VwGH 2003/05/0173

VwGH2003/05/017318.5.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Kurt Dichtl in Wien, vertreten durch Dr. Otto Köhler, Rechtsanwalt in Wien 6, Gumpendorferstraße 5, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 12. Mai 2003, Zl. BOB-50/03, betreffend einen Abbruchauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines Hauses, welches auf einem Los in einem Wiener Kleingarten errichtet ist. Gemäß der "Einreichung" vom 16. November 2001 gilt ein Kleingartenhaus im Ausmaß von 6,50 m Länge und 4,75 m Breite mit einem Anbau im Ausmaß von 2,0 m x 2,0 m als bewilligt. In den als bewilligt geltenden Plänen ist eine Höhe von 4,35 m an der niedrigsten und 4,90 m an der höchsten Stelle ausgewiesen.

Nach Durchführung eines Ortsaugenscheines am 13. November 2002 erging der erstinstanzliche Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37/13, vom 19. November 2002, mit welchem dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, das tatsächlich errichtete, vorschriftswidrige Haus binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu entfernen. Begründend heißt es, anlässlich des Ortsaugenscheines sei festgestellt worden, dass ein Kleingartenwohnhaus in Massivbauweise im Ausmaß von ca. 38,30 m2 und einer unterkellerten Terrasse im Ausmaß von ca. 29,00 m2 errichtet worden sei. Nach Wiedergabe der Abmessungen des gemäß der "Einreichung" vom 16. November 2001 als bewilligt geltenden Projektes heißt es weiter, das ausgeführte Gebäude weise eine Länge von ca. 7,70 m und eine Breite von ca. 5,50 m mit einem Anbau im Ausmaß von ca. 2,00 m x 2,90 m auf. Die Gebäudehöhe betrage an der niedrigsten Stelle ca. 5,18 m und an der höchsten Stelle ca. 5,68 m. Auf Grund der Abweichungen in Länge, Breite und Höhe finde das ausgeführte Gebäude keine Deckung in den als bewilligt geltenden Plänen. Weiters überschreite es auch die auf Grund der Bestimmungen des Wiener Kleingartengesetzes zulässige bebaute Fläche und maximale Höhe des obersten Abschlusses des Gebäudes über dem verglichenen Gelände. Gemäß § 129 Abs. 10 BO sei der vorschriftswidrige Bau zu beseitigen (im Akt befinden sich auch drei Lichtbilder des tatsächlich errichteten Gebäudes).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er vorbrachte, er habe sein (früher bestandenes) 25 m2 großes Kleingartenhaus auf 35 m2 umbauen und vergrößern wollen. Leider habe sich bald völlig unplanmäßig herausgestellt, dass der Holzriegelbau durch eine schadhafte Fundamentplatte an der Basis feucht und nicht tragfähig gewesen sei. Das bestehende Haus sei so nicht mehr wieder herstellbar gewesen. Schnell und wie ihm heute bewusst sei, überhastet, habe er sich bei der Kleingartenberatungsstelle beim Rathaus nach Möglichkeiten für einen Neubau erkundigt und erfahren, dass "sicher bald überall 50 m2 verbaut werden dürfen", und "das Alles schon in nächster Zukunft "(Zitat im Original). Er selbst wohne jetzt in der X-Straße, bei einem näher bezeichneten Frachtenbahnhof. Weder bei Tag noch bei Nacht sei es möglich, ein Fenster zu öffnen: Tagsüber sei eine Verständigung durch den Verkehrslärm unmöglich, nachts werde ab 12.00 h der Autolärm geringer, dafür würden am Bahnhof mit Getöse Waggons rangiert. Die Staubentwicklung und der Dreck in der Luft seien unbeschreiblich. Alle Fenster müssten immer geschlossen sein, "wir" atmeten seit Jahren nur gefilterte Luft durch Schalldämmlüfter. Er habe sich daher dort zu einem entsprechenden Neubau entschlossen. Es sei mit den besten Materialien und nach bestem Wissen gebaut worden. Jetzt sei es endlich möglich, menschenwürdig zu leben. Das Haus entspreche in allem einen "50 m2-Haus", nur mangle es an einer entsprechenden Umwidmung. Diese erscheine durchaus möglich. Er bitte daher zuzuwarten. Hunderte solcher "50 m2-Häuser" stünden bereits in Wien, laufend komme es zu neuen Umwidmungen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend heißt es nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung sowie nach Rechtsausführungen, vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (BO) sei jeder Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich gewesen sei und weiter erforderlich sei, für den aber eine Baubewilligung nicht vorliege. Unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer das Haus abweichend von der als bewilligt geltenden Einreichung vom 16. November 2001 errichtet habe.

Wie den unbestritten gebliebenen Feststellungen des bautechnischen Amtssachverständigen anlässlich des Ortsaugenscheines am 13. November 2002 zu entnehmen sei, sei anstelle des als bewilligt geltenden Kleingartenhauses im Ausmaß von 6,50 m x 4,75 m samt einem 2,0 m x 2,0 m großen Anbau (verbaute Fläche knapp unter 35 m2) und einer projektierten und bewilligten Höhe von 4,35 m an der niedrigsten Stelle und 4,9 m an der höchsten Stelle auf der gegenständlichen Liegenschaft ein Kleingartenwohnhaus im Ausmaß von ca. 7,70 m x ca. 5,50 m samt einem Anbau im Ausmaß von ca. 2,0 m x 2,90 m und einer Gebäudehöhe von ca. 5,18 m an der niedrigsten Stelle und ca. 5,68 m an der höchsten Stelle errichtet worden. Das errichtete Gebäude weiche somit von dem als bewilligt geltenden Einreichplan in der Länge, Breite und Höhe derart ab (so sei anstelle der bewilligten und auch nach den Bestimmungen des Wiener Kleingartengesetzes zulässig bebauten Fläche von knapp unter 35 m2 durch das tatsächlich ausgeführte Gebäude eine bebaute Fläche von mehr als 48 m2 in Anspruch genommen worden), dass es von dem als bewilligt geltenden Bauvorhaben nicht gedeckt sei und somit rechtlich ein "aliud" darstelle. Die Frage der Bewilligungsfähigkeit des tatsächlich errichteten Gebäudes oder eines Teiles hievon sei im Verfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen. Maßgeblich sei lediglich, ob der Bau ohne die hiefür erforderliche Baubewilligung ausgeführt worden sei. Demnach sei mit der Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages vorzugehen gewesen, der Behörde komme diesbezüglich kein Ermessen zu. Die in der Berufung vorgebrachten persönlichen Beweggründe des Beschwerdeführers für die Errichtung des Gebäudes könnten daher keine Berücksichtigung finden.

Auch die festgesetzte Leistungsfrist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides sei im Hinblick auf die aufgetragenen Maßnahmen in technischer und wirtschaftlicher Beziehung angemessen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (an jeden Miteigentümer) des Gebäudes zu richten.

Dass das tatsächlich errichtete Haus mit dem bewilligten Vorhaben nicht übereinstimmt, ist unstrittig. Die von den Behörden des Verwaltungsverfahrens (im Übrigen ebenfalls unbestritten) festgestellten Abweichungen sind derart, dass der Beurteilung der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden kann, es liege ein "aliud" vor. Ob das tatsächlich errichtete Gebäude genehmigungsfähig ist oder nicht, ist im Verfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu untersuchen (siehe die umfangreichen Nachweise aus der hg. Judikatur bei Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften4, E 71 bis 74 zu § 129 Abs. 10 BO). Sollte ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung anhängig sein, darf der Bauauftrag nicht vollstreckt werden (Geuder/Hauer, aaO, E 100 - 103).

Demnach hatten die Behörden des Verwaltungsverfahrens auch keine Überlegungen anzustellen, ob es allenfalls zu einer entsprechenden Umwidmung des Grundstückes kommen könnte oder werde. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auch zutreffend darauf verwiesen, dass die persönliche Situation des Beschwerdeführers und seine Motive kein im Gesetz vorgesehener Grund sind (und darauf käme es an), vom Beseitigungsauftrag Abstand zu nehmen, auch dann, wenn nicht Gefahr im Verzug besteht. Die Argumentation des Beschwerdeführers, hier sei keine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen gegeben, weshalb die Behörde gemäß § 129 Abs. 10 dritter Satz BO nur berechtigt, nicht aber verpflichtet gewesen sei, einen Bauauftrag zu erlassen (arg: "Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen"), vermag ihm (daher) nicht zum Erfolg verhelfen (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1993, Zl. 92/05/0322, und vom 15. Juli 2003, Zl. 2002/05/0969), und vor allem nichts an der Anordnung des zweiten Satzes dieses Absatzes etwas zu ändern, wonach ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt wurde, zu beseitigen ist.

Die Beschwerde musste daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Mai 2004

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