VwGH 2003/05/0216

VwGH2003/05/021614.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Dr. Christoph Lindinger in Wien, vertreten durch Dr. Walter Schwartz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schubertring 2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 29. September 2003, GZ. BOB - 160/03, betreffend Gehsteigherstellung, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §54 Abs1;
BauO Wr §54 Abs10;
BauO Wr §54 Abs2;
BauRallg;
VVG §4 Abs1;
BauO Wr §54 Abs1;
BauO Wr §54 Abs10;
BauO Wr §54 Abs2;
BauRallg;
VVG §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 284/3, Baufläche, 1190 Wien, Schulsteig 11, derzeit inneliegend der Liegenschaft EZ 1512, KG 01513 Untersievering, auf welchem er in den Jahren 2001/2002 ein Einfamilienhaus errichten ließ. Mit Eingabe vom 4. Oktober 2001 ersuchte der Generalplaner um "Bekanntgabe der herzustellenden Ausführungsart des Gehsteiges bei o. g. Liegenschaft". Dieses Ansuchen ist auch vom Beschwerdeführer als Bauherr unterschrieben.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 11. März 2003 wurde die Breite und Bauart des Gehsteiges sowie dessen Höhenlage entlang der "Straßenflucht Schulsteig" des obgenannten Grundstückes gemäß § 54 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) und der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 17. Februar 1981, LGBl. Nr. 14, in der Fassung vom 30. April 1984, LGBl. Nr. 22, bekannt gegeben. Der für die Herstellung des Gehsteiges zu verwendende Gehsteigbelag wurde näher beschrieben. Bestandteil dieses Bescheides ist eine "Absteckskizze (Grundrisse und sonstige Einzelheiten)", welche neben dem relevanten Bereich des Schulsteiges auch den im rechteckigen Winkel nach links abzweigenden Hornspergersteig, an den das Grundstück Nr. 284/3 der Liegenschaft EZ 1512, KG 01513 Untersievering, ebenfalls angrenzt, mit den eingezeichneten Querprofilen und Höhenmarken umfasst. Die daran anschließende verbale Beschreibung der Höhenmaße und Querschnitte bezieht sich sowohl auf den Schulsteig als auch den Hornspergersteig und umfasst neben den den Querprofilen zugeordneten Zahlen die jeweiligen Anlaufhöhen, die Höhe und Art der Höhenmarken, die Abstiche bzw. Aufstiche von den Höhenmarken (samt dazugehöriger Erklärung), die Gehsteigbreite sowie die erforderlichen Anmerkungen. Hingewiesen wurde, dass "der Gehsteig in der bekannt gegebenen Höhenlage herzustellen" sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Baubehörde erster Instanz habe nur die Breite, Bauart und Höhenlage des zu errichtenden Gehsteiges über Antrag des Beschwerdeführers bekannt gegeben. Eine Verpflichtung zur Gehsteigherstellung sei weder ausgesprochen noch bestätigt worden. Die näheren Regelungen über die Bauart des herzustellenden Gehsteiges seien in der Gehsteigverordnung enthalten. Im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument Nr. 5779 sei für den Schulsteig die Ausgestaltung als Fußweg sowie eine Ein- und Ausfahrtensperre festgesetzt. Im Bereich vor dem Grundstück des Beschwerdeführers weise der Schulsteig eine Breite von 2,7 m bis 3,1 m auf; für die an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück gelegene Hälfte des Schulsteiges sei die Ausgestaltung des Fußweges mit dem erstinstanzlichen Bescheid bekannt gegeben worden. § 3 Gehsteigverordnung beziehe sich auf die Ausführung von Gehsteigen, die nicht niveaugleich mit der Fahrbahn ausgeführt werden sollen, sowie deren Ausführung im Kreuzungsbereich und bei Schutzwegen. Im Beschwerdefall sei jedoch nur die Ausgestaltung eines Fußweges, der nicht parallel zu einer Fahrbahn verlaufe, bekannt gegeben worden. Die Gehsteigbekanntgabe beziehe sich nicht auf den Hornspergersteig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Folgende Bestimmungen der Bauordnung für Wien sind im Beschwerdefall von Bedeutung:

"Gehsteigherstellung

§ 54.

(1) Bei Herstellung eines Neu-, Zu- oder Umbaues im Bauland oder einer fundierten Einfriedung an einer Baulinie ist der Eigentümer (Miteigentümer) des Gebäudes bzw. der Einfriedung verpflichtet, in der vollen Länge der Baulinien des Bauplatzes oder Bauloses, auf dem der Neu-, Zu-, oder Umbau bzw. die Einfriedung hergestellt wird, in der von der Behörde bekannt gegebenen Breite, Höhenlage und Bauart (Abs. 10) einen Gehsteig herzustellen. Als Gehsteig gelten auch Verkehrsflächen oder Teile einer solchen, die vorwiegend dem Fußgängerverkehr vorbehalten sind und deswegen entweder nicht befahrbar ausgestaltet oder von einem etwaigen Fahrstreifen baulich nicht getrennt bzw. durch Randsteine gegen andere Teile der Verkehrsfläche nicht abgegrenzt sind. Der Gehsteig ist, wenn der Bebauungsplan im Querschnitt der Verkehrsfläche nicht anderes bestimmt, an der Baulinie herzustellen. Bei Eckbildungen erstreckt sich die Verpflichtung auch auf die Eckflächen. Sind die Herstellungskosten des Gehsteiges nach objektiven Merkmalen im Verhältnis zu den Kosten eines Zu- oder Umbaues, der Errichtung eines Nebengebäudes oder der Errichtung einer fundierten Einfriedung wirtschaftlich nicht vertretbar, hat die Behörde von der Verpflichtung zur Herstellung eines Gehsteiges abzusehen, wenn nicht öffentliche Interessen die Herstellung eines Gehsteiges verlangen. Bei der Herstellung einer nicht fundierten Einfriedung an der Baulinie ist nach den Grundsätzen dieses Absatzes ein Gehsteig in vorläufiger Bauart herzustellen.

(2) Sofern die Verpflichtung zur Herstellung eines Gehsteiges besteht, ist diese bis zur Beendigung der Bauführung zu erfüllen. Nötigenfalls hat die Behörde dem Eigentümer des Bauwerks den Auftrag zu erteilen, einen den Vorschriften entsprechenden Gehsteig herzustellen.

(3) Die Behörde hat über Ansuchen die Gehsteigherstellung zu stunden, wenn noch kein Bedarf nach dem Gehsteig besteht oder andere wichtige Gründe dafür sprechen und keine öffentlichen Rücksichten entgegenstehen. Die Behörde ist berechtigt, für die Herstellung des Gehsteiges einen späteren Zeitpunkt festzusetzen, wenn seine derzeitige Herstellung aus öffentlichen Interessen unzweckmäßig ist. In beiden Fällen ist die Behörde berechtigt, anstelle der Herstellung eines Gehsteiges in endgültiger Bauart auf die Dauer der Stundung die Herstellung eines Gehsteiges in vorläufiger Bauart und die infolge verschiedener Höhenlagen notwendigen baulichen Anlagen anzuordnen.

(7) Das Höchstausmaß der Breite des vom Eigentümer auf seine Kosten herzustellenden Gehsteiges beträgt im Gartensiedlungsgebiet und in der Bauklasse I 2 m, in der Bauklasse II und in Industriegebieten 3 m, in der Bauklasse III 4 m und in den Bauklassen IV, V und VI 5 m. Überschreitet die vorgeschriebene Breite das festgesetzte Höchstausmaß, steht dem Eigentümer der Anspruch zu, den Rückersatz der Mehrkosten von der Gemeinde zu verlangen. Für die Geltendmachung dieses Anspruches gilt die Bestimmung des Abs. 4 sinngemäß.

(8) Tritt die Verpflichtung zur Gehsteigherstellung ein und liegt vor der Liegenschaft bereits ein den geltenden Vorschriften entsprechender Gehsteig, so gilt die Verpflichtung als erfüllt. Die Verpflichtung gilt auch als erfüllt, wenn vor der Liegenschaft bereits ein Gehsteig in einwandfreiem (trittsicherem) Zustand liegt, der lediglich hinsichtlich der Bauart den geltenden Vorschriften nicht entspricht. Etwa erforderliche Instandsetzungen eines von der Gemeinde bereits übernommenen Gehsteiges sind von der Gemeinde auf ihre Kosten durchzuführen. Wurde der Gehsteig jedoch auf Kosten der Gemeinde hergestellt oder wurde von der Gemeinde eine Teilleistung (Vorleistung) zur Gehsteigherstellung erbracht oder wurde von der Gemeinde auf Grund einer Änderung der Bestimmungen über die Beschaffenheit des Gehsteiges ein übernommener Gehsteig diesen Bestimmungen entsprechend abgeändert, hat der zur Gehsteigherstellung Verpflichtete der Gemeinde Kostenersatz zu leisten; etwa erforderliche Instandsetzungen sind auch in diesem Falle von der Gemeinde auf ihre Kosten durchzuführen.

(10) Vor Ausführung oder Änderung des Gehsteiges ist bei der Behörde um Bekanntgabe der Höhenlage, Breite und Bauart des Gehsteiges und um die Aussteckung der Höhenlage anzusuchen. Die Behörde hat die Breite, Höhenlage und Bauart des Gehsteiges einschließlich der Ausführung des Unterbaues im Bereich von Gehsteigauf- und -überfahrten nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes und der nach Abs. 13 über die Beschaffenheit der Gehsteige und ihren baulichen Anlagen erlassenen Verordnungen binnen vier Wochen durch Bescheid bekannt zu geben. Diesem Bescheid ist eine Absteckskizze anzuschließen. In den Fällen, in denen die Verpflichtung zur Herstellung eines Gehsteiges an eine Bauführung geknüpft ist, endet die Wirksamkeit dieses Bescheides mit der Wirksamkeit der Baubewilligung. In allen anderen Fällen gilt dieser Bescheid auf die Dauer eines Jahres.

(11) Nach Herstellung des Gehsteiges ist um die Feststellung seiner vorschriftsgemäßen Herstellung bei der Behörde anzusuchen. Mit Rechtskraft dieser Feststellung geht der Gehsteig in das Eigentum der Gemeinde über. Die Erhaltungspflicht für den Gehsteig verbleibt jedoch dem Eigentümer (Miteigentümer) des Gebäudes, der baulichen Anlage oder der unbebauten Liegenschaft, vor der ein Gehsteig hergestellt worden ist, bis zu ihrer Übernahme durch die Gemeinde.

(13) Die Landesregierung kann durch Verordnung nähere Vorschriften über die Beschaffenheit der Gehsteige und ihrer baulichen Anlagen nach dem vom Bebauungsplan beabsichtigten örtlichen Stadtbild, den im Bebauungsplan festgesetzten Breiten der öffentlichen Verkehrsflächen und Höhenlage und dem voraussichtlichen Fußgängerverkehr unter Berücksichtigung der neuesten Erkenntnisse der technischen Wissenschaften und der bisherigen ortsüblichen Ausführung, über die Dauer der Erhaltungspflicht, die grundsätzlich fünf Jahre nicht übersteigen darf und über dieses Ausmaß nur anlässlich der Übernahme des Gehsteiges zu dessen Instandsetzung erstreckt werden darf, über die Übernahme des Gehsteiges durch die Gemeinde, die während der Wintermonate grundsätzlich nicht erfolgen darf, und über die Abkürzung der Dauer der Haftung im Zusammenhang mit der Aufgrabung des Gehsteiges für öffentliche Zwecke erlassen."

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gegenüber nicht die Verpflichtung zur Errichtung eines Gehsteiges ausgesprochen. Die Verpflichtung zur Errichtung eines Gehsteiges gemäß § 54 Abs. 1 BO entsteht auch ohne Anordnung im Baubewilligungsbescheid von Gesetzes wegen bei jeder Bauführung grundsätzlich von Neuem (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juli 2002, Zl. 2000/05/0193).

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides, der auf Grund eines Antrages des Beschwerdeführers erging, ist § 54 Abs. 10 BO. Nach dieser Gesetzesstelle hat die Behörde unter den dort näher genannten Voraussetzungen die Breite, Höhenlage und Bauart des Gehsteiges durch Bescheid bekannt zu geben. Erst nach der Bekanntgabe der Breite, Höhenlage und Bauart des Gehsteiges sowie der Übermittlung der Absteckskizze ist die Pflicht des Grundeigentümers zur Gehsteigherstellung als derart präzise bestimmt anzusehen, dass sie einer Vollstreckung zugänglich ist. Es bedarf freilich für eine Vollstreckung auch noch eines Titelbescheides. Ein bescheidmäßiger Auftrag, einen den Vorschriften entsprechenden Gehsteig herzustellen, ist nämlich für den Fall vorgesehen, dass die bestehende gesetzliche Verpflichtung zur Herstellung des Gehsteiges nicht (rechtzeitig) erfüllt wird (§ 54 Abs. 2 BO).

Insoweit sich daher der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, keinen Gehsteig auf der an sein Grundstück angrenzenden Grundstücksfläche herstellen zu müssen, für verletzt erachtet, vermag er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil die Verpflichtung zur Herstellung eines Gehsteiges nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist. Die strittige Frage des Bestehens der Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Herstellung des Gehsteiges ist im Verfahren zur Erteilung eines diesbezüglichen Auftrages von der Behörde zu klären.

Eine Verletzung im Recht auf "Bekanntgabe der Höhenlage, Breite und Bauart eines Gehsteiges" läge im Beschwerdefall jedoch nur dann vor, wenn die belangte Behörde die im Abs. 7 des § 54 BO enthaltenen Anordnungen außer Acht gelassen hätte oder gegen die Bestimmungen der auf Grund des § 10 Abs. 2 bis 4 und des § 54 Abs. 1, 4 bis 11 und 13 BO erlassenen Verordnung der Wiener Landesregierung vom 17. Februar 1981, mit der nähere Vorschriften über die Beschaffenheit der Gehsteige und ihrer baulichen Anlagen erlassen werden, in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 22, verstoßen hätte. In der Beschwerde werden jedoch keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde bekannt gegebenen Höhenlage, Breite und Bauart des Gehsteiges vorgebracht. Der Verwaltungsgerichtshof vermag einen Verstoß gegen § 54 Abs. 10 BO und die erwähnte Gehsteigverordnung nicht zu erkennen.

Dem unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erstatteten Beschwerdevorbringen fehlt es an der erforderlichen Relevanz. Den aufgezeigten Verfahrensfehlern könnte nur dann entscheidende Bedeutung zukommen, wenn mit dem angefochtenen Bescheid eine Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Herstellung des Gehsteiges ausgesprochen worden wäre. Dies ist jedoch - wie oben aufgezeigt - hier nicht der Fall.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 14. Dezember 2004

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