VwGH 2003/10/0085

VwGH2003/10/008521.11.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Baumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Gaisbergstraße 46, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 7. März 2003, Zl. 21301-RI-518/19-2003, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: JI in B, vertreten durch Dr. Paul Kreuzberger und Mag. Markus Stranimaier, Rechtsanwälte in 5500 Bischofshofen, Moßhammerplatz 14), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Slbg 1999 §1;
NatSchG Slbg 1999 §19;
NatSchG Slbg 1999 §24 Abs1 lita;
NatSchG Slbg 1999 §24 Abs2;
NatSchG Slbg 1999 §24;
NatSchG Slbg 1999 §51 Abs3 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Einem Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 28. Oktober 1997 zufolge seien Erdaufschüttungen auf dem Grundstück 157/1 KG V. festgestellt worden.

Nach Einleitung eines Verfahrens der Naturschutzbehörde über die Wiederherstellung des vorigen Zustandes beantragte der Mitbeteiligte mit Eingabe vom 16. Juli 1998 die nachträgliche Bewilligung für die Aufschüttung und die Neuerrichtung eines Entwässerungsgrabens auf dem Grundstück. Die Aufschüttung solle der Vergrößerung der von seinem Vollerwerbsbetrieb landwirtschaftlich genutzten Fläche dienen. Er sei bereit, näher genannte Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen.

Nach Aufhebung eines das Vorhaben versagenden Bescheides der Bezirkshauptmannschaft gemäß § 66 Abs. 2 AVG durch die Berufungsbehörde erteilte die Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 7. November 2001 die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Aufschüttung sowie Verfüllung eines Gerinnes auf der Grundparzelle Nr. 157/1 KG V. und die Neuanlage eines Grabens nach Maßgabe näher genannter Planunterlagen und unter Einhaltung bzw. Erfüllung im Einzelnen aufgezählter Auflagen und Ausgleichsmaßnahmen.

Die Landesumweltanwaltschaft erhob Berufung. Diese machte - abgesehen vom Vorwurf näher dargestellter Begründungsmängel - vor Allem geltend, dass die Vernichtung eines derart hochwertigen und seltenen Lebensraumkomplexes wesentlich den Zielsetzungen des Lebensraumschutzes widerspreche und daher über die Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen nicht bewilligt werden könnte. Die belangte Behörde holte zunächst Befund und Gutachten von Amtssachversändigen für Naturschutz und Zoologie ein. Diese führten im Befund und Gutachten vom 14. Juni 2000 Folgendes aus:

"Befund:

Projektsbeschreibung

Laut Antrag von Herrn I. vom 16.7.1998, sollen auf GP 157/1, KG V 1500 m2 Aufschüttungsfläche, die Verfüllung von 160 lfm Graben und die Neuanlage von 80 m Entwässerungsgräben nachträglich bewilligt werden. Eine Lageskizze der Aufschüttung in einem Katasterplan im Maßstab 1:1500 liegt als Beilage dem Antrag bei, Profildarstellungen von Aufschüttung oder Entwässerungsgraben findet sich im Verwaltungsakt zu gegenständlichem Antrag nicht. Dem Bescheid liegt die selbe Lageskizze zugrunde, allerdings mit rot schraffiertem Bereich, der offensichtlich die zu verfüllende Fläche darstellt. Aus dieser Lageskizze, welche auch im Anhang diesem Gutachten beigelegt wurde, ergibt sich mit der bereits aufgeschütteten Fläche eine zu verfüllende Fläche von ca.1,2 ha.

Im Bereich der Projektsfläche wurden zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins am 4.4.2002 folgende Verhältnisse vorgefunden:

In der Ostecke des Grundstücks wurde eine Aufschüttung, annähernd in dreieckiger Form vorgenommen. Parallel zur Gasteiner Landesstraße beträgt deren Länge etwa 40 m, an der südöstlichen Grundgrenze etwa 60 m. Die westliche Grenze der Aufschüttung, in der dem Bescheid zugrunde liegenden Lageskizze als Graben eingetragen, verläuft nunmehr in einem Bogen über diesen Graben. hinaus. Dieser etwa 1 m breite Entwässerungsgraben ist daher bereits teilweise zugeschüttet worden. Er geht an seinem Südende in einen seggenbewachsenen Graben über und mündet in den neu angelegten Entwässerungsgraben.Von der Landesstraße abgegrenzt ist die Schüttfläche durch eine etwa 2 bis 3 m breite Straßenböschung und einen etwa 1 m breiten, teilweise randlich von Schilf bewachsenen Graben, der, wie auch alle anderen erwähnten Gräben, zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins Wasser führte. Zur Aufschüttungsfläche führt eine, über ein etwa 6 m langes Rohr geschüttete Zufahrt. Die vorhandene Aufschüttung weist ein geschätztes Flächenausmaß von 3000 m2 auf. Die Schütthöhe beträgt etwa 1,5 bis 2 m, das Schüttmaterial besteht, soweit oberflächlich erkennbar, aus felsdurchsetztem, grobblockigem Aushub- bzw. Abbruchmaterial. Auf der Schüttfläche bzw. randlich sind zahlreiche Humushaufen und Haufen mit Sägemehl bzw. Grünschnitt sowie Rundholz und Schwartlinge gelagert.Die in der Katasterdarstellung eingetragene Baufläche ist mit einer Holzblockhütte bestanden, welche offensichtlich auf das nunmehr bestehende Schüttniveau angehoben wurde. Zusätzlich ist ein geschätzt 5 x 10 m großes landwirtschaftliches Remisengebäude errichtet worden. Südwestlich der Holzblockhütte wird die Fläche kleinflächig als Gemüsegarten genutzt.

Die vorgefundenen Verhältnisse werden durch die Abbildungen 1 bis 4 im Anhang verdeutlicht.

Naturräumliche Gegebenheiten:

Die Projektsfläche befindet sich im südlichen Gasteinertal, linksufrig der Gasteiner Ache, gut 500 m südlich der Einmündung des Angertales bzw. des Gadaunergrabens. Das Gasteinertal, ein glazial geformtes Trogtal wird im gegenständlichen Abschnitt linksufrig vom bogenförmigen Kamm Stubnerkogel (2246 m) - Silberpfenning (2600 m) - Kalkbretterkopf (2412 m) - Tüchlwand (2577 m) begrenzt und rechtsufrig vom Gebirgsstock Kreuzkogel (2325 m) - Gamskarkogel (2467 m) - Tennkogel (2333 m) abgeschlossen. Im Süden gabelt sich das Tal in Nassfeld und Kötschachtal, nach Norden ist ein wechselnd breiter, ebener, von Schottern der Gasteiner Ache gebildeter Talboden ausgeprägt. Die Talflanken sind bis in eine Höhe von etwa 1900 m Seehöhe bewaldet (Fichtenwälder mit talnahe zunehmendem Anteil an Erlen- Birken-Bergahorn- und Eschenflächen) und forstlich bewirtschaftet, die darüber liegenden Almmatten werden landwirtschaftlich bzw. als Schigebiete genutzt und werden vom Tal durch mehrere Seilbahnanlagen erschlossen. Der flache Talboden ist ebenfalls von intensiver landwirtschaftlicher Nutzung geprägt und von der Gasteiner Ache durchflossen, welche im gesamten Verlauf relativ geradlinig reguliert wurde und nur wenig Uferbegleitgehölz aufweist. Die im Projektsbereich einmündenden Seitengräben wie Remsachbach, Gadaunergraben und Angertal weisen teilweise ausgeprägte Schwemmkegel auf. Auch ein künstlich errichteter Badeteich in der Nähe der Projektsfläche tritt als Landschaftselement in Erscheinung. Größere Siedlungsflächen sind im Süden Badgastein und im Norden Bad Hofgastein, dazwischen sind kleinere weilerartige Siedlungen wie Lafen, Gadaunern und Felding entstanden. An den Taleinhängen befinden sich Einzelgehöfte mit umgebenden Wiesenbereichen. Das Gasteinertal wird einerseits durch die Gasteiner Landesstraße und andererseits durch eine Bahnlinie erschlossen, die ab Böckstein durch den Tauerntunnel den Alpenhauptkamm quert. Diese stellen zusätzlich zu den Siedlungsaufschließungen lineare antropogene Landchaftselemente dar. Einen Eindruck von Landschaftscharakter und Landschaftsbild des Projektsraumes sollen die beiliegenden Abbildungen 5 und 6 geben. Insgesamt weist der Projektsraum also den Charakter einer naturnahen Kulturlandschaft auf, welcher allerdings im Talboden und im Bereich der Schigebiete deutlich technisch überprägt ist.

Die zur Aufschüttung vorgesehene Fläche wird im Südosten von einem Campingplatz umgeben und ist durch einen Graben mit Erlenbewuchs von diesem getrennt. Bereits zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins waren zahlreiche Wohnwagen abgestellt (Abbildung 5). Südwestlich dieses Grenzgrabens, bereits auf der GP 52/1, befindet sich ebenfalls eine mit Hochstaudenflur und mit einigen Erlen bewachsene extensive Fläche von geschätzt 1500 m2 Größe, auf der zwei Metalltanks gelagert sind. Am Nordostrand der Projektsfläche führt die Gasteiner Landesstraße und der vorerwähnte wasserführende Graben vorbei, weiter nordöstlich sind ebene Wiesenflächen und die Gasteiner Ache mit dem begleitenden Achenweg vorgelagert. lm Südwesten bildet eine Erlenreihe die Begrenzung, bevor der Taleinhang relativ steil ansteigt. Im Nordwesten schließen ebenfalls weitläufig von Gräben durchzogene Wiesenflächen an, auf der nordwestlich unmittelbar angrenzenden Grundfläche wurden Hütten errichtet, bzw. besteht eine kleinflächige Gartennutzung. Auf der GP 157/1 fällt noch eine Schilfwiese mit einer geschätzten Größe von 2000 m2 auf. Die Vegetationsverhältnisse auf der zur Aufschüttung vorgesehenen Fläche konnten wegen des jahreszeitlich bedingten Entwicklungszustandes nicht im Detail aufgenommen werden, es sind aber bereits umfangreiche Befundaufnahmen im Vorakt enthalten, auf die Bezug genommen werden kann. In der Stellungnahme der Naturschutzbeauftragten vom 29.6.1998 finden sich Angaben über die Artenzusammensetzung der Vegetation auf den südwestlich anschließenden Wiesenbereichen. ...Danach kommen folgende Arten mit folgenden (Anmerkung: im Befund im Einzelnen genannten) Feuchtezahlen vor: Sumpf-Vergissmeinnicht, Sumpf-Dotterblume, Sumpf-Schachtelhalm, Wiesensegge, Wiesen-Schaumkraut, Mädesüß, Kuckucks-Lichtnelke, Rotklee, Schnabelsegge, Wald-Engelwurz, Bach-Kratzdistel, Wiesen-Platterbse, Schlangen-Knöterich, Vogel-Wicke, Wasser-Minze, Sauer-Ampfer, Acker-Ehrenpreis, Wiesen-Rispengras, Ruchgras. Daraus lässt sich ein mosaikartig gegliederter Standort aus nassen bis feuchten, teilweise wechselfeuchten Standorten ableiten, wie sie für moorige und sumpfige Flächen typisch sind.

Wie aus den beiliegenden Fotos (Abbildung 5) hervorgeht, sind die umgebenden, ebenen Wiesen auf Grund der Vegetation in einen wenig (einmal jährlich oder weniger) gemähten bzw. beweideten buckligen Bereich mit Hochstaudenvegetation und in einen intensiver genutzten, eingeebneten Bereich gegliedert. Der südwestlichste Randstreifen wurde seit dem Jahr 1998 offensichtlich in der Nutzung intensiviert und eingeebnet, wie aus dem durch den Naturschutzbund übermittelten Foto (Aktenstück 8) hervorgeht. Im Zuge der Begehung am 17.8.2002 stellte die Naturschutzbeauftragte auf Grund von Sondierungen mit einem Bohrstock bezüglich des Untergrundes fest, dass sich die zur Aufschüttung vorgesehene Fläche in einen hangparallelen Moorstreifen und in eine breite zur Bundesstraße hin auskeilende Sumpffläche unterteilen lasse. Nach den Angaben des Referates 6/61- Wasserwirtschaft des Landes Salzburg liegen die gegenständlichen Grundflächen nicht im Abflussgebiet des 30jährlichen Hochwassers der Gasteiner Ache. Moorflächen, Sumpfflächen, und stehende bzw. fließende Gewässer sowie das Uferbegleitgehölz stellen jedoch geschützte Lebensräume im Sinne des Salzburger Naturschutzgesetzes dar.

Da eine Biotopkartierung für den gegenständlichen Talbereich nicht vorliegt, wurde im Zuge des Lokalaugenscheins am 4.4.2002 grob erhoben, wo sich weitere vergleichbare Feuchtlandschaftsreste befinden. Etwa 1,5 km talauswärts der geplanten Aufschüttungsfläche befindet sich zwischen A-Markt und Gasteiner Ache ein bedeutender Feuchtlandschaftsrest mit Schilfwiesen, der allerdings in Teilbereichen durch abgelagertes Aushub- bzw. Humusmaterial gefährdet erscheint (vgl. Abbildungen 7 und 8). Die Rechtmäßigkeit dieser Aufschüttungen wäre von der zuständigen Naturschutzbehörde zu überprüfen. Des weiteren findet sich eine Streuwiese etwas taleinwärts der Talstation der Schlossalmbahn zwischen Straße und Gasteiner Ache. Südlich von Dorfgastein findet sich an der linken Talseite eine langgezogene Streuwiesen bzw. Schilffläche, und schließlich auf der rechten Talseite zwischen Bundesstraße und Talflanke die sogenannte 'Patschgwiese'. Die Erhebung erfolgte nicht systematisch sondern es wurden nur vom Auto aus, etwa am vorhandenen Schilfbestand erkennbare Flächen angeführt. Weiters liegt eine Kartendarstellung im Maßstab 1:50000 bei, in der die erhobenen Streu- bzw. Schilfwiesenflächen sowie jene nachstehend (im Einzelnen aufgezählte) Flächen markiert wurden, für die eine Naturschutzförderung zur Streuwiesenmahd bezahlt wird. Es finden sich dort 6 Parzellen im Bereich der Gemeinde Bad Hofgastein im Gesamtausmaß von gut 5,1 ha und 1 Parzelle in der KG Dorfgastein mit gut 1,1 ha. 2 weitere Parzellen mit insgesamt etwa 3,5 ha in der Gemeinde Dorfgastein (KG Klammstein) liegen jedoch oberhalb des Talbodens und sind daher nicht mit dem Lebensraumtyp feuchte (nasse) Talbodenwiesen vergleichbar.

Tierwelt:

Während des Frühjahrs 2000 wurde die gesamte Parzelle 157/1 mit Schwerpunkt Feuchtwiese/Brache im Bereich der bereits angefangenen Aufschüttung aus zoologischer Sicht begutachtet. Dabei wurden folgende Arten festgestellt: Ringelnatter Natrix natrix: Im dicht verwachsenen Entwässerungsgraben am westlichen Rand der Aufschüttung wurden 2 Ringelnattern festgestellt. Aufgrund der heimlichen Lebensweise dieser Art und den Lebensraumansprüchen ist mit weiteren Exemplaren zu rechnen. Die Art bevorzugt feuchte Lebensräume und die Uferbereiche verschiedener Gewässer und ernährt sich unter anderem von Amphibien und deren Larvenstadien (Kaulquappen). Im Frühjahr fanden sich in zeitweilig überschwemmten Abschnitten der Feuchtwiese/der Schilfsbereiche bzw. in den Grabenbereichen zahlreiche Grasfroschlaichballen.An der Gasteiner Bundesstraße, die am Rand der ggst. Fläche vorbeiführt, befindet sich eine betreute Amphibienwanderstrecke. Sowohl Grasfrösche Rana temporaria als auch Erdkröten Bubo bubo wurden nach dem Projektsbereich zum Amphibienschutzprojekt Gasteiner Bundesstraße 1994, Teil 'Bertahof' sowie nach Auskunft der Biotopschutzgruppe Gasteinertal, die diese Strecke betreut, hier beobachtet. Der Grasfrosch dominiert nach Zählungen an der Amphibienwanderstrecke mit einem Verhältnis zur Erdkröte von 294:6 klar (1994, Projektbericht). Bei der Begutachtung wurden keine Erdkröten oder Erdkrötenlaich im ggst. Areal beobachtet. Bei den am Amphibienzaun festgestellten Lurchen handelt es sich um von Osten zuwandernde Tiere. Ein Teil der vorhandenen Population des Areals rekrutiert sich jedoch aus den Tieren des Westhanges des Gasteinertals. Deren Landlebensraum wird in der genannten Studie wie folgt beschrieben: 'Es handelt sich zwar um einen durch die Absenkung des Grundwassers trocken gefallenen Talabschnitt, der aber aufgrund seiner reichen Struktur (Hecken, Feldgehölze, Hochstaudenbestände) ein äußerst attraktiver Landlebensraum für Amphibien ist (...) Der Westhang bietet als Hinterland gute Strukturen für Sommer- und Winterlebensräume. Er ist zwar im unteren Bereich leicht zersiedelt, weist aber bis in eine Höhe von ca. 900 m zahlreiche Hecken und mehr oder weniger intensiv genutzte Wiesen und Weiden auf. Er geht bei ca. 900 m langsam über einen geschlossenen Mischwald in einen Fichtenwald über.' Die Laichgewässersituation auf der Westseite der Gasteiner Bundesstraße ist allerdings als sehr ungünstig anzusehen: Zwar wurden von der Biotopschutzgruppe Gasteinertal östlich der Gasteinertal-Bundesstraße Ersatzlaichgewässer angelegt, die in Hinkunft denjenigen Amphibien, die von Osten her ins ggst. Areal wandern, als Laichgewässer dienen sollen. Diejenigen Tiere, die jedoch vom Hang westlich der Straße zum Ablaichen ins Tal kommen, werden ihre Eier weiterhin - da im Nahbereich keine andere Laichmöglichkeit besteht - im Bereich der Feuchtwiesen bzw. Gräben im ggst. Areal (oder in den angrenzenden Fischteichen) ablegen. Aufgrund des Trockenfallens der Wiesenbereiche westlich der Gasteiner Bundesstraße geht der meiste Froschlaich durch Austrocknung verloren. In den Grabenbereichen können jedoch Kaulquappen überleben. Die angrenzenden Fischteiche (beim Bahnhof bzw. beim Straßenparkplatz) sind als Laichplätze für Grasfrösche nicht geeignet, da der Laich/die Kaulquappen von den Fischen gefressen werden. Allenfalls können in ihnen Erdkröten aufkommen, da der Laich und die Larven dieser Art von Fischen eher verschmäht werden. Im Frühjahr 2000 wurden weiters 2 immature Gelbbauchunken Bombina variegata - allerdings nur einmal - im bereits bestehenden 'neuen Graben' im Süden-Westen der Fläche entdeckt. Weitere Ex. oder auch Kaulquappen konnten nicht beobachtet werden. Es kann deshalb nicht von einer größeren Population ausgegangen werden. Diese Amphibienart findet sich in den Anhängen II und IV der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie und bewohnt selbst kleinste Gewässer wie wassergefüllt Radspuren oder größere Pfützen. An Vogelarten wurden (hauptsächlich) zur Brutzeit Wacholderdrossel Turdus pilaris, Amsel Turdus merula, Gartengrasmücke Sylvia borin, Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla, Fitis Phylloscopus trochilus, Zilpzalp Phylloscopus collybit und Kohlmeise Parus major festgestellt:

Diese Arten sind allesamt Gebüsch-/Baumbewohner, die sich vornehmlich in den in der Fläche vorhandenen Gehölzen aufhielten und dort auch ihre Brutplätze besitzen. Wacholderdrossel, Amsel und Kohlmeise waren während der Nahrungssuche gelegentlich auch auf Wiesen anzutreffen. Bachstelze Motacilla alba und Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros brüten vermutlich an den Heuhütten im Gebiet, zur Nahrungssuche halten sie sich an den Gräben bzw. in den Feuchtwiesen, aber auch den intensiver genutzten Wiesen auf. Ein Revier des Sumpfrohrsängers Acrocephalus palustris befand sich in dem im Nordwesten an die Fläche angrenzenden Schilfsbereich bzw. den angrenzenden Strukturen. Mauersegler Apus apus, Rauchschwalbe Hirundo rustica und Mehlschwalbe Delichon urbica wurden in größerer Anzahl über der Fläche jagend beobachtet.

Der Stiegpilz Carduelis carduelis wurde im Herbst bei der Nahrungssuche im Feuchtwiesenbereich beobachtet (Distelsamen!). Während es sich bei den meisten Arten um solche handelt, die in Talbodenbereichen des Alpenraumes weit verbreitet sind, ist der in der benachbarten Schilfwiese angetroffene Sumpfrohrsänger in diesem Gebiet eher eine Seltenheit: Im Gasteinertal gibt es nur einige wenige Brutvorkommen in Feuchtwiesen bzw. Schilfrandbereichen (zB Dorfgastein/Paschgwiese bzw. bei Hofgastein). Von besonderer Bedeutung sind Feuchtwiesen, insbesondere solche mit Distelbeständen, auch für Stieglitze (Distelfinken), die hier im Herbst oft in größeren Trupps einfallen, um die Samen abzuernten. Der Stieglitz ist im Gasteinertal nicht allzu häufig und üblicherweise eher um Dorfgastein anzutreffen. Die angetroffenen Vogelarten sind durchwegs (bis auf Amsel, Wacholderdrossel, Stieglitz und Kohlmeise - die jedoch für die Jungenaufzucht ebenfalls tierische Nahrung benötigen) reine Insektenfresser, die den in der Fläche vorhandenen Reichtum an Wirbellosen nutzen. Neben den genannten Wirbeltierarten wurden im Gebiet auch noch Libellen (eine unbestimmte Kleinlibelle, wahrscheinlich Lestes sponsa (Gemeine Binsenjungfer) sowie die Art Aeshna cyanea (Blaugrüne Mosaikjungfer), diverse Schmetterlinge, zB Erebia sp. (Mohrenfalter), Schwebfliegen (zB die Art Helophilus pendulus), Heuschrecken (mehrere Spezies), mehrere Spinnenarten, sowie Wasserläufer (Fam. Hydrocorisae) festgestellt. Aeshna cyanea und Lestes sponsa sind in Mitteleuropa häufige Libellen, die neben anderen Gewässern auch an Wiesengräben vorkommen.

Anhand der im Befund dargestellten Fakten sollen im Anschluss die gestellten Fragen beantwortet werden:

Ist das beantragte Vorhaben grundsätzlich ausgleichsfähig im Sinne von § 51 Abs. 3 Z. 2 NSchG, d.h. widerspricht es wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes?

Das Gasteinertal ist ein glazial geformtes Tauerntal, dessen flacher, relativ breiter Talboden im Wesentlichen von der Gasteiner Ache geformt und gestaltet wurde. Die historischen landschaftlichen und ökologischen Verhältnisse werden durch den im Anhang beiliegenden Ausschnitt aus der 'Schmitt'schen Karte von Südwestdeutschland' aus dem Jahr 1797 dokumentiert. Die Karte stellt keineswegs die natürlichen Verhältnisse dar, sondern jene, wie sie bereits durch eine Jahrhunderte dauernde landwirtschaftliche Bewirtschaftung gestaltet wurde, also eine intakte naturnahe Kulturlandschaft. Die Gasteiner Ache durchfloss unregelmäßig gewunden und mäandrierend den Talboden, und stellte ein breites und dynamisches Gewässersystem dar. Bereichsweise, aber nicht durchgehend, war ein relativ breite Auwaldstreifen, vermutlich aus Grauerlenbeständen vorhanden. Der gesamte Talboden bis auf die Schwemmkegel der Seitenzubringer war Überflutungsgebiet. Vom Kartenrand bis etwa auf Höhe Bad Hofgastein ist der Bachlauf (einschließlich der Auwälder) deutlich von den freien, vermutlich landwirtschaftlich genutzten Bereichen getrennt. Erst weiter talauswärts ist großflächig versumpfter Talboden eingezeichnet. Aus der verfügbaren Literatur (STIGLHOFER 1984) geht hervor, dass Flüsse, Sumpfwiesen und Sümpfe sehr genau kartiert wurden, da es sich beim vorliegenden Kartenwerk um eine Militärkarte handelt und die genaue Kenntnis der Geländepassierbarkeit militärisch sehr wichtig war. Es kann also mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die damaligen naturräumlichen Verhältnisse zumindest in der Nähe der Gasteiner Ache exakt abgebildet wurden. Von den einst großflächig vorhandenen Versumpfungen sind durch Flussregulierung, Entwässerung und Absenkung des Grundwasserspiegels nur mehr wenige, mehr oder weniger kleinflächige Bereiche erhalten geblieben, von denen die bedeutenderen in der beiliegenden ÖK 50 Darstellung eingetragen sind. Grundsätzliche Zielsetzung des Lebensraumschutzes muss es daher sein, die vorhandenen Reste der ursprünglich großflächig vorhandenen Talbodenversumpfung in ihrer Substanz und Wertigkeit zu erhalten. Die gegenständliche Fläche befindet sich auf der Schmitt'schen Karte südöstlich der 'Laffenhöhe' (in der Karte rot unterstrichen) auf der linken Seite der Gasteiner Ache, talwärts des ebenfalls eingezeichneten Weges. Im Gegensatz zu den anderen, in der beiliegenden ÖK 50 im Talbodenbereich eingetretenen Streu- und Feuchtwiesenflächen liegt sie somit noch in einem Bereich, der ursprünglich keine größerflächigen Versumpfungen aufgewiesen haben dürfte. Sie ist demnach eher kein Rest der großflächigen Talversumpfungen sondern vermutlich eine von Hangwässern gespeiste Feuchtfläche, was auch deren heutige Existenz außerhalb des Hochwasserabflussbereiches der Gasteiner Ache und abgedämmt von der Straßenböschung miterklärt. Für die auf Torfuntergrund liegenden Flächen ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei nicht mehr um intakte Moorflächen handelt, sondern sowohl im Pflanzenbestand als auch im Wasserhaushalt bereits eine deutliche anthropogene Überprägung durch die landwirtschaftliche Nutzung und die teilweise Entwässerung stattgefunden hat. Ein Widerspruch zu grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes kann daher aus landschaftsökologischer Sicht nicht erkannt werden. Die vorgefundene Gemengelage von extensiv bewirtschafteten (Feucht‑)Wiesen, Erlengebüschen und Entwässerungsgräben, angrenzenden Schilfbereichen ist allein schon aufgrund der Tatsche, dass es sich insgesamt um einen in großen Teilen wenig intensiv genutzten Biotopkomplex handelt, als zoologisch hochwertig anzusehen. Solche Lebensraumkomplexe beherbergen durch Ihre Vielfalt an verschiedenen Pflanzenarten auch eine hohe Vielfalt an wirbellosen Tieren (zB Schmetterlinge, Spinnen, Käfer, Libellen, Heuschrecken). Diese stellen ihrerseits wieder eine wichtige Nahrungsbasis für Wirbeltiere wie Amphibien, Reptilien, Vögel und Kleinsäuger dar. Die Ergebnisse der im Jahr 2000 durchgeführten Begutachtung weisen jedenfalls in Richtung einer hohen Artenvielfalt und unterstreichen damit die hohe Wertigkeit der Fläche aus zoologischer Sicht. Es muss jedoch auch festgestellt werden, dass in der Fläche keine seltenen oder gar besonders seltenen Feuchtgebietsarten (bis auf den in den benachbarten Schilfbereichen angetroffenen Sumpfrohrsänger, dessen Lebensraum von den geplanten Maßnahmen nur am Rande berührt wird) angetroffen werden konnten, was vermutlich u.a. durch die Kleinflächigkeit bedingt ist. Ein Widerspruch zu grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes ist daher auch aus zoologischer Sicht nicht gegeben. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist daher davon auszugehen, dass die geplanten und teilweise bereits realisierten Maßnahmen nicht wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes widersprechen und somit prinzipiell ausgleichsfähig sind. Der nunmehr vorhandene Lebensraumkomplex aus unterschiedlich intensiv genutzten landwirtschaftlichen Wiesenflächen auf Torf- bzw. Sumpfuntergrund mit wasserführenden Entwässerungsgräben, teilweise mit Erlenbegleitwuchs und die Schilfwiese stellt aber unabhängig von seiner wahrscheinlichen Entstehung einen naturschutzfachlich besonders hochwertigen Bereich dar, dessen Seltenheit im Gasteinertal in der beiliegenden ÖK 50 Darstellung mit den noch vorhandenen vergleichbaren Bereichen eindrucksvoll dargestellt ist, insbesonders dann wenn man sich die früheren Verhältnisse vergegenwärtigt. Der vorliegende Lebensraumkomplex beinhaltet teilweise Ersatzlebensräume für einst großflächig im gesamten Talbodenbereich vorhandene wassergebundene Lebensräume (z.B. Entwässerungsgraben statt Autümpel).

Bewirken die Ausgleichsmaßnahmen eine wesentliche Verbesserung des Landschaftsbildes und/oder des Naturhaushaltes? (§ 51 Abs. 3 Z. 1 NSchG)?

Im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann vom 7.11.2001 wurden folgende Ausgleichsmaßnahmen vorgeschrieben, welche durch Auflagen konkretisiert wurden:

Herstellung eines Tümpels in einer zweimähdigen Wiesenmulde im Westen und eines weiteren Tümpels im Süden der geplanten Aufschüttung auf Gp. 157/1, KG V in einem trapezförmigen Geländeabschnitt mit gegenwärtig vorhandener Hochstaudenvegetation (genaue Lage siehe Plan im M 1:1500) sowie Schaffung einer ökologischen Pufferzone um den neuen Tümpel südlich der Aufschüttung. .....

Neuschaffung des verfüllten Grabens entlang der südöstlichen Grundgrenze auf Gp. 157/1, KG V. ....

Die Ausgleichsmaßnahmen werden bei entsprechender Pflege und Erhaltung eine dauerhafte Wirkung aufweisen. In ihrer Flächenwirksamkeit gehen sie aus floristischer Sicht nicht über die unmittelbar beanspruchte Fläche hinaus.

Aus zoologischer Sicht tritt durch die Ausgleichsmaßnahmen allerdings eine wesentliche Entschärfung der angespannten Laichgewässersituation im Gebiet ein. ...

Es kann ... nicht von einer wesentlichen Verbesserung des

Landschaftsbildes bei Verwirklichung der vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen ausgegangen werden

3. Überwiegt diese Verbesserung gegebenenfalls insgesamt die nachteiligen Auswirkungen des beantragten Vorhabens (§ 51 Abs. 3 Z. 3)?

Mit der Verfüllung von 1,2 ha Streuwiesenfläche auf der gegenständlichen Projektsfläche ist die völlige und dauerhafte Zerstörung der vorhandenen Tier- und Pflanzengesellschaften auf der in Spruch genommenen Fläche verbunden. Dies kann auch nicht durch die Vorschreibung von Auflagen auf ein geringeres Ausmaß herabgemindert werden. Für einen Großteil der Tierarten (bis auf reine Feuchtwiesenarten, von denen allerdings keine besonders seltenen oder charakteristischen Spezies gefunden wurden) werden jedoch durch die Ausgleichsmaßnahmen Ausweichlebensräume geschaffen (siehe auch Punkt 2). Diese Ausweichlebensräume werden bei rechtzeitiger Anlage vor der Aufschüttung der Projektsfläche auch besiedelt werden können, da sie sich im unmittelbaren Nahbereich befinden. Insgesamt werden damit zoologisch und ökologisch hochwertige Feuchtlebensräume - wenn auch in etwas anderer Form als bisher - im Gebiet geschaffen, die bei entsprechender Entwicklung für viele Arten eine Aufwertung der derzeitigen Lebensraumsituation mit sich bergen. Der naturschutzfachliche Wert der Fläche, dargestellt anhand der Landschaftsentwicklung im gegenständlichen Teil des Gasteinertals findet sich in der Beantwortung der Frage 1. Auf Grund der Seltenheit des Lebensraumkomplexes ist von einer naturschutzfachlich sehr hochwertigen Fläche auf der gesamten Parzelle einschließlich des bereits aufgeschütteten Bereiches (siehe auch beiliegendes Ortophoto 1 : 10.000 ohne Aufschüttung) auszugehen. Die extensivst genutzten Teile einschließlich eines gut eingewachsenen Wassergrabens gehen verloren, die Schilfwiese und intensiver genutzte Teile der GP 157/1 bleiben erhalten. Bei Aufschüttung der insgesamt geplanten etwa 1,2 ha großen Fläche verbleibt flächenmäßig etwa die Hälfte der 2,4 ha großen Parzelle unbeeinträchtigt, da aber hauptsächlich die intensiver genutzten Bereiche übrig bleiben, geht wertmäßig ein Großteil der vorhandenen Substanz verloren. Dem stehen die, unter Frage 2 genauer beschriebenen und in ihrer Wirksamkeit bewerteten Ausgleichsmaßnahmen, nämlich die Errichtung von insgesamt etwa 60 m2 Tümpelfläche, geschätzten 50 m2 Pufferfläche als dauerhafte Verbesserung gegenüber. Die Neuerrichtung des Grabens kann in die Bewertung nur marginal eingehen, da es sich im Wesentlichen um den Ersatz eines verloren gegangenen Grabens handelt.

Aus fachlicher Sicht kann daher insgesamt gesehen nicht von einem Überwiegen der vorgeschriebenen ökologischen Verbesserungen gegenüber der geplanten und teilweise bereits realisierten Zerstörung ausgegangen werden."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Landesumweltanwaltschaft mit der Maßgabe von Abänderungen des bekämpften Bescheides betreffend die vorgeschriebenen Auflagen und Ausgleichsmaßnahmen ab. Nach überblicksweiser Wiedergabe des Verfahrensgeschehens wurde begründend dargelegt, die Amtssachverständigen hätten mit Schreiben vom 14. Juni 2002 das als Beilage angeschlossene Gutachten abgegeben. Darin sei zusammenfassend festgestellt, dass die beantragten Maßnahmen grundsätzlich ausgleichsfähig seien, die bisher angebotenen Ausgleichsmaßnahmen aber nicht geeignet wären, die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen zu kompensieren. Zur genauen Begründung werde auf die Beilage verwiesen. Bei der am 15. Juli 2002 durchgeführten mündlichen Verhandlung habe der Mitbeteiligte als zusätzliche Ausgleichsmaßnahme die Schwendung einer ca. 1 ha großen ehemaligen Hutweidefläche angeboten. Mit Schreiben vom 12. August 2002 habe der Mitbeteiligte ergänzende Unterlagen betreffend die angebotene Schwendung der Hutweideflächen vorgelegt. Zur fachlichen Eignung "aller angebotenen Ausgleichsmaßnahmen des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens" hätten die Amtssachverständigen mit Schreiben vom 25. September 2002 folgendes Gutachten abgegeben:

"Seitens des Antragstellers werden nunmehr folgende Ausgleichsmaßnahmen angeboten:

Herstellung eines Tümpels in einer zweimähdigen Wiesenmulde im Westen und eines weiteren Tümpels im Süden der geplanten Aufschüttung auf Gp. 157/1, KG Vorderschneeberg in einem trapezförmigen Geländeabschnitt mit gegenwärtig vorhandener Hochstaudenvegetation (genaue Lage siehe Plan im M 1:1500) sowie Schaffung einer ökologischen Pufferzone um die neuen Tümpel

....

Neuschaffung des verfüllten Grabens entlang der südöstlichen Grundgrenze auf Gp. 157/1, KG Vorderschneeberg. ...

Schwendung von zugewachsenen Weideflächen auf den GP 101/1, KG Bad Gastein sowie 592/1, 592/3 und 593 je KG Vorderschneeberg

Die Freistellung erfolgt im Bereich von ehemaligen Weideflächen auf einer Gesamtfläche von etwa 1 ha, wobei keine völlige Freistellung sondern ein Erhalt von Baumgruppen vorgesehen ist.

Bewertung aus landschaftlicher Sicht:

Die Teiche mit einer Wasseroberfläche von etwa 30 bzw. 60 m2, welche zumindest vom Frühsommer bis zum Herbst einen erkennbaren höherwüchsigen Pufferstreifen aufweisen werden, liegen zwar im freien Wiesengelände, sind aber auf Grund ihrer relativ geringen Größe im Landschaftsbild wenig auffällig und nur aus näherer Entfernung deutlich wahrnehmbar.

Der anzulegende Graben führt entlang der Aufschüttungsfläche, liegt tiefer als diese und ist zum Großteil durch den Erlen- und Hochstaudenbewuchs, der bereits jetzt vorhanden ist oder sich zukünftig entwickeln wird, weitgehend abgedeckt. Eine Wirkung auf das Landschaftsbild im Sinne einer Auffälligkeit oder positiven Veränderung ist somit kaum gegeben.

Die zu schwendenden Flächen befinden sich am linken Einhang des Gasteinertales einiges oberhalb des Talbodens in Hanglage und stellen mehr oder weniger dicht hauptsächlich mit Fichten, Erlen, Bergahorn und div. Sträuchern verwachsene Weideflächen dar. Wie auch aus dem beiliegenden Luftbild mit eingetragenen Flächen hervorgeht, schließen die zu schwendenden Bereiche an offene Weide- bzw. Wiesenflächen an. Landschaftsbild und Charakter der Landschaft werden also von diesem Wechsel zwischen offenen und bewaldeten Bereichen bestimmt. Durch die Extensivierung bzw. Aufgabe der Beweidung kommt es langfristig zu einer Monotonisierung der Landschaft, da eben gerade dieser landschaftliche Wechsel den Reiz und die Harmonie des Landschaftsbildes bestimmt. Der gegenständliche Landschaftsabschnitt ist durch eine Straße erschlossen, also auch relativ leicht erreichbar und erlebbar, was auch den Wert der Landschaft für die Erholung steigert. Die Schwendung ist somit geeignet erhebliche Verbesserungen im Landschaftsbild zu wirken. Bei Verfügung einer bescheidmäßigen Verpflichtung die Flächen dauerhaft offen zu halten ist auch eine dauerhafte landschaftliche Wirkung gegeben. Dem steht die dauerhafte landschaftliche Veränderung von 1,2 ha 'Feuchtlandschaftsrest' gegenüber. Landschaftlich wirksam sind jene Teile, welche Strukturen aufweisen, die sich von der umgebenden Landschaft deutlich unterscheiden. Dies sind die extensiv bewirtschafteten Teile der Aufschüttungsfläche (vgl. Abbildung 5 im Gutachten vom 14.6.2002) und die Grabenstrukturen. Die mehrschnittigen Wiesenbereiche unterscheiden sich rein landschaftlich kaum von der Umgebung., die Baumstrukturen bleiben im wesentlichen erhalten.

Insgesamt betrachtet, also auch unter Berücksichtigung der landschaftlichen Wirkung der Tümpel kann somit aus dem Blickwinkel des Landschaftsbildes von einem Ausgleich der Beeinträchtigungen durch die Aufschüttung ausgegangen werden.

Bewertung im Hinblick auf den Naturhaushalt:

Aus zoologischer Sicht musste nach einer groben Erhebung der Tierwelt im Jahr 2000 die geplante Aufschüttung negativ beurteilt werden, weil die derzeit nur extensiv bewirtschaftete Fläche eine hohe Vielfalt von Tierarten aufweist. Diese Vielfalt ergab sich insbesondere aus dem vorhandenen Lebensraumkomplex aus Feuchtwiesen, Schilfbereichen, Erlengebüschen und Entwässerungsgräben. Durch die Aufschüttung gehen 1,2 ha Fruchtwiesen sowie ein 90 m langer Graben als Lebensraum verloren. Diese waren vor allem für zahlreiche wirbellose Tierarten sowie als Nahrungsraum für mehrere Vogelarten und Lebensraum für Amphibien und Reptilien von Bedeutung. Vom Antragsteller wurden nun Ausgleichsmaßnahmen angeboten, die zu Beginn der Stellungnahme näher ausgeführt sind. Es handelt sich dabei um einen neuen Graben sowie zwei Tümpel inklusive Pufferzonen sowie um das Schwenden zugewachsener Weideflächen. Die Anlage des Grabens kann als Ersatz für den durch den Eingriff zerstörten Grabenabschnitt gesehen werden. Das Schwenden ehemaliger Weideflächen hat vor allem landschaftsästhetische Auswirkungen. Die dadurch neu entstehenden Grenzlinienbiotope im Übergangsbereich Wald/Weide sind jedoch ökologisch gesehen sehr artenreiche Lebensräume. Die Anlage der beiden Tümpel ist von besonders hoher Wertigkeit für den Naturhaushalt: Diese Maßnahme stellt eine sehr wichtige Bereicherung für das Gebiet dar. Sie wird direkt im betroffenen Landschaftsraum gesetzt und überwiegt aus folgenden Gründen die nachteiligen Auswirkungen jener Maßnahme, die bewilligt werden soll, erheblich:

Wie bereits in der Stellungnahme vom 21.9.2001 vermerkt, ist die Laichgewässersituation für die westlich der Gasteiner Bundesstraße lebenden Amphibien, insbesondere für den Grasfrosch, aber auch die Erdkröte, besonders prekär. Der Grasfrosch ist nach Zählungen an der Amphibienwanderstrecke an der Gasteiner Bundesstraße mit einem Verhältnis zur Erdkröte von 294:6 die häufigste Art (1994, Projektbericht). Allerdings handelte es sich hier um von Osten zuwandernde Tiere, für die in der Zwischenzeit im Osten der Straße Laichgewässer angelegt wurden. Ein großer Teil der vorhandenen Population im Eingriffsgebiet besteht jedoch aus Lurchen, deren Landlebensräume am Westhanges des Gasteinertals liegen. Die derzeit hier vorhandene Laichgewässersituation ist denkbar schlecht: Vorhandene (Fisch)Teiche sind aufgrund des Fischbesatzes und der Uferstrukturierung für Amphibien von sehr geringer Bedeutung und stellen allenfalls für Erdkröten suboptimale Laichbiotope dar. Die übrige Laichgewässersituation beschränkt sich auf vernässte Wiesen und einzelne Gräben nördlich des Bertahofs (Bericht zum Amphibienschutzprojekt (Gasteiner Bundesstraße (1994)). Aufgrund des späteren Trockenfallens der im Frühling vernässten Wiesenbereiche geht jedoch der Großteil des Amphibienlaichs durch Austrocknung verloren. Lediglich in den Grabenbereichen können einige Kaulquappen überleben. Im zitierten Projektbericht wird die Anlage von neuen Laichgewässern in diesem Bereich empfohlen. Somit tritt durch die als Ausgleichsmaßnahme angebotenen Teiche eine wesentliche Entschärfung der angespannten Laichgewässersituation im Gebiet ein. Als Landlebensraum für die westlich der Gasteiner Bundesstraße lebenden Amphibien wird in der genannten Studie folgender Bereich beschrieben: 'Es handelt sich zwar um einen durch die Absenkung des Grundwassers trocken gefallenen Talabschnitt, der aber aufgrund seiner reichen Struktur (Hecken, Feldgehölze, Hochstaudenbestände) ein äußerst attraktiver Landlebensraum für Amphibien ist. (....) Der Westhang bietet als Hinterland gute Strukturen für Sommer- und Winterlebensräume. Er ist zwar im unteren Bereich leicht zersiedelt, weist aber bis in eine Höhe von ca. 900 m zahlreiche Hecken und mehr oder weniger intensiv genutzte Wiesen und Weiden auf. Er geht bei ca. 900 m langsam über einen geschlossenen Mischwald in einen Fichtenwald über.' Der Lebensraum der Amphibien beschränkt sich also nicht nur auf die 1,2 ha große Eingriffsfläche, sondern ist wesentlich großräumiger zu sehen. Durch die Aufschüttung der bisher als extensive Viehweide genutzten 1,2 ha großen Feuchtwiesenfläche und eine zukünftig intensivere Nutzung als zweimähdige Wiese wird zwar sicherlich ein Teil des Landlebensraumes der Amphibien - der wie erwähnt vor allem während der Laichzeit genutzt wird - in seiner Qualität gemindert. Doch wird dies durch die aufgrund der Ausgleichsmaßnahme geschaffene wesentlich günstigere Laichgewässersituation mehr als aufgewogen. Auch die Vernetzung mit den vorhandenen Schilfbeständen, Feldgehölzen, Hochstauden und Gräben bleibt erhalten. Bei meinen Begehungen im Frühjahr 2000 wurden 2 immature Gelbbauchunken - allerdings nur einmal - im bereits bestehenden 'neuen Graben' ganz im Süden-Westen der Fläche entdeckt. Weitere Ex. oder auch Kaulquappen konnten nicht beobachtet werden. Es kann deshalb nicht von einer größeren Population ausgegangen werden. Trotzdem ist durch das Verhandlungsergebnis sichergestellt, dass das Umfeld des Beobachtungsortes nicht direkt beeinträchtigt wird: der angrenzende Teil der Feuchtwiese bleibt erhalten, der Graben in dem die Tiere beobachtet wurden, wird nicht verändert, da er bereits neu angelegt wurde, Verbindungen zu Feldgehölzen und zu dem neu anzulegenden Graben sind gegeben, und in unmittelbarer Umgebung findet sich einer der beiden Tümpel. Die in dem von der Aufschüttung betroffenen Graben beobachteten Ringelnattern werden im Umfeld der beiden neuen Teiche ebenfalls sehr gute Lebensbedingungen vorfinden. Die zu erwartende große Anzahl von Kaulquappen bzw. Jungfröschen stellt eine sehr gute Nahrungsbasis für diese Art dar, in angrenzenden Bereichen finden sich gute Überwinterungsmöglichkeiten. Das festgestellte Vorkommen des Sumpfrohrsängers ist von der geplanten Aufschüttung nicht unmittelbar betroffen, da sich das Revier vor allem im Umfeld der Schilfbereiche und angrenzenden Erlengebüsche befindet, die von der Aufschüttung nicht betroffen sind. Durch die Umwandlung der 1,2 ha großen feuchten Viehweide in eine zweimähdige Wiese wird es höchstwahrscheinlich zu einer Verringerung der Evertebratenpopulation auf den betroffenen Flächen kommen. Würden hier auf der Fläche keine Gegenmaßnahmen gesetzt werden, wäre die Nahrungsvielfalt für die bisher hier lebenden 'insektenfressenden' Arten (z.B. diverse Vögel, Säugetiere, Amphibien) stark eingeschränkt. Die beiden Teiche als Ausgleichsmaßnahme bieten hier ein wertvolles Gegengewicht, stellen doch gerade Teiche und ihr Umfeld essentielle Lebensräume für zahllose wirbellose Tierarten (zB Libellen, Köcher- und Eintagsfliegen, Wasserkäfer und -wanzen, Mücken, Kleinkrebschen, Egel, Würmer usw.) dar, sodass die Nahrungsbasis von insektenfressenden Tierarten weiterhin gesichert ist. Tümpelbewohnende Evertebraten besitzen - aus Mangel an naturnahen stehenden Kleingewässern - im Gasteinertal derzeit nur sehr begrenzt besiedelbare Lebensräume, sodass gerade auch diese Arten sehr stark von der Ausgleichsmaßnahme profitieren werden und hier neue Lebensmöglichkeiten vorfinden. Dabei wird es sich zum Teil um Wirbellose handeln, die bisher im Gebiet nicht vorgekommen sind, im Gegenzug werden allerdings Evertebraten, die bisher in der 1,2 ha großen Feuchtwiese gelebt haben, keine bzw. nur mehr auf die erhalten bleibenden Feuchtwiesenbereiche sowie die Pufferzonen um die Teiche beschränkte Lebensbedingungen vorfinden. Gesamt gesehen wird also im Eingriffsgebiet durch direkt vor Ort gesetzte Ausgleichsmaßnahmen auch weiterhin ein ökologisch besonders hochwertiger Feuchtlebensraum - wenn auch in etwas anderer Form als bisher - bestehen. Insbesondere für die Herpetofauna bedeutet dies eine wesentliche Verbesserung der derzeitigen Situation. In Summe können aus zoologischer Sicht die angebotenen Ausgleichsmaßnahmen als ausreichend angesehen und positiv beurteilt werden."

 

Die belangte Behörde habe Folgendes erwogen:

"Beantragt wurde die Aufschüttung einer 1,2 ha großen Fläche, die Verfüllung von 160 lfm Graben und die Neuanlage von 80 m Entwässerungsgraben auf der GP Nr. 157/1, KG V. Die Projektfläche befindet sich im südlichen Gasteinertal und setzt sich aus mosaikartik gegliederten nassen bis feuchten, teilweise wechselfeuchten Standorten zusammen, weiters fallen die auf der Aufschüttungsfläche vorhandenen Gräben sowie ein bestehendes Uferbegleitgehölz unter den Lebenraumschutz nach § 24 NSchG. Das 30-jährliche Hochwasserabflussgebiet der Gasteiner Ache ist nicht betroffen. Es ist daher zu prüfen, ob durch die beantragten Maßnahmen die geschützten Lebensräume hinsichtlich der Eigenart oder ökologischen Verhältnisse, des Landschaftsbildes, des Charakters der Landschaft, des Naturhaushaltes, oder des Wertes der Landschaft für die Erholung mehr als nur unbedeutend abträglich beeinträchtigt werden.

Unbestritten ist, dass durch die geplante Maßnahme die genannten Parameter mehr als nur unbedeutend abträglich beeinträchtigt werden, sodass eine Bewilligung nur unter

Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen ... erteilt werden kann.

....ist festzuhalten, dass es sich bei der beantragten Fläche, bezogen auf den Landschaftsraum Gasteiner Tal um eine Streu- und Feuchtwiesenfläche handelt, die historisch gesehen in einem Bereich liegt, der ursprünglich keine größerflächigen Versumpfungen aufgewiesen hat. Sie ist vielmehr eine von Hangwässern gespeiste Feuchtfläche, was deren heutige Existenz außerhalb des Hochwasserabflussbereiches der Gasteiner Ache und abgedämmt von der Strassenböschung mit erklärt. Weiters handelt es sich bei den auf Torfuntergrund liegenden Flächen nicht mehr um intakte Moorflächen, da sowohl deren Pflanzenbestand als auch der Wasserhaushalt infolge landwirtschaftlicher Nutzung deutlich anthropogen überprägt wurden. Aus zoologischer Sicht ist die zu beurteilende Fläche auf Grund der Gemengelage von extensiv bewirtschafteten Feuchtwiesen, Erlengebüschen und Entwässerungsgräben grundsätzlich als hochwertig anzusehen, da sie Lebensraum für eine Vielfalt an verschiedenen Pflanzenarten und wirbellosen Tieren ist, wobei letztere wieder eine Nahrungsbasis für Wirbeltiere wie Amphibien, Reptilien, Vögel und Kleinsäuger darstellen. Allerdings beherbergt die Fläche keine seltenen oder gar besonders seltenen Feuchtgebietsarten. Eine Ausnahme stellt der Sumpfrohrsänger dar, der jedoch im benachbarten Schilfbereich vorkommt, und dessen Lebensraum von den geplanten Maßnahmen nicht beseitigt, sondern allenfalls am Rande berührt wird. Es kann somit zusammenfassend festgestellt werden, dass auf Grund der Ausführungen der Amtsachverständigen weder aus landschaftsökologischer noch aus zoologischer Sicht eine derartige Wertigkeit besteht, die eine Ausgleichsfähigkeit der beantragten Maßnahmen ausschließen würde. Alleine die Tatsache, dass ein nach § 24 geschützter Lebensraum beeinträchtigt wird, stellt noch keinen absoluten Versagungsgrund dar, da ansonsten der Gesetzgeber die Anwendbarkeit der Ausgleichsmaßnahmenregelung für § 24 NSchG von vornherein hätte ausschließen müssen. Es ist somit die Voraussetzung nach § 51 Abs. 3 Z. 3 NSchG erfüllt.

....

Es kann somit festgestellt werden, dass insgesamt gesehen aus der Sicht des Naturhaushaltes durch die direkt vor Ort gesetzten Ausgleichsmaßnahmen weiterhin ein ökologisch besonders hochwertiger Feuchtlebensraum - wenn auch in etwas anderer Form als bisher - bestehen wird. Insbesondere für die Herpetofauna tritt aber auf Grund der beschriebenen derzeitigen Mangelsituation sogar eine wesentliche Verbesserung ein, sodass davon ausgegangen werden kann, dass sämtliche beantragten Ausgleichsmaßnahmen sich insgesamt im Landschaftsbild und im Naturhaushalt als verbessernd auswirken und die nachteiligen Auswirkungen des Eingriffes überwiegen werden.

....

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass alle Voraussetzungen für eine Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen erfüllt sind, sodass spruchgemäß zu entscheiden war."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde und der Mitbeteiligte haben Gegenschriften erstattet, in denen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Salzburger Naturschutzgesetz 1999 - NSchG in der Fassung des LGBl. Nr. 1/2002 (Druckfehlerberichtigungen in LGBl. Nr. 8/2002 und 88/2002) anzuwenden. Die in Frage kommenden Vorschriften lauten auszugsweise:

"Schutz von Lebensräumen

§ 24 (1) Nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs. 3 bis 6 sind geschützt:

a) Moore, Sümpfe, Quellfluren, Bruch- und Galeriewälder und sonstige Begleitgehölze an fließenden und stehenden Gewässern;

  1. b) ...
  2. c) ...

(2) Ökologisch bedeutende Biotope sind von der Landesregierung im Rahmen des Landschaftsinventars in einen Biotopkataster aufzunehmen. ...

(3) Maßnahmen, die Eingriffe in diese Lebensräume bewirken können, sind nur mit naturschutzbehördlicher Bewilligung zulässig.

(4) ...

(5) Eine Ausnahmebewilligung gemäß Abs. 3 ist dann zu erteilen, wenn die geplanten Maßnahmen nur unbedeutende abträgliche Auswirkungen auf die Eigenart oder ökologischen Verhältnisse des Lebensraumes oder auf Teile desselben, auf das Landschaftsbild, den Charakter der Landschaft, den Naturhaushalt oder den Wert der Landschaft für die Erholung bewirken können oder die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 zweiter Satz zutreffen. Eine solche Bewilligung ersetzt auch alle anderen naturschutzbehördlichen Bewilligungen auf Grund dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen, die dasselbe Vorhaben betreffen, wobei jedoch allfällige weiter gehende Anforderungen nach diesen Bestimmungen im Verfahren wahrzunehmen sind.

(6) ...

...

 

Ausgleichsmaßnahmen

§ 51 (1) Auf Antrag des Bewilligungswerbers oder der Person, die eine anzeigepflichtige Maßnahme anzeigt, kann die Behörde an Stelle der Untersagung eines Vorhabens die angestrebte Bewilligung oder Berechtigung nach § 26 unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen erteilen.

(2) ....

(3) Die Erteilung einer Bewilligung oder Berechtigung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen gemäß Abs. 1 ist nur zulässig, wenn die beantragten Ausgleichsmaßnahmen alle folgenden Voraussetzungen erfüllen:

1. Die Ausgleichsmaßnahmen werden eine wesentliche Verbesserung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes bewirken.

2. Diese Verbesserung überwiegt insgesamt die nachteiligen Auswirkungen jener Maßnahme, die bewilligt werden soll, im betroffenen oder einem unmittelbar benachbarten Landschaftsraum erheblich. Für die Abgrenzung der Landschaftsräume sind die Grenzen der nach § 9 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 zu bildenden Regionalverbände maßgeblich.

3. Die Maßnahme, die bewilligt werden soll, widerspricht nicht wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen eines Schutzgebietes oder Naturdenkmales oder des Lebensraumschutzes nach § 24.

4. Die Maßnahme, die bewilligt oder zur Kenntnis genommen werden soll, wird das Europaschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen nicht erheblich beeinträchtigen.

5. Die Errichtung oder erhebliche Änderung freistehender Antennentragmastenanlagen (§ 26 Abs. 1 lit. e) ist nachweislich aus technischen oder privatrechtlichen Gründen nicht anders zu verwirklichen."

Der angefochtene Bescheid beruht auf der Annahme, dass die vom Mitbeteiligten angestrebte bzw. bereits ausgeführte Maßnahme als Eingriff in einen Lebensraum im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. a NSchG (Moore, Sümpfe, Quellfluren, Bruch- und Galeriewälder und sonstige Begleitgehölze an fließenden und stehenden Gewässern) einer naturschutzbehördlichen Bewilligung bedürfe.

Eine Vorschrift, die den "Schutz von Lebensräumen" im Sinne des § 24 NSchG normiert, wurde im Salzburger Naturschutzrecht mit der NSchG-Novelle 1992, LGBl. Nr. 41/1992, eingeführt. Die Materialien (Nr. 546 Blg LT, 3. Session, 10. Gp) führen zu § 19a NSchG in der Fassung der Novelle 1992 Folgendes aus:

"Die bereits im Jahr 1986 eingefügte Bestimmung über den Schutz fließender Gewässer wird sinngemäß auch auf andere seltene und gefährdete Lebensräume ausgedehnt. Dadurch werden Moore, Sümpfe und Quellfluren, Bruch- und Galeriewälder sowie das alpine Ödland einschließlich der Gletscher unmittelbar durch das Gesetz geschützt (Abs. 1). Dazu tritt die Unterschutzstellung von größeren Feuchtbiotopen sowie Trocken - und Magerstandorten auf Grund einer ökologischen Biotoperhebung (Abs. 2). Die Aufnahme in das Biotopkataster hat zusammen mit der Kundmachung durch die Gemeinde Verordnungscharakter. Diese Schutzvorschriften sind durch die akute Bedrohung der letzten noch verbliebenen naturnahen Lebensräume und durch die hohe Empfindlichkeit alpiner Hochlagen gegenüber zum Teil nicht abschätzbaren Folgen von Eingriffen gerechtfertigt. Die Ausweisung von Schutzgebieten hat in der Vergangenheit nur Teilerfolge gebracht und konnte die landesweit fortschreitende Zerstörung von Biotopen nicht verhindern."

Dem angefochtenen Bescheid ist weiters zu entnehmen, dass diese Bewilligung im vorliegenden Fall nicht auf Grund des § 24 Abs. 5 erster Satz NSchG erteilt wurde, weil die Behörde davon ausging, dass mit der Maßnahme nicht nur unbedeutende abträgliche Auswirkungen auf die Eigenart oder ökologischen Verhältnisse des Lebensraumes oder auf Teile desselben, auf das Landschaftsbild, den Charakter der Landschaft, den Naturhaushalt oder den Wert der Landschaft für die Erholung verbunden wären, und dass auch die Voraussetzung des § 3 Abs. 3 zweiter Satz NSchG (Überwiegen anderweitiger besonders wichtiger öffentlicher Interessen über die Interessen des Naturschutzes) nicht vorlägen. Vielmehr beruht die angefochtene Bewilligung auf § 51 Abs. 1 und 3 NSchG. Danach ist die Erteilung einer Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen (in einem Fall, in dem es - wie hier - um den Lebensraumschutz nach § 24 NSchG geht) nur zulässig, wenn

1. die Ausgleichsmaßnahmen eine wesentliche Verbesserung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes bewirken werden;

2. diese Verbesserung die nachteiligen Auswirkungen jener Maßnahme, die bewilligt werden soll, im betroffenen oder einem unmittelbar benachbarten Landschaftsraum erheblich überwiegt, und

3. die Maßnahme, die bewilligt werden soll, nicht wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes nach § 24 widerspricht.

Die weiteren Voraussetzungen nach § 51 Abs. 3 Z. 4 und 5 NSchG ziehen die Parteien des Beschwerdeverfahrens sachverhaltsbezogen nicht in Betracht.

Eine Vorschrift, die die Erteilung einer Bewilligung auf Grund von "Ausgleichsmaßnahmen" vorsieht, wurde mit der NSchG-Novelle 1992, LGBl. Nr. 41/1992, eingeführt. Die Materialien (Nr. 546 Blg LT, 3. Session, 10. GP.) führen zu § 41a NSchG in der Fassung der Novelle 1992 Folgendes aus:

"Ein Vorhaben, das für sich alleine betrachtet aus naturschutzrechtlicher Sicht abzulehnen wäre, kann in Zukunft bei Verwirklichung von Ausgleichsmaßnahmen durch den Antragsteller dennoch bewilligt werden, wenn durch die Ausgleichsmaßnahme das Landschaftsbild oder der Naturhaushalt insgesamt verbessert wird. Gedacht ist dabei an erheblich beeinträchtigte Bereiche der Landschaft (aufgelassene Schottergruben etc.), die rekultiviert bzw. in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden sollen. Eine derartige Rekultivierung alter Schäden kann trotz der mit einem neuen Vorhaben verbundenen negativen Auswirkungen insgesamt eine deutliche Verbesserung für die Natur oder Landschaft bewirken. Für die Bewilligung eines Vorhabens unter gleichzeitiger Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen ist aber immer eine wesentliche Verbesserung der Gesamtsituation Voraussetzung."

Zur Naturschutzgesetz - Novelle 1997, LGBl. Nr. 2/1998, mit der (unter Anderem) das Erfordernis des Fehlens eines "Widerspruches zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes" in das Gesetz aufgenommen wurde, führen die Materialien (392 Blg LT 4. Session 11. GP) Folgendes aus :

"Durch das Vorschlagen geeigneter Ausgleichsmaßnahmen kann der Antragsteller auch Projekte bewilligungsfähig machen, die sonst auch im Wege der Interessensabwägung (§ 3) nicht konsensfähig wären, da zB keine öffentlichen Interessen dafür sprechen. Rechtspolitisch beruht dieses Instrumentarium auf der Überlegung, dass Eingriffe in den Naturraum durch Verbesserungen an anderer Stelle aufgewogen werden können, so dass im Endeffekt

allen gedient ist. .... Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit

von Ausgleichsmaßnahmen enthält § 48a Abs. 3. Wie bisher ist erforderlich, dass die Verbesserungen durch die Ausgleichsmaßnahme den Eingriff durch das beantragte Projekt erheblich überwiegen müssen, sodass insgesamt eine Verbesserung für den Naturraum erzielt wird. Ergänzend zur jetzt geltenden Rechtslage wird angeordnet, dass diese Verbesserungen den Landschaftsraum betreffen müssen, in dem auch der Eingriff vorgenommen werden soll. Für bestimmte Maßnahmen kann auch durch Ausgleichsmaßnahmen keine naturschutzbehördliche Bewilligung erreicht werden. Für Schutzgebiete, die Teil des "Natura 2000"-Netzwerkes sind, ergibt sich der Ausschluss von Ausgleichsmaßnahmen bereits aus dem EU-Recht. Maßnahmen, die Zielsetzungen eines geschützten Gebietes grundsätzlich zuwiderlaufen (zB den Weiterbestand eines Naturdenkmales gefährden oder das Landschaftsbild in einem Landschaftsschutzgebiet schwer beeinträchtigen) sind ebenfalls von der Ausgleichsmöglichkeit ausgenommen, da hier der Weiterbestand des Schutzgebietes höher zu bewerten ist als das Interesse an der Verwirklichung der Maßnahme."

Die Beschwerde wendet sich zunächst - sowohl im Rahmen der Rechtsrüge als auch in Form der Behauptung von Feststellungsmängeln - gegen die den angefochtenen Bescheid tragende Annahme der belangten Behörde, es liege kein "Widerspruch zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes nach § 24" im Sinne des § 51 Abs. 3 Z. 3 NSchG vor. Die Beschwerde macht (zusammengefasst) geltend, die belangte Behörde hätte schon aus den Darlegungen der Amtssachverständigen im Gutachten vom 14. Juni 2002 folgern müssen, dass die Voraussetzung des Fehlens eines Widerspruches zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes nach § 24 in Verbindung mit § 51 Abs. 3 Z. 3 NSchG nicht vorliege. Die Amtssachverständigen hätten nämlich dargelegt, dass im betreffenden Gebiet von den einst großflächig vorhandenen Versumpfungen durch Flussregulierung, Entwässerung und Absenkung des Grundwasserspiegels nur mehr wenige mehr oder weniger kleinflächige Bereiche erhalten geblieben seien. Grundsätzliche Zielsetzung des Lebensraumschutzes müsse es daher sein, die vorhandenen Reste der ursprünglich großflächig vorhandenen Talbodenversumpfung in ihrer Substanz und Wertigkeit zu erhalten. Der nunmehr vorhandene Lebensraumkomplex aus unterschiedlich intensiv genutzten landwirtschaftlichen Wiesenflächen auf Torf- bzw. Sumpfuntergrund mit wasserführenden Entwässerungsgräben, teilweise mit Erlenbegleitbewuchs und die Schilfwiese stelle aber unabhängig von seiner wahrscheinlichen Entstehung einen naturschutzfachlich besonders hochwertigen Bereich dar, dessen Seltenheit im Gasteinertal in der beiliegenden ÖK 50-Darstellung mit den noch vorhandenen vergleichbaren Bereichen eindrucksvoll dargestellt sei, insbesondere wenn man sich die früheren Verhältnisse vergegenwärtige. Der vorliegende Lebensraumkomplex beinhalte teilweise Ersatzlebensräume für einst großflächig im gesamten Talbodenbereich vorhandene wassergebundene Lebensräume. Die belangte Behörde habe weiters die Stellungnahmen der Naturschutzbeauftragten und der beschwerdeführenden Landesumweltanwaltschaft nicht berücksichtigt. Die Naturschutzbeauftragte habe dargelegt, dass die breite Sohle des Gasteinertales gegenüber früheren Zeiten nur noch einen kläglichen Rest ökologisch hochwertiger Biotopflächen aufweise. Das Verschwinden auch nur kleiner Teile dieser Reste wiege daher aus ökologischer Sicht im Sinne des Lebensraumschutzes so schwer, dass Maßnahmen, die mehr als nur unbedeutende abträgliche Auswirkungen (z.B. Entwässerung und dadurch bedingte Artenverschiebungen zu häufigen Wiesenarten oder Aufschüttungen geschützter Lebensräume) nach sich ziehen könnten, auf diesen Flächen als dem Lebensraumschutz grundsätzlich widersprechend nicht ausgleichsfähig seien. Es handle sich bei dem in Rede stehenden Lebensraum um hochwertige Restbestände früher ganze Tallandschaften umfassender Lebensräume. Diese seien aus fachlicher Sicht von so einzigartiger Bedeutung, dass ihre Zerstörung oder bedeutende abträgliche Beeinflussung nicht ausgleichbar sei. Die beschwerdeführende Landesumweltanwaltschaft habe in ihrer Stellungnahme vom 27. Juni 2001 darauf hingewiesen, dass das Gebiet extensiv genutzte Feuchtwiesen, eine Schilfwiese, Moorflächen mit Torfuntergrund, Sumpfbereiche, Fließgewässer, Entwässerungsgräben sowie deren Überschwemmungsbereiche, Bruchwald bzw. Uferbegleitgehölz sowie zahlreiche für Feuchtwiesen typische Pflanzenarten (z.B. Mädesüß, Sumpfdotterblume, Sumpfschachtelhalm, Schlangenknöterich und Schnabelsegge) enthalte. Die Feststellung, wonach die Fläche keine seltenen oder gar besonders seltenen Feuchtgebietsarten beherberge, entspreche nicht der Aktenlage. Das Gebiet diene als Brut- und Laichgebiet, Nahrungsplatz und für viele Arten, z.B. Ringelnatter und Gelbbauchunke, als Ganzjahres-Lebensraum. Sämtliche im zoologischen Gutachten vom 21. September 2000 angeführten Amphibien und die Ringelnatter seien vollkommen geschützte Tierarten nach der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung, LGBl. Nr. 18/2001. Die Gelbbauchunke sei eine nach der FFH-Richtlinie geschützte Tierart. Es bestehe daher auch Bewilligungspflicht nach § 34 NSchG iVm der Tier- und Pflanzenartenschutzverordnung. Die Bedeutung des Gebietes für den Naturschutz begründe sich in der Reichhaltigkeit verschiedenster Feuchtgebietselemente und den darin bedingten Artenreichtum. Ausschlaggebend für das Vorkommen der nachgewiesenen Tierarten sei die Verzahnung verschiedenster Feuchtlebensräume wie Au- /Bruchwald, Feuchtwiese, Schilfbestand, Wassergräben etc. Somit stelle der gesamte Feuchtkomplex eine nicht trennbare Einheit als Lebensraum geschützter Tierarten dar. Die geplante Aufschüttung eines Großteils dieser Fläche würde die ökologische Funktionsfähigkeit des verbleibenden Restes derart reduzieren, dass ein Erhalt intakter Populationen geschützter Tierarten, z. B. Gelbbauchunke, Ringelnatter, nicht mehr gewährleistet sei. Im Übrigen hätte alleine die Feststellung der Behörde, wonach die Fläche auf Grund der Gemengelage von extensiv bewirtschafteten Feuchtwiesen, Erlengebüschen und Entwässerungsgräben aus zoologischer Sicht als hochwertig anzusehen sei, da sie Lebensraum für eine Vielfalt an verschiedenen Pflanzenarten und wirbellosen Tieren sei und diese wiederum eine Nahrungsbasis für Wirbeltiere wie Amphibien, Reptilien, Vögel und Kleinsäuger darstelle, zur Beurteilung führen müssen, dass die Zerstörung dieser hochwertigen Fläche wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes widerspreche. Selbst die unrichtige Feststellung, dass die Fläche keine seltenen Feuchtgebietsarten beherberge, führe nicht "zwangsläufig" zur Beurteilung, dass ein Widerspruch zu den Zielsetzungen des Lebensraumschutzes nicht gegeben sei. Das gegenständliche Vorhaben würde einen seltenen wertvollen und artenreichen Lebensraum auf einer Fläche von 1,2 ha vernichten. Dies widerspreche ganz eindeutig den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes. Die Beurteilung der Amtssachverständigen, wonach kein Widerspruch zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes erkannt werden könne, stelle die unzulässige Beurteilung der Rechtsfrage der Ausgleichsfähigkeit durch die Sachverständigen dar, sei nicht nachvollziehbar und stehe im Widerspruch zu den zitierten Darlegungen dieser Sachverständigen. Die Feststellung, wonach es sich bei den auf Torfuntergrund liegenden Flächen nicht mehr um intakte Moorflächen handle, weil sowohl der Pflanzenbestand als auch der Wasserhaushalt infolge landwirtschaftlicher Nutzung deutlich anthropogen überprägt seien, beruhe auf einem in sich unschlüssigen Gutachten. Dieses übernehme nämlich die von der Naturschutzbeauftragten in ihrer Stellungnahme aufgelisteten charakteristischen Arten der betroffenen Grundstücksfläche und leite daraus ab, es handle sich um einen nassen bis feuchten, teilweise wechselfeuchten Standort, wie er für moorige und sumpfige Flächen typisch sei. Es sei daher die Feststellung, wonach die Moorfläche nicht mehr intakt sei, nicht nachvollziehbar. Im Übrigen beziehe sich der Lebensraumschutz nicht nur auf intakte Moorflächen, sondern auf solche Flächen, die im naturbelassenen Zustand mit einer typischen Vegetation bedeckt sein müssten. Auch die Feststellung, wonach nicht von einer größeren Population von Gelbbauchunken ausgegangen werden könne, weil lediglich zwei nicht geschlechtsreife Exemplare gesehen worden seien, entspreche nicht zoologischem Fachwissen. Das Vorkommen nicht geschlechtsreifer Gelbbauchunken beweise, dass auch erwachsene Tiere an diesem Standort lebten. Unter Hinweis auf die Materialien zur NSchG-Novelle 1992 wird schließlich geltend gemacht, entscheidend für die Frage eines Widerspruches zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes sei weder, ob der geschützte Lebensraum durch Hangwässer, periodische Überflutungen oder auf andere Weise entstanden sei, noch, ob der Lebensraum in einem Bereich liege, der historisch gesehen keine größerflächigen Versumpfungen aufgewiesen habe. Entscheidend sei alleine die Tatsache, dass jetzt ein geschützter Lebensraum bestehe, der zerstört werden würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2001/10/0057, darauf hingewiesen, dass ein Bescheid, dem die Beurteilung des Vorliegens oder des Fehlens eines wesentlichen Widerspruches zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Schutzes (im Sinne des § 51 Abs. 3 Z. 3 NSchG) zu Grunde liegt, auf in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkreten, jeweils auf Lage und Ausprägung innerhalb des Gebietes bezogenen Feststellungen über jene geschützten Güter beruhen muss, deren Erhaltung die "grundsätzliche Zielsetzung des Lebensraumschutzes" ausmacht. Dazu sind - wiederum an Hand in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkreter Feststellungen - die Auswirkungen der Maßnahme auf die die Zielsetzungen des Gebietes bestimmenden Faktoren in Beziehung zu setzen.

Anders als im soeben erwähnten Fall liegt die in Rede stehende Fläche nicht im räumlichen Anwendungsbereich einer Verordnung, die das betreffende Gebiet zum Naturschutzgebiet erklärt oder dieses auf andere Weise (etwa als geschützten Landschaftsteil, Landschaftsschutzgebiet, Naturdenkmal, geschütztes Naturgebilde) unter Schutz stellt. Es liegt auch kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Fläche als "ökologisch bedeutendes Biotop" von der Landesregierung gemäß § 24 Abs. 2 NSchG in den nach dieser Bestimmung zu führenden Biotopkataster aufgenommen worden wäre. Die "grundsätzliche Zielsetzung des Lebensraumschutzes" in Beziehung auf einen Lebensraum, der unter § 24 Abs. 1 lit. a NSchG fällt (und somit unmittelbar auf Grund des Gesetzes geschützt, aber nicht durch eine Verordnung unter "besonderen" Schutz gestellt wurde) ist daher - mangels einer einzelfallbezogenen Normierung der Zielsetzungen des Schutzes, wie sie insbesondere durch eine Verordnung erfolgen kann - an Hand der allgemeinen Zielsetzungen des Naturschutzes im Sinne des § 1 NSchG zu ermitteln. Nach der soeben zitierten Vorschrift sollen durch Schutz- und Pflegemaßnahmen im Sinn dieses Gesetzes die Vielfalt, Eigenart und Schönheit und der Erholungswert der Natur, natürliche oder überlieferte Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen, der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und die Leistungsfähigkeit und das Selbstregulierungsvermögen der Natur sowie ein weitgehend ungestörter Naturhaushalt erhalten, nachhaltig gesichert und verbessert und nach Möglichkeit wieder hergestellt werden.

Der angefochtene Bescheid geht sachverhaltsbezogen von den Befundfeststellungen der im Berufungsverfahren beigezogenen Amtssachverständigen aus; dies ist dem Hinweis der Begründung auf den mit dem Bescheid fest verbundenen Befund und den Darlegungen der belangten Behörde über die Gründe, aus denen sie dem gegen die Befundfeststellungen und Beurteilungen der Amtssachverständigen gerichteten Vorbringen der beschwerdeführenden Landesumweltanwaltschaft nicht folgte, zu entnehmen. Von diesen Befundfeststellungen als "von der belangten Behörde angenommenem Sachverhalt" im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG ausgehend enthält der angefochtene Bescheid keine ausreichend tragfähige Grundlage für die Annahme der belangten Behörde, die in Rede stehende Maßnahme stehe nicht im Widerspruch zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes nach § 24 NSchG.

Oben wurde bereits auf die im Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2001/10/0057, dargelegten Anforderungen an die Begründung eines Bescheides hingewiesen, dem (im Sinne des § 51 Abs. 3 Z. 3 NSchG) die Beurteilung des Vorliegens oder des Fehlens eines wesentlichen Widerspruches zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes zu Grunde liegt. Der angefochtene Bescheid entspricht diesen Anforderungen schon deshalb nicht, weil eindeutige Feststellungen über Lage und Grenzen jenes Gebietes fehlen, das als (im Sinne des § 24 NSchG geschützter) "Lebensraum" anzusprechen ist, sowie darüber, inwieweit (und mit welchen Auswirkungen auf die geschützten Güter) dieses Gebiet durch die beabsichtigte bzw. zum Teil bereits durchgeführte Maßnahme in Anspruch genommen wird.

Eingangs des - von der Behörde übernommenen - Befundes der Amtssachverständigen wird dargelegt, das Projekt umfasse "1500 m2 Aufschüttungsfläche, die Verfüllung von 160 lfm Graben und die Neuanlage von 80 m Entwässerungsgraben"; aus der angeschlossenen Lageskizze ergebe sich "mit der bereits aufgeschütteten Fläche eine zu verfüllende Fläche von ca. 1,2 ha". An anderer Stelle wird dargelegt, dass sich "die zur Aufschüttung vorgesehene Fläche in einen hangparallelen Moorstreifen und in eine breite zur Bundesstraße hin auskeilende Sumpffläche unterteilen lasse" bzw. ist - mit Beziehung auf "die gegenständliche Fläche" - von einer "vorgefundenen Gemengelage von extensiv bewirtschafteten (Feucht -)Wiesen, Erlengebüschen und Entwässerungsgräben, angrenzenden Schilfbereichen" und einem "Lebensraumkomplex" die Rede. Diesen Darlegungen kann - auch im Zusammenhalt mit der im Befund enthaltenen Aufzählung von (wohl auf der "Projektfläche" vorkommenden) Pflanzen - und Tierarten und der kursorischen Beschreibung der Verhältnisse auf "angrenzenden Flächen" - weder entnommen werden, auf welchen Bereich sich der in Rede stehende (soweit die Befundfeststellungen dies erkennen lassen, als "Moor" bzw. "Sumpf", allenfalls - zum Teil - als "Bruchwald", "Galeriewald" oder "sonstiges Begleitgehölz" charakterisierte) "Lebensraum" im Sinne des § 24 NSchG erstreckt und welcher Teil dieses Lebensraumes von der geplanten Maßnahme in Anspruch genommen wird.

Was die Auswirkungen der geplanten Maßnahme auf die geschützten Güter betrifft, geht die belangte Behörde - den Amtssachverständigen folgend - offenbar davon aus, dass "mit der Verfüllung von 1,2 ha Streuwiesenfläche auf der gegenständlichen Projektsfläche die völlige und dauerhafte Zerstörung der vorhandenen Tier- und Pflanzengesellschaften auf der in Anspruch genommenen Fläche verbunden" sei. Angesichts dieser Annahme ist davon auszugehen, dass die Ausführung der Maßnahme für die davon betroffene Fläche zu einem vollständigen und dauerhaften Verlust jener prägenden Eigenschaften führen würde, die ihr den Schutz als "Lebensraum" im Sinne des § 24 NSchG vermitteln. Bezöge sich die geplante Maßnahme somit auf das gesamte im konkreten Fall als "Lebensraum" im Sinne des § 24 NSchG anzusprechende Gebiet oder einen - hinsichtlich des Flächenanteils am betreffenden Lebensraum und der Ausprägung der geschützten Güter - maßgeblichen Teil dieses Lebensraumes, könnte angesichts der Regelung des § 24 NSchG schwerlich davon gesprochen werden, dass "die Maßnahme, die bewilligt werden soll, nicht wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes nach § 24 widerspricht". Die "grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes nach § 24" sind, wie aus der zitierten Vorschrift, die den betreffenden Gebieten Schutz unmittelbar auf Grund des Gesetzes vermittelt, in Verbindung mit § 1 NSchG hervorgeht, die Erhaltung der nach der letztzitierten Vorschrift geschützten Güter im jeweils geschützten Lebensraum; von einem "wesentlichen" Widerspruch muss wohl dann gesprochen werden, wenn sich eine geplante Maßnahme voraussichtlich in Richtung (nicht nur der erheblichen Beeinträchtigung, sondern) der vollständigen Zerstörung oder Beseitigung der den Schutz vermittelnden Naturgüter im betreffenden Raum oder eines maßgeblichen Teils derselben auswirken wird; dies zumal dann, wenn - wie hier - ein "naturschutzfachlich besonders hochwertiger Bereich", der "teilweise Ersatzlebensräume für einst großflächig im gesamten Talbodenbereich vorhandene wassergebundene Lebensräume" beinhalte

und dessen "Seltenheit im Gasteinertal ... eindrucksvoll

dargestellt" sei, in Rede steht. Schon auf Grund der Feststellungen, die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegen, besteht Grund zur Annahme, dass die im Beschwerdefall geplante, zum Teil bereits ausgeführte Maßnahme solche Auswirkungen jedenfalls in Beziehung auf die "Aufschüttungsfläche" haben werde.

Die Lösung der Frage, ob die Maßnahme wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes widerspricht, hängt somit - von der soeben angesprochenen Sachverhaltsannahme ausgehend - davon ab, ob die teils geplante, teils bereits ausgeführte Maßnahme den gesamten geschützten Lebensraum bzw. einen (in Ansehung der Flächenverhältnisse und von Vorkommen und Ausprägung der geschützten Güter) maßgeblichen Teil desselben oder aber lediglich einen im aufgezeigten Sinn nicht maßgeblichen Teil des betreffenden Lebensraumes umfasst. Diese Frage kann an Hand der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beantwortet werden. Auch die Darlegungen des Befundes, wonach durch die Aufschüttung ("flächenmäßig etwa die Hälfte der 2,4 ha großen Parzelle unbeeinträchtigt" bleibe, aber) "wertmäßig ein Großteil der vorhandenen Substanz verloren geht", bieten dafür keinen endgültigen Aufschluss, weil sie sich offenbar auf die im vorliegenden Zusammenhang nicht relevanten Grenzen der "Parzelle" und das davon abgeleitete Verhältnis von beeinträchtigten und nicht beeinträchtigten Flächen beziehen; im hier gegebenen Zusammenhang kommt es aber auf die entsprechenden, nicht durch den Grenzkataster, sondern die natürlichen Gegebenheiten bestimmten Verhältnisse in Beziehung auf den geschützten "Lebensraum" an.

Im angefochtenen Bescheid fehlen somit wesentliche Feststellungen, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der Feststellungsmängel zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdegründe erübrigt sich.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-AufwandersatzVO 2003.

Wien, am 21. November 2005

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