohl die erstinstanzliche Behörde als auch die belangte Behörde hätten die Verprobung des Treibstoffaufwandes unrichtig vorgenommen, "wie bereits in der Berufung unter Pkt. 2. dargestellt". Auch damit wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

Der Prüfer hat sich in seiner Stellungnahme zur Berufung mit dem Berufungspunkt "2. Treibstoffaufwand" befasst und nochmals die Parameter seiner Kalkulation auch unter Bezugnahme auf das Berufungsvorbringen dargestellt. Er hat beispielsweise bei der Berechnung des durchschnittlichen Treibstoffverbrauchs darauf hingewiesen, dass er dabei das Argument des höheren Treibstoffverbrauchs "des Chryslers" ohnedies berücksichtigt habe. Der Beschwerdeführer hat sich zur Stellungnahme nicht geäußert. Damit konnte sich die belangte Behörde aber, ohne Verfahrensvorschriften zu verletzen, auf die Berechnungen des Prüfers stützen. Eine Unschlüssigkeit dieser kalkulatorischen Ermittlung der Betriebsergebnisse lässt das Beschwerdevorbringen nicht erkennen, zumal es auch auf den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Inhalt der Stellungnahme des Prüfers mit keinem Wort konkret eingeht. Im Übrigen muss derjenige, der zur Schätzung Anlass gibt, die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2006, 2001/13/0274).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. November 2006

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