VwGH 2003/04/0172

VwGH2003/04/017228.7.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Radio Starlet Programm- und Werbegesellschaft mbH in Herzogenaurach (Deutschland), vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 11. September 2003, Zl. 611.133/003-BKS/2003, betreffend Zulassung zur Veranstaltung von Hörfunk (mitbeteiligte Partei: Außerferner Medien GmbH in 6020 Innsbruck, Eduard-Bodem-Gasse 5-7), zu Recht erkannt:

Normen

PrivatradioG 2001 §16 Abs6;
PrivatradioG 2001 §3 Abs1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1 Z1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1 Z2;
PrivatradioG 2001 §6 Abs2;
PrivatradioG 2001 §6;
PrivatradioG 2001 §16 Abs6;
PrivatradioG 2001 §3 Abs1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1 Z1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1 Z2;
PrivatradioG 2001 §6 Abs2;
PrivatradioG 2001 §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 18. Juni 2001 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 3 Abs. 1 und 2 iVm den §§ 5 und 6 Privatradiogesetz (PrR-G) iVm § 49a Abs. 3a Telekommunikationsnetz (TKG) für die Dauer von 10 Jahren ab dem 20. Juni 2001 die Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für das - näher umschriebene - Versorgungsgebiet "Außerfern-Reutte" erteilt; das Programm umfasst ein 24 Stunden Vollprogramm mit dem Programmschema, wonach ein zumindest 50 % eigengestaltetes Programm mit lokalem Bezug gesendet wird. Das Wortprogramm umfasst lokale Nachrichten, Servicemeldungen wie Wetter, Verkehr, Veranstaltungen, Studiogespräche, Interviews sowie regelmäßige Sprechstunden mit Personen aus Kultur, Politik, Sport usw. Das Musikprogramm umfasst Oldies und Schlagerhits inklusive Austropop. Gleichzeitig wurde der mitbeteiligten Partei für die Dauer der aufrechten Zulassung die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb näher beschriebener Sendeanlagen zur Veranstaltung von Hörfunk erteilt. Die Zulassungsanträge u.a. der beschwerdeführenden Partei wurden gemäß § 6 Abs. 1 und 2 PrR-G abgewiesen.

Begründend wurde u.a. ausgeführt, die mitbeteiligte Partei, die die zu vergebende Zulassung auf Grund einer Entscheidung der Privatrundfunkbehörde einstweilig ausübe, sei am 1. September 1998 auf Sendung gegangen und sende seit dem 1. September 2000 unter dem Programmnamen "Radio Express" ein in Wort- und Musikformat auf das Versorgungsgebiet "Außerfern/Reutte" abgestimmtes und im "Arabella Format" gehaltenes Programm. Das Programm sei zu 50 % eigengestaltet und umfasse ein Wortprogramm mit wesentlichem Bezug zum Versorgungsgebiet. Dieses Programmkonzept lasse trotz des relativ geringen eigengestalteten Anteils am Programm erwarten, dass bei Erteilung der Zulassung an die mitbeteiligte Partei im Vergleich zu den übrigen Antragstellern bessere Gewähr geboten werde für größere Meinungsvielfalt und ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programm. Das Konzept der beschwerdeführenden Partei stelle demgegenüber weniger auf die Bevölkerung im Versorgungsgebiet ab, als auf den Durchfahrtsverkehr bzw. auf Berufskraftfahrer und Fernfahrer. Eigentlich handle es sich beim Programmkonzept der beschwerdeführenden Partei um ein für das gesamte Bundesgebiet - bzw. darüber hinaus, weil das Programm auch von dem für Deutschland geplanten Programm übernommen werden solle - gedachtes Spartenprogramm, das nur geringfügig auf die Interessen der im Versorgungsgebiet ansässigen Bevölkerung Rücksicht nehme. Durch das Programm sollen vor allem Berufsfahrer und "Country-Freunde" angesprochen werden, was sich sowohl in der Musikauswahl als auch in den, in den Wortprogrammen behandelten Themengebieten zeige.

Die zu vergebende Zulassung sei der einzige "Lokalsender", mit welchem auf die Interessen im kleinräumigen Verbreitungsgebiet Bedacht genommen werden könne. Von einem bereits ausreichenden Gesamtangebot an anderen Privatradioveranstaltern könne daher vor dem Hintergrund der "föderalistischen Konzeption" des Gesetzes und der Zielsetzung, eine "vielfältige Hörfunklandschaft zu schaffen", die eine Versorgung sowohl mit regionalen als auch mit lokalen Programmen primär - vor der Zulassung von überregional ausgerichteten Programmveranstaltern - geboten erscheinen lasse, nicht gesprochen werden. Ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet wäre daher von der Zulassung der beschwerdeführenden Partei nicht zu erwarten, obwohl der Umfang der eigengestalteten Beiträge in ihrem Programm über jenem im Programm der mitbeteiligten Partei liege. Die von der beschwerdeführenden Partei eigengestalteten Beiträge bezögen sich nämlich im Wesentlichen nicht auf das Versorgungsgebiet, sondern seien auf eine zumindest österreichweite oder darüber hinausgehende Ausstrahlung gerichtet. Bei der Auswahlentscheidung nach § 6 PrR-G habe die Behörde allerdings auch zu berücksichtigen, inwieweit sich die eigengestalteten Beiträge auf die Interessen der Bevölkerung des Versorgungsgebietes bezögen.

Die Berücksichtigung der Kriterien des § 6 PrR-G führe daher auf Basis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der darauf aufbauenden Prognose zum Ergebnis, dass die Zielsetzungen des Gesetzes bei Erteilung der Zulassung an die mitbeteiligte Partei am besten gewährleistet erschienen. Für die Erteilung der Zulassung an die mitbeteiligte Partei habe sich auch die Tiroler Landesregierung und der Rundfunkbeirat ausgesprochen.

Die gegen diesen Bescheid von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 11. September 2003 abgewiesen. Begründend wurde u.a. ausgeführt, als Spartenprogramm müsse das Programm der beschwerdeführenden Partei einen im Hinblick auf das bestehende Gesamtangebot an Privatradios besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet erwarten lassen. Dies sei nicht der Fall. Weder im Programmkonzept noch in der Berufung sei dargetan worden, inwieweit die beschwerdeführende Partei einen besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet leisten könne. Auf die erstbehördlichen Begründungsdarlegungen könne insoweit verwiesen werden. Die mitbeteiligte Partei leiste einen größeren Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet, weil sie erstens ein Vollprogramm anbiete und sich jedenfalls im Bereich der Nachrichten auf Landes- wie auf lokaler Ebene, aber auch im Übrigen inhaltlich von anderen im Außerfern verbreiteten Programmen der Regionalradio Tirol GmbH abhebe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf gesetzmäßige Auswahlentscheidung gemäß § 6 PrR-G verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, der von der belangten Behörde zu Gunsten der mitbeteiligten Partei ins Treffen geführte Lokalbezug ihres Programms sei in Wahrheit nicht gegeben. Tatsächlich überwiege bei der mitbeteiligten Partei nicht lokale, sondern regionale Werbung. Wie die belangte Behörde nämlich selbst festgestellt habe, sei die Werbung bei der mitbeteiligten Partei zu 90 % identisch mit der Werbung von Radio Oberland GmbH. Offensichtlich handle es sich also um werbende Unternehmen, die sowohl im Versorgungsgebiet von Radio Oberland GmbH tätig seien als auch im verfahrensgegenständlichen Versorgungsgebiet; es handle sich aber nicht um Werbeeinschaltungen von "lokal im Außerfern ansässigen Unternehmen". Berücksichtige man weiters, dass der Anteil eigengestalteter Sendungen im Programm der mitbeteiligten Partei relativ gering sei und dass die mitbeteiligte Partei weiters die verfahrensgegenständliche Zulassung in der Vergangenheit nicht dem Gesetz entsprechend ausgeübt habe - die belangte Behörde habe selbst festgestellt, dass das tatsächliche Programmangebot der mitbeteiligten Partei sich ihrem Antrag lediglich angenähert habe - so gerate die mitbeteiligte Partei gegenüber der beschwerdeführenden Partei "erheblich ins Hintertreffen". Dass die mitbeteiligte Partei lediglich durch den drohenden Lizenzentzug dazu zu bringen gewesen wäre, die Zulassung gesetzeskonform auszuüben, dürfe jedenfalls nicht zu Gunsten der mitbeteiligte Partei ins Kalkül gezogen werden. Was die Frage des fehlenden Lokalbezuges im Programm der beschwerdeführenden Partei anlange, übersehe die belangte Behörde, dass dieses Erfordernis für ein Spartenprogramm wie jenes der beschwerdeführenden Partei nicht gelte; dieses Kriterium gelte nur für Vollprogramme. Betreffend den "besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt" im Versorgungsgebiet sei darauf hinzuweisen, dass die beschwerdeführende Partei bereits im seinerzeitigen Antrag dargestellt habe, dass sich ihr Programm von allen anderen im Versorgungsgebiet verbreiteten Programmen erheblich absetze. Zu berücksichtigen sei weiters, dass das Programm der beschwerdeführenden Partei - anders als jenes der mitbeteiligten Partei - zu 100 % eigengestaltet sei. Im Verfahren habe die beschwerdeführende Partei eine Äußerung erstattet, in der sie neuerlich dargestellt habe, warum durch ihr Programm ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt geleistet werde; sie habe insbesondere darauf hingewiesen, dass die von ihr geplanten Themen und die Musikauswahl einen starken Kontrast zu den bisher im Versorgungsgebiet verbreiteten Programmen darstellten, insbesondere zu den empfangbaren Programmen der Antenne Tirol aber auch zu den Programmen des ORF. Richtigerweise hätte der mitbeteiligten Partei daher zugestanden werden müssen, dass von ihrem Programm ein besondere Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet zu erwarten sei.

Gemäß § 3 Abs. 1 Privatradiogesetz (PrR-G) ist eine Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms von der Regulierungsbehörde auf 10 Jahre zu erteilen.

Bewerben sich mehrere Antragsteller, die die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1und 2) erfüllen, um eine Zulassung, so hat die Regulierungsbehörde gemäß § 6 Abs. 1 PrR-G dem Antragsteller den Vorrang einzuräumen,

1. bei dem auf Grund der vorgelegten Unterlagen sowie der Ergebnisse des Verfahrens die Zielsetzungen dieses Gesetzes am besten gewährleistet erscheinen, insbesondere indem insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt geboten wird sowie ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten ist, oder im Fall von Spartenprogrammen im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an nach diesem Bundesgesetz verbreiteten Programmen von dem geplanten Programm ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet zu erwarten ist, und

2. von dem oder von der zu erwarten ist, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweist.

Gemäß § 6 Abs. 2 PrR-G hat die Behörde auch zu berücksichtigen, ob einer der Antragsteller bereits bisher die zu vergebende Zulassung entsprechend dem Gesetz ausgeübt hat.

Im Grunde des § 6 Abs. 1 Z. 1 letzter Halbsatz PrR-G könnte der beschwerdeführenden Partei mit ihrem Spartenprogramm (§ 16 Abs. 6 PrR-G) gegenüber einem Mitbewerber mit Vollprogramm nur dann der Vorzug gegeben werden, wenn "im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an nach diesem Bundesgesetz verbreiteten Programmen" vom Programm der beschwerdeführenden Partei "ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet" zu erwarten wäre, etwa, weil im bestehenden Programmangebot des Versorgungsgebietes ein Mangel an Meinungen gegeben wäre, dem durch das Programm der beschwerdeführenden Partei abgeholfen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 2004, Zlen. 2002/04/0006, 0053, 0126).

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid zur Auffassung gelangt, das Programm der beschwerdeführenden Partei würde vor dem Hintergrund des Gesamtangebotes an nach dem PrR-G im Versorgungsgebiet verbreiteten Programmen keinen besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet bringen, zumal es auch inhaltlich weniger auf die Interessen der im Versorgungsgebiet lebenden Bevölkerung ausgerichtet sei, als vielmehr auf die Interessen des Durchfahrtsverkehrs, speziell der Berufskraftfahrer und Fernfahrer.

Wenn die beschwerdeführende Partei dem mit Hinweis auf ihr im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen entgegentritt, ein "Country- und Westernradio" könne einen enormen Beitrag zur "lokalen Programmvielfalt" leisten, weil bereits beim ersten Hören ein deutliches Profil des Senders zu erkennen sei (so die Ausführungen unter Punkt 17 des Zulassungsantrages), so zeigt sie damit noch nicht auf, inwieweit ihr Programm vor dem Hintergrund der im Versorgungsgebiet durch Privatradios bereits verbreiteten Programme einen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet erwarten lasse, der über das im Allgemeinen zu erwartende Ausmaß erheblich hinausgeht. Dass sich das von der beschwerdeführenden Partei geplante Programm von den anderen Programmen im Versorgungsgebiet unterscheidet, besagt noch nichts über die Bedeutung dieses Programms für die Vielfalt der im Versorgungsgebiet verbreiteten Meinungen (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 21. April 2004).

Soweit die beschwerdeführende Partei jedoch meint, eine Bedachtnahme des Programmangebotes auf die Interessen im Verbreitungsgebiet dürfe von einem Spartenprogramm nicht gefordert werden, übersieht sie, dass dieser Gesichtspunkt bei der Auswahlentscheidung gemäß § 6 PrR-G durchaus von Bedeutung sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2003/04/0133).

Konnte die belangte Behörde solcherart zu Recht davon ausgehen, das von der beschwerdeführenden Partei geplante Programm lasse im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an nach dem PrR-G verbreiteten Programmen einen besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet nicht erwarten, so kam die beschwerdeführende Partei für die beantragte Zulassung schon aus diesem Grunde nicht in Betracht. Ob ihr Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweist, ist bei diesem Ergebnis ebenso wenig erheblich, wie die Frage, ob die belangte Behörde den Lokalbezug der Werbeeinschaltungen im Programm der mitbeteiligten Partei zutreffend beurteilt hat. Ohne Relevanz ist schließlich, aus welchen Gründen die mitbeteiligte Partei die ihr erteilte Zulassung gesetzeskonform ausgeübt hat.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Juli 2004

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