VwGH 2003/02/0092

VwGH2003/02/009219.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des CJ in Wien, vertreten durch Dr. Georg Auteried, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Altgasse 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Zwettl, vom 24. Februar 2003, Zl. Senat-WT-02-3004, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1b;
VStG §51e Abs1 idF 2002/I/065;
VStG §51e Abs4 idF 2002/I/065;
VStG §51e Abs5 idF 2002/I/065;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1b;
VStG §51e Abs1 idF 2002/I/065;
VStG §51e Abs4 idF 2002/I/065;
VStG §51e Abs5 idF 2002/I/065;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Februar 2003 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,18 Promille) befunden habe.

Er habe eine Übertretung gemäß § 5 Abs. 1, § 99 Abs. 1b StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 726,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde - welche keine mündliche Verhandlung durchgeführt hatte - aus, die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe sich zum Zeitpunkt des Lenkens nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, sondern einen Nachtrunk getätigt, sei unglaubwürdig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Abs. 1 bis 5 des § 51e VStG, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 65/2002, lauten:

"(1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

  1. 2. sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
  2. 3. im angefochtenen Bescheid eine 500,-- EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

    4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

    und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen.

    Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."

In der Berufung bestritt der Beschwerdeführer den ihm angelasteten Sachverhalt; er habe zum Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges "0,0 Promille" aufgewiesen. Die später an ihm gemessene "Alkoholisierung" beruhe auf Nachtrunk, welchen er von Anfang an vorgebracht habe. Zum Beweis verwies er auf Zeugen und beantragte deren (teils "nochmalige") Einvernahme. Des Weiteren beantragte er "erforderlichenfalls nach Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung" die "ersatzlose" Aufhebung des Bescheides der Behörde erster Instanz.

Somit war der unabhängige Verwaltungssenat im Beschwerdefall - da auch kein Fall des § 51e Abs. 4 oder 5 VStG vorliegt - auf Grund § 51e Abs. 1 VStG zur Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verpflichtet, was der Beschwerdeführer erkennbar (in Form der Rüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihn und namentlich genannte Zeugen zu vernehmen) in der Beschwerde auch aufzeigt.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne dass beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Dezember 2003

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