Normen
AVG §56;
BVergG 1997 §113 Abs3;
BVergG 1997 §16;
BVergG 1997 §52 Abs1 Z1;
GewO 1994 §11 Abs5;
GewO 1994 §345;
GewO 1994 §367 Z5;
GewO 1994 §39 Abs2;
GewO 1994 §85 Z12;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §56;
BVergG 1997 §113 Abs3;
BVergG 1997 §16;
BVergG 1997 §52 Abs1 Z1;
GewO 1994 §11 Abs5;
GewO 1994 §345;
GewO 1994 §367 Z5;
GewO 1994 §39 Abs2;
GewO 1994 §85 Z12;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 13. Februar 2003 wurden im Spruchpunkt I. im Nachprüfungsverfahren gemäß § 113 Abs. 2 Bundesvergabegesetz 1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2001 (BVergG 1997) betreffend das Vergabeverfahren "Unterhalt-, Grund- und Fensterreinigung in Bundesdienststellen im Bundesland Steiermark, GZ 000202"
- der Antrag der Beschwerdeführerin vom 20. September 2002, die Ausscheidung des Angebotes der Beschwerdeführerin für nichtig zu erklären zurückgewiesen (1.),
- der Eventualantrag der Beschwerdeführerin, "die Zuschlagsentscheidung den Angeboten laut Mitteilung vom 6. September 2002 zuzuschlagen" (2.) sowie
- der Eventualantrag der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde möge diese Ausschreibung wegen fehlender Kennzeichnung wesentlicher Positionen und dadurch vereitelter Möglichkeit zur vertieften Angebotsprüfung und Verstoß gegen das Bestbieterprinzip für nichtig erklären (3.) zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde im Feststellungsverfahren gemäß § 113 Abs. 3 BVergG 1997 betreffend dasselbe Vergabeverfahren dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. Oktober 2002, die belangte Behörde möge feststellen, dass wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde, nicht stattgegeben.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe in dem im Spruch näher bezeichneten Vergabeverfahren ein Angebot gelegt. Die Angebotseröffnung habe am 12. Juli 2002 stattgefunden. Das Angebot der Beschwerdeführerin sei am 11. September 2002 von der mitbeteiligten Partei wegen nicht plausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises (§ 52 Abs. 2 Z 3 BVergG 1997) ausgeschieden worden. Die Zuschlagserteilung sei am 23. September 2002 erfolgt.
Laut einem Auszug aus dem zentralen Gewerberegister vom 15. November 2002 habe die Beschwerdeführerin für das Gewerbe "Denkmal-Fassaden und Gebäudereinigung gemäß § 94 Z 38 GewO 1994 - eingeschränkt auf die Gewerbereinigung" eine mit 31. Dezember 2002 befristete Gewerbeberechtigung innegehabt. Hiezu habe die zuständige Gewerbebehörde mitgeteilt, dass bis zu diesem Zeitpunkt seitens der Beschwerdeführerin betreffend die Überführung der befristeten Gewerbeberechtigung in eine unbefristete keine Maßnahmen getroffen bzw. Unterlagen eingereicht worden seien. Unter Vorlage des Bescheides der Gewerbebehörde vom 29. Jänner 2003 habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Befristung nunmehr aufgehoben sei und sie über eine aufrechte und durchgehende Gewerbeberechtigung verfüge. Gegenstand des Vergabeverfahrens sei der Abschluss eines Dienstleistungsvertrages befristet auf fünf Jahre; die in der Ausschreibung vorgesehene Vertragsdauer und die Modalitäten und Fristen für den Fall der Vertragskündigung zeigten klar, dass als ein wesentliches Kriterium für den gegenständlichen Dienstleistungsvertrag die Gewährleistung der Leistungserfüllung über den gesamten Vertragszeitraum anzusehen sei. Die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin sei jedoch mit 31. Dezember 2002 befristet, sodass eine Sicherstellung der ausgeschriebenen Leistung somit nicht über den gesamten Vertragszeitraum gewährleistet sei, zumal die Beschwerdeführerin bereits kurz nach Vertragsbeginn (ab 1. Jänner 2003) wegen mangelnder Gewerbeberechtigung nicht mehr in der Lage sei, den Vertrag zu erfüllen. Diese rechtliche Beurteilung zum gebotenen Zeitpunkt der Angebotseröffnung am 12. Juli 2002 bleibe von der mit Bescheid der Gewerbebehörde vom 29. Jänner 2003 erfolgten Aufhebung der Befristung unberührt. Der Beschwerdeführerin mangle es daher infolge der fehlenden Befugnis an der gebotenen Eignung, für den Zuschlag überhaupt in Betracht gezogen zu werden, sodass die Antragslegitimation der Beschwerdeführerin nicht gegeben sei. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung sowie zur Ausschreibung sei damit ohne Belang.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenso eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Feststellung, dass im vorliegenden Vergabeverfahren der Zuschlag nicht ihr als Bestbieter erteilt worden sei, verletzt.
In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe auf Grund eines mangelhaften Verfahrens zu Unrecht festgestellt, die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin sei befristet gewesen, da bereits eine Anfrage an die zuständige Gewerbebehörde ergeben hätte, dass die Gewerbeberechtigung nie befristet gewesen sei, sondern lediglich die Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers auf Nachsicht erteilt worden sei. Auch seien mit einem Durchführungserlass des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Gewerbeordnungsnovelle BGBl. I Nr. 111/2002 derartige Befristungen aufgehoben worden und daher im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nicht mehr existent gewesen. Im Zeitpunkt der Angebotseröffnung habe die Beschwerdeführerin über eine - wenn auch befristete - Gewerbeberechtigung verfügt und sei somit kein Ausscheidungsgrund gemäß § 16 bzw. § 52 BVergG 1997 gegeben gewesen. Die Auffassung der belangten Behörde, im Zeitpunkt der Angebotseröffnung müsse eine unbefristete Gewerbeberechtigung vorliegen, würde zu weit gehen und den freien Wettbewerb unsachgemäß beschränken.
2. Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin lediglich durch Spruchpunkt II. des (zur Gänze) angefochtenen Bescheides in ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof als Beschwerdepunkt ausdrücklich geltend gemachten subjektiven Recht auf Feststellung verletzt werden konnte, da lediglich in diesem Spruchpunkt II. über den Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin vom 3. Oktober 2002 abgesprochen wurde.
3. Im Hinblick auf diesen Spruchpunkt II. sind im Beschwerdefall gemäß § 188 BVergG 2002, BGBl. I Nr. 99 (BVergG 2002) die Bestimmungen des BVergG 1997 maßgeblich (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2003/04/0048).
Gemäß § 113 Abs. 3 BVergG 1997 ist das Bundesvergabeamt nach Zuschlagserteilung oder nach Abschluss des Vergabeverfahrens zuständig, festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz oder die hiezu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde.
Gemäß § 16 Abs. 1 BVergG 1997 sind Aufträge über Leistungen nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, an - spätestens zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung - befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu vergeben.
Ist die Befugnis eines Bieters der prüfenden Stelle nicht genügend bekannt, so ist der Bieter gemäß § 47 Abs. 2 BVergG 1997 aufzufordern, binnen einer angemessenen Frist entsprechende Nachweise beizubringen. Die prüfende Stelle kann auch direkt Erkundigungen einziehen.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 BVergG 1997 sind Angebote von Bietern, bei welchen die Befugnis nicht gegeben ist, vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag von der vergebenden Stelle auf Grund des Ergebnisses der Prüfung unverzüglich auszuscheiden.
4. Die belangte Behörde vertritt im vorliegenden Fall die Auffassung, eine Antragslegitimation der Beschwerdeführerin im Nachprüfungsverfahren sei schon deshalb nicht gegeben, da diese auf Grund ihrer nur befristeten Gewerbeberechtigung nicht befugt gewesen sei, die ausgeschriebene Leistung zu erbringen. Dem hält die Beschwerde entgegen, die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin sei nie befristet erteilt worden, sondern es sei lediglich die Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers "auf Nachsicht" erfolgt. Sie zeigt damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Befugnis des jeweiligen Bieters ist gemäß § 16 Abs. 1 BVergG 1997 jener der Angebotsöffnung (vgl. hiezu bereits das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2002, Zl. 2002/04/0023). Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 BVergG 1997 ist nicht auf irgendeine Befugnis, sondern auf eine entsprechende Befugnis anhand der ausgeschriebenen Leistung abzustellen (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 21. Juni 2004, VfSlg. 17.270, zur Frage der vergaberechtlich zu fordernden Befugnis bei Bietergemeinschaften und Holoubek, Gewerbebefugnis und Bietergemeinschaften - zum Verhältnis von Gewerbe- und Vergaberecht, RPA 5/2003, 266). In diesem Sinn hat die belangte Behörde im Beschwerdefall zu Recht angenommen, das Vorliegen einer befristeten Gewerbeberechtigung sei im Hinblick auf die ausgeschriebene Leistungsdauer (von 5 Jahren) nicht ausreichend, die Befugnis der Beschwerdeführerin nachzuweisen.
Jedoch ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, dass mit Bescheid vom 1. August 2001 die weitere Ausübung des Gewerbes durch die Beschwerdeführerin von der Gewerbebehörde gemäß § 345 GewO 1994 auf Grundlage des § 11 Abs. 5 GewO 1994 zur Kenntnis genommen wurde. In einem wurde die Bestellung des Mag. I als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zur Kenntnis genommen und angeführt, dass diesem mit Bescheid vom 14. Februar 2000 die Nachsicht vom Befähigungsnachweis befristet bis 31. Dezember 2002 erteilt worden ist (OZ 12).
Nach der im Beschwerdefall zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung (am 12. Juli 2002) maßgeblichen Rechtslage der GewO 1994 (in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 2002) ist dieser Zusatz nicht als Befristung der Gewerbeberechtigung gemäß § 85 Z 12 leg. cit. anzusehen. Zwar muss der gewerberechtliche Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen (§ 39 Abs. 2 GewO 1994), jedoch endet die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin mit Fristablauf der ihrem gewerberechtlichen Geschäftsführer erteilten Nachsicht nicht; vielmehr wäre der Tatbestand des § 367 Z 5 GewO 1994 erfüllt, wenn sich die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt für die Ausübung des Gewerbes eines Geschäftsführers bedienen würde, der nicht mehr den im § 39 Abs. 2 GewO 1994 festgelegten Voraussetzungen entspricht.
5. Da die Behörde dennoch angenommen hat, die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin sei befristet und diese aus diesem Grund vergaberechtlich nicht befugt, die ausgeschriebene Leistung zu erbringen, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. Dezember 2005
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