VwGH 2003/05/0208

VwGH2003/05/020816.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerden 1. des Dr. Günther Barzal in Gmunden, vertreten durch Dr. Erwin Wartecker, Rechtsanwalt in Gmunden, Franz-Josef-Platz 3 (Beschwerde Zl. 2003/05/0208) und 2. des Dipl. Ing. Karl Schwarz und 3. der Margit Schwarz, beide in Gmunden, beide vertreten durch Mag. Jürgen W. Zahradnik, Rechtsanwalt in Lambach, Marktplatz 14 (Beschwerde Zl. 2003/05/0209), gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. September 2003, Zl. BauR-013188/1-2003-Ja/Vi, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. Wolfgang Baschata in Gmunden, Schlagenstraße 19b/17, 2. Stadtgemeinde Gmunden, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs3;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs3;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in den Beschwerden, des vorgelegten, angefochtenen Bescheides und des im Beschwerdeverfahren Zl. 2003/05/0209 weiters vorgelegten Berufungsbescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. März 2003 wurde der erstmitbeteiligten Partei (kurz: Bauwerber) über ihren Antrag vom 30. Jänner 2001 die Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses samt Garage auf einem Grundstück im Gemeindegebiet erteilt. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer als Nachbarn Berufungen.

Mit Berufungsbescheid vom 1. August 2003 wurde den beiden Berufungen gemäß § 66 Abs. 2 AVG Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

Nach zusammengefasster Wiedergabe des Verfahrensganges und nach Wiedergabe des Wortlautes der Berufungen heißt es begründend:

"In der gegenständlichen Sache wurden in weiterer Folge eine Reihe von Vermittlungsversuchen geführt. Alle Parteien waren zu einem Gespräch beim Bürgermeister sowie Gesprächen ins Amt geladen, konnten sich in weiterer Folge schriftlich zu Konsensvorschlägen äußern bzw. im Rahmen des Berufungsverfahrens ihre Interessen erneut vertreten.

Die Angelegenheit wurde außerdem neuerlich in Sitzungen des Bauausschusses behandelt.

Zusammenfassend ist hiezu festzustellen, dass keine Einigung erzielt werden konnte, da sowohl die Einzelinteressen der Nachbarn als auch die Interessen des Antragstellers diametral auseinanderlaufen.

Der letzte Konsensversuch basiert auf einem Beschluss des Bauausschusses vom 10.6.2003. Der Bauausschuss hat folgende Lösungsmöglichkeit für beschlussfähig durch den Gemeinderat gehalten:

Verschiebung des Hauses um 3 m hangabwärts, Absenkung des Hauses (First) um 2,5 m und Verdrehung des Schwimmbades zur Verbesserung der Situation im Zusammenhang mit den hiezu erforderlichen Hanganschüttungen.

Diese Variante wurde letztlich sowohl dem Antragsteller als auch den anderen Parteien vorgeschlagen. Sowohl vom Antragsteller als auch den Nachbarn wurde diese Lösung abgelehnt.

In weiterer Folge wurde der Amtssachverständige des Amtes beauftragt, zur Sache eine Stellungnahme abzugeben. In dem hiezu ergangenen Schreiben vom 23.6.2003 vertritt Baudirektor Ing (...) die Ansicht, dass die Situierung und Höhenentwicklung des Hauses problematisch erscheint und sollte ein unabhängiges Ortsbildgutachten in Auftrag gegeben werden.

Der Bauausschuss hat in der Sitzung vom 10.6.2003 gleichfalls beschlossen, ein Ortsbildgutachten in Auftrag zu geben. Dies jedenfalls dann, wenn der Konsensvorschlag wie oben dargestellt, keine Zustimmung bei den Parteien findet.

Die Zurückverweisung begründet sich damit, dass Fragen des Ortsbildes mangelhaft geblieben sind. Durch die Erstellung eines Ortsbildgutachtens können sich Umplanungen ergeben, die jedenfalls einer neuerlichen Verhandlung bedürfen."

Dagegen erhob der Bauwerber Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den bekämpften Berufungsbescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. Dies wurde zusammengefasst damit begründet, dem Verfahrensakt sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer unter anderem die Störung des Orts- und Landschaftsbildes durch das Vorhaben eingewendet hätten. Ihren Berufungen sei von der Berufungsbehörde mit der Begründung Folge gegeben worden, dass Fragen des Ortsbildes mangelhaft geblieben seien und die Situierung und Höhenentwicklung des Hauses problematisch erscheine, weshalb ein unabhängiges Ortsbildgutachten in Auftrag gegeben werden sollte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf hg. Judikatur) erwüchsen aber aus Vorschriften über die Berücksichtigung schönheitlicher Aspekte, die Beachtung des Orts- und Landschaftsbildes sowie des Stadt- und Straßenbildes keine Nachbarrechte. Dadurch, dass die Berufungsbehörde davon ausgegangen sei, dass durch das Bauvorhaben ein solches Nachbarrecht verletzt werde, habe sie den Berufungsbescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Den Berufungen sei daher rechtsirrig aus den von der Berufungsbehörde herangezogenen Gründen stattgegeben worden.

Bereits deshalb sei der Vorstellung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden gewesen, sodass sich ein Eingehen auf das weitere Vorstellungsvorbringen erübrigt habe.

Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden jeweils wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat erwogen:

Inwieweit den Beschwerdeführern als Nachbarn ein Mitspracherecht zukommt, ergibt sich, worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat, aus § 31 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (diese Bestimmung idF LGBl. Nr. 70/1998).

Die hier maßgeblichen Absätze 3 und 4 dieses Paragraphen lauten:

"(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauten nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauten auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird."

Zutreffend hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass dem Nachbarn hinsichtlich der Vorschriften über die Beachtung des Orts- und Landschaftsbildes keine Nachbarrechte erwachsen (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juli 2002, Zl. 2001/05/1168). Das bedeutet, dass den Beschwerdeführern als Nachbarn insofern kein Mitspracherecht zukam. Daraus folgt weiters, dass die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides durch die Berufungsbehörde zu Unrecht erfolgte: Eine Aufhebung einer erstinstanzlich erteilten Baubewilligung auf Grund einer Berufung eines Nachbarn kommt nämlich nur insoweit in Betracht, als dem Nachbarn in Bezug auf den Aufhebungsgrund ein Mitspracherecht zukommt (und er diesbezüglich rechtzeitig im erstinstanzlichen Verfahren Einwendungen erhoben hat) (siehe dazu das zuvor genannten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, uva.; aus jüngerer Zeit etwa auf Grundlage der Rechtslage gemäß der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, das hg. Erkenntnis vom 21. November 2000, Zl. 2000/05/0231). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer war die Berufungsbehörde auch nicht berechtigt, aus Anlass ihrer Berufungen die Frage einer möglichen Störung des Ortsbildes von Amts wegen aufzugreifen (siehe dazu abermals das zuvor genannten hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates, Slg. Nr. 10.317/A).

Die Aufhebung dieser rechtswidrigen Berufungsentscheidung durch die belangte Behörde war somit nicht rechtswidrig.

Da sich dies bereits aus dem Inhalt der Beschwerden ergibt, waren sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2003

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